Hi Marco!
Wie immer möchte ich darauf hinweisen, dass die Änderung des Blickwinkels für eine Genesung ungemein wichtig ist. Das heißt nicht, dass ich von "schlecht" auf "gut" wechsele oder von "falsch" auf "richtig". Das könnte ich dann nämlich fälschlicherweise auf mein Sein im Jetzt projezieren ("Ich bin schlecht"). Es geht eher darum sich mit Glaubenssätzen oder sogar ganzen Systemen zu beschäftigen, sie auf den Prüfstand zu stellen und sie gegebenenfalls über Bord zu werfen.
Das machen wir im alltäglichen Leben permanent und merken es noch nicht mal.
Ob es der Döner Laden Automat war bei dem ich versucht habe durch spiel und spaß einen Kebab mit etwas Kleingeld zu finanzieren ...
Welcher Glaubenssatz verbirgt sich hier? "Ich kann mit Glücksspiel Geld verdienen!" Ja klar, es gibt "Menschen", die damit Geld verdienen, die lesen auch hier mit. Gemeint ist vor allem die Glücksspielindustrie! An einem Automaten hat man lediglich eine Gewinnmöglichkeit! Die Kisten sind dazu gemacht den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen und der GI in den Rachen zu stopfen. Dazu wird der Kunde angestachelt einen Einsatz zu tätigen und damit erst einmal zu verlieren.
Das macht der gesunde Mensch aber nicht lange, wenn es da nichts zu "gewinnen" gibt. Also wird er angefüttert mit solchen.
Ich schätze mal, dass Du Dir mehr Kebab mit Deinem Taschengeld hättest kredenzen können, wenn Du nicht Geld in die Kisten geworfen hättest.
Dieser Glaubenssatz ist also falsch! Nach alldem, was Du bisher erlebt hast, hast Du ihn trotzdem noch in Dir! Die sind verdammt hartnäckig, die kleinen Biester ...
Ich denke, das war einer der ersten Momente wo ich hätte realisieren sollen, es läuft etwas schief.
Wieso greifst Du Dich selbst hier an? Nein! Es war doch alles noch irgendwie regelbar. Ja klar ... auf der einen Seite musste ich mich einschränken - auf der anderen Seite bekam ich doch auch ordentlich was zurück! Hui ... diese Endorphine ... Bestätigung ... Stolz ... die Zeit ging rum (ohne dass ich mich mit mir auseiander setzen musste) ... und und und ...
Die Glücksspielsucht kommt nicht mit einem Donnerschlag oder klingelt an der Tür, um sich vorzustellen. Sie entsteht in einem schleichenden Prozess, in dem wir unsere Ziele und Werte immer mehr ... aber gaaaaanz langsam ... in den Hintergrund schieben.
Mit ca 18 Jahren war es dann das erste mal so, das ich mich selber einfach nur " dumm" gefühlt habe, weil ich eine Summe verspielt habe die mich im Leben beeinträchtigt hat.
Hmmm ... wie war das noch mit "niemand ist perfekt"? Weisst Du, was ich sehe? Einen jungen Mann, dem auffällt, dass er gegen seine Werte und Ziele verstößt. War das "dumm"? Oder hat zu dem Zeitpunkt Deine Selbstwirksamkeit noch funktioniert (bevor Du sie eingelagert hast)?
Es hat auch nichts mit Dummheit zu tun, was im Folgenden noch alles passiert ist. Das hat alles mit Deinen Gefühlen zu tun, denen Du nachgegeben hast.
Ich habe ein Studium angefangen, bei dem ich schnell gemerkt habe das es nichts für mich ist.
Auch diese schnelle Erkenntnis hat nichts mit Versagen zu tun! Du hast im Vorfeld eines Studiums ja nur eine vage Vorstellung, was Du da studierst. Wie es Dir dann liegt und ob Du so viel Spaß daran hast, dass Du Dich ein Leben lang in dem beruflichen Feld bewegen möchtest, merkst Du ja erst, wenn Du studierst.
Druck von meiner Mutter kam auch dazu, sie war immer so stolz auf mich und war sich sicher das ich es easy durchziehe, ich habe angefangen zu lügen.
Dazu habe ich Deine Mutter, die ja auch hier angemeldet ist, befragt und sie hat leider beleidigt reagiert.
Du hast versucht ihren Erwartungen gerecht zu werden und hast Dich selbst dabei aus den Augen verloren. Das habe ich damals auch erlebt und auch ich habe eine Scheinwelt aus Lügen aufgebaut.
