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Suchtanfälligkeit und -verlagerung

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Suchtanfälligkeit und -verlagerung
« am: 09 Oktober 2024, 03:11:17 »
Hallo,

ich bin Mitte 30 und, ich bin sehr froh, das schreiben zu können, nicht glücksspielsüchtig - aber gefährdet, mein Leben lang, im Moment wieder stärker, es zu werden und zu sein. Das liegt zum einen daran, dass ich im Wesentlichen generell sehr suchtanfällig bin.
Mit 10/11 hab ich angefangen zu rauchen, mit 12 war ich bei einer Schachtel am Tag und rauche seitdem quasi ununterbrochen und viel. Ungefähr im selben Alter angefangen zu kiffen und in meinen 20er-Jahren abhängig geworden, bin seit über 3 Jahren aber "clean" vom Cannabis, ohne Rückfall, aber durchaus noch mit Verlangen, immer wieder, seit der Teillegalisierung häufiger. Alkohol war vor allem in meiner Jugend ein Thema und eine reale Gefahr, davon abhängig zu werden, zum Glück habe ich das erkannt, hatte zu viel Angst davor (Alkoholiker in der nahen Familie in der Kindheit) und es war letztlich, zum Glück, mit zunehmenden Alter auch nicht "meine" Droge, sondern (bei den bewusstseinsverändernden Substanzen) Cannabis. So konnte und kann ich seit dem frühen Erwachsenenalter sehr kontrolliert Alkohol konsumieren und tue es äußerst selten. Ich wünsche mir sehnlichst, das wäre mit allem so, ist es aber nicht. Was noch? Computerspiele haben seit meiner Kindheit eine starke Anziehung auf mich, ebenfalls in meinen 20ern mit Jahren des Exzesses, ich spiele immer noch gerne, kann mich auch in einem guten Spiel verlieren und viel Zeit reinstecken, habe es aber in den letzten Jahren recht gut im Griff. Emotional am zerstörerischsten war in meiner Biografie bislang die Sucht nach bestimmten Menschen, toxische, sehr seltsame Beziehungen (keine Partnerschaften oder klassische Liebesbeziehungen), die mich jeweils ca. 5 Jahre lang unglaublich und übertrieben begleitet und beschäftigt haben. Dazu könnte ich noch viel schreiben, aber der Vorspann ist schon lang genug und es ist ein Forum zur Glücksspielsucht, also jetzt mal dazu, warum ich hier bin:

Als Kind habe ich, ich erinnere mich gut daran, das erste Mal Lotto gespielt bzw. ein Erwachsener für mich einen Tipp. In Kneipen, in denen ich auch als Kind einige Zeit verbrachte (Familie...), auch mal an Automaten. Geld übte als Kind auch immer eine starke Faszination auf mich aus. Dennoch bewegte sich alles, was das Glücksspiel anbelangte, bis Ende 20 in einem Rahmen, dass man beinahe von Abstinenz und "nicht der Rede Wert" sprechen könnte. Meine Vernunft und auch mein Respekt, um nicht von Angst zu sprechen, vor dieser Form der Sucht war und ist auch immer noch unheimlich stark, vielleicht vergleichbar sogar mit meiner früheren Angst, von Alkohol abhängig werden zu können. Ich hatte immer ein sehr stark ausgeprägtes Bedürfnis nach finanzieller Sicherheit und danach, Rücklagen zu haben, da ich den wesentlichen Teil meiner Kindheit und Jugend mit Hartz IV aufwachsen durfte. Umso härter traf es mich, als ich vor ca. 6-7 Jahren anfing, mich in diversen Online-Casinos anzumelden, überall die Bonuseinzahlungen mitzunehmen und stunden-/nächtelang zu spielen. Am Ende waren es "nur" ein paar Hundert Euro echtes Geld, das ich verspielte, denn nach einigen Tagen gelang es mir zum Glück, die Reißleine zu ziehen und wieder damit aufzuhören. Die ständigen E-Mails und SMS plagten und erinnerten mich aber noch monate- oder sogar jahrelang immer wieder schmerzlich an diese Episode. Das verlorene Geld tat natürlich auch etwas weh, immer wieder mal, bis heute, der Gedanke, was ich mir davon stattdessen hätte kaufen können, aber das war und ist gar nichts gewesen im Vergleich gegen diese Angst, die ich hatte, dem Glücksspiel weiterhin und dauerhaft zu verfallen und mit etwas so "Dämlichen" (im Sinne von völlig irrational) meine wirtschaftliche Existenz und Sicherheit aufs Spiel zu setzen und zu ruinieren. Und vor allem nicht gegen die Erkenntnis, wie unheimlich schnell und stark mich das in seinen Bann ziehen konnte, wie stark das Verlangen ist, das eingesetzte Geld durch weiteren Einsatz zurückzuholen, wie schnell theoretische Gewinne (Umsatzregeln der Boni vor Auszahlung sei Dank) wieder im Nirvana verschwinden können...
Seitdem habe ich hin und wieder einen Lottoschein gespielt, 1-3x pro Jahr, und das war's. Nichts nennenswertes gewonnen und beim Lotto durchaus in dem Bewusstsein, dass ich mir mit dem Schein vor allem die Träumerei bis zur Ziehung erkaufe, "was wäre wenn..." und was würde ich mit dem Geld machen? Das versetzt dann ein paar Tage in Spannung und Euphorie und führt nach der Ziehung 1-2 Tage zu einem Gefühl der desillusionierten Enttäuschung und Frustration.

