Hallo zusammen,
zunächst einmal vielen Dank für Eure Antworten! Allesamt in die ein oder andere Richtung hilfreich oder denkanstoßgebend! Ich habe dazu auch einiges zu sagen. Das wird gewiss ein langer Beitrag!
Ich finde dass sowohl Chris als auch Laura recht haben. Wie ich es zunächst halten möchte, ist ein Mittelding.
Denn: Ihn direkt auf das ganze ansprechen ist generell eine gute Idee. ABER: Laura hat vollkommen recht. Er wird mir nicht die Wahrheit sagen! Bevor ich eine Ahnung bekam (und mittlerweile auch Bestätigungen - z. B. durch den gefundenen Zettel und die Ex-Frau), dass er spielen könnte, fielen mir "nur" viele Ungereimtheiten auf. Besonders was seine Arbeitszeiten anbelangt. Da hat er mich mehrfach angelogen. Es lag mehr oder minder auf der Hand (ich konnte es nur nicht beweisen). Wenn ich ihn drauf angesprochen habe (nett, sachlich), hat er gelogen. Einmal habe ich ihn dann ausgetrickst und konnte ihm dann beweisen, dass er gelogen hat. Dann hat er nach drei mal nachbohren zugegeben, dass ich recht habe. Den Grund warum er mich über seine Arbeitszeit angelogen hatte begründete er damit, dass er zu einem Kumpel wollte, aber aus früheren Beziehungen weiß, dass das oft nur Diskussionen gibt. Und so hat er es einfach nicht gesagt und dachte, wenn er sagt, dass er schon zur Arbeit muss, wäre es am besten. Zu dem Zeitpunkt habe ich noch gar nicht an spielen gedacht. Eher ob er eine andere hat (das kann ich inzwischen ziemlich sicher ausschließen). Als ich dann von der Ex-Frau den Hinweis mit dem Spielen bekam, hatte ich einen Möglichkeit die alle diese Ungereimtheiten erklären würde. Und ich wurde durch kommendes in dem Verdacht bestätigt. Und nun durch den Zettel ist es noch gewisser. Denn wenn es belanglos wäre, hätte er den Zettel nicht versteckt und hätte mir auch wohl was davon erzählt... der Zettel ist für mich jedenfalls eindeutig, dass er sich tatsächlich mit Automatenspielen beschäftigt. (Pokern liebt er auch über alles - dass da eine Spielsucht hinterstecken könnte, ahnte ich da aber noch nicht. Passt aber auch dort hinein. Und auch dass er nicht möchte, dass ich seinen Eltern gegenüber erwähne, dass wir im Freundeskreis schon mal gepokert haben. Kam mir sonderbar vor. Aber die Eltern wissen anscheinend auch mehr aus der Vergangenheit. Die möchte ich aber nicht fragen.)
Wie auch immer: Er hat mir damals schon nicht die Wahrheit gesagt. Auch nicht als es mal um ein Geldthema ging. Er hatte sich bei mir mal was geliehen und lange nicht zurückgegeben. Ich sagte zu ihm, dass ich es nicht gut fände, dass er nicht von sich allein anspricht, wenn er das Geld noch nicht zurück geben kann. Und ob er Schwierigkeiten hätte? Er ging sofort auf Abwehr und beschaffte mir auch sehr schnell das Geld. Und er habe keine Probleme. Wäre ja auch eine Möglichkeit gewesen, mir reinen Wein einzuschenken.
Aber ehrlich: Ich glaube, das tun nur ganz wenige Menschen. Keiner möchte mit seinen Schwächen auffliegen. Und besonders wenn es schon ein ausgeprägtes Lügengerüst gibt, fällt es schwer zuzugeben: "Ja, ich habe Dich die ganze Zeit angelogen."
Er hat nach der 1. Lügengeschichte (mit der Arbeitszeit) im "Kleinen" zugegeben, ab und zu über seine Arbeitszeit geschummelt zu haben. Und dass er das nicht mehr tun werde. Er kommt seither um einiges früher nach Hause.
