Grüßt euch,
Ich verfolge das Forum hier schon seit einiger Zeit, eher passiv, wollte jetzt aber auch mal meine Geschichte erzählen, einfach weil ich das Gefühl habe das könnte eventuell helfen. Vielleicht bekommt man ja auch den ein oder anderen nützlichen Tipp.
Ich bin 29 Jahre alt und schon solange Spielsüchtig, wie ich denken kann. Ich habe das auch nie verheimlicht, Zocken löst in mir einfach etwas aus, dass mich extrem befriedigt.
Angefangen hat alles mit 16 oder 17, dass erste mal heimlich in Spilotheken gelaufen, sie so oft hier beschrieben auch mit einem Freund. Natürlich nie viel verzockt, man hatte ja kein Geld. Mit 19 bin ich dann von zuhause ausgezogen, hatte so eine Kifferphase (die ging so 1 Jahr etwa) in der ich nicht gezockt habe, dass Geld ging für Gras drauf. (Hier erkennt man eventuell auch schon, dass mein Hang zur Sucht, egal bei was, immer sofort extrem ausgeprägt ist.)
Nach diesem Jahr habe ich in der neuen Stadt (Ich hab direkt die Stadt gewechselt) neue Freunde gefunden und daher haben sich auch meine Interessen geändert. Ab da saß ich eigentlich täglich in der Spilo und hab gezockt. Ich habe nur Hartz 4 bekommen und daher waren die Möglichkeiten extrem begrenzt, habe aber immer nebenbei irgendwo schwarz gearbeitet und so noch den ein oder anderen Euro erhalten der natürlich auch direkt im Automaten gelandet ist. So sah mein Leben etwa 2 Jahre lang aus, absoluter Versager. In der Zeit habe ich dann auch angefangen Schulden anzuhäufen, weil ich Sachen bestellt habe die ich nie bezahlt habe. Daher ist meine Schufa auch total im Eimer.
Mit 23 habe ich dann endlich mal eine Ausbildung begonnen, habe das ganze auch relativ gut durchgezogen, weil ich aber nebenbei in Diskotheken als Barkeeper gearbeitet habe, habe ich mich relativ häufig (bis zu 3-4x die Woche) besoffen und gefeiert. Zuhause nie getrunken, aber halt draußen. (Thema Sucht.)
Nach 2 Jahren habe ich die Ausbildung aufgrund von Differenzen abgebrochen und nur noch als Barkeeper gearbeitet. Das ging so bis ich 26 war. In der Zeit selten gezockt, eher gefeiert und gesoffen.
Voll angefangen hat es wieder mit 27. Ich habe mich extrem für Poker interessiert, auch Bücher darüber gekauft und dachte ich werde der neue Phil Ivey. Ich war in der Zeit in einer Beziehung und habe ziemlich viel Geld in Casinos oder auch online beim Pokern verzockt, nebenbei auch noch beim Fußballwetten, was natürlich zu extremen Beziehungsproblemen führte. War mir aber relativ egal, ich war schon immer einer der so ein wenig drauf geschissen hat was andere sagen. Das schlimme bei mir war, dass ich echt dachte ich kann mir Fußballwetten oder auch Pokern Geld verdienen, totale Selbstüberschätzung. Ich dachte: es gibt Leute die verdienen damit ihr Geld, dann schaffe ich das auch. Ich hab’s nicht geschafft.
Das ganze Leben zog sich so bis ich 27 war, dann ist meine Freundin schwanger geworden. Ich dachte sofort: Okey, jetzt muss sich mein Leben ändern. Und das habe ich auch geschafft. Ich habe eine Umschulung zum Lokführer gemacht (das wohl beste was mir beruflich im Leben bisher passiert ist) und größtenteils auch aufgehört zu zocken. Klar, ab und zu mal 50€ für einen Schein, aber nichts großes mehr. Anfang 2019 ist mein Sohn dann auf die Welt gekommen, ich hatte einen guten Job mit gutem Verdienst, eigentlich war alles perfekt.
Bis Ende 2019. Von da an ging mein Leben bergab. Ich habe meine Freundin betrogen, wir haben uns getrennt, ich habe mir eine Wohnung gesucht und wohnte dann ab Anfang 2020 alleine. So weit so gut. Doch wenn ich jetzt zuhause war, war mir einfach langweilig. Anstatt sich eine vernünftige Beschäftigung zu suchen, entdeckte ich Online-Casinos. Leider. Das fing so im Februar an. Natürlich direkt 1500,00€ gewonnen, auch ausgezahlt aber das war natürlich mehr Fluch als Segen. Jetzt läuft es bei mir so, dass ich eigentlich monatlich mein Gehalt bekomme (was eigentlich relativ gut ist, immer so zwischen 2500-3000€, je nach Zulagen) meine Rechnungen bezahle und was übrig bleibt landet bei Drückglück und Co.
Was mich halt wirklich schockiert, gerade wenn ich mir hier so andere Beiträge durchlese, ist das es mich nicht wirklich juckt. Ich denke natürlich kurz: ja schade, doof gelaufen, aber ich mach’s halt im nächsten Monat genau so wieder. Seit Februar habe ich locker 2000,00€ verzockt. (Habe durch 2-3 kluge Geschäftliche Geschichten etwa 10.000,00€ verdient plus halt mein Gehalt...)
Was mich unterm Strich extrem traurig macht, ist die Tatsache, dass ich das Geld diesen Betrügern in den Hals werfe, statt es für meinen Sohn auszugeben. Nicht falsch verstehen, ich bezahle meinen Unterhalt immer pünktlich und verwöhne ihn fast schon ein wenig zu sehr, aber anstatt etwas für seine Zukunft zur Seite zu legen, verzocke ich es. Das sind Vorwürfe die mich fast auffressen. Kurz zur Erklärung weil das eventuell etwas widersprüchlich klingt: mich selbst, für mein eigenes Leben, interessiert es recht wenig ob ich das verspiele, dass meinte ich oben. Mein Sohn ist halt der Grund warum ich es unbedingt sein lassen möchte, ich möchte halt in seinen Augen auch kein Versager sein.. Diesen Monat habe ich noch ein hübsches Weihnachtsgeld erhalten, darüber darf sich jetzt Lapalingo und Co. freuen. :-)
Ich habe vor zwei Monaten schon mal bei einer Suchtberatung angerufen, bin dann aber nicht hingegangen weil ich dachte ich packe das schon. Nüchtern betrachtet finde ich es extrem schade, ich könnte eigentlich ein gutes Leben führen, mit gutem Job, einem gesunden Kind, bestrafe mich aber irgendwie immer wieder selbst.
Bei mir ist es ganze extrem, dass ich aktuell keiner bin der jeden Tag von morgens bis Abends zockt, sondern ich habe meistens einen Tag an dem ich komplett die Kontrolle verliere und dann auf einen Schlag über 1000,00€ verliere. Finde das irgendwie äußerst komisch, den Rest des Monats interessiert mich das zocken nicht (ich lasse mir auch immer meine 500-600€ zum Leben) aber am Anfang des Monats kommt dieser Tag wo ich total am Rad drehe... geht das jemandem ähnlich?
Danke für alle die sich die Zeit nehmen, meine Geschichte zu lesen.