Unterstützen Sie unsere Arbeit Jetzt spenden!
Hallo Gast
Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
» Mittwochsgruppe    |    » Samstagsgruppe
     

Ich weiß nicht was mit mir los ist..

  • 4 Antworten
  • 1607 Aufrufe
Ich weiß nicht was mit mir los ist..
« am: 01 November 2022, 20:40:34 »
Hallo liebes Forum,

es fällt mir echt schwer das ganze hier zu Schreiben, aber ich werde mein bestes geben.

Kurz vorab: Es geht um meine "Karriere" mit dem Glücksspiel.

Ich kam leider in sehr jungen Jahren in Kontakt zu Glücksspiel. Damals über Computerspiele wie Counter Strike wo man sogenannte Kisten kaufen konnte in der Hoffnung, dass man etwas teures rausbekommt welches echtes Geld wert ist.
Da ging schon gut und gerne mein Taschengeld drauf.

Diese Kisten wurden auch von Streamern im Stream geöffnet. Diese Streamer sind mit der Zeit auf Online Casinos umgestiegen. (Auch mit Partnerlinks für die Provision)
Ich fand das ganze interessant und habe mich auf den beworbenen Seiten registriert. Ein Verifizierungsprozess bei Ein- und Auszahlungen fand nie statt.

Ich habe natürlich Anfängerglück gehabt und am Anfang echt viel auszahlen können was in dem jungen Alter viel Geld war. Mit der Zeit überstieg der Minusbereich den Plusbereich.

Um zum Punkt zu kommen: Ich habe gelegentlich auf diesen Seiten eingezahlt und gespielt.

An einen Abend kann ich mich immer noch sehr gut erinnern. Ich habe mehr und mehr eingezahlt und einfach kein Glück gehabt. In dieser Zeit war ich Azubi und habe knapp mein gesamtes Gehalt verspielt. Ich war am Boden zerstört und habe mir gesagt, dass ich das nie wieder anfassen werde. Das hat auch 2 Monate gut funktioniert. Ich habe nicht viele Ausgaben gehabt und deswegen war mein Konto nach diesen 2 Monaten wieder gut befüllt also probierte ich es nochmal im OC. Lief schlecht, aber ich fand es zu verkraften.

Ich habe bis zu diesem Zeitpunkt regelmäßig, aber bis auf den einen Aussetzer immer verantwortungsvoll gespielt.

Jetzt beginnt der Teil der in meinen Augen extrem schlimm ist.

Ich wurde 18 und konnte in Spielbanken und Spielhallen.

Meinen ersten Schritt ins "reale" Glücksspiel unter Menschen machte ich in einer Spielbank und war geschockt wie viel Geld man dort verlieren kann. Teilweise konnte man 50€ Einsätze an Automaten machen und ich sah wie viele Leute extrem hoch spielten. Das hat mich ein wenig abgeschreckt, aber nicht gehindert selber mein Glück zu versuchen. Ich habe 100€ am großen Spiel (Blackjack, Roulette) verloren und 100€ an den Automaten. 200€ weg. Ich habe gedacht: "Okay toller Abend. War sein Geld wert."

Die Lichter und die Atmosphäre haben mich direkt gecatcht. Spielhallen haben mich allerdings nie gereizt. War einmal da und fand ich überhaupt nicht schön. Die Spielbank war der einzige Ort der mich gereizt hat.

Die Besuche wurden mit der Zeit immer regelmäßiger. Von 5x im Monat bis heute jeden Tag bis jeden zweiten Tag (Teilweise 2x am Tag).

Der Grund warum ich mich heute an euch wende: Ich habe 2000€ Schulden durch die ganzen Besuche gehabt. Ich bin momentan Schüler und arbeite nur auf Minijob Basis und verdiene zwischen 300 und 400 Euro.
Ich habe allerdings 1400€ bezahlt. Jetzt bleiben nur noch 600€.

