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Rückfall und die Folgen

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Rückfall und die Folgen
« am: 24 Dezember 2024, 12:36:40 »
Hallo zusammen, ich bin 32 Jahre alt und habe schon angefangen zu spielen mit 15/16 Jahren. Vor ca. 3 Jahren habe ich versucht das erste mal spielfrei zu werden, dass lief auch recht gut und ich besuchte regelmäßig eine SHG. Nach ca. 2 Jahren hatte ich meinen ersten „kleinen“ Rückfall, welcher mir damals gezeigt hatte, dass ich nicht einfach mal so 100€ wetten kann um danach wieder aufzuhören.. ( eigentlich ganz logisch, aber ja.. ) danach lief es wieder echt gut und ich hatte zudem Zeitpunkt fast all meine Schulden ( 45.000€ ) abgezahlt und nur noch 1 Kredit bei der  Bank offen. Meine Schufa wird auch Ende 2025 deutlich besser und einige negativ Einträge sind dann weg. Doch dann war es wieder soweit und vor knapp 2 Wochen hatte ich wieder einen Rückfall. Weihnachtsgeld + Gehalt waren weg und zu all dem, habe ich in diesem Zeitraum auch eine E-Mail von einem Kredit welchen ich 1 Monat zuvor abgezahlt hatte bekommen, in welcher stand, dass ich jederzeit einen neuen aufnehmen kann. Was ich schließlich auch getan habe und natürlich waren dann auch weitere 4.000€ weg.

Ich fühle mich natürlich überhaupt nicht gut damit, weil es mir vorkommt, als hätte ich all das, was ich geschafft habe weggeworfen. Für mich persönlich gibt es jetzt keinen anderen Weg mehr, als eine Therapie. Welche ich auch selbst unbedingt machen möchte. Einen Termin bei der Suchtberatungsstelle habe ich bereits ausgemacht, leider ist dieser erst im Februar, aber trotzdem bin ich froh diesen Schritt gemacht zu haben.

Allerdings merke ich aktuell, dass es für mich einer der schwersten Rückfälle ist. Ich denke sehr oft noch an dieses Gefühl wenn eine Wette läuft, oder das hoffen auf ein Tor oder sonstiges. Ist ja klar das man sich nur an die „guten“ Momente der Sucht erinnert und nicht an das was die Sucht mit einem macht.

Es fällt mir auch extrem schwer mit meiner inneren Unruhe umzugehen. Gerade jetzt wo ich Urlaub habe und meine Frau auch. Einen Abend auf der Couch zu verbringen und einen Film anzuschauen fällt mir extrem schwer, ich bin sehr unruhig und ich weiß nicht was ich mit mir anfangen soll. Ich habe zwar 1-2 Hobbys die ich gerne ausübe, aber aktuell habe ich nichtmal darauf Lust.. die sucht nach dem Adrenalin und diesem mitfiebern hängt immer noch so stark in meinem Kopf. Habt ihr da irgendwelche Tipps, wie ich damit klarkommen kann?

Vielleicht kennt das ja selbst jemand.

Was ich auf jeden Fall noch dazu sagen muss, ist das meine Frau mich komplett unterstützt, sie versteht das ich krank bin und Rückfälle passieren können. Sie hilft mir sehr auf dem Weg zur Abstinenz.

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Offline Olli

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Re: Rückfall und die Folgen
« Antwort #1 am: 24 Dezember 2024, 13:34:16 »
Hi ASAP!

Was wäre wohl das Erste, was mir nach so einem Rückfall einfallen würde? Na, das nutzen, was mir schon mal geholfen hat ... die SHG! Erst im zweiten Schritt, auf Grund der oftmals langen Wartezeiten, würde ich mich um die Therapie kümmern.

Zitat
Ich fühle mich natürlich überhaupt nicht gut damit, weil es mir vorkommt, als hätte ich all das, was ich geschafft habe weggeworfen.

