Hi zusammen!
Ich hatte ja mal versprochen auf das Thema näher einzugehen, habe mich dann aber dagegen entschieden, weil es vielleicht (mißverstanden) zu Verletzungen gekommen wäre.
Wenn ich da erst einmal loslege. dann schlägt da auch schon mal meine offene Agressivität durch ...
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Jetzt wird das Thema durch Carmen wieder hervorgeholt und das ist auch gut so, da es eigentlich immer aktuell ist.
Ja, ich muss gestehen, ich habe in meiner Familie keine guten Erfahrungen gemacht. So wussten meine Eltern um meine Spielsucht. Eines Tages hörte ich aus meinem Zimmer, wie mein Vater im Flur die Bodeneinschubtreppe zum Speicher öffnete. Er stieg die knarzenden Stufen fast bis oben hoch und ich vernahm, wie Fliesen geschoben wurden.
Das war nicht verwunderlich, mein Vater war selbstständiger Fliesenleger. Zwei Garagen waren zeitweise mit Material vollgestopft. Auf dem Speicher sammelte er Fliesenreste älterer Generationen. Wenn Versicherungen ihn beauftragte nach einem Wasserschaden aufgeschlagene Wände wieder zu schließen und zu fliesen, dann griff er auf diesen Fundus zurück.
Für die Versicherungen war das billiger, als komplette Badezimmer neu zu fliesen.
Auf jeden Fall vernahm ich nun ein Fluchen und meine Mutter wurde herauf gerufen. Sie redeten bewusst leise und ich vernahm nur Fragmente wie "das Geld ist weg".
Erstaunt öffnete ich die Tür und ich wurde sofort angegangen: Du hast das Geld geklaut!
Nein - das hatte ich nicht! Ich wusste gar nicht, dass da oben Geld unter Fliesen versteckt war. Auch habe ich bis heute keine Ahnung, wie es weg gekommen sein sollte.
Dies wurde ich nämlich gefragt - und das nicht nur einmal. Eine Erklärung zu finden war nicht meine Aufgabe! Ich hatte mit der Sache nichts zu tun!
Viele viele Jahre später kam es dann zum Zerwürfnis mit meinen Eltern und mein Vater bestahl mich mit dem Argument, ich hätte ja schließlich ihn beklaut.
Zu dieser Zeit hatte ich monatlich mein Taschengeld auch meiner Mutter übergeben. Wenn ich etwas brauchte, nahm ich es aus ihrer Geldbörse und dokumentierte dies in einer Liste.
Über viele Monate sammelte sich so ein ordentliches Sümmchen an, an dem sich jedoch meine Mutter mit meinem Wissen bedient hatte. Wenn ihr Festgeld wieder frei würde, so versprach sie, bekäme ich es wieder. Nun, das Ende habe ich ja schon voraus genommen ...
Ich kann verstehen, wenn sich jemand nicht outen möchte. Bei meiner Familie würde ich dies nicht mehr tun, wenn es nicht zum Zerwürfnis gekommen wäre.
Sie haben keinerlei Verständnis für das Thema und haben sich auch nie die Mühe gemacht, sich näher zu informieren.
Dann hätte sich mein Vater vielleicht auch die Frage stellen müssen, wieso er selbst hier und da am Automaten spielt. Das passt aber nicht in sein Weltbild sich selbst zu hinterfragen.
Nun gut, genug zu dem Thema.
Im Laufe der letzten 14 Jahre habe ich immer wieder miterlebt, dass andere Familien mit meiner nicht gleichzusetzen sind. Meine Familie bildet da eine riesige Ausnahme.
Im Gegenteil stoßen die Betroffenen sehr sehr häufig auf Unterstützung und sind im Nachhinein heilfroh, dass sie ihre Ängste vor diesem Schritt überwunden haben.
Das kann ich verstehen Wolke, ist das Vertrauen erstmal weg lebt es sich deutlich unangenehmer. Ich habe letztens scheinbar irgendwo 10 Euro zu wenig wieder bekommen, was ich nicht gemerkt habe. Mit meinem Partner wird gerade alles abgerechnet und ich konnte ihm nicht erklären, wo die 10 Euro sind. Gespielt habe ich wirklich nicht. Aber ich habe mich so schlecht gefühlt, weil ich sofort dachte, dass er denken könne, dass ich gespielt habe!
Ängste sind das zentrale Thema. Ängste, gerade, wenn es sich um Negative handelt, wachsen! Sie entwickeln ein Eigenleben! Wenn wir ihnen dies gestatten, dann werden auch die "Gründe" das Outing zu unterlassen immer irrationaler. Sie können nicht nur phobiengeich werden, sondern sogar zur Phobie führen.
Wie Carmen, hast Du diese Angst im letzten Satz aufgelöst? Wie bist Du ihr begegnet? Hast Du Deinem Partner erzählt von dieser Angst?
Natürlich kann Mißtrauen im Partner entstehen, wenn er eine solche Geschichte zu hören bekommt, die zwar sicherlich wahr ist, aber sich doch auch ziemlich unwahrscheinlich anhört.