Kürzlich sagte er, er müsse jetzt wieder länger arbeiten. Ich habe ihm klar gemacht, dass ich mir so eine Beziehung nicht vorstelle. Wir haben eh entgegengesetzte Arbeitszeiten. Aber wenn er nur noch zum schlafen nach Hause kommt, weil er noch 2 Stunden länger arbeiten muss, dann wäre das nicht die Beziehung, die ich mir vorstelle. Und das würde auf lange Sicht Unzufriedenheit bei mir auslösen und vielleicht auch ein Aus für uns bedeuten. 2 Wochen später hieß es dann, er müsse doch nicht länger arbeiten.
Das schlimme ist immer, dass man - wenn man erst mal angelogen wurde - nicht mehr weiß, wann es wahr ist und wann nicht. Aber ich habe mir vorgenommen, einfach meine Grenzen deutlich zu machen! Das habe ich getan, indem ich ihm sagte, dass ich mit einer Beziehung in der man sich nur zum schlafen gehen sehen könnte, nichts für mich ist und mich das über die Beziehung unzufrieden werden lässt und vielleicht noch schlimmeres.
Wozu ich das jetzt alles erzähle: Ich denke (bin noch nicht zu einem abschließenden, aber zu einem vorläufigen Ergebnis gekommen), dass es gar nicht mal so gut wäre ihn in die Enge zu treiben. D. h., dass ich es auch nicht unbedingt so günstig fände, wenn ich ihn zur Rede stelle, bzw. mit ihm versuche in Ruhe über das Problem zu reden und ihm zu entlocken, dass er spielt. Denn: Mal angenommen, er gesteht mir das. Was dann?
Man könnte sich trennen. Ich möchte das aber zum derzeitigen Zeitpunkt nicht. Ich liebe ihn von Herzen. Und er liebt mich von Herzen. Unsere Beziehung ist wunderschön - wäre da nicht dieser eine Punkt!
Zweite Möglichkeit ist also mit dem Wissen dass er spielt, leben. Würde er wissen, dass ich es weiß, würde das die Situation dann verbessern? Das glaube ich nicht wirklich. Ich glaube nicht, dass er dann aufhören würde. Es ist eine Sucht. Und ich kenne mich leider Gottes mit Suchtkranken aus (meine Eltern waren Alkoholiker und mein Ex-Freund ist Alkoholiker - das war auch der Trennungsgrund, denn dadurch hatte er auch Probleme mit der Libido... er hat nichts geändert an seiner Sucht, trotz dass ich ihm klar gemacht habe, dass ich so mit ihm auf Dauer nicht zusammen sein kann. Die Sucht war einfach stärker... und mein ständiges Druck ausüben hat seine Sucht nur noch verstärkt. Nach der Trennung hatte er sie wieder deutlich besser im Griff, was ja auch schon mal wenigstens etwas ist, wenn man sie schon nicht schafft zu bekämpfen.). Ich vermute und befürchte, dass er dann nur noch heimlicher alles tun würde (weil er sonst Versprechungen, die er meint geben zu müssen, bricht). Ich noch verletzter wäre, nun noch schlimmer angelogen zu werden (da er ja weiß, dass ich weiß dass er spielt und er mich dann noch gezielter anlügt). Und ich befürchte auch, dass damit der Druck, den die Spielsucht auslöst, nur noch stärker wird und er es noch weniger sein lassen kann. Meinem Ex-Freund ging es mit dem Alkohol so. So nach dem Motto: Ich will ja aufhören. Aber heute trinke ich noch... nur noch ein einziges Mal (diese 1000 letzten Male waren aber allesamt so heftig als sei es wirklich das allerletzte Mal... nur hat er nie aufgehört... sondern immer nur in Gedanken gesagt - und selbst dran geglaubt -, dass er MORGEN aufhört). Das wurde alles immer heftiger. Bis hin zum totalen Kontrollverlust für ihn. Seit unserer Trennung (im Guten - wir sind immer noch sehr gut befreundet) geht das besser. Und ich bin mir sicher, dass ich es durch meinen Druck, den ich ausgeübt habe, verstärkt habe.
Und Druck ausüben wäre es auch hier. Denn ich würde ja mit einem Gespräch erreichen wollen, dass er mich nicht anlügt/hintergeht und dass er aufhört zu spielen. Aber ein Suchtkranker kann das nicht einfach so. Und ich weiß aus Erfahrung, dass ICH da auch keinen wirklichen Einfluss drauf habe. Ich kann nur eins tun: Darauf schauen was ICH will!
