Hi Gerati!
Auch das hatten wir gestern im Webmeeting als Thema, Du bist also nicht alleine damit, dieser Blockade vor dem Beginn der Abstinenz.
Sie ist eine Angst vor dem "Was kommt danach?" begleitet von Fragen, wie "Schaffe ich das?" - "Halte ich dem Suchtdruck stand?" - "Was mache ich, wenn nicht?"
Diese Angst ist gewaltig und vielfältig. Nun musst Du verstehen, dass Angst eine Schutzfunktion hat. Doch wer spricht hier aus Dir? Ist es der gesunde Part in Dir oder doch nicht eher der süchtige? Versucht nicht die Sucht hier sich selbst zu schützen? Denn auch die Sucht übt eine Funktion bei uns aus. Welche, das darfst Du selbst herausfinden.
Was aber eine Angst auch macht, das ist übertreiben bis hin zur Katastrophisierung! Also sollten wir uns einmal in Ruhe darüber unterhalten, was wirklich passieren wird, also der Angst einen Gegenpart vorsetzen.
Es ist schon etwas kurios. Das gesamte Leben besteht aus Veränderungen und meistens gehen wir sié an wie nichts. Es ist ja Normalität.
Du hast da eine sehr wahrscheinlich wunderbare Person an Deiner Seite und ihr habt Euch entschieden zu heiraten und gemeinsam ein Kind zu bekommen. Mit wie vielen gravierenden Veränderungen war das alles verbunden? Und doch ... ihr habt es getan.
Und nun frage ich Dich wieso? Die Antwort ist einfach - weil Euer Ziel für Euch positiv besetzt war. Ich habt es Euch gewünscht und wolltet das erreichte Ziel auch gemeinsam genießen. Euer Erfolg auf dem Weg gab Euch Recht.
Nun, wieso also auf dem Weg in die Abstinenz nicht das Gleiche machen? Welche positiven Aspekte erhoffst Du Dir durch die Spielfreiheit?
Ganz oben auf der Liste sicherlich: Du möchtest Deinem Kind wieder in die Augen schauen können. Was ist mit Dir selbst im Spiegel? Ist es da nicht genauso? Du möchtest also Verantwortung tragen - ein gutes Vorbild sein - nicht mehr lügen wollen - mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben haben ... mache ruhig weiter in dieser Liste ...
Das mit der Katastrophisierung ist dann nachher ein Klax. Natürlich wird es Suchtdruck geben. Bis zu einem gewissen erträglichen Maß wirst Du ihn aushalten müssen. Doch wenn er zu unangenehm wird, dann gibt es Skills, die über Sinnesreize die Gedanken überlagern/ablenken.
Suchtdruck ist immer endlich. Er vergeht genau so schnell, wie er gekommen ist.
Ein Mantra von mir, einst in der SHG aufgegriffen und dann auf mich umformuliert: Ich erlaube mir nur für Heute spielfrei bleiben zu dürfen!
Der Satz klingt ein wenig ungehobelt, doch jedes einzelne Wort hat hier seine Berechtigung und Wichtigkeit!
Nur, wenn wir den Suchtdruck zulassen, gewinnt er mehr und mehr an Macht. Hast Du schon mal probiert, was passiert, wenn Du ihm ein lautes und kräftiges "Nein" entgegen setzt? Oder kalt duschen gehst? Die Treppen mehrmals rauf und runter läufst? Es gibt auch Noppenknetbälle für die Hände. Einen flitschen lassenden Gummiring um das Handgelenk tut auch seine Wirkung. Ein Zettel im Portemonnaie, mit Deinen Zielen drauf - oder einen kurzen und knappen Wort darauf, welches Dich ermahnt: Freiheit! Es gibt auch Chiligummibärchen zu kaufen.
Das, was Dich aber am Meisten motiviert den abstinenten Weg weiter zu beschreiten, dass ist der Weg selbst. Die Erfahrung heute: Ich bin nicht alleine! Ich kann meine Probleme teilen! Ich kann von den Erfahrungen Anderer profitieren und brauche keine Experimente machen, die mich evtl. in Gefahr bringen.
Auch nicht schlecht ist ein Kalender irgendwo in der Wohnung, wo Du für jeden abstinenten Tag einen kleinen grünen Punkt machst.