Ich weiß jetzt gerade nicht Deine Vorgeschichte. Doch oftmals geben wir Spieler mit unserem Verhalten ja gerade erst den Anlass dafür - und das jahrelang.
Da wird gelogen und betrogen - es werden sich Geschichten ausgedacht und und und ...
Wir haben dieses Vertrauen zerstört! Dürfen wir uns denn dann beschweren, wenn uns Mißtrauen entgegen gebracht wird?
Es ist unsere Aufgabe in jedweder angeknacksten Beziehung das Vertrauen wieder herzustellen!
Wenn wir uns in die Position des Anderen versetzen, dann wären wir ja selbst mißtrauisch.
Was Ihr nicht vergessen dürft: Ihr werdet nicht über Eure Sucht definiert! Ihr werdet geliebt wegen Eurer kompletten Persönlichkeit!
Zu lügen und zu betrügen gehört zum Krankheitsbild hinzu. So lange wir spielen, schützt uns dies vor Verletzungen und dem Verlust des Glückspiels.
Wenn ihr aber spielfrei werdet, dann kommen auch wieder die ursprünglichen Werte ans Licht. Dazu gehört es nun mal die Wahrheit zu sagen und nichts zu verschleiern (so hoffe ich doch
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Ich finde es echt krass, wenn hier gesagt wird, eine Beziehungsperson solle geschützt werden. Das ist ein Hochstaplergedanke, der Seinesgleichen sucht!
Als einzige Aunahme lasse ich hier gelten, wenn tatsächlich die Person physiche und psychische Probleme aufweist.
Denkt Ihr überhaupt darüber nach, was wirklich hinter dieser Aussage steckt? Und könnt Ihr damit tatsächlich beruhigt schlafen?
Ihr sagt aus, dass Ihr die Beziehungsperson bewusst belügt. Dem noch nicht genug, es wird, wie Wolke es hier wieder beschrieben hat, sogar enormer Aufwand betrieben, um die Wahrheit zu verschleiern. Das sogar bewusst - mit voller Absicht! Da kann sich keiner herausreden; "Hoppla, das ist mir einfach passiert ..."
Nein, aus dem Passiv wird nichts - das sind aktive Handlungen! (Da ist sie, meine offene Agressivität ...
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Das, was hier passiert, das dient einzig und alleine dem Selbstschutz. Niemand möchte gerne in den Augen der Liebsten als schwach gelten. Niemand möchte auch nur denken, den Anderen zu enttäuschen. Dieses aktive Lügen und Betrügen dient nur dem Schutz vor Verletzungen - meinen Verletzungen. Oftmals zm Schutz vor der vermeindlichen Bestätigung des eigenen negativen Selbstbildes.
Sicherlich schwebt auch die Angst mit weniger oder gar nicht mehr geliebt zu werden, also auch sich weniger bis gar nicht liebenswert zu fühlen!
Das alles hier sagt einzig und alleine etwas über Euch aus. Es sagt rein gar nichts über die Beziehungsperson aus, der man sich offenbaren sollte!
Auch wenn diese nichts bisher von der Sucht weiss und derren Auswirkungen, so zerstört ihr aktiv das Vertrauen, welches in Euch gesetzt wird.
Mit jeder Lüge hebt ihr eine Grube aus und verseht diese mit angespitzten Holzpfählen, Glassscherben, Selbstschussanlagen, angriffslustigen Skorpionen und Klapperschlangen.
Jede Lüge kommt irgendwann ans Tageslicht. Und wenn die Beziehungsperson ins Loch gefallen ist, dann ist das Geschrei groß und alle Ängste werden zur Wahrheit.
Die Person hat alles Recht der Welt auf Euch sauer zu sein. Für ihn ist es eine Selbstverständlichkeit in der Beziehung zu vertrauen und Vertrauen entgegen gebracht zu bekommen.
Wenn es sich hier um den Lebenspartner oder die direkten Familienangehörigen geht, dann frage ich mich, was Ihr unter Liebe versteht?!
Was ist Liebe ohne Vertrauen? Das gibt es nicht! Das ist keine Liebe!
Ja, das klingt hart, aber ihr reduziert Eure Liebe in der Beziehung zu einer reinen egoistischen Zweckgemeinschaft.
Liebe bedeutet sich auch fallen lassen zu können und selbst zu vertrauen, dass der Andere einen auffängt!
Sie bedeutet aber auch anders herum, dass ich erwarten kann, dass der Andere sich in meine Arme fallen lassen wird, wenn die Zeit dafür reif wird.
Daraus folgert, dass wir der Beziehungsperson gegenüber verpflichtet sind mitzuteilen, was uns belastet.
Wie soll er mich denn auffangen können, wenn ich mich bewusst hinter ihn stelle und dann falle? Schnell wieder aufstehe, damit er es nu ja nicht merkt?
Leiden lassen sich besser geteilt (er)tragen!
@Wolke
Bitte spreche bei Deinem Therapeuten mal "ängstlich vermeidendes Verhalten" an ...