Und ich will: Besser einschätzen können, warum er mich anlügt (das habe ich inzwischen herausgefunden: er spielt) und nun würde ich mir gern ein Bild darüber machen, wie stark ausgeprägt bei ihm die Sucht ist. Damit ich das besser einschätzen kann und nicht irgendwann das böse Erwachen kommt. Dabei helft Ihr mir gerade. Ich weiß nun, dass er für die Spielhallen (ich vermute dass er dort hingeht) keinen Ausweis braucht. (Gibt es möglicherweise da vielleicht verbotene Hinterzimmer, in denen anderes gespielt wird? Ich habe überhaupt keine Ahnung, habe aber mal beobachtet (nicht nachspioniert... das war wirklich Zufall, bzw. Leichtsinn von ihm... denn er hätte damit rechnen können und sollen, dass ich das sehen kann), wie er in einen Hauseingang NEBEN einer Spielhalle verschwunden ist. Für ca. 1 Stunde.
Ich würde halt einfach gern das Ausmaß ein bisschen besser abschätzen können. Hier auch gleich wieder eine Frage: Muss spielen zwangsläufig in den Ruin führen, oder gibt es Spieler die das immer noch irgendwie halbwegs unter Kontrolle haben? Ich schätze, dass mein Freund es zur Zeit halbwegs unter Kontrolle hat. Er vielleicht - meiner Einschätzung nach - im Moment nur spielt, wenn er Geld übrig hat. Aber wissen kann man das natürlich nicht.
Und ich will noch etwas: Mit ihm zusammen bleiben.
Und mich dabei nicht ständig schlecht fühlen. Deshalb möchte ich ihn auch nicht unentwegt kontrollieren. Ich habe das eine Zeitlang getan, als ich merkte, dass er über seine Arbeitszeiten lügt. Als ich dann ahnte, dass er spielt, habe ich es ruhen lassen. Monate lang. Bis mir jetzt dieser Zettel in die Hände fiel. Jetzt möchte ich halt mehr über das Ausmaß wissen. Um für mich selbst klarer zu sehen und zu verstehen, was da abgeht.
Um mich nicht ständig schlecht zu fühlen, muss ich mich einfach nur auf MEIN Leben konzentrieren. Die Zeit mit meinem Freund genießen. Meine Zeit für mich genießen ohne immer daran zu denken, was er wohl jetzt tut. Denn ich kann es eh nicht verhindern. Ein Angehöriger hat (so gut wie) keinen Einfluss auf den Suchtkranken. Ich weiß das. Und ich kann damit mittlerweile auch ganz gut umgehen. Es ist nicht meine Aufgabe ihn zu retten. Ich kann es nicht. Das ist mir klar. Ich kann und muss nur entscheiden, ob ich so mit ihm zusammen leben kann oder will oder eben nicht.
Ich möchte auch aus seinen Problemen mit der Sucht rausgehalten werden. Da mir das nicht gut tun würde (ich kenne das ja) und es ihm nicht helfen würde. Wenn er wüsste, dass ich es weiß, wäre der Schritt sich eben bei mir mal Geld zu leihen (z. B. unter dem Vorwand jetzt aufhören zu wollen und nur eben was abzubezahlen, was man jemandem schuldet, aber anstatt dess es verspielen gehen... Süchtige sind leider so...), z. B. viel leichter. Er müsste ja nichts mehr vor mir vertuschen. Die Hemmschwelle wäre sicher geringer. Und durch das ihm Geld leihen (nur mal so z. B.) würde ich ihm sogar noch schade. Denn ein Suchtkranker kann seine Sucht nur erkennen und versuchen dagegen anzugehen, wenn er die Konsequenzen spürt und sie unerträglich findet. (Auch ein Grund warum ich froh bin, darauf gekommen zu sein, dass er spielt: Ich bin gewarnt. Sollten wir mal heiraten, würde ich mir das ganz gründlich überlegen. Und auch Gütertrennung vereinbaren. Auch was einen eventuellen Kinderwunsch anbelangt, würde ich auch die Spielsucht in die Überlegungen mit einbeziehen. Wir werden wahrscheinlich eh keine Kinder mehr bekommen wollen, da es sonst langsam Zeit würde und wir dazu noch nicht lang genug zusammen sind und der Kinderwunsch nicht groß genug (meinerseits besonders), aber man weiß ja nie. Gut also darüber bescheid zu wissen. Auch wenn es nur durch Kontrolle herauszufinden war.)