Deine Mutter liebt Dich abgöttisch und wenn Du ihr gesagt hättest "Ich muss mir etwas Neues suchen, das macht mir keinen Spaß", dann wäre sie sicherlich erst einmal enttäuscht gewesen, hätte sich dann aber damit abgefunden, glaubst Du nicht?
Spielt beim Aufbau des Lügengerüstes vielleicht auch eine geschwisterliche Rivalität eine Rolle?
Und immer wieder wenn eine Phase vorbei war, dachte ich mir okay jetzt änder ich dies und ändere das, aber es führt immer zum gleichen Ergebniss.
Anfangs habe ich mich noch sehr dagegen gewehrt und wollte was erreichen.
Und was hast Du tatsächlich gemacht? Nichts ... Bei mir war das ähnlich. Ich habe mir tausendfach geschworen, nicht mehr zu spielen. Doch tief in mir drin überwiegte die Sucht - die Gewohnheit! Also tat ich ... nichts ... und veränderte ... nichts ...
Noch in jungen Jahren beging ich dann einen Betrug, den ich mir auch heute noch nicht verzeihen kann. Er war gar nicht geplant, doch ich habe ihn begangen.
Für mich hatte dies zumindest den Effekt, dass ich bis heute niemanden mehr übers Ohr gehauen habe und dieses Ereignis hat mich auch davon abgehalten mich hoch zu verschulden.
Vorher war es immer wie eine Ausrede, ich betrüge Leute aber "leihe" es mir nur, sobald ich Gewinne zahle ich es zurück.
Auch hier hast Du Dir suchtbedingt einen falschen Glaubenssatz erzeugt. Du hast gegen Deine Werte verstoßen. Der falsche Glaubenssatz hat nur bewirkt, dass Du Dich besser gefühlt hast.
Ich habe die monate sehr viel nachgedacht, und während des Aufenthalts dort keine Sekunde an die Spielsucht verschwendet. Als ich endlich rausgekommen bin, habe ich auch erst gut ausgehalten, ohne Betrug und Spielen. Ich bin aber in alte Muster verfallen, es hat wie immer schleichend angefangen, mit kleinen Lügen, bis hin zum spielen und anschliessend wieder Betrug.
Auch hier formuliere ich immer ... Du hast nichts getan ... nichts verändert ... wieso sollte sich Dein Verhalten ändern?
Das Nachdenken ist ja wunderbar ... ich sehe aber ohne neue Informationen immer nur das Selbe ... meine Sichtweise! Die ist aber erzeugt aus meinen Erfahrungen und meinen Gefühlen. Hier braucht es andere Erfahrungen und andere Gefühle, um sie mit meinen abzugleichen.
Den Weg bist Du nun mit Deiner Anmeldung gegangen! Also ... Daumen rauf!
Trotzdem komme ich mir vor wie ein Versager, der es einfach nicht unterdrücken kann:
Ich habe oft das Gefühl einfach das mir die Verantwortung fehlt, ich habe einfach keine Struktur im Leben, nichts wofür ich sorgen muss.
Ich wohne bei meinen Eltern, zahle keine Miete, habe kein Auto für sprit kosten oder sonstiges....
Deine Mutter hatte berichtet, und Du hier auch, dass sie deine Verbindlichkeiten aus den Straftaten beglichen hat. Sie hat Dir damit, und das ist nicht böse in Richtung Deiner Mutter gemeint, die Verantwortung abgenommen. Wie oft schlägt ihre Liebe und, wie sie es formuliert, ihr Helfersyndrom, in Deine Richtung durch? Was denkst Du? Wird sich das ändern, wenn Du weiter bei Deinen Eltern wohnen bleibst?
Dir fehlt Deine Eigenverantwortung nicht, Du nutzt sie ja jetzt auch, um Dir therapeutische Hilfe zu organisieren. Du hast sie bisher nur nicht genutzt - oder sogar nutzen können.
Schau mal ... Du hast Dich jetzt "auf den Weg" gemacht. Die Betonung liegt auf "Du". Ist das nicht ein schönes Gefühl?
Du bist jung, hast Dein Leben noch vor Dir ... und greifst es Dir gerade mit beiden Händen ...
Nun, Deine Genesung wird kein Selbstläufer werden. Du musst da schon am Ball bleiben, auch wenn es mal etwas schmerzhafter wird. Das alles wird Dir aber helfen stabil zu werden und dann Dein Leben so zu gestalten, wie Du es möchtest.