Quatsch mit Sauce ... :)
Die Erfahrungen der Abstinenz kann Dir doch keiner mehr nehmen - auch Du selbst nicht! In der Suchthilfe spricht man davon, dass ein Rückfall zur Genesung dazu gehört. Der ein oder andere mag das gerne als Ausrede nutzen, doch so ist es nicht gemeint.
Frage mich bitte nicht nach Zahlen, doch Rückfälle bei Genesenen sind nun mal leider alles andere als selten. Was zeigt Dir der Rückfall aber auch an? Da ist schlicht noch etwas, was Du bisher nicht beachtet hast ... oder Du hast etwas aus den Augen verloren, was schon funktioniert hatte.

Ja, es ist traurig um das Geld und der Rückfall hat ja auch etwas gedauert. Er hat sogar dazu geführt, dass Du einen weiteren Kredit aufgenommen hast. Nun machst Du Dir Vorwürfe ...

Jetzt kommt aber das "Aber" ... Du hast den Rückfall beendet! Du hast dies bereits mit Deiner Frau besprochen und sie unterstützt Dich auch weiterhin.
Zudem schmiedest Du auch bereits Pläne, wie Du wieder in die Spur kommst.

Zitat
dass ich nicht einfach mal so 100€ wetten kann um danach wieder aufzuhören.. ( eigentlich ganz logisch, aber ja.. )

Naja, wenn das so funktionieren würde, dann hieße Sucht nicht Sucht, sondern Laune! :)

Zitat
Es fällt mir auch extrem schwer mit meiner inneren Unruhe umzugehen. Gerade jetzt wo ich Urlaub habe und meine Frau auch. Einen Abend auf der Couch zu verbringen und einen Film anzuschauen fällt mir extrem schwer, ich bin sehr unruhig und ich weiß nicht was ich mit mir anfangen soll. Ich habe zwar 1-2 Hobbys die ich gerne ausübe, aber aktuell habe ich nichtmal darauf Lust.. die sucht nach dem Adrenalin und diesem mitfiebern hängt immer noch so stark in meinem Kopf. Habt ihr da irgendwelche Tipps, wie ich damit klarkommen kann?

In den akut "schlimmen" Situationen helfen Skills. Dabei geht es darum, die Gedanken und Gefühle über körperliche Erfahrungen zu überlisten.
Kalt duschen ... Chillis essen, vielleicht auch nur einen Gummiring am Handgelenk flitschen lassen, das Treppenhaus rauf und runter hetzen, bis Deine Zunge die Treppe genug geputzt hat. Manchmal reicht ein Noppenball, den man in der Hand knetet.
Egal, was Du Dir da aussuchst, Du darfst Dich natürlich selbstredend nicht verletzen.
Reden hilft auch ...

Anscheinend bist Du aber auch anfällig für die "Diskussion mit der Sucht" (Stichwort: nur 100 €). Unterbinde diese Gedanken sofort! Wenn Du Dich darauf einlässt, dann wird der Suchtdruck nur immer stärker. Natürlich geht das nicht von Heute auf Morgen. Aber es lässt sich üben.
Eine Übung könnte auch sein, dass Du Dir zuerst 5 Dinge suchst, die Du siehst. Suche sie Dir bewusst aus. Dann machst Du die Augen zu und versuchst 5 Dinge zu hören. Danach sind 5 Dinge dran, die Du fühlst. Die Couch im Rücken, die Falte der Decke auf der ich liege und die sich fast unmerklich in meine Hüfte drückt. Den Pantoffel, der gerade nur auf meinen Zehen hängt und die Ferse gar nicht berührt ... und und und ...

 
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Offline Rubbel

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Re: Rückfall und die Folgen
« Antwort #2 am: 24 Dezember 2024, 13:48:53 »
Lieber ASAP :)
Herzlichen willkommen im Forum!

Gut, dass Deine Frau weiß, dass Du da ein Problem hast. Und prima, dass Du jetzt alles dafür tun willst, um nicht mehr zu zocken.
Ich finde, Du hast eine tolle Frau ... andere wären wohl schnell weggelaufen, denn es ist sicher für sie nicht einfach zu akzeptieren, wenn manchmal kein oder nicht genug Geld da ist und der Tag, 'auf einen grünen Zweig zu kommen' in die Ferne rückt.