Vor wenigen Tagen habe ich mich allerdings, in einem Moment angefixt durch eine TV-Werbung, wieder bei einem Onlinecasino angemeldet und meine Alarmglocken schrillen seitdem. Eingezahlt und verspielt habe ich nur 10€ und denen jage ich auch nicht hinterher, mit Bonus und Gewinnen und Freispielen war es natürlich in der Summe deutlich mehr "virtuelles" Geld und gerade das versuche ich mir jetzt auch immer wieder vor Augen zu führen, denn wären diese, keine Ahnung - 80 bis 100€? - echtes Geld gewesen, wären sie jetzt genauso weg, wie sie es sind und wie höchstwahrscheinlich jede weitere Einzahlung, die ich in Zukunft tätigen könnte/würde, weg wäre. Auch der Gedanke und das Verlangen im Alltag, Lotto zu spielen/spielen zu wollen, ist deutlich stärker und präsenter als sonst. Vor der Arbeit an der Tanke, nach der Arbeit bei der Poststelle im Supermarkt... ich hab es in den letzten Tagen nicht getan, aber im Gegensatz zu sonst fiel es mir deutlich schwerer, bewusst darauf zu verzichten oder es mir in dem Moment nicht zu erlauben.

Und um das alles mal zusammenzuführen, möchte ich zum Schluss schreiben, ich hab einfach so dermaßen die Schnauze voll von dieser Suchtanfälligkeit und -verlagerung und es nervt mich tierisch, dass es daraus keinen Ausweg zu geben scheint, sondern ich mein Leben davon getrieben bin, (nicht) in die nächste oder eine der "alten", Bekannten Abhängigkeiten zu geraten. Ich bin es so leid, nach Glück und Zufriedenheit zu streben, diese nicht (in mir) zu finden und immer wieder in einen Strudel irrationaler Wege zu geraten.

In finanzieller Hinsicht müsste ich nicht unzufrieden sein, ich schaffe es Vollzeit zu arbeiten in einer unterbezahlten Branche, aber mein Gehalt ist okay, keine riesen Sprünge, aber ein Mittelstandsleben ist möglich. Weiter monatlich auf meine materiellen Wünsche hinzusparen wäre der viel gescheiterte und erfolgsversprechendere Weg als das Geld in Slots zu versenken, ggf. an der Börse zu verlieren (damit habe ich mich aktuell auch viel befasst, Plan sind aber ETFs und ggf. Einzelaktien zusätzlich; keine Hebel; aber auch das ist ja nicht risikofrei und steht dem Glücksspiel nahe) oder vom Lottogewinn zu träumen.

