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Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
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Kurze Vorstellung

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Kurze Vorstellung
« am: 21 September 2020, 08:54:56 »
Hallo zusammen,

ich bin Marcel und bin 30 Jahre alt.

Mein Werdegang was das Spielen betrifft, ist glaube ich der absolut klassische. Damals mit 18 direkt in die ersten Spielhallen und wie so viele habe auch ich am Anfang gefühlt mehr gewonnen als verloren.

Wie ging es die letzten Jahre weiter?

Ich habe immer mal wieder in Onlinecasinos gespielt. Gerade seit Corona ist aber wesentlich mehr geworden, früher habe ich ab und zu mal für 25€ in einem OC eingezahlt und gespielt.
Diesen Monat habe ich soviel verzockt wie sonst noch nie in einem Onlinecasino, über 300€ habe ich diesen Monat eingezahlt.

Ich verdiene sehr gut und habe bisher keine Schulden aufgebaut deswegen, aber zuletzt habe ich 2x 90€ eingezahlt an zwei Tagen und das Geld ist mir einfach zu Schade dafür.

Ich habe meiner Frau nun mein Online Banking überlassen und schaue nun wie ich meinen Paypal-Konto schließe damit ich Online damit keine Paysafekarten mehr kaufen kann.

Habe mir mal so die Bilanz der letzten Jahre angesehen. Alleine 2019 habe ich knapp 1400€ versenkt ..

Habe zuletzt am Freitag gezockt und 90€ verloren. Ich habe mir gesagt nun ist ein für alle mal Schluss damit!

*

Offline Olli

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Re: Kurze Vorstellung
« Antwort #1 am: 21 September 2020, 09:35:09 »
Hi Marcel!

Herzlich willkommen!

Zitat
Ich habe mir gesagt nun ist ein für alle mal Schluss damit!

Und Du denkst, dass diese Willensbekundung reicht? Wohl nicht, denn Du hast Dich eben hier angemeldet und Deinen ersten Beitrag verfasst.
Also hat Deine Gewöhnung an das Glückspiel seit Deinem 18. Lebensjahr mehr mit Dir gemacht, als Dir lieb ist.
Auch dass Du Deine EC-Karte abgegeben hast, damit schon Deine Frau involviert hast und Dein PP-Konto schließt, zeigt, dass Du handlungsbereit bist. Cool ... ;)

Jetzt hast Du aber schon gut 12 Jahre dem Glückspiel gefrönt. Das ist eine lange Zeit. Ob es da wohl reicht in einem Forum zu schreiben?
Ein markanter Punkt zum Problematischen Spielverhalten ist der Kontrollverlust. Der muss nicht immer mit einem Paukenschlag geschehen, sondern kann sich auch darin äußern, dass die eingesetzten Beträge, die Zeit und die gedankliche Beschäftigung mit dem Glückspiel stetig steigen.
Würdest Du sagen, dass die 1.400 € alleine aus dem letzten Jahr noch im Rahmen des Normalen für Dich oder der Gesamtbevölkerung waren?

Vielleicht reicht es Dir ja, dieses Forum. Was aber, wenn nicht? Möchtest Du Dich selbst und Deine Frau enttäuschen mit einem Rückfall in alte Gewohnheiten?
Dies wäre ja dann auch verbunden mit einem Vertrauensverlust, wenn Du z.B. mit Deinem Bargeld an die Tanke gehst und dort eine Paysafekarte kaufst.
Es wäre eine geplante Aktion zur Umgehung der Schutzmaßnahmen.
Im ersten Moment beherrscht dann das bevorstehende Glückspiel Deine Gedanken und verdrängt alles Andere. Doch im Nachhinein wirst Du Dir selbst Vorwürfe machen. Ob Du dann auch noch bereit bist Dich Deiner Frau zu offenbaren?
Dieses Szenario ist jetzt einfach mal an den Haaren herbei gezogen, Doch es entstammt nun mal meinen Erfahrungen mit Glückspielern und mir selbst im weitesten Sinne.
Ich lege Dir also nahe, Dich einer SHG anzuschließen. Dabei geht es nicht nur darum zu erkennen, auf welchem Weg Du Dich befinden könntest, was Dich wieder abhält ihn zu beschreiten, Du wirst über die Anderen viel über Dich selbst lernen.
So stellt sich z.B. die Frage, wieso Du überhaupt gespielt hast. was gab Dir das Glückspiel?
Die Zeiten, wo das soziale Umfeld Dich veranlasst hat in eine Spielhalle zu gehen und ebenfalls zu spielen sind lange vorbei. Wieso also hast Du alleine weiter gespielt?
Was fehlt Dir, was Du mit dem Spielen unbewusst kompensieren möchtest?