Heute bin ich 2x in die Spielbank gefahren. 60€ mitgenommen und verspielt, zum Geldautomat nochmal 50€ abgehoben und verspielt, nochmal 50€ abgehoben und verspielt, zum Schluss nochmal 25€ und auch verspielt. Nicht schön.
Bin dann nachhause gefahren und habe mich ein bisschen erholt von dem schlechten Besuch.

Jetzt am Abend wieder hin und 100€ abgehoben. Man kann es ja nochmal probieren habe ich gedacht. Auch nach 20 Minuten weg und wieder nachhause und jetzt sitze ich hier mit gerade einmal 40€ auf dem Konto und Schulden die noch bezahlt werden müssen.

Ich spiele immer auf min. 0.40€ und maximal 1€ also keine hohen Einsätze und trotzdem verschwindet alles im Automaten.

Ich habe Tage wo ich überhaupt nicht spiele. Manchmal 1 Woche überhaupt nicht. Dann gibt es aber Tage wo es echt viel wird.

Ich weiß nicht was mit mir los ist. Warum ist das über die letzten Monate so ausgeartet? Wie kamen die Schulden zustande? Warum habe ich den Punkt nicht gemerkt an dem es zu viel wurde?

Ihr werdet meine Situation sehr wahrscheinlich verstehen.

Ich brauche eure Ratschläge. Es belastet mich sehr.

Mit freundlichen Grüßen
Buch
« Letzte Änderung: 01 November 2022, 20:52:53 von Buch »

*

Offline Olli

  • *****
  • 7.340
Re: Ich weiß nicht was mit mir los ist..
« Antwort #1 am: 01 November 2022, 21:38:26 »
Hi Buch!

Herzlich willkommen!

Ich finde es super, dass Du Dich an dieses Forum wendest, um ein wenig Unterstützung zu erhalten. Du bist vielleicht gerade am Boden zerstört - doch diese Kompertenz kommt durch - sich Hilfe zu suchen.
Nun, Du schilderst hier das typische Verhalten eines Spielers in vielfältiger Weise. Wer hat das nicht schon alles durch von uns ... ?!

Weisst Du ... wenn etwas nicht funktioniert, dann mache es anders. Bisher scheinst Du alles mit Dir alleine ausgemacht zu haben. Jetzt wendest Du Dich an dieses Forum. Doch was ist mit Deine Liebsten direkt um Dich herum? Du scheinst noch jung zu sein und wohnst sicherlich bei Deinen Eltern?
Wieso offenbarst Du Dich ihnen nicht? Hast Du Angst, dass sie enttäuscht von Dir sein werden? - Vielleicht am Anfang ... doch sie sehen ja auch, dass Du etwas verändern möchtest. Meinst Du nicht, dass sie Dich dabei unterstützen werden?

Du brauchst momentan, wenn Du um ihre Hilfe bittest, keine Antworten auf all die Fragen, die sie stellen werden. Da kannst Du mich gerne zitieren. Du wirst diese Antworten erst im Laufe der Zeit finden ... und nun geht es in die Tiefe ... Du wirst selbst erst einmal die Fragen für Dich suchen müssen.

Sicherlich wird Dich bisher die Scham abgehalten haben Deine Familie zu involvieren. Wenn Du Scham verspürst, dann ist das prima, zeigt es doch, dass Du selbst gegen Deine Werte verstoßen hast und Dir dies bewusst ist. Doch die Scham beim Thema Sucht ist ein Blocker. Das Einzige, was sie schützt, ist die Sucht selbst, aus der Du aber ja ausbrechen möchtest. Also gilt es sie zu überwinden. Bedenke bitte, dass die Scham auch mit Ängsten verbunden ist - ... Holla die Waldfeee ... die können vielleicht katastrophisieren.
Mache Dir also bewusst, dass das, was Du da gerade durch macht, vollkommen normal ist.

Um noch einmal auf die Fragen zurück zu kommen und auf die Antworten ... suche Dir bitte in Deiner Nähe eine SHG und/oder eine Beratungsstelle.
Hier gibt es keinen Grund für Scham - eher für Stolz - bist Du doch aktiv auf der Suche nach Veränderungen zu Deinem eigenen Wohl.

