Hi Jonathan!
Ich fange mal hinten an:
Bei mir muss dann immer alles schnell gehen, es muss dann eingezahlt werden.
Suchtdruck kommt schnell ... und geht auch immer genauso schnell, wenn er nicht gefüttert wird. Es ist also egal, was Dich gerade triggert - Du musst Dich in Geduld üben. Es gibt aber auch Skills, die Dir über die kritische Zeit hinüber helfen. Das Eine sind kognitive Vorgehen, beim Anderen geht es darum, dass die Sinne die Gedanken übertönen. Ich beschränke mich mal auf Letzteres: Ein Gummiband ums Handgelenk legen und dort schnippen lassen. Du sollst Dich dabei aber nicht verletzen, es geht nur um das Gefühl. Eiskalt duschen vertreibt die Gedanken zieeeeemlich schnell. So lange im Treppenhaus rauf und runter laufen, bis Du über Deine Zunge stolperst. Es gibt Noppenbälle zu kaufen, die Du in der Hand knetest. Die Noppen drücken sich in die Hand und Du kozentrierst Dich auf diese Wahrnehmung. Dann gibt es Chilligummibärchen zu kaufen, die Du kredenzen kannst.
Mache es Dir bewusst - der Suchtdruck vergeht IMMER!
Google mal nach "Die Welle" ...
Besteht eine Möglichkeit diese Sucht zu besiegen oder erstmal mit jemanden darüber zu sprechen?
Ich mag das Wort "besiegen" nicht. Weshalb? Nun, weil Du einen Teil von Dir, der Dir nicht gefällt, zum Feind deklarierst.
Der süchtige Teil ist aber nun mal ein Teil von Dir und wird es immer bleiben. Wenn Du gegen diesen Teil kämpfst, um zu siegen, dann kämpfst Du also gegen Dich selbst. Das kostet Kraft, die besser investiert werden kann.
Ich sehe meine Sucht als Freund an, der Blödsinn erzählt. Was macht solch ein Freund, wenn er dann gerade mal ein Lächeln erntet? Er verstummt und zieht sich zurück.
Zum Thema sprechen ... na klar ... es gibt so viele Angebote, die Du nutzen und dich erst einmal austesten kannst.
Heute abend ist ja das Webmeeting ... schaue vorbei ... 19 Uhr geht es los ...
Dann siehst Du oben auf der Seite einen Link "Hilfe bei Glücksspielsucht für Betroffene und Angehörige".
Es öffnet sich eine Seite mit unwahrscheinlich vielen Angeboten, die Du allesamt nutzen kannst. Es gibt einen Chat mit Therapeuten/Suchtberatern, einen anonymen EMail-Austausch (es ist eine Software zwischengeschaltet, die Deine Anonymität wahrt), eine Videoberatung. Es gibt Adressenlisten zu SHGs, Beratungsstellen und Kliniken und vieles mehr.
Zwei aus der Samstagsgruppe nutzen parallel die Videoberatung bei der Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht NRW. Beide haben Kathrin erwischt
als zuständige Beraterin. Sie, genauso, wie ihre Kollegen, machen einen wirklich guten Job. Da steckt viel Herzblut darin Menschen wie uns zu helfen.
Ihr habt mich gefragt, ob ich denn weiß was mich triggert und da habe ich mir so meine Gedanken gemacht. Die Frage bei mir ist wohl eher, was triggert mich nicht... Mich triggert mein trauriger Kontostand, ich könnte ja etwas gewinnen. Mich triggern die Schulden die ich habe, ich könnte ja gewinnen und diese mit einem Schlag abbezahlen. Solche Flausen und Gedanken finden in meinem Kopf statt. Mein erster Gedanke, sobald mein Gehalt da ist, ist zocken. Das ist doch traurig, oder nicht? Mein Problem ist, dass ich schon so viel gewonnen habe, 10000 Euro hier, 10000 Euro da. Nie habe ich einen Cent ausgezahlt - überlegt euch das mal wie traurig das einfach nur ist. Danach kamen immer die Schuldgefühle und die Depressionen.
All das, was ich da von Dir lese, sind typische suchtgesteuerte Gedanken. Der Kontostand ... wird der besser, wenn Du zockst? Du hast es ja mehrfach selbst erlebt ... Gewinne sind nur die Einsätze fürs nächste Spiel. Also bleibt der Kontostand im Keller und die Schulden werden immer mehr. Der Kontostand wird erst besser werden, wenn Du mit dem zocken aufhörst.
Auch wenn Du einen Wahnsinnsgewinn machen würdest in der Zukunft. Was müsstest Du dafür tun? Weiterzocken, nicht wahr?
Welcher Teil in Dir lässt Dich also so denken? Wenn der Megagewinn kommt ... wird dann dieser Teil in Dir nicht jubilieren und Dir vorgaukeln, dass da noch ein weitaus größerer Gewinn auf Dich wartet? Du musst dazu dann nur weiter zocken ...
Der Sucht ist es egal, was Dich triggert. Sie nimmt alles. Schlechte Gefühle ... gute Gefühle ... reale Gründe - surreale Gründe ...
Ich rede die ganze Zeit immer bewusst von einem "Teil von Dir". Du bist nämlich nicht "Deine Sucht". Du bist weitaus mehr als das.
Und genau darum kannst Du Deine Sucht auch zum Stillstand bringen.
Wer bist also Du? Wo sind Deine Stärken? Wo Deine Schwächen? Welche Werte hast Du? Woran hast Du Spaß? Was bringt Dich zum Weinen, was zum Lachen? Welche Kompetenzen hast Du, damit Du möglichst erfolgreich Deine Sucht zum Stillstand bringen kannst?
Zum Thema Lügen... Ich lüge leider sehr viel. Ich lüge sehr viel über meine Gefühle, wenn man mich fragt wie es mir geht. Ich lüge wenn es um das Thema Geld geht. Seit der Spielsucht hasse ich es über Geld zu sprechen, weil es mir weh tut. Ich belüge mich selbst, dass es mir gut geht.
Ich sage immer: Die Basis für eine Genesung ist die absolute Aufrichtigkeit nach Innen und nach Außen!
Das heißt nicht, dass ich mit meiner Sucht klinken putzen gehe. Es bedeutet aber, dass ich die Menschen, die mir nahe stehen, über meinen Zustand aufkläre. Es bedeutet, dass ich mit eingestehe, dass es mir schlecht geht. Wenn ich merke, dass ich mich oder andere belogen habe, dann stelle ich das klar. Ich trainiere so das Lügen wieder ab. Auch das Lügen wird ja zu einem Automatismus in der Sucht.
Übrigens ... achte noch mal bewusst auf Deine Gefühle, die Du jetzt gerade verspürst, währen Du schon dabei bist zu REDEN!
Bis heute abend ...