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Das Glücksspielsystem: Ein tiefer Blick in ein zerstörerisches System

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Re: Das Glücksspielsystem: Ein tiefer Blick in ein zerstörerisches System
« Antwort #15 am: 01 Dezember 2024, 18:25:59 »
Vielen Dank für deine Antwort, aber ich denke, du hast meine Aussagen und meinen Standpunkt nicht ganz verstanden. Es freut mich, dass du deinen Weg gefunden hast, mit der Spielsucht umzugehen, und das ist zweifellos ein wichtiger Schritt – für dich. Doch die Realität ist, dass nicht jeder denselben Zugang zu Therapie oder Selbsthilfegruppen hat, sei es aus finanziellen, sozialen oder psychischen Gründen.

Nicht alle Spielsüchtigen haben dieselbe emotionale Stärke oder Klarheit, sich direkt Hilfe zu suchen. Besonders Menschen, die völlig unvorbereitet in diese Abhängigkeit geraten, ohne vorherige Erfahrung oder Wissen über die Mechanismen der Spielsucht, werden oft von den Folgen überrollt. Solche Leute in eine „man kann ja klare Gedanken fassen“-Schublade zu stecken, wird der Komplexität der Sucht nicht gerecht. Es geht nicht darum, blind oder ferngesteuert zu sein, sondern darum, wie die Sucht durch Manipulation und Abhängigkeit den Menschen in eine Spirale aus Verzweiflung treibt.

Deine Erfahrungen mögen für dich gelten, aber daraus eine allgemeingültige Regel zu machen, finde ich falsch. Spielsucht ist individuell, und es gibt viele Wege, wie sie Menschen zerstören kann. Die Tatsache, dass du dich aus deiner Situation befreien konntest, ist beeindruckend, aber das bedeutet nicht, dass alle Betroffenen dieselben Möglichkeiten oder Voraussetzungen haben.

Was deinen letzten Kommentar angeht: Es wirkt, als ob du meine Bemühungen, das System zu hinterfragen, ins Lächerliche ziehen willst. Um es klarzustellen: Ich will das System nicht verändern. Das ist nicht meine Aufgabe, und das habe ich nie behauptet. Mein Ziel ist es, ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, wie andere die Situation sehen, und durch diesen Austausch selbst mehr zu begreifen. Ich will nichts revolutionieren, sondern mich mit den Mechanismen dieser Industrie und den Erfahrungen der Menschen auseinandersetzen, die sich für Aufklärung und Hilfe einsetzen.

Es sind die Helfer – in Foren, in offenen Hilfezentren oder in anderen Einrichtungen –, die etwas verändern können. Wenn ich allerdings merke, dass es in manchen Bereichen an echter Aktivität oder kritischem Engagement fehlt, drängt sich für mich die Frage auf, ob nicht auch diese Institutionen ein Teil des Systems sind, das sie eigentlich bekämpfen sollten.

Ich bin uninteressant in diesem Kontext. Es geht mir darum, zu verstehen, wie ihr die Dinge versteht, und eure Beiträge haben mir bereits geholfen, bestimmte Aspekte klarer zu sehen. Dafür danke ich euch, und ich hoffe, dass dieser Austausch uns alle weiterbringt.

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Offline Wolke 7

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Re: Das Glücksspielsystem: Ein tiefer Blick in ein zerstörerisches System
« Antwort #16 am: 01 Dezember 2024, 18:41:20 »
Zitat
Doch die Realität ist, dass nicht jeder denselben Zugang zu Therapie oder Selbsthilfegruppen hat, sei es aus finanziellen, sozialen oder psychischen Gründen.

Da solltest du dich vorher bitte mal informieren, bevor du hier sowas schreibst....
Alle Hilfsangebote kosten nichts. Die Krankenkasse oder Rentenversicherung zahlen die ambulanten oder stationären Therapien. Ebenso sind alle SHGs kostenlos, egal ob die von Spielern oder Therapeuten oder Sozialpädagogen geleitet werden.
Auf dem Land sind die vielleicht was rarer,aber man findet überall Hilfe ,wenn man diese denn annehmen möchte und auch mal 1 Stunde Fahrt in Kauf nimmt.

Ich ziehe weder dich noch deinen Kampf gegen das System ins lächerliche, aber ich bin aus der Diskussion raus ,weil ich da überhaupt keine Erfolgschancen sehe ,wie du das machen möchtest. Du kannst da eher große Vereine mit Ideen oder Geld unterstützen, die schon den Kampf gegen die Spielindustrie aufgenommen haben.