Keine Angst, ich will Dir hier keine psychischen Störungen einreden ... :) Nein, ich rede von Kleinigkeiten, die auch, sofern sie einem bewusst werden, abgestellt werden können.
Ein Beispiel wäre die Suche nach Bestätigung. Oder Langeweile, die nie gelernt wurde auszuhalten. Solche Dinge eben ...

Wenn Du magst, dann erzähle ruhig mehr über Dich!
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Kurze Vorstellung
« Antwort #2 am: 24 September 2020, 11:01:33 »
Hallo Olli,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort, das bedeutet mir wirklich viel.

Ich muss wirklich sagen ich habe das Spielen immer des Geldes wegen getan, nicht zur Flucht vor Problemen etc. Ich habe einen größeren Kredit (aktuell noch knapp 18k), welchen ich gerne schneller weg hätte. Somit habe ich wieder darauf gehofft, genug Geld zu gewinnen und dann ist der Kredit direkt weg.

Ich muss ehrlich sagen, ich habe stellenweiße eine komische Einstellung zum Thema Geld.
Ich habe lange Zeit um die 2000€ - 2500€ brutto verdient und habe mir immer gesagt dass willst du nicht, du willst mehr! Mein Ziel war es immer bis vor meinem 30ten Lebensjahr wenigstens 50k brutto zu kriegen. Das Ziel habe ich auch Anfang letzten Jahres geknackt und kurz danach dachte ich mir auch schon ..

Wo ist jetzt das Glück das ich mir davon erwartet habe? Nun will ich mindestens 75k. Meine Frau sagt mir immer dass ich mit 50k doch schon ein tolles Gehalt habe, jedoch sehe ich es selber nicht so. Ich habe das Gefühl viel zu wenig zu haben, dass hat mich immer wieder zum Spielen verleitet.

Dabei könnte ich echt zufrieden sein .. Ich habe ein Haus gekauft etc.

Und trotzdem bin ich immer wieder unzufrieden mit meiner finanziellen Situation. Wir haben vor kurzem einem Urlaub gebucht der knapp 3k kostet, diese habe ich vom ersparten bezahlt. Kurz danach ist meine Stimmung fast komplett geknickt, weil ich mir da wieder dachte ... Siehst du würdest du genug verdienen müsstest du für sowas nicht an zurückgelegtes Geld.

Ich verstehe mich da manchmal selber nicht .. Wir sparen das Geld ja für exakt diese Dinge, jedoch will ich es nicht ausgeben sondern dort mehr haben.

Naja .. ich weiß mein Beitrag klingt etwas wüst, waren aber einfach mal die Gedanken die in meinem Kopf rumgeistern.

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Wolke

Re: Kurze Vorstellung
« Antwort #3 am: 24 September 2020, 12:05:32 »
Hey Marcel,

bei mir ging es ursprünglich nichts ums Geld,trotzdem kenne ich das Gefühl. Als ich schon 2 Jahre spielfrei war,ging das Auto kaputt und  mich überkam sofort der Spieldruck,denn ich musste ja “Geld verdienen“,damit ich das bezahlen kann. Ich hatte das Geld dafür auf dem Konto,trotzdem wollte ich spielen gehen.
Man kann sich von diesem Gefühl lösen,aber es dauert. Man lernt das Geld wieder schätzen und gibt es für Notwendige und auch schöne Dinge (Urlaub) gerne aus. Und man spart dafür auch wieder gerne,ohne zocken zu gehen.

Wenn du viel verdienen würdest und viel sparen könntest,wofür würdest du das Geld denn irgendwann ausgeben wollen,wenn du den Urlaub usw von deinem Gehalt bezahlen könntest? Ist das nur Sicherheit oder steckt da noch was anderes hinter?

