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Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
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Vorstellung

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Vorstellung
« am: 10 Juli 2024, 08:42:00 »
Moin Leute,

ich lese seit ein paar Tagen fleißig mit und möchte mich nun auch einmal vorstellen.
Ich habe am Wochenende gemerkt, dass es so nicht weiter gehen kann und ich etwas an meiner Situation ändern muss und will.
Kurz zu meiner Person:
Ich bin Mitte 30, Haus, Frau, Kind, sehr guter Job.

Angefangen hat es mit Anfang 20 wo wir mit ein paar Jungs aus dem Freundeskreis ab und an mal die örtlichen Spielhallen aufgesucht haben.
Manchmal wurde etwas gewonnen, aber wie wir glaube ich alle wissen gewinnt am Ende dann sowieso immer die Bank.
Danach folgten einige Jahre wo ich keinen Gedanken ans spielen verwendet habe.
Dann ging es vor ca 3 Jahren los mit Sportwetten und in den letzten 2 Jahren vor allem mit Online Casinos.
Die Möglichkeit, mit einem klick 200-300 Euro mal eben so einzuzahlen ist meiner Meinung auch nochmal niederschwefliger als wenn man 3 mal zur Bank geht und dort Geld für die physische Spielhalle abhebt, aber sei es drum.
Anfangs mal 50 mal 100 Euro eingezahlt, immer wieder etwas gewonnen und dann natürlich wieder verloren.
Meiner Meinung nach hatte ich es sogar noch im Griff, als ich regelmäßig bei 2 Online Casinos jeweils das monatliche Einzahlungslimit von 1k ausgeschöpft hatte.
Rückblickend war das Kind zu dem Zeitpunkt natürlich bereits in den Brunnen gefallen.
Ausgeartet ist es dann zu Beginn des Jahres als die 2 Einzalungslimits in den beiden Casinos nicht mehr gereicht haben.
Darum habe ich ein Konto bei dem Casino mit dem Edelmetall-Namen eröffnet. Dort gibt es leider keine 1k monatliches Einzahlungslimit.
Im Februar war es dann soweit, dass ich meinen 5k Dispo komplett ausgereizt habe. Diesen habe ich dann durch einen Kleinkredit wieder auf 0 gebracht.
Bis letzte Woche habe ich dann auch nicht mehr gespielt aber in den letzten Tagen dann wieder mit Ein- und Auszahlungen 2,5k in den Disco gerutscht.
Jetzt reicht es mir einfach. Ich möchte das angehen, daran arbeiten mich von dieser Sucht zu lösen.
Erstmal muss ich den Grund herausfinden warum ich spiele, ich denke es ist eine Kombination aus Langeweile und "Kick". Ich spiele nicht mal mit der Intention auf einmal 10k zu gewinnen, solange die Walzen sich drehen habe ich einfach ein Glücksgefühl. Ich habe sonst alles was ich brauche im Leben.

Als erste Schritte habe ich nun die Diakonie bezüglich eines Beratungstermin kontaktiert und werde mich auch in den Online Casinos sperren.
Mein Online-Banking sowie Paypal liegt in den Händen meiner Frau.
Als ich mich ihr geöffnet habe hat sie sehr verständnisvoll reagiert und möchte mir Helfen da raus zu kommen. Auch möchte ich wieder mit Sport anfangen um wieder für etwas anderes zu brennen. Vielleicht wähle ich mich Samstags auch mal in Olli´s Zoom Raum ein ;)
Die anderen Schicksale hier zu lesen macht einen echt nachdenklich. Ich hätte nie gedacht was so eine Sucht aus gestandenen Menschen machen kann.
Einen Ausweg gibt es immer, mann muss es nur selber wollen und offen für Hilfe sein.

Viele Grüße =)
« Letzte Änderung: 10 Juli 2024, 09:19:34 von KölnerM35 »

*

Offline Olli

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Re: Vorstellung
« Antwort #1 am: 10 Juli 2024, 09:44:48 »
Hi "Du"!

Ich finde es immer sehr interessant, wie sich Formulierungen je nach Gemütszustand ändern können. Das findet unterbewusst statt. Zumeist ist es ein Schutzmechanismus vor allem des Selbstbildes. Davon kann sich wohl keiner freisprechen. Doch ich denke, es bringt mich weiter, wenn ich ich mir dies bewusst mache. Viele nutzen gerne "man". Doch wir reden in diesen Threads ja nicht von irgendwem, sondern von Dir und mir! Auch "wir" wird gerne benutzt - vor allem von mir ... :)
Bei Dir ist mir aufgefallen, dass Du aus den alten unbeschwerten Zeiten berichtest und die Währungseinheit benutzt, um Beträge zu beziffern. Sobald aber die schweren Zeiten anfangen, schwenkst Du um auf die Einheit K. Die ist aber unbestimmt. Sie kann verschiedenste Bedeutungen haben. Natürlich wissen wir, welche Du wirklich meinst, doch es hat einen Anschein von "Sprich seinen Namen nicht aus! Du weisst schon wer ... "
Die Frage ist nun, ob Dir diese Abwehrhaltung wirklich nützlich ist. Du hast gezockt ... Du hast Geld verspielt ... eine Menge Geld!
Nun ... hat sich jetzt etwas geändert an den Beträgen? An der Vergangenheit ansich? Nöööö ...
Was verändert sich aber in der Gegenwart? Die eingesetzte Energie in die Abwehrhaltung wird stattdessen in die Abstinenzentscheidung gesteckt. "Ich will DAS nicht mehr - aber ich will nun ... " dies oder jenes. Du kannst Dir selbst neue Grenzen setzen, weil Dir die alten Grenzüberschreitungen nun wirklich gewusst werden!

