Hi Neras!
Siehst Du, Neras ... Deine Ängste sind nicht neu ... Deine Gedanken sind nicht neu.
Sich Hilfe zu organisieren ist eine Kompetenz. Sie zeugt von innerer Stärke.
Dies wird auch Deine Frau erkennen.
Was Du bis jetzt immer gemacht hast und, mit dem Vorhaben das Ganze alleine anzugehen, ist das Innehalten auf dem OK-Plateau.
Damit warst Du selbst gerade mal so zufrieden. Mal konntest Du dem Glücksspiel frönen, dann wieder Dich Deinem Bau Deines Lügengerüstes widmen. Da gab es Entspannung im Spiel und den Eindruck des Handelns.
Alles wäre somit OK, wenn Du selbst nicht unzufrieden damit wärest. Eigentlich möchtest Du mehr als diese OK-Situation. Du möchtest etwas tun, was Dich endlich zufrieden macht. Vielleicht sogar etwas, was Dich mal wieder glücklich macht.
Doch nun kommt dir der innere Sabouteur ins Gehege, das kleine Helferlein des Suchtteufelchens.
Es ist doch klar, dass er auf dem OK-Plateau verweilen möchte. Die Grenzen dieses Bereiches sind flexibel. Sie lassen sich fast unendlich ausweiten (höhere Spielfrequenz, höhere Einsätze, höheres Risiko ...).
Der innere Sabouteur arbeitet aber nicht fair. Er arbeitet mit Ängsten - und Ängste haben es an sich maßlos zu übertreiben.
"Meine Frau wird mich verlassen" ist so eine Behauptung von ihm. Sie steht im Raume und schwelt so vor sch hin, als könne sie sofort zu einer Feuersbrunst werden. Lieber mal nicht näher damit beschäftigen, säuselt der Sabouteur Dir ins Ohr.
Doch, genau das werden wir nun tun. Nur durch Konfrontation kann diese Angst besänftigt werden.
Also ... was sind die Tatsachen? Deine Frau hat Dir einst genau so ein Ultimatum gestellt. Wie sahen denn da die Voraussetzungen aus? Wolltest Du da spielfrei sein? Eher nicht, wie sich gezeigt hat. Deine Frau weiß das intuitiv auch. Und ihr ist bewusst, dass sie Deine Entscheidungen zum Spielen nicht beeinflussen kann. Wenn Du spielen willst, dann kann sie nichts tun um es zu verhindern.
Also macht sie das Richtige: Sie zeigt Dir ihre Grenzen auf. Sie will, dass Du spielfrei bist.
Später hast Du sie an einem Gewinn beteiligt. Du hast also wieder gespielt - und sie hat es zu einem bestimmt nicht unerheblichen Teil geduldet. Sie war nicht konsequent. Und wieso? Weil sie Dich nicht verlieren möchte. Sie möchte Dich halten - ihr Leben mit Dir verbringen.
Welche Aussage steckt nun in den Worten: Ich gehe nun regelmäßig Mittwochs in eine Selbsthilfegruppe.
1. Du handelst endlich!
2. Du möchtest spielfrei sein!
3. Du möchtest Deine Frau nicht verlieren und Dein Leben mit ihr verbringen!
Ist das denn nicht deckungsgleich mit dem, was Deine Frau möchte?
Na klar wird sie erst einmal daran zu knabbern haben, dass Du sie die ganze Zeit hintergangen hast. Das ist doch verständlich ... oder nicht?
Sie wird das aber überwinden, weil sie erkennen wird, dass Ihr die gleichen Ziele habt. Und sie kann und wird Dich auch tatkräftig dabei unterstützen, wenn Du sie darum bittest.
Sie wird Dir in den Hintern treten, wenn Du mal keinen Bock auf SHG hast.
Sie kann mit Dir befristet ein Geldmanagement machen.
Sie setzt mit Dir zusammen die Selbstsperre auf und ihr installiert auf allen internetfähigen Medien eine Blocksoftware.
Sie wird Dir ihr Ohr und ihr Herz leihen, wenn Du mal Kummer und Sorgen hast, die Dich vorher haben spielen lassen. Jetzt teilst Du sie mit ihr.
Och, da wird Euch sicher noch mehr einfallen, wo ihr an einem Strang ziehen könnt.
Welche Angst haben wir da noch ... Du könntest in der SHG jemanden treffen, den Du kennst.
Nun, die beiden Vorschreiber haben es schon gesagt: Was in der Gruppe ist, das bleibt in der Gruppe.
Ohne diese goldene Regel, an die sich jeder hält, gäbe es keine Gruppen.
Jeder vertraut auf den Anderen. Der potentielle Bekannte vertraut auch auf Deine Verschwiegenheit.
Nächste Angst: neue Situation!
Wenn Du in die Gruppe gehst, dann bist Du der Neuling. Du musst Dich erst in die Gruppe einfinden.
Die Anderen kennen sich schon und haben auch schon eine Beziehung aufgebaut.
Das Schöne aber ... sie waren auch einmal der Neuling - jeder Einzelne. Sie kennen die Situation und werden versuchen Dir den Einstieg zu erleichtern.
Du kannst zwar, doch Du musst nicht gleich Deine ganze Lebens- und Leidensgeschichte preis geben. Es ist vollkommen legitim erst einmal zu schweigen und sich auf das Zuhören zu konzentrieren.
Nächste Angst: Angst vor dem Verlust des Spielens!
Wie ich schon erwähnte, kompensieren wir mit dem Glücksspiel ein Defizit. Du wirst also etwas finden müssen, was diese Ersatzhandlung auf gesunde Weise eine Zeit lang ersetzt. Es braucht ein wenig Zeit seine Defizite zu erkennen, zu akzeptieren oder sie zu beheben. Schaue einfach mal, was Dir in der Vergangenheit gut getan hat und greife es wieder auf.
Angst vor Veränderung!
Wir verändern uns unser Leben lang. Nur haben wir im Erwachsenenalter kurioser Weise den Wunsch auf Kontinuität.
Neues zu versuchen bedeutet aber nicht nur sich auszuprobieren, sondern in Folge eben auch Neues an sich zu entdecken!
Daher sehe ich die "Arbeit an sich selbst" als Entdeckungsreise an. Mir macht sie Spaß ... und es macht absolut nichts, dass diese Reise nie ein Ende finden wird.
Lieber Neras! Vielen Dank, dass Du Deine Ängste mit uns teilst. Es war bestimmt nicht leicht und Du hast es trotzdem getan! Weiter so ...