Begehrt waren gestern die Plätze an den Spielautomaten. Gleich nach der Casino-Eröffnung suchten die Spieler hier ihr Glück. FOTO: ari
SPIELBANK
Abgerechnet zur Eröffnung
Finanzministerin Diezel verteidigt die bisherigen Mietzahlungen 'des Landes
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VON JOLF SCHNEIDER UND MATTHIAS THÜSING
Nein, Finanzministerin Birgit , Diezel stimmte nicht mit ein, als das Frank-Sinatra-Double gestern zur ,Eröffnung der Erfurter Spielbank den Klassiker "I did it my way" (Ich tat es auf meine Weise) trällerte. Anlass hätte sie durchaus gehabt, steht doch ihr Haus wegen seines Verhaltens in Sachen Spielbank unter Dauerfeuer der Opposition im Landtag., ,
ERFURT - Die Ministerin verlegte sicJ:1,lieber darauf, die Bedeutung der Spielbank für den Freistaat und die Stadt Erfurt im Besonderen in den Vordergrund zu stellen. Und so konzentrierte man sich gestern lieber auf die Show statt auf die Vergangenheitsbewältigung. Erfreute sich an der' schmucken Einrichtung, die durch Neonlampen in, blaues und rotes Licht getaucht wird und schickte mit Olympiasiegerin Gunda Niemann-Stirnemann jemanden für die erste Kugel an den Roulette-Kessel, der sich mit Fahrten im Kreis auskennt.
Ein paar grundsätzliche Feststellungen konnte sich die Ministerin dennoch nicht verknei~en. Etwa jene, dass mit der
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Spielbank ein gutes Werk getan werde. "Spielen Sie für den guten Zweck", ermunterte sie die Gäste: ScJ:1ließlich sollen die Einnahmen aus der Spielbankabgabe der Ehrenamtsstiftung zu Gute kommen. 644 000 Euro hat die Landesregierung im kommenden}ahr dafür in den Haushalt eingestellt. Angesichts dieses Postens sei es zu vernachläs'sigen, dass der Freistaat die Investition des Betreibers in die Ausstattung der Räume im Erfurter Grandhotel "mit einem Mietstaffelmodell begleitet habe", sagte die Ministerin.
Um die Spielbank zu realisieren, war der Freistaat mit dem umstrittenen Dortmunder Investor Reinhard Baumhögger einen), Zel:Jn-}ahres~Mietvertrag eingegangen, ohne überhaupt einen Betreiber, für die Räume gefunden zu haben. Seitdem fließen jeden Monat fast 34 000 Euro an Baumhögger. Der Betreiber stand schließlich mit der Westspiel-Gruppe aus Münster bereit. Allerdings zahlt diese für das neue Casino in Erfurt zunächst nur eine Basismiete, Die Rede ist von 12 000 Euro im Monat. Erst wenn die Umsätze stimmen, wird der Mietpreis aufgefüllt und fließt auch Geld in die Ehrenamtsstiftung. "Abgerechnet wird zum Schluss", verteidigte Diezel das Modell. Schließ-
lich stünde mit Westspiel ein erfahrener Betreiber bereit, der schon wisse, wie man mit einer solchen Einrichtung die nötigen Gewinne erwirtschafte.
Mit bis zu 130 Besuchern am Tag rechnet Spielbank-Chef Maik Kremer. Er hat keine Bedenken, die Mittel für die Ehrenamtsstiftung nicht zu erspielen. "Die Erfurter haben großes Interesse an der Spielbank. Seit Wochen werde ich gefragt, wann es denn endlich losgeht", sagte er gestern. Da spiele es auch keine Rolle, dass in Erfurt nur die Volksvariante' der Spielbank betrieben wird. Große Roulettetische wird der Besucher vergeblich suchen und auch einen Krawattenzwang gibt es nicht. "Wir wollen eine Spielbank für jepen sein und nicht nur rui: eine Elite. Wenn die Besucher allerdings im Anzug oder im Abendkleid kommen, dann freut uns das umso mehr, denn es wertet das Ambiente auf", so Kremer.
Neue Erkenntnisse
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Nicht bei der Eröffnung zugegen waren einige ausgewiesene Insider des umstrittenen Mietgeschäfts, weil anderweitig ver hindert. Die Abgeordneten der Untersuchungsausschusses "Hotel-
bau" tagten zeitgleich in Saal 103 des Thüringer Landtags, um Licht in ein zweites Baumhögger-Geschäft - der mutmaßlich überteuerten Förderung des Hotel Mercure in Suhl- zu bringen.
Und das Fernbleiben zur Eröffnung führte durchaus zu Resultaten: Der damalige Sachbearbeiter der Förderangelegenheit räumte ein, der Thüringer Aufbaubank (TAB) sei seinerzeit bekannt gewesen, dass Baumhögger gewissermaßen mit sich selbst einen Generalübernehmervertrag zum Bau des Hotels geschlossen habe.
Trotzdem sei die Investition vom Wirtschaftsministerium bewilligt worden, auch nachdem der Zeuge damals Zweifel an der Höhe der Bausumme geäußiht hatte. Eine von ihm angeforderte detaillierte Kostenaufstellung wurde nicht geliefert. Mehr noch: Er fühlte ,sich damals "ein bisschen.unter Druck gesetzt", nachdem Baumhögger für diese Investition zeitnah ein Termin im Förderausschuss genannt worden sein soll. "Zu diesem Termin mussten die Unterlagen in der Regel vollständig vorliegen", so der Zeuge. Er habe die Akte daraufhin fertig gemacht - auch ohne Kostenaufstellung. Fast so wie es das Frank-Sinatra-Double gestern in der Spielbank sang.
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