Hi, habe gerade einen Artikel in der HNA vom 2.3.06 zu der Gruppengründung gefunden, den ich euch nicht vorenthalten möchte
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Das Spiel ist aus
Neue Selbsthilfegruppe soll Spielern helfen, den Weg aus der Sucht zu finden
Homberg. Silvio Ernst wird nie den Tag vergessen, an dem er sein allererstes Fünfmarkstück in die Hand gedrückt bekam. Es war der 1. Juli 1990, seine Eltern hatten just an diesem Morgen Ostmark in Westgeld getauscht.
Dieses Fünfmarkstück warf der damalige Berufsschüler aus Plauen nahe Zwickau in einen der glitzernden Spielautomaten - und gewann auf Anhieb 400 Mark. Heute wünscht sich der 31-jährige, der mittlerweile in Homberg lebt, dass er diesen Automaten nie gesehen hätte: An ihm begann seine Spielsucht.
16 Jahre später hat er sie ihm Griff: Silvio Ernst will eine Selbsthilfegruppe für Spielsüchtige im Schwalm-Eder-Kreis gründen. Die soll ihm und anderen helfen und auf dem Weg aus der Sucht unterstützen: "Jeder Tag ist zwar noch ein Kampf", sagt der 31-Jährige, "aber langsam wird das Leben wieder gut."
Wenn er zurückschaut, sieht er all das, was ihn die Sucht gekostet hat: Freundschaften, Familienleben, beruflichen Erfolg und vor allem viel Geld. Weil außer dem Kick beim Spiel sonst nichts mehr zählte, nichts anderes mehr wichtig war, hat er sowohl die Ausbildung zum Musikinstrumentenbauer als auch eine zweite zum Maurer abgebrochen. Das Geld, das er fürs Spiel brauchte, konnte er sich anfangs noch leihen. Als Freunde und Familie nicht mehr zahlen wollten, musste es es stehlen. Beschaffungskriminalität, nennt das die Polizei. Mit der will Silvio Ernst nichts mehr zu tun haben. Um Automaten zu meiden, geht er nicht in Gaststätten, auch trinkt er keinen Alkohol: "Sonst besteht Gefahr, dass man die eine Sucht gegen die andere eintauscht", sagt er. Jetzt habe er zum ersten Mal die Verantwortung für sein eigenes Leben übernommen: "Früher bin ich allen Problemen ausgewichen, habe mich ins Spiel und damit in meine eigene Welt geflüchtet", sagt Ernst. Freunde, Familie - das war alles egal. Die ließen sich immer wieder beruhigen: "Ich habe immer so getan, als hätte ich alles im Griff, aber das stimmte nie: Da war vieles Lug und Betrug". Hilfe aber habe er nicht annehmen können: "Da habe ich mich viel zu sehr geschämt."
Mit diesen Erfahrungen steht er nicht alleine da, ist er sich sicher. "Es gibt viele Spieler. Nur traut sich kaum einer, drüber zu reden." Um eine Möglichkeit zum Reden und Austauschen zu bieten, will er eine Selbsthilfegruppe gründen. Die trifft sich am Donnerstag, 16. März, von 19 bis 21 Uhr im katholischen Pfarrheim gleich neben der Kirche (Kasseler Straße 6) in Homberg.
Wer dabei sein und damit den Kampf gegen die Spielsucht aufnehmen will, muss keine Angst vor Öffentlichkeit haben: Die Mitglieder bleiben anonym, versichert Silvio Ernst. Die Sucht-Beratungsstelle des Schwalm-Eder-Kreises ist Ansprechpartner. Sie stellt den Kontakt zur neuen Selbsthilfegruppe für Spielsüchtige her. (BRA)
E Beratungsstelle: u 05681/ 775 600