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Hilfe. Ich bin ungewollt in die Spielsucht gerutscht

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Hilfe. Ich bin ungewollt in die Spielsucht gerutscht
« am: 20 Februar 2020, 11:06:08 »
Hallo ihr Lieben!

Auch ich bin neu hier und muss meinem Frust/Ärger, meinem Scham und meiner Wut über mich selbst etwas Luft machen, dieses wird also ein etwas längerer Text.

Um es kurzgefasst auf den Punkt zu bringen: ich bin unfreiwillig in die Spielsucht gerutscht.
Bis November 2019 haben mich Spielbanken nicht ein bisschen interessiert, ich habe dieses Thema belächelt und wusste (eigentlich), dass es sehr schwerwiegende Folgen haben kann, eine Spielbank zu betreten, weil die meisten Automaten einfach nur das Geld schlucken, das war immer meine Überzeugung, die mich aus dem Prinzip heraus vom Spielen in einer Spielbank oder Spielhalle abhielt.

Das alles änderte sich, als ich zu meiner Ex Schwiegermutter, mit der ich mich früher wirklich sehr gut verstanden hatte, erneuten Kontakt suchte. Allerdings ging es da mehr um das Thema Kontakt zu meinem Sohn, bzw. Kontakt zwischen Enkel und Großeltern. Heute stehe ich an einem Punkt, an dem ich es zutiefst bereue, diesen Kontakt hergestellt zu haben. Warum?

Ich habe angefangen, mich regelmäßig mit Ex Schwiegermutter zu treffen. Wir haben mal zusammen gekniffelt, mal zusammen Cappuccino getrunken, wir haben viel gequatscht und haben uns einfach nur gut verstanden. Irgendwann fanden die Treffen nicht mehr bei ihr Zuhause statt, sondern in einer kleineren Spielhalle, die bei ihr ganz in der Nähe ist. Immer wenn ich gefragt hatte, wo sie war, bekam ich zur Antwort: „In der Spielhalle xy“. Da ich gerne rauche, hatte es mich nicht gestört, sie dort zu treffen. Ich saß neben ihr, hab halt mal ein paar Münzen reingeworfen, wenn ich etwas gewonnen hatte, war gut, wenn nicht, war der „Verlust“ zu verkraften.  :-\ Es handelte sich schließlich