Ich wüsste wirklich sehr gerne, wie ihr mit dieser Suchtanfälligkeit umgeht. Die ganzen Verhaltensstrategien und -tipps, Vorkehrungen, Skills usw. laufen ja irgendwie ins Leere und sind am Ende in ihrer Gesamtheit viel zu einschränkend und nicht praktikabel, wenn man von einer Sucht in die nächste rennt...

Liebe Grüße und danke
Piano

Re: Suchtanfälligkeit und -verlagerung
« Antwort #1 am: 09 Oktober 2024, 10:35:51 »
Hallo Piano

Ich finde es gut, dass du dich früh genug erkundigst und die Spielsucht vorbeugen willst.

Was ich dir als Tipp mitgeben kann, ist es eine Art Anker für dich zu finden.
Bei mir war es der Glaube, bei jemand anderem Sport usw..
Da du ja hier von Suchtverlagerung sprichst, wäre es doch gut diese in etwas positives zu verlagern :)

Du hast die Möglichkeit , hier alle Geschichten zu lesen. Da kannst du dir ja mal vor Augen führen was diese Sucht mit einem anstellt.
Wenn du dann wieder mal irgendwie einen Druck verspürst doch zu spielen, dann lasse dir genau diese Geschichten im Kopf abspielen.

Gemäss deinem Beitrag, hast du schon von jungen Jahren an Probleme mit verschiedensten Süchten.
Hast du da schon mal professionelle Hilfe in Anspruch genommen? Psychologe, Selbsthilfegruppen usw.?


*

Offline Olli

  • *****
  • 7.273
Re: Suchtanfälligkeit und -verlagerung
« Antwort #2 am: 09 Oktober 2024, 14:43:22 »
Hi Piano!

Auch von mir ein herzliches Willkommen!

Zitat
dass ich im Wesentlichen generell sehr suchtanfällig bin.

Da schließe ich mich den Fragen von OG an.

Früher habe ich solche Sätze rigoros abgelehnt, weil damit beim Betroffenen die Einstellung unabwendwarer Tatsachen manifestiert wurden. Dabei bin ich auch heute noch davon überzeugt, dass jeder Mensch suchtfrei leben kann!
Wenn ich aber die Betrachtungsweise ändere und die neuesten medizinischen Überzeugungen einfließen lasse, dass es keine Suchtverlagerung gibt, dann steckt das Problem doch in der Person und nicht in der Suchtart. Der Satz ist dann absolut zutreffend!

Damit komme ich wieder auf OGs Fragen zurück, denn Vieles, was uns in die Sucht geraten lässt und dort festhält, kann behoben werden.

Zitat
Die ganzen Verhaltensstrategien und -tipps, Vorkehrungen, Skills usw. laufen ja irgendwie ins Leere und sind am Ende in ihrer Gesamtheit viel zu einschränkend und nicht praktikabel, wenn man von einer Sucht in die nächste rennt...

Ich schätze mal, Du meinst hier die Notfallkoffer? Dann gebe ich Dir Recht! Du brauchst grundlegende Veränderungen im Verhalten, Denken und Fühlen. Das leitest Du automatisch ein, wenn Du Deine Probleme ergründest, verarbeitest und ggf. eliminierst. Solltest Du es bisher noch nicht getan haben, wäre es ein Wunder, wenn sich etwas ändert ohne Veränderungen ...

Also ... erzähle doch mal bitte ...
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Suchtanfälligkeit und -verlagerung
« Antwort #3 am: 09 Oktober 2024, 19:00:47 »
Hallo OG-123, hallo Olli,

herzlichen Dank für eure Reaktionen und das Willkommenheißen. Danke auch, dass ich hier sein darf, obwohl ich hinsichtlich der Glücksspielsucht - zum Glück! - noch keine ausgeprägte Abhängigkeit entwickelt habe und nicht belächelt werde, hoffentlich, weil ich mich trotzdem an das Forum, an euch, die das allgemeine Problem kennen, teilen und verstehen, wende.