Re: Das Glücksspielsystem: Ein tiefer Blick in ein zerstörerisches System
« Antwort #17 am: 01 Dezember 2024, 19:16:10 »
Vielen Dank für den Hinweis, dass viele Hilfsangebote kostenlos sind – das ist tatsächlich wichtig zu betonen. Aber darf ich kurz darauf hinweisen, dass es bei der Spielsucht oft weniger um die Kosten geht als um die Hürden, diese Angebote überhaupt wahrzunehmen? Es mag für dich selbstverständlich klingen, „mal eben eine Stunde zu fahren“ oder sich sofort einer SHG anzuschließen. Doch in der Realität fällt das vielen Betroffenen extrem schwer.

Die Scham spielt eine große Rolle, genauso wie die Angst vor der Konfrontation mit der eigenen Familie oder dem Beruf. Viele Betroffene schämen sich so sehr, dass sie sich selbst immer weiter isolieren, anstatt Hilfe zu suchen. Oft stehen sie vor einem unüberwindbaren Berg an Problemen: Die Miete ist nicht bezahlt, das gesamte Ersparte wurde verspielt, vielleicht droht die Familie, sie zu verlassen, oder der Job ist in Gefahr. Wie soll man in solchen Momenten noch klar denken? Es ist eine Abwärtsspirale, die nicht nur psychisch, sondern auch emotional und finanziell zerstört.

Was deinen Vorschlag angeht, große Vereine zu unterstützen: Das ist durchaus eine Idee. Aber ich denke, dass es oft die kleinen Schritte und die direkte Hilfe sind, die den Unterschied machen. Ein System zu verändern, liegt nicht in meiner Macht, und ich habe das auch nie behauptet. Mir geht es darum, mehr zu verstehen und aufzuklären – und da hilft der Austausch, auch mit dir, weiter.

Ich finde es wichtig, dass wir uns alle bewusst machen: Nicht jeder hat dieselben Voraussetzungen, und gerade bei einer Krankheit wie Spielsucht ist es nicht damit getan, nur auf „kostenlose Angebote“ zu verweisen. Diese Angebote sind wertvoll, ja – aber sie können nur dann etwas bewirken, wenn die Betroffenen es auch schaffen, diese anzunehmen. Und genau an diesem Punkt wird die Sache oft sehr schwierig.

Die Spielsucht ist nicht nur ein individuelles Problem, sondern ein System, das gezielt Schwächen ausnutzt. Es ist eine strukturierte Form der Ausbeutung, die auf Kosten der Schwächsten Milliarden scheffelt. Diejenigen, die davon profitieren, sitzen auf einem Fundament aus legalisierten Verbrechen. Sie wissen genau, wie sie unauffällig bleiben und jede echte Konfrontation vermeiden.

Nehmen wir mal an, ich hätte die politische Macht und die nötigen Verbindungen, um Druck auf diese Konzerne auszuüben. Was würde dann passieren? Wahrscheinlich käme ein verlockendes Angebot auf den Tisch, das kaum ablehnbar wäre – sei es finanzieller Natur oder durch den Einsatz subtiler Druckmittel. Vielleicht würde man sogar eine Aufnahme aus dem Rotlichtmilieu ins Spiel bringen oder eine „berühmte CD aus der Schweiz“, um jemanden zum Schweigen zu bringen. Diese Systeme sind so aufgebaut, dass sie jeden möglichen Widerstand zerschlagen, bevor er überhaupt gefährlich wird.

Mir geht es nicht darum, das System zu verändern – das ist nicht meine Aufgabe. Aber ich will verstehen, aufklären und meinen Teil dazu beitragen, dass mehr Menschen erkennen, wie perfide dieses System aufgebaut ist. Es gibt so viele, die in dieser Abwärtsspirale gefangen sind, und jede kleine Erkenntnis kann vielleicht dazu beitragen, sie irgendwann zu durchbrechen.

Re: Das Glücksspielsystem: Ein tiefer Blick in ein zerstörerisches System
« Antwort #18 am: 01 Dezember 2024, 21:09:46 »
Hallo Edhardy,

Als Betroffener und nun langjähriger Nutzer dieses Forums kann ich dir sagen, dass eine tiefergehende Aufklärung über das System Glücksspiel zwar wichtig ist, aber es hilft den Menschen nicht.

