Guten Morgen!
Ja, ja ... das Unverständnis der Unwissenden. Sie ist zugleich Segen und Fluch. Ein Segen, dass die Personen von der Sucht verschont geblieben sind und ein Fluch für uns. Wie soll ich jemanden meine Sucht erklären, wenn ich selbst für mich doch keine Erklärungen habe?
"Dann lasse es doch einfach sein!", sind so Sätze, die mir entgegen gekommen sind. Tja, wenn das so einfach wäre ... nicht wahr? Tatsächlich ist es das doch, wenn wir uns erst einmal auf den Weg gemacht haben. Das mag durchaus nicht allgemeingültig sein, doch im Großen und Ganzen ist es das. Das Problem sehe ich immer darin, den Genesungsweg zu beginnen.
Das Glücksspiel gibt uns ja was ... den Kick, schreibst Du. Er ist positiv besetzt, egal wie negativ die Auswirkungen sind. Also haben wir das Gefühl, etwas aufgeben zu müssen - einen Ersatz finden zu müssen. Verlustängste machen sich breit. Auch das habe ich hier schon etliche Male erzählt: Ängste haben eine böse Eigenschaft: sie katastrophisieren. Was sie uns suggerieren, ist zumeist nicht nicht realistisch, geschweige denn besonders wahrscheinlich.
Wie viele Glaubenssätze haben wir uns angeeignet, die falsch sind? "Bald kommt der große Gewinn!", "Irgendwann muss die Kiste doch schmeißen!", "Nach 10 mal rot erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass nun schwarz kommt!"
Es existieren aber auch falsche Glaubenssätze wie: "Ich schaffe das doch sowieso nicht!" oder "Ich bin ein Suchtmensch, daher hat das alles keinen Sinn!" bis hin zu "Ich bin nichts wert!". Sie alle und noch viel mehr gehören auf den Prüfstand, weil wir es uns wert sein sollten.
Mein Vater, der meine Sucht ja nun mitbekommen hatte - 20 Jahre lang, sagte mir kurz vor seinem Tode noch: Glücksspielsüchtige Menschen sind willensschwach. Puh ... der Satz sagte mehr über ihn, als über mich aus. Es gab Zeiten, da wäre ich an die Decke gegangen. Doch ich weiss es doch besser. Die Aussage ist definitiv falsch. Ich bin alles andere als willensschwach, habe meinen Willen nur falsch eingesetzt.
Das lässt sich ändern!
Es gibt bei den Star Trek Filmen einen, der da heißt: Das unentdeckte Land! Gemeint ist hier eigentlich die Zukunft, doch ich assoziierte den Titel gleich mit Entdeckungen weißer Flächen auf Landkarten. Ich war das unentdeckte Land. Es ist ein Abenteuer, die weißen Stellen mit Farbe zu füllen. Dabei werde ich es nie schaffen, alles zu entdecken. Das ist aber gar nicht schlimm. Wer kann von sich schon sagen, dass er dies geschafft hätte?
Du entdeckst gerade die Macht der Selbsthilfe! Ja, Du kannst offen reden.Wir sind Individuen und sicher wirst Du auch hier und da auf andere Meinungen treffen. Die sind aber nun mal anderen Erfahrungen geschuldet. Das ist normal. Da wir hier aber alle in der gleichen Gesellschaftsform leben, teilen wir im Großen und Ganzen unsere Werte - und die Erfahrungen rund um das Thema Glücksspiel gleichen sich auch oft wie ein Ei dem anderen. Daher braucht es auch nicht viel, um etwas zu erklären. Wir wissen, wie es sich anfühlt.
Kürzlich sagte mir jemand, dass ein bestimmtes Denken für ihn sektenhaft herüber kommt. Nun, zum Glück ist doch jeder sein eigener Herr. Wenn ich etwas nicht annehmen kann, dann lasse ich es in der Gruppe. Ich nehme mir nur das, was mir im Moment hilft. mit. Alles andere lasse ich einfach liegen ... für jemanden anderen oder für mich selbst in der Zukunft. Eines sollte ja auch bedacht werden: Veränderungen brauchen ihre Zeit! Was ich heute noch rigoros ablehne, kann ich in ein paar Wochen vielleicht annehmen.
Jetzt bin ich aber ganz schön ins Schwafeln gekommen ...