Tatsächlich habe ich im Forum bereits vor 6-7 Jahren, im Zuge der ersten OC-Episode, sehr intensiv mitgelesen und habe auch in den vergangenen Tagen viel in den Erfahrungen anderer User / Threads gestöbert. Ich werde das, jetzt und in Zukunft, sicher auch noch weiterführen und danke an der Stelle ausdrücklich auch all denen, die bereit sind, hier öffentlich über ihre Erfahrungen in den anderen Threads und Tagebüchern mit dem Thema zu schreiben.

Zu euren an mich formulierten Fragen:
Ja, ich habe eine Art Anker in den letzten Jahren wieder gesucht und semi gefunden, indem ich ein neues Instrument (drei mal dürft ihr raten...) lerne und auch Unterricht darin nehme und ja, ich habe eine ambulante Psychotherapie seit mehreren Jahren. Das zusammen, gepaart mit anderen weniger organisierten Freizeitaktivitäten (Computerspiele, Alltag und am Wochenende mit Überwindung mal zusammen vor die Tür, Essen gehen oder einen kleinen Ausflug), füllt die wenige Freizeit, die man neben einem phasenweise sehr anstrengendem Vollzeitjob noch so hat, auch gut aus bzw. geht sogar oft über mein Energielevel hinaus. An irgendwie gearteten zusätzlichem (persönlichen) Sozialkontakt habe ich, na ja, wenig Interesse und vor allem keine Energie dafür, durch meinen Job bin ich eher ständig mit dem Problem des Social Overloads konfrontiert.

Die Psychotherapie hat mich leider in Bezug auf die Suchtanfälligkeit nicht so wirklich weiter gebracht, abgesehen von der Erkenntnis, zu akzeptieren, dass ich eine durchaus heftige Kindheit und Jugend hatte und sich manche Probleme nicht ändern lassen, sondern man, mal verkürzt gesagt, akzeptieren muss, dass man auch über Jahre bei bestimmten Problemen nicht weiter kommt (Prozesse stagnieren, Verhalten nicht angepasst werden "kann") und mich auch (m)eine chronische Depressivität / Melancholie, quasi wie ein Persönlichkeitsmerkmal, voraussichtlich mein Leben lang begleiten wird. Aber hey, das ist echt niederschmetternd, vor allem als halbwegs junger Mensch, der in der Theorie noch ein paar Jahrzehnte Leben vor sich haben könnte. Es gab viele Phasen im Leben, in denen ich deutlich mehr gelitten habe und auch leiden "musste" als heute, ich versuche mir immer wieder zu vergegenwärtigen, wie gut es mir derzeit eigentlich geht / gehen "müsste" und dennoch ist da noch so viel latente Unzufriedenheit in mir, die mich nicht "wirklich glücklich" sein lässt. Konkret z.B. das Finanzielle, ich könnte jetzt echt mal zufrieden sein, ich kann mir (und nicht nur mir) etwas leisten, aber es ist (gefühlt) gerade nicht "genug". Während ich spare, veralten die bisherigen Anschaffungen, das nächste Update und Upgrade steht an bzw. ist begehrenswert, es geht immer besser, wenn man noch etwas oder viel mehr Geld investiert... und es fühlt sich an wie ein Hamsterrad, aus dem es keinen Ausweg gibt, ohne irgendwann mal "die große Kohle" zu machen. Da erscheint z.B. ein Lottogewinn natürlich zunächst als ein großer Traum, der Wohlstand, Freiheit und Unabhängigkeit (auch von Erwerbstätigkeit) ermöglicht. Oder fette Börsengewinne... Anfang und Mitte 20, d.h. vor über 10 Jahren, habe ich überlegt, einen Teil meines Ersparten in Bitcoins zu investieren - tja, hätte ich mal. Ich spiele gerne Computerspiele, also hätte es vor ein paar Jahren für mich auch nahegelegen, in Nvdia-Aktien zu investieren - tja, hätte ich mal. Es ärgert mich mehr, als ich zugeben mag, denn ohne zu erwartendes Erbe sind die Wege nunmal begrenzt. Jammern auf verdammt hohen Niveau, auch für mich und aus meiner biographischen Perspektive, das ist mir vollständig klar, bewusst und fühle ich (meistens) auch genauso. Nächstes Jahr habe ich endlich mein Studi-Bafög zurückgezahlt und bin damit endgültig schuldenfrei, denn das waren auch die einzigen Schulden, die ich je in meinem Leben gemacht habe. Darauf könnte ich, vor allem vor dem Hintergrund meiner Biographie, eigentlich verdammt stolz sein. Könnte...