Hier landen Menschen, die akute Ersthilfe suchen oder mentale Unterstützung beim Aufhören. Wenn ich mal von mir ausgehe, dann hätte mir eine Erklärung dieses Kranken Konstrukts nicht geholfen. Aber später sehr wohl, wenn man weit genug davon weg ist und alles aufarbeitest.

Deshalb kann man den Foren keinen Vorwurf machen. Es landen täglich neue Gesichter hier. Manche bleiben, viele schreiben einmal und nie wieder.

Finde aber dein Anliegen absolut legitim und unterstütze den Gedanken der Aufklärung. Wie Oli schon sagte: Eigentlich gehörst du in einen Verband und in eine Anti-GS Lobby Gruppe :)

Alles Gute!

Re: Das Glücksspielsystem: Ein tiefer Blick in ein zerstörerisches System
« Antwort #19 am: 01 Dezember 2024, 21:25:49 »
Ich respektiere und verstehe, dass der Fokus hier oft auf akuter Hilfe und Unterstützung liegt – das ist ohne Zweifel eine wichtige Arbeit, die vielen Betroffenen weiterhilft. Doch ich möchte den Punkt betonen, den du selbst angesprochen hast: Eine tiefere Aufklärung über das System hilft später, wenn man bereit ist, das Erlebte aufzuarbeiten. Genau das ist der Punkt, den ich ansprechen möchte.

Ich sehe die Betroffenen nicht einfach nur als „Spielsüchtige“, sondern als Opfer eines Systems, das gezielt Schwächen ausnutzt. Und diese Opfer – ebenso wie ihre Familien, Freunde und Angehörigen – haben ein Recht darauf zu verstehen, wie sie in diese Falle geraten sind. Es geht nicht darum, Schuld abzuschieben, sondern darum, die Mechanismen offenzulegen, die Menschen manipulieren, abhängig machen und letztlich ruinieren.

Das Glücksspielsystem hat viele Parallelen zu einem Drogenhandel: Der Dealer sucht gezielt Opfer, bietet anfangs kostenlose „Proben“ an, gibt kleine Gewinne, um Vertrauen und Abhängigkeit aufzubauen. Und sobald die Sucht greift, wird alles genommen – Geld, Gesundheit, Beziehungen, manchmal das ganze Leben. Die Verantwortung allein den Betroffenen aufzubürden, ist ungerecht, wenn man bedenkt, wie gezielt und systematisch diese Abhängigkeiten geschaffen werden.

Was Anti-Glücksspiel-Lobbygruppen angeht: Ich teile deine Meinung, dass diese Gruppen einen wichtigen Beitrag leisten können. Aber ich sehe mich nicht als Teil einer solchen Organisation. Warum? Weil alles, was Teil eines großen Systems ist, letztlich kontrolliert wird – oft ohne, dass es die Beteiligten selbst bemerken. Maßnahmen wie Altersbeschränkungen, Pausen in den Geräten oder Limits sind zwar gut gemeint, aber sie sind Teil eines Systems, das lediglich Symptome bekämpft, während die Ursachen unangetastet bleiben.

Ich bin der Meinung, dass echte Aufklärung außerhalb dieser kontrollierten Strukturen stattfinden muss. Deshalb ist mein Ziel nicht, Teil eines „Kontrollzentrums“ zu sein, sondern die Hintergründe zu verstehen und offenzulegen. Wer diese Mechanismen einmal durchschaut hat, kann sich selbst besser schützen und vielleicht auch andere davor bewahren, in dieselbe Falle zu tappen.

Ich danke dir für deinen Beitrag und die Unterstützung meines Gedankens zur Aufklärung. Auch wenn unsere Ansätze unterschiedlich sind, sind wir uns sicher einig, dass jede Unterstützung für Betroffene zählt – sei es durch direkte Hilfe oder durch die Offenlegung der Strukturen, die sie in diese Lage gebracht haben.

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Offline Olli

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Re: Das Glücksspielsystem: Ein tiefer Blick in ein zerstörerisches System
« Antwort #20 am: 02 Dezember 2024, 08:19:18 »
Auch hier kannst Du Dich engagieren: buendnis-gegen-sportwettenwerbung.de

Und da diese Woche die Jahrestagung des FAGS stattfindet: https://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/index.php/topic,6747.0.html

Melde Dich an, wenn Du magst ... Auf YT sind einige der Beiträge aus dem letzten Jahr zu finden.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

 

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