Das ist natürlich alles nicht leicht. Denn wenn man merkt, dass man angelogen wird, tut es weh. Und es macht einen wütend. Aber auch das gelingt mir inzwischen ganz gut. Denn ich weiß, dass es die Sucht ist. Und eine Sucht ist eine Krankheit. An der man zwar aus eigener Kraft (im Gegensatz zu anderen Krankheiten) etwas verändern kann, aber ich weiß auch wie verteufelt schwer es ist! Und wie wenig hilfreich, wenn ein Angehöriger Druck ausübt und versucht zu manipulieren. Das hilft nicht, sondern schadet. Dann lieber Grenzen aufzeigen. Und das versuche ich zu tun. So dass die Beziehung auch in meinem Interesse verläuft.
Ich möchte mich einfach so wenig wie möglich in diese Sucht mit reinziehen lassen. Sie soll nicht auch noch mein Leben beherrschen. Deshalb werde ich schon im eigenen Interesse meine Kontrolle bald wieder einstellen. Weil es meinem eigenen Seelenfrieden gut tut! Also wieder so, wie bevor ich den Zettel gefunden habe. Da reichte mir, dass ich ungefähr einschätzen konnte, dass er spielt. Und dass das der Grund ist für die Unstimmigkeiten bei seiner Arbeitszeit. Damit hatte ich meinen inneren Frieden und konnte ganz gut damit leben. Mit dem Rest der Beziehung sowieso, denn ein Suchtkranker ist ja kein schlechter Mensche!
Ich hoffe, Ihr könnte ganz gut nachvollziehen, wie mein Standpunkt ist. Er ist nicht unumstößlich. Und natürlich kommt es auch darauf an, ob er seine Sucht weiterhin für sich auslebt oder ich doch irgendwann damit in Berührung komme (z. B. wenn er sich Geld von mir leihen möchte). Wenn es nach mir geht, möchte ich aber im Grunde genommen wirklich lieber gar nicht genau von ihm hören, dass er spielt. Denn ehrlich: Was nützt das dann? Macht er dann wegen mir eine Therapie? Nein... die muss man aus freien Stücken machen. Und nicht weil ein anderer das möchte. Das sind nur unnütze Reibereien, die keinem was bringen, außer Entmutigung. (Im Grunde möchte man ja auch nur hören, dass er endlich sagt, dass er spielt, weil es die Wahrheit ist. Aber was bringt einem diese Wahrheit? Ich weiß... grenzwertig meine Aussage. Aber vielleicht auch bedenkenswert für viele Betroffene? Was meint Ihr?)
Eines noch... es wurde hier auch schon mal angesprochen: Meinen Standpunkt kann ich ja auch ganz gut vertreten, weil:
- Nicht verheiratet sind
- Wir keine Kinder haben
- Getrennte Konten
- Ich finanziell unabhängig bin
- Die Wohnung auf mich läuft
Aber auch allen anderen kann ich persönlich nur raten, an sein eigenes Wohl und Seelenheil zu denken. Es ist schlimm, wenn das eigene Wohlgefühl vom Verhalten des Partners abhängig ist - z. B. ob er gerade spielen geht oder nicht. Und Kinder sollten wirklich nicht der Grund sein, sich selbst ganz arg zurückzunehmen. Denn sie spüren Missstimmungen und Unzufriedenheiten der Eltern sehr! Und leiden darunter! Meine Eltern dachten auch immer: Lieber jeden Tag streiten und mit der Alkohlsucht des anderen leben (und selbst mittrinken), als sich zu trennen. Uns Kindern wäre es andersherum sicher lieber gewesen. Aber ich weiß: Alles nicht einfach! Und jeder muss seine Entscheidungen so treffen, wie er es für am besten hält. Manchmal braucht es auch etwas Zeit bis man genug Kraft hat.
Danke für den Austausch! Tut gut und bringt Klarheit! Schön, dass es ein Forum wie dieses gibt!
Viele Grüße,
Pipp