Mir fallen noch ein paar Punkte ein, die ich anworten könnte, doch das wäre jetzt erst mal zu viel.

Was denkst Du über das, was ich Dir geschrieben habe?
« Letzte Änderung: 02 November 2022, 05:23:56 von Olli »
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Ich weiß nicht was mit mir los ist..
« Antwort #2 am: 01 November 2022, 22:29:09 »
Danke für deine Antwort Olli.

Ich finde deine Antwort super und ich werde mir deine Ratschläge auch zu Herzen nehmen.

Ich möchte es noch niemanden offenbaren höchstens in einer SHG. Das hat einen simplen Grund. Ich weiß selber nicht, ob es schon eine Sucht ist oder ich extrem gefährdet bin und das ganze in eine Sucht abrutscht. Sollte es letzteres sein dann möchte ich den Vogel nicht zu früh abschießen und sagen: "Hey ich bin spielsüchtig."

Ich hoffe man versteht was ich meine.

Ich weiß, dass es ein laufender Prozess ist mit einer entstehenden Sucht und ich denke es ist noch nicht zu spät die Reißleine zu ziehen.

Das heißt für mich ab sofort: Keine Glücksspiele mehr und schauen wie ich damit auskomme als kleiner Selbsttest. Ich will schauen wie gut ich damit zurecht komme nicht zu spielen. Ich kann euch gerne auf dem Laufenden halten wenn ich es nicht vergesse,


*

Offline Olli

  • *****
  • 7.340
Re: Ich weiß nicht was mit mir los ist..
« Antwort #3 am: 02 November 2022, 06:17:57 »
Guten Morgen!

Siehst Du? Da ist sie ... die Scham ... :)

Oh, was ist sie pfiffig ... hat direkt einen rationalen Grund parat. "Ich möchte nicht stigmatisiert werden!"

Ok, dann lasse uns mal rekapitulieren ... Du hast bereits in jungen Jahren Counter Strike gespielt und dabei Dein Taschengeld verbraten. Du führst das hier nicht auf, weil Du nichts weiter zu tun hattest, sondern weil Du einen Zusammenhang siehst. Auf dem Weg in eine Sucht gibt es verschiedene Phasen. Hier bist Du in die problematischen Phase geraten. Sprich, Du hast immer mehr Zeit in das Spiel investiert und dadurch vielleicht auch Deine sozialen Kontakte schon eingeschränkt? Da das Taschengeld verbraten war, konntest Du eben dann nicht mit ins Kino oder mit in die Kneipe. Vielleicht hast Du Dir hier schon Geld geliehen, um doch noch mit "dabei" zu sein?

Wie viel Zeit Du in das Spiel gesteckt hast, zeigt sich auch an den Streams, die Du Dir reingezogen hast. So bist Du in Kontakt mit den OCs gekommen. Wieso war das wohl interessant für Dich? Schon bei CS bist Du der Realität entflohen und hast Dich in eine virtuelle Welt begeben.
War das nicht auch bei den OCs nun so?

Natürlich berichtest Du vom Anfangsglück ... aber mal ehrlich ... gab es das wirklich? Oder hat Dein Oberstübchen das Gute ins Töpfchen und das Schlechte ins Kröpfchen getan? So, wie wir Menschen nun mal gepolt sind?

Natürlich hast Du nur hier und da gespielt - alles verlief zunächst gesittet und geordnet - verantwortungsbewusst. Doch Du hast weiter gemacht und bist in die Gewöhnungsphase eingetreten. Wenn das geschieht, dann gewöhnt sich der Körper an den vermehrten Ausstoß von Dopamin, indem er ihn verringert. Also muss wieder mehr Zeit investiert werden und natürlich muss auch der Einsatz erhöht werden, damit irgendwann vielleicht doch der Kick verspürt wird. Zu dieser Zeit verlief erst alles noch einigermaßten geordnet - doch Hand aufs Herz - gab es hier nicht auch schon die ersten Probleme?