WAS meinst denn mit 'Danach lief es wieder ganz gut'? Hattest Du aufgehört oder das ein oder andere Mal 'gewonnen'?

Du warst kurz vor der Schuldenfreiheit - da ist es natürlich ärgerlich, wenn Dich die Sucht wieder zurückgeworfen hat ...
Du hast - außer dem Geld - nichts weggeworfen! Du hast gelernt, dass und wie Du Dich aus dem Schlamassel ziehen kannst.
Schade, dass Du wieder zurück gegangen ist :) Hattest Du so eine innere Unruhe auch vor dem Rückfall?

Wie wäre es, wenn Ihr - Deine Frau und Du - so offen sprecht, dass Du sagen kannst, wenn Du 'Hummeln im Hintern' hast und Ihr das TV dann ausschaltet und spazieren geht oder sonst was Schönes macht, was Euch beiden gefällt? ;)
Du weißt doch sicher, dass die Wetterei eh Betrug ist.
Aber ich weiß auch noch, dass ich damals völlig ratlos war, was ich noch versuchen soll, die Automaten loszulassen. Das hat mich zermürbt, und mir hat dann schließlich auch die Therapie bzw. Analyse sehr geholfen - überhaupt verdanke ich meiner Therapeutin sooo viel!
Von mir also - neben einer Selbsthilfegruppe, die absolute Überzeugung, dass das eine super Kombi ist. In der SHG lernst Du, dass Du nicht allein diese Probleme hast und musst Dich nicht schämen, lernst Dich und die Anderen kennen; in Therapie lernst Du Zusammenhänge zwischen der Sucht und Deinen persönlichen Denk- und Verhaltensweisen und über Deine Lebensgeschichte zu sprechen und Dir Licht ins Dunkel zu holen. Das ist manchmal schwer, tut allerdings gut. Vor allem bist DU und nur DU das Thema.
An Deiner Stelle würde ich keine Sportveranstaltungen mehr sehen, weder live noch im TV! Stattdessen lieber suchen nach Situationen oder Dingen, die Dich sonst (oder noch mehr) erfreuen und glücklich machen können.

Ich denke, wenn Du Dir selbst gesunden Abstand gönnst, dann vergeht auch die Unruhe in Dir und Du entspannst nach und nach. (BITTE keine Tranquilizer nehmen!)

Du schaffst das wieder!!
Ich wünsch Euch Frohe Feiertage,

viele Grüße, Rubbel
--Meist ist Geist geil--

Re: Rückfall und die Folgen
« Antwort #3 am: 24 Dezember 2024, 14:09:06 »
Hallo zusammen, danke für die hilfreichen Worte.

Das mit den Skills finde ich sehr interessant und da werde ich mich definitiv mal genauer mit beschäftigen.

Ich werde definitiv auch wieder in die SHG gehen, auch wenn es mir nicht leicht fällt dort zu erzählen das ich einen Rückfall hatte, aber das ist ja das schöne an solchen Gruppen, man wird nicht verurteilt sondern verstanden.

Mit „danach lief es wieder ganz gut“ meinte ich die Abstinenz.

Ja die „Diskussion“ mit der Sucht is so ein Thema.. Ich glaube auch gerade der Gedanke den ich diesem Moment hatte, war sehr schlecht. In diesem Moment dachte ich „es gibt ja in 1 Woche Gehalt, ich habe noch X € übrig und wenn da jetzt 100€ weg sind, mein Gott dann is es halt so“
Ich habe das Thema sucht einfach unterschätzt. Und dachte ich kann das schon auch so.

Ich bin sehr froh, so eine Tolle Frau zu haben, die sich auch selbst viel damit beschäftigt, mit dem Thema sucht.

Und ich glaube ohne Sie, wäre ich heute nicht da wo ich aktuell bin. Das ist natürlich positiv gemeint, denn ohne Sie wäre ich nicht aus den Pötten gekommen und hätte viele Dinge ( nicht bezahlte raten usw. ) damals nicht in Angriff genommen.

Sie hat mir gezeigt das man alles schaffen kann, auch wenn es aussichtslos aussieht.


Frohe Weihnachten wünsche ich euch allen.


 

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