- und vor allem habe ich eine riesen Angst davor, mir diese bisherige (Lebens-)"Leistung" durch Zockerei in welcher Form auch immer (ob jetzt OCs oder an der Börse) selbst zu zerstören. Auch deshalb bin ich hier.

Liebe Grüße
Piano


Re: Suchtanfälligkeit und -verlagerung
« Antwort #4 am: 09 Oktober 2024, 19:25:57 »

Zitat
Die ganzen Verhaltensstrategien und -tipps, Vorkehrungen, Skills usw. laufen ja irgendwie ins Leere und sind am Ende in ihrer Gesamtheit viel zu einschränkend und nicht praktikabel, wenn man von einer Sucht in die nächste rennt...

Ich schätze mal, Du meinst hier die Notfallkoffer? Dann gebe ich Dir Recht! Du brauchst grundlegende Veränderungen im Verhalten, Denken und Fühlen. Das leitest Du automatisch ein, wenn Du Deine Probleme ergründest, verarbeitest und ggf. eliminierst.

Hallo Olli,

die Frage hatte ich beim Antworten gerade vergessen. Ja, ich meine so etwas wie die Notfallkoffer, die es ja in verschiedener Form bei allen Süchten so gibt. So wäre es z.B. für mich und mein Leben unheimlich einschränkend, mein Onlinebanking zu kündigen, Paypal nicht mehr zu nutzen usw. Und das ist eben nur ein Beispiel, denn auch das wäre weder in Bezug auf die Glücksspielsucht als einzelnes eine hinreichende präventive Maßnahme noch bewahrt mich diese Maßnahme davor, anderes Suchtverhalten auszuleben. Wenn man, wie ich, grundsätzlich anfällig ist, müsste man wie ein Michelin-Männchen eingepackt durch den Alltag spazieren und das ist halt nicht praktikabel.

Ich habe heute aber dennoch mein erstelltes OC-Konto (zum Glück bislang bzw. aktuell nur eins) durch den Kundenservice löschen lassen und auch eine Bestätigung dessen angefordert, die ich per Mail erhalten habe. Dabei wurde ich übrigens mehrfach hartnäckig nach dem Grund für meine Kündigung gefragt, vermutlich um mich umzustimmen. Ich habe die Nennung des Grundes explizit verweigern müssen und darauf beharren müssen, dass das Konto einfach "so" gelöscht wird. Natürlich gab es im Online-Konto auch keine Möglichkeit, das Konto selbst zu löschen/kündigen, dafür musste man sich erst an den Support wenden. Und natürlich hat mich bei Erstellung des Kontos auch keiner danach gefragt, warum ich eines eröffnen und mein Geld verspielen möchte.   ::)
Immerhin, und das war vor 6-7 Jahren noch anders, musste ich aber nach Erstellung des Kontos ein Einzahlungslimit festlegen, das auch nicht spontan wirksam geändert werden konnte (so jedenfalls stand es im Text) und es gab beim Spielen einen Button über dem Spiel, mit dem man sein Konto für 24 Stunden selbst sperren konnte (ob es funktioniert, hab ich nicht ausprobiert). Ein bisschen was scheint also in den letzten Jahren hinsichtlich der Umsetzung von Strategien zum "verantwortungsvollen Spielen" passiert zu sein. Während meiner ersten Episode, in der ich - im Gegensatz zu jetzt - in mehreren OCs gespielt habe, habe ich beides (Aufforderung ein nicht sofort veränderbares Limit festzulegen und 24-h-Sperrbutton) nie gesehen.