Zitat
Meiner Meinung nach hatte ich es sogar noch im Griff, als ich regelmäßig bei 2 Online Casinos jeweils das monatliche Einzahlungslimit von 1k ausgeschöpft hatte.

Laut Statista geben die deutschen Haushalte 245 € pro Monat (Stand 2022) für Freizeit, Sport und Kultur aus. Hier ist aber die Rede von Haushalten und nicht einzelnen Personen. Natürlich gibt der mehr Geld aus, der auch mehr hat ... im Normalfall ...
Also vergleichen wir doch mal innerhalb Deiner Familie. Wie viel habt ihr noch an solchen Ausgaben für Deine Frau und Euer Kind?
Falls Du die 1000 €-Grenze aus dem Glücksspielstaatsvertrag als Maßstab annimmst ... die ist durch Lobbyarbeit der Glücksspielindustrie so hoch angesetzt worden und sie arbeiten auch daran, dass diese Grenze erhöht wird.

Wie also kommst Du darauf, bei regelmäßiger Ausnutzung des Betrages zu sagen, dass Du da noch alles im Griff hattest? Woran machst Du das fest?

Dass Du dann später in illegalen Casinos gespielt hast und den Dispo mit einem Kredit abgelöst hast, ist der übliche Werdegang eines Glücksspielers ...

Cool ist, dass Du Dich Deiner Frau schon geöffnest hast und auch schon ein Beratungstermin bei der Caritas in die Wege geleitet hast. Dieser Olli, den Du da nennst, soll hier und da ein paar Macken haben, aber eigentlich ganz nett sein ... :)

Zitat
Die anderen Schicksale hier zu lesen macht einen echt nachdenklich. Ich hätte nie gedacht was so eine Sucht aus gestandenen Menschen machen kann.

Das nächste Gesprächsthema / die nächste Gruppenarbeit wird sein: Wieso gehe ich in die SHG?
Du kannst Dir ja schon mal ein paar Gedanken dazu machen.

Zitat
Einen Ausweg gibt es immer, mann muss es nur selber wollen und offen für Hilfe sein.

... und offen für Veränderungen!

Zitat
Ich habe sonst alles was ich brauche im Leben.

"Ich müsste doch eigentlich glücklich sein, wenn da nicht das Glücksspiel wäre ...!"
Ich bin der Überzeugung, dass eine Sucht immer auf einem oder mehreren Defiziten beruht! Das muss aber nicht gleich eine ausgewaschene Störung sein. Oft sind es die kleinen Dinge, die wir einfach nicht gelernt haben. Wir soll z.B. ein Kind lernen über seine Gefühle zu reden, wenn es die Eltern schon nicht tun? Vielleicht habe ich aber auch in der Erziehung selbst etwas verpasst, obwohl es mir vorgelebt wurde?
Kennst Du z.B. all Deine Emotionen? Kannst Du sie als Gefühle benennen? Wenn Du Deine Emotionen nicht erkennen kannst, wie kanst Du sie dann gesund handhaben? Das ist intuitiv sehr wohl möglich und, wie ich vermute, auch der Normalfall. Aber was ist mit denen, die durch Dein Raster fallen? Der Mensch ist evolutionär so programmiert, dass er das mit Ersatzhandlungen kompensiert. Und wenn es sich dabei um Glücksspiel handelt und es sich gerade in der anfänglich oft langen Gewöhnungsphase richtig anfühlt ... wieso sollte ich es dann aufgeben? Es scheint doch zu funktionieren?
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Vorstellung
« Antwort #2 am: 10 Juli 2024, 11:46:57 »
Kurz zu meiner Person:
Ich bin Mitte 30, Haus, Frau, Kind, sehr guter Job.

Wichtige Zeile für uns Spieler zum überdenken.
Ich fange mal hinten an, guter Job ist meistens ja nicht mit 0815 Zeiten zu vereinbaren. Ein Kind gerade wenn es noch klein ist benötigt enorm viel Aufmerksamkeit. Die eigene Frau möchte in der Regel auch mit dem eigenen Mann etwas unternehmen bzw hat Aufmerksamkeit verdient.
Ein eigenes Haus kann nervtötend sein weil es immer nach Veränderungen bzw Pflege schreit.
Zählt der Betroffene das mal zusammen ist doch die Frage aller Fragen woher nimmst Du die Zeit um so viel zu zocken? Ergo werden andere Dinge vernachlässigt. Die nächste wichtige Frage ist warum? Was passt eventuell nicht um sich in diesen Raum zu flüchten?
Das größte Problem ist im Nachgang diesen Raum wieder zu verlassen.

Den Rest hat Olli ja wie üblich toll beschrieben.
Aber auch Deine von Dir geschilderten Vorhaben hören sich für den Beginn gut an so Du alles ein hältst.

Viel Glück und Ausdauer!

Gruß Roy
Ich bin kein Anwalt sondern gebe nur meine eigene Meinung wieder

 

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