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Mein Name ist Pippo und ich bin süchtig..

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Mein Name ist Pippo und ich bin süchtig..
« am: 02 Dezember 2020, 02:26:02 »
Grüßt euch,

Ich verfolge das Forum hier schon seit einiger Zeit, eher passiv, wollte jetzt aber auch mal meine Geschichte erzählen, einfach weil ich das Gefühl habe das könnte eventuell helfen. Vielleicht bekommt man ja auch den ein oder anderen nützlichen Tipp.

Ich bin 29 Jahre alt und schon solange Spielsüchtig, wie ich denken kann. Ich habe das auch nie verheimlicht, Zocken löst in mir einfach etwas aus, dass mich extrem befriedigt.

Angefangen hat alles mit 16 oder 17, dass erste mal heimlich in Spilotheken gelaufen, sie so oft hier beschrieben auch mit einem Freund. Natürlich nie viel verzockt, man hatte ja kein Geld. Mit 19 bin ich dann von zuhause ausgezogen, hatte so eine Kifferphase (die ging so 1 Jahr etwa) in der ich nicht gezockt habe, dass Geld ging für Gras drauf. (Hier erkennt man eventuell auch schon, dass mein Hang zur Sucht, egal bei was, immer sofort extrem ausgeprägt ist.)

Nach diesem Jahr habe ich in der neuen Stadt (Ich hab direkt die Stadt gewechselt) neue Freunde gefunden und daher haben sich auch meine Interessen geändert. Ab da saß ich eigentlich täglich in der Spilo und hab gezockt. Ich habe nur Hartz 4 bekommen und daher waren die Möglichkeiten extrem begrenzt, habe aber immer nebenbei irgendwo schwarz gearbeitet und so noch den ein oder anderen Euro erhalten der natürlich auch direkt im Automaten gelandet ist. So sah mein Leben etwa 2 Jahre lang aus, absoluter Versager. In der Zeit habe ich dann auch angefangen Schulden anzuhäufen, weil ich Sachen bestellt habe die ich nie bezahlt habe. Daher ist meine Schufa auch total im Eimer.

Mit 23 habe ich dann endlich mal eine Ausbildung begonnen, habe das ganze auch relativ gut durchgezogen, weil ich aber nebenbei in Diskotheken als Barkeeper gearbeitet habe, habe ich mich relativ häufig (bis zu 3-4x die Woche) besoffen und gefeiert. Zuhause nie getrunken, aber halt draußen. (Thema Sucht.)
Nach 2 Jahren habe ich die Ausbildung aufgrund von Differenzen abgebrochen und nur noch als Barkeeper gearbeitet. Das ging so bis ich 26 war. In der Zeit selten gezockt, eher gefeiert und gesoffen.

Voll angefangen hat es wieder mit 27. Ich habe mich extrem für Poker interessiert, auch Bücher darüber gekauft und dachte ich werde der neue Phil Ivey. Ich war in der Zeit in einer Beziehung und habe ziemlich viel Geld in Casinos oder auch online beim Pokern verzockt, nebenbei auch noch beim Fußballwetten, was natürlich zu extremen Beziehungsproblemen führte. War mir aber relativ egal, ich war schon immer einer der so ein wenig drauf geschissen hat was andere sagen. Das schlimme bei mir war, dass ich echt dachte ich kann mir Fußballwetten oder auch Pokern Geld verdienen, totale Selbstüberschätzung. Ich dachte: es gibt Leute die verdienen damit ihr Geld, dann schaffe ich das auch. Ich hab’s nicht geschafft.

Das ganze Leben zog sich so bis ich 27 war, dann ist meine Freundin schwanger geworden. Ich dachte sofort: Okey, jetzt muss sich mein Leben ändern. Und das habe ich auch geschafft. Ich habe eine Umschulung zum Lokführer gemacht (das wohl beste was mir beruflich im Leben bisher passiert ist) und größtenteils auch aufgehört zu zocken. Klar, ab und zu mal 50€ für einen Schein, aber nichts großes mehr. Anfang 2019 ist mein Sohn dann auf die Welt gekommen, ich hatte einen guten Job mit gutem Verdienst, eigentlich war alles perfekt.

Bis Ende 2019. Von da an ging mein Leben bergab. Ich habe meine Freundin betrogen, wir haben uns getrennt, ich habe mir eine Wohnung gesucht und wohnte dann ab Anfang 2020 alleine. So weit so gut. Doch wenn ich jetzt zuhause war, war mir einfach langweilig. Anstatt sich eine vernünftige Beschäftigung zu suchen, entdeckte ich Online-Casinos. Leider. Das fing so im Februar an. Natürlich direkt 1500,00€ gewonnen, auch ausgezahlt aber das war natürlich mehr Fluch als Segen. Jetzt läuft es bei mir so, dass ich eigentlich monatlich mein Gehalt bekomme (was eigentlich relativ gut ist, immer so zwischen 2500-3000€, je nach Zulagen) meine Rechnungen bezahle und was übrig bleibt landet bei Drückglück und Co.

Was mich halt wirklich schockiert, gerade wenn ich mir hier so andere Beiträge durchlese, ist das es mich nicht wirklich juckt. Ich denke natürlich kurz: ja schade, doof gelaufen, aber ich mach’s halt im nächsten Monat genau so wieder. Seit Februar habe ich locker 2000,00€ verzockt. (Habe durch 2-3 kluge Geschäftliche Geschichten etwa 10.000,00€ verdient plus halt mein Gehalt...)

Was mich unterm Strich extrem traurig macht, ist die Tatsache, dass ich das Geld diesen Betrügern in den Hals werfe, statt es für meinen Sohn auszugeben. Nicht falsch verstehen, ich bezahle meinen Unterhalt immer pünktlich und verwöhne ihn fast schon ein wenig zu sehr, aber anstatt etwas für seine Zukunft zur Seite zu legen, verzocke ich es. Das sind Vorwürfe die mich fast auffressen. Kurz zur Erklärung weil das eventuell etwas widersprüchlich klingt: mich selbst, für mein eigenes Leben, interessiert es recht wenig ob ich das verspiele, dass meinte ich oben. Mein Sohn ist halt der Grund warum ich es unbedingt sein lassen möchte, ich möchte halt in seinen Augen auch kein Versager sein.. Diesen Monat habe ich noch ein hübsches Weihnachtsgeld erhalten, darüber darf sich jetzt Lapalingo und Co. freuen. :-)

Ich habe vor zwei Monaten schon mal bei einer Suchtberatung angerufen, bin dann aber nicht hingegangen weil ich dachte ich packe das schon. Nüchtern betrachtet finde ich es extrem schade, ich könnte eigentlich ein gutes Leben führen, mit gutem Job, einem gesunden Kind, bestrafe mich aber irgendwie immer wieder selbst.

Bei mir ist es ganze extrem, dass ich aktuell keiner bin der jeden Tag von morgens bis Abends zockt, sondern ich habe meistens einen Tag an dem ich komplett die Kontrolle verliere und dann auf einen Schlag über 1000,00€ verliere. Finde das irgendwie äußerst komisch, den Rest des Monats interessiert mich das zocken nicht (ich lasse mir auch immer meine 500-600€ zum Leben) aber am Anfang des Monats kommt dieser Tag wo ich total am Rad drehe... geht das jemandem ähnlich?


Danke für alle die sich die Zeit nehmen, meine Geschichte zu lesen.

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Offline Olli

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Re: Mein Name ist Pippo und ich bin süchtig..
« Antwort #1 am: 02 Dezember 2020, 06:20:26 »
Hi und herzlich willkommen!

Hmmm, Du bist Dir also selbst nichts wert? Zielt es darauf nicht hinaus?
Dein Sohn, er hält als innere Grenze für Dich her. Doch wie soll er diese schwere Bürde in Zukunft tragen?
Klar, Du wirst es ihm nicht sagen, doch er wird es spüren - Du wirst es ihn spüren lassen und Dir dessen nicht mal selbst bewusst sein.
Du brauchst einen Motivator? Dann schaue in den Spiegel! Der da vor Dir - der hat alles, was nötig ist, um sich auf den Genesungsweg zu machen.
Das Problem: Er traut sich nicht wirklich. Er hat Probleme mit seiner Identität. Diese Probleme stecken in seinem Kopf - ob Andere das auch so bei ihm sehen, wenn er darüber spricht?
Er umschreibt sie als Hang zur Sucht. Ich denke, das gibt es nicht. Es gibt den Hang sich seinen Dämonen nicht stellen zu wollen oder zu können und stattdessen Ersatzbefriedigungen zu suchen.
Dafür gibt es Hilfe. Da ist die Selbsthilfe, die ihre Erfolge aus den Erfahrungen schöpft. Da gibt es die Profis, die eher strukturiert und klinisch an die Sache heran gehen.
Ich habe mal an einem Workshop teilgenommen, bei dem es um die Beziehung Klient-Therapeut ging. Ja, ich medizinischer Laie saß da unter all den Profis.
Ein Freund besuchte zeitgleich einen Workshop, bei dem es um Beziehungen in der SHG ging. Wir haben das später abgeglichen - und was soll ich sagen ... die Inhalte waren absolut gleich, nur die Vorgehensweisen waren ein wenig anders.
Du musst Deine Motivation in Dir finden - nicht in Deinem Sohn. Wenn es Dir gut geht, dann wird es auch Deinem Sohn gut gehen. Dieses wunderbare Geschenk ist ein Abfallprodukt Deines Wohlbefindens.
Denke an Deine Frau zurück - war sie für Dich nicht auch ein Motivator? Was hat es Dir gebracht? Kaum war sie weg, bist Du ins Glückspiel geflüchtet.

Wer bist Du also wirklich in Deinen Augen? Steckt da immer noch das Bild des "Versagers" in Dir?
Versager melden sich aber nicht in einem Forum an und schütten ihr Herz aus. Das machen Menschen, die das Bestreben haben Probleme anzugehen - sie aufzulösen.
Sie wollen tief in sich drn Veränderung zum Besseren - wie immer das auch aussehen mag.

Rufe wieder an und dann nehme den Termin auch wahr. Für Dich! Sei es Dir wert Dir die Hilfe, die Dir angeboten wird, zu gönnen.
Du hast Muffensausen? Das vergeht ganz schnell ... versprochen ... ;)
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Mein Name ist Pippo und ich bin süchtig..
« Antwort #2 am: 03 Dezember 2020, 15:43:28 »
Wow gut geschrieben

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Offline Olli

  • *****
  • 7.340
Re: Mein Name ist Pippo und ich bin süchtig..
« Antwort #3 am: 03 Dezember 2020, 16:23:03 »
:)

Danke Dir!
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Mein Name ist Pippo und ich bin süchtig..
« Antwort #4 am: 04 Dezember 2020, 03:06:58 »
Hey Pippo,

Deine Geschichte erinnert mich an mich selbst. Bin aktuell 26 und hab Kind und uns verbindet das gleiche Problem.
Man kennt es doch, das Wetter ist Mist, es ist Samstag, man geht nicht zur Arbeit und aufgrund aktueller Situation meidet man Soziale Kontakte.
Dann ist da 15:30 und der Teufel sagt: BuuuUuuuUuundesLIIIGAAA........
Wie oft habe ich es selbst erlebt.

Ich selbst bin ebenfalls Jahrelang Spielsüchtig.
Festgestellt habe ich, dass die Zeit in der ich keine Beschäftigung habe zu Sportwetten neige.
Es fällt mir schwer zu widerstehen, manchmal zerfrisst es mich innerlich.
Das Gefühl von dem du schreibst am Monatsanfang kommt mir mehr als bekannt vor.

Nun bin ich schon etwas Spielfrei und gemerkt habe ich, dass es mir besser geht.
Nicht nur Finanziell, auch gefühlstechnisch.

Ich habe gelernt NEIN zu sagen, wenn es 15:30 am Samstag ist. HEUTE KEINE SPORTWETTE.
Am Anfang gerade in der ersten spielfreien Zeit macht es ein störrisch.
Nervösität, Aggro - Gefühle innere Unruhe.
Grade in den ersten Wochen.

Momentan fülle ich meine freie Zeit mit World of Warcraft.
Auch wenn es von vielen nicht verstanden wird, ist immerhin auch ein potenzielles "Suchtmittel".
Jedoch tue ich es überwiegend, wenn mein Hirn mir sagt: Mach ein Schein.
Dann lenke ich mich ab.
Empfehlen kann ich in solchen Momenten auch Netflix, Musik die du schon Ewigkeiten nicht gehört hast (z.B Aggro Berlin alte Bushido tracks oder sowas).
Dann kommt man auf andere Gedanken und der Spielimpuls verschwindet. Kommt er wieder (was gerade in der Anfangszeit oft vorkommt, weiter ablenken).

Auf lange Sicht muss man jedoch an sich Arbeiten. Das Spielverhalten analysieren und was dazu führt. Wie kann man es in der Zukunft vermeiden usw.

Ich hoffe ich konnte dir ein paar "kurzfristige" Tipps geben, falls es mal am Monatsanfang drückt.

Alles gute  ;)

Re: Mein Name ist Pippo und ich bin süchtig..
« Antwort #5 am: 14 Dezember 2020, 02:15:37 »
Ich kenne euer Problem nur zu gut.
Ich habe diesen Monat mein ganzes Weihnachtsgeld verzockt, das ist ärgerlich aber ich komme irgendwie damit klar obwohl es 1200€ waren. Aber letzten Monat habe ich 33€ an sky falsch überwiesen und irgendwie kriege ich das Geld nicht zurück. Diese 33€ beschäftigen mich seid einem Monat und ärgern mich richtig. Aber das ich 1200€ verwertet habe ärgert mich irgendwie nicht so sehr. Es klingt total gehämmert voralem wenn ich das hier gerade so lese aber es ist so.
Viel Glück euch eurem Weg.

 

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