Liebe Grüße
Piano
« Letzte Änderung: 09 Oktober 2024, 19:27:28 von Piano »

Re: Suchtanfälligkeit und -verlagerung
« Antwort #5 am: 13 Oktober 2024, 16:08:44 »
Puh. Am Wochenende habe ich mich weiter mit Geldanlage befasst - hier wirklich Geldanlage gemeint, das heißt ganz vorrangig mit ETFs. Ich will die ETFs nicht als Altersvorsorge nutzen, das Geld, das ich hier anlegen will, ist zum großen Teil für das nächste Auto in 4 Jahren gedacht, wenn alles nach Plan läuft und mein bisheriges bis dahin noch wirtschaftlich zu erhalten ist. Auf das Auto bin ich beruflich zwingend angewiesen. Für alles andere werde ich eine angemessene Rücklage im Bereich zwischen 3 und 6 Nettomonatsgehältern ("Notgroschen"), also genau so, wie es immer empfohlen wird, auf dem Tagesgeld lassen.

Meine Angst davor, mit risikoträchtigeren Anlagen zu experimentieren, wenn es einmal im Depot angekommen ist, ist aber vorhanden. Ich sehe für mich zur Zeit wenig Gefahr darin, das Geld wirklich zu "verzocken", d.h. irgendwie mit Hebeln, Derivaten o.ä. herumzuspielen. Aber die gedankliche Verlockung, einen Teil in Einzelaktien zu investieren, die mehr Rendite abwerfen können (aber auch höhere Verluste einfahren), ist schon da. Zu sehen, wie sich der Aktienkurs von Nvdia alleine in der letzten Woche, dem letzten Monat und erst recht im letzten Jahr entwickelt hat, macht mich wahnsinnig, weil ich diesen Gewinn nicht mitgenommen habe, sondern mein Geld für im Verhältnis lausige % auf dem Tagesgeld gebunkert habe. Aber wäre ich vor einem Jahr wirklich so wahnsinnig gewesen, einen nennenswerten Anteil meines bescheidenen Ersparten in eine Einzelaktie wie Nvdia zu stecken? Wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich wäre mir das Risiko und letztendlich meine "Vernunft" zu groß gewesen. Bzw. war es ja de facto so, sonst hätte ich es ja letztes Jahr machen können.

Mir ist bewusst, dass ich - vor allem für meine derzeitigen Verhältnisse - viel zu fokussiert bin auf Geld und Finanzen. Olli schrieb in einem anderen Thread von der Fokussierungsillusion, dass man mit einem dicke(re)n Bankkonto glaubt, dann endlich glücklich(er) zu sein. Der Gedanke, finanziell frei zu sein, mir jetzt alles leisten zu können, was ich gerne hätte, wirkt so unglaublich anziehend auf mich, obwohl es mir finanziell nicht schlecht geht, sondern besser als je zuvor in meinem Leben, vor allem was die Stabilität und Zukunftsperspektive anbelangt. Was will ich mehr?

Die Antwort ist: Geld und zwar jetzt bzw. zeitnah und nicht erst in 10-15 Jahren, wenn es mir nichts mehr nutzt bzw. nicht mehr so viel wie jetzt, weil ich es dann wahrscheinlich nur noch alleine konsumieren kann. Und trotzdem ist der Gedanke dämlich, denn jetzt geht es mir/uns finanziell doch eigentlich schon gut "genug", gemessen an früheren Zeiten. Seufz.

Re: Suchtanfälligkeit und -verlagerung
« Antwort #6 am: 14 Oktober 2024, 00:44:51 »
Wenn dich der Gedanke, dass du Gewinn xy nicht mitgenommen hast wahnsinnig macht, dann halte ich das, was du vor hast bzw. machst für sehr gefährlich.
Du betonst mehrfach, dass doch eigentlich alles gut ist, und trotzdem fokussiert du dich auf die große Rendite. Was fehlt dir? Am Ende ist das dann doch wieder zocken.

Bleibe dann doch zu deinem Schutz lieber beim Tagesgeld oder nutze wenn überhaupt nur Anlageformen, bei welchen du selbst nicht die Finger im Spiel hast. Zum Beispiel aktiv geführte Fonds. Nur ein Beispiel und ganz klar keine Anlageempfehlung!!

Alles Gute dir und pass auf dich auf!

Re: Suchtanfälligkeit und -verlagerung
« Antwort #7 am: 19 Oktober 2024, 23:49:56 »
Danke für deine Reaktion.
Zum aktuellen Stand kann ich berichten, ich habe den Schritt gewagt und einen Teil meines Geldes investiert, der größte liegt weiterhin auf dem Tagesgeld, der nächstgrößere in ETFs (World/Emerging, also stinklangweilig) und ein kleinerer in Aktien. Für mich zuerst sehr nervig, aber langfristig ganz gut ist, dass mein Broker keine Sofortüberweisungen annimmt, d.h. es dauert 2 Werktage, bis das überwiesene Geld wirklich im Depot landet und angelegt werden kann. Das dürfte mich gut vor impulsiven Handlungen schützen. Bislang habe ich keinen Drang danach, mit dem Geld wirklich zu "zocken", von dem Investment in die Unternehmensaktie mal abgesehen, aber auch das war eine gut überlegte Entscheidung, bei der ich das Risiko in Kauf nehme.

In den letzten Tagen habe ich schon recht häufig meinen Portfoliowert gecheckt, aber ich nehme an, dass das noch unter anfängliche Neugierde fällt und zumindest die Häufigkeit abnehmen wird.

Gestern habe ich außerdem einen Lottoschein ausgefüllt und eben erst daran gedacht, die Zahlen zu checken, d.h. die Aufregung hielt sich auch diesmal in Grenzen und die Ernüchterung, dass es natürlich wieder keinen Gewinn gibt, auch. Tatsächlich finde ich es gerade etwas schade ums verpulverte Geld, weil ich das besser ins Depot oder etwas Schönes hätte investieren können. Ich hoffe, die Einsicht hält jetzt eine Weile an und mich erstmal davon ab, noch mehr Geld in Lotto zu versenken.

"Was fehlt dir?"
Oft fehlt mir Zufriedenheit, mit dem was ich habe, was ich bin und mir leisten kann bzw. wovon ich glaube, dass ich es mir leisten kann. Tatsächlich fällt es mir, persönlichkeitsbedingt und wahrscheinlich stark zurückzuführen auf meine Biographie (Kindheit/Jugend), echt nicht gerade leicht, mir etwas zu gönnen. Spontankäufe sind sehr selten, ich kalkuliere Anschaffungen lange im Voraus ein, vom Wunsch bis zum tatsächlichen Kauf vergehen so gerne mal 2, 3, 4 oder 5 Jahre - und das nicht, weil ich das Geld nicht zur Verfügung hätte und gemeint sind auch nicht (nur) die ganz großen Anschaffungen wie ein Auto. Und auch hierbei muss ich feststellen, egal wie lange und wohlüberlegt die Dinge sind, die ich mir wünsche und irgendwann tatsächlich kaufe und mit den Gegenständen dann auch fast immer sehr zufrieden bin - eine innere Leere füllen die natürlich auch nicht.
Es ist echt ein Gefühl von: Ich könnte zufrieden sein, bin es aber nicht und etwas in mir glaubt noch daran, dass ich es mit mehr Geld wäre. Ein Teil von mir ist dankbar, für die Lebenssituation, in der ich jetzt bin und die ich mir erarbeitet habe und ein anderer Teil findet es total ungerecht, dass mir finanziell nichts in die Wiege gelegt wurde und wird und ich es mit "normaler" Arbeit wahrscheinlich immer nur zu einem sehr bescheidenen Wohlstand bringen werde, bei dem ich über die großen Sprünge wie eine Immobilie gar nicht nachdenken brauche.

 

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