Nachdem Du nun volljährig warst, hast Du Dich in Spielbanken begeben. Wieso suchtest Du mittlerweile wohl diese Art von Glücksspiel? Was machte das Ambiente mit Dir? Wie kitzelte solch ein Besuch das Ego? Fühltest Du Dich zu einer Gilde berufen - jenem der Spieler? Der Zocker? Fühltest Du Dich als "der Mann von Welt"?

Heute läufst Du fast täglich in die Spielbank. Läufst mehrfach zur Bank, um Dir Dein Suchtmittel zu besorgen. Weisst Du, was Du hier machst? Du versuchst über eingeteiltes Geld Kontrolle über Dich auszuüben. Das klappt aber nicht mehr und so erlaubst Du Dir gegen Deine eigenen Regeln zu verstoßen - und das immer und immer wieder. Das ist Kontrollverlust, mein Freund.
Dann erwähnst Du, dass Du mal ein oder merhrere Tage hast, an denen Du nicht spielst. Ist diese Äußerung nicht auch dem Wunsch geschuldet, dass Du Dich kontrollieren kannst? Tatsache ist doch, dass Du all die anderen Tage des Jahres mit Zocken verbringst - oder nicht?

Mittlerweile bist Du in die nächste Phase gerutscht - die Verzweiflungsphase. Du hast Schulden gemacht, die Dir weh tun. Schulden weit über Deinen Verhältnissen. Sicherlich hattest Du auch irgendwann mal Erspartes. Das Sammelsurium übrig gebliebenen Taschengeldes - Geldgeschenke zu Weihnachten, Geburtstag und Erstkommunion? Was ist damit geschehen? Wo ist es gelandet?

Sucht oder nicht Sucht ... Du hast Probleme, die Du alleine gerade nicht in den Griff bekommst. Doch nun kommt die Scham wieder durch und Du schlägst gerade vor Selbstversuche zu starten. Die Idee ist nicht neu und psssssssssst ... sie hat noch nie wirklich funktioniert ... :)

Die Idee als einzige Lösung für Deine Probleme die Abstinenz zu wählen, ist vollkommen korrekt. So mancher denkt sich ein "Hin und wieder" dürfe man sich ruhig erlauben. Das stimmt aber nicht. Die Sucht wird so nur aufrecht erhalten. Also bleibt tatsächlich nur die absolute Abstinenz.
Doch die ist nun mal nicht einfach nach all den Jahren, wo Du Dich an sie gewöhnt hast. Da brauchst Du Denkanstöße und vielleicht brauchst Du auch temporär erst einmal ein Geldmanagement, damit Du Dir so Dein Suchtmittel entziehst. Dazu brauchst Du aber eine Person Deines Vertrauens ... wo magst Du die wohl finden?

Gehe wenigstens in die SHG und lasse Dich dort aktiv unterstützen. Rede über das, was Du da in Dir erlebst und höre Dir dann die Erfahrungen der Anderen an. Bediene Dich daraus, wie Du es für richtig erachtest. Jeder geht seinen eigenen Weg aus der Sucht heraus - und doch gehen wir ihn immer wieder gemeinsam!

Mache keine Selbstversuche - Du musst niemanden - auch Dir nicht - etwas beweisen.

« Letzte Änderung: 02 November 2022, 06:21:14 von Olli »
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Ich weiß nicht was mit mir los ist..
« Antwort #4 am: 02 November 2022, 10:03:05 »
Hey Buch,
Gute Vorsätze verschwinden. Das kennen wir alle.
Du weißt nicht, ob du süchtig bist, möchtest aber nicht mehr spielen?
Dann sperr duch bei oasis. Das bleibt anonym. Es gibt keinen Grund, dss nicht zu tun. Es sei denn man möchte sich ein Hintertürchen offenlassen.
Viele Grüße

 

Wir danken dem AOK Bundesverband für die Finanzierung des technischen Updates dieses Forums