Du bist jung,verdienst gut,hast ein Haus,fährst in Urlaub und zahlst deine Schulden zurück. Deine Frau weiß bescheid und hält zu dir,üübernimmt dss online Banking.
Du kannst dich voll und ganz auf dich und die Arbeit gegen die Sucht konzentrieren.
Was hälst du von einer SHG ? Dort kannst du dich gezielt mit anderen Spielern unterhalten,die auch nur wegen dem Geld zocken gegangen sind. Du holst dir Tipps ,probierst sie aus,besprichst eine Woche später mit ihnen ,wie es gelaufen ist.

Bleib stark.

LG Wolke



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Offline Olli

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Re: Kurze Vorstellung
« Antwort #4 am: 24 September 2020, 13:58:41 »
Hi Marcel!

Da ist sie wieder, die Frage, die mir bisher keiner beantworten konnte: Wann ist zu wenig, wann genug und wann zuviel?
Wann wird also Dein Streben nach mehr Gehalt den Punkt "genug" erreichen?

Ja, ich glaube Dir, dass Dein Streben nach mehr Gehalt etc. für Dich plausibel als Grund herhalten kann, wieso Du gespielt hast.
Nein, ich glaube aber nicht, dass das der wahre Grund ist. Er klingt schlüssig, Du bist mit dieser Begründung zufrieden.
Eigentlich aber denke ich, dass da vielleicht eine tiefe Unzufriedenheit in Dir ist, die unbedingt befriedigt werden möchte.
Wieso solltest Du sonst all das Positive (Urlaub z.B.) immer mit der negativen Brille betrachten wollen?

Wem willst Du etwas beweisen? Wessen Erwartungen möchtest Du erfüllen? Sind diese Erwartungen wirklich Deine?

Ich selbst habe auch immer nach mehr gestrebt. Zwar nicht finanziell, doch was Wissen betrifft, zumeist Berufliches.
Das mache ich zwar heute auch noch, doch mit anderen Motiven - es macht mir einfach Spaß und ich erwarte nichts dafür.
Ich ziehe alleine aus dem Erfolg meine Bestätigungen. Früher habe ich das gemacht, um von aussen Bestätigung zu erhalten.
Irgendwie war ich nie mit mir zufrieden ...
Daran ist aber auch mein Elternhaus schuld. Dort war ich immer gefordert, aber es hat nie gereicht ein Ziel zu erreichen, dann musste direkt ein höher gesteckteres Ziel her.

Das Ganze erinnert mich gerade wieder an die Zeit, in der ich mich von meinen Eltern getrennt hatte. Ich machte nicht das, was mein Vater von mir verlangte, und schon wurde ich übelst angeschieen und nieder gemacht. Ein Begriff, der dabei häufig viel war Faulheit, die mir unterstellt wurde.
Zu der Zeit habe ich mein Haus bauen lassen. Ich hatte viel aus dem Vertrag geraus gelassen, was ich in Eigenleistung erbracht habe. In meinem letzten Brief an meinen Vater beschwerte ich mich über diese Äußerungen von ihm und zitierte einen meiner heutigen Nachbarn: "Olaf, ich sehe Dich hier abends und am Wochenende immer arbeiten. Achte auf Dich, dass Dir das nicht zu viel wird!" Was war die Antwort darauf? "Der Nachbar muss ein Hartz IV-Empfänger sein."
Es wurde also zwar ncht bestritten, dass ich die Arbeiten bei mir, meinem Schwager, der mit mir zusammen gebaut hat, und auch bei meinem Vater, bei dem ich nach meiner regulären Arbeit den Trockenbau in seinem Badezimmer und Teile der Fliesenarbeiten gemacht hatte, gemacht hatte, es war einfach nicht genug,
Denn was weiss ein "Hartz IV Empfänger" denn schon von wirklicher Arbeit (Das ist seine pauschale Einstellung, nicht meine!)

Es klingt zwar immer klischeehaft, wenn alles auf die Kindheit zurückgeführt wird, doch der Grundstein für die Denkweise des nicht genügens wird leider genau dort gelegt. Dies lässt sich aber heute durch Gespräche, z.B. in der SHG, aufarbeiten und zumindest zum größten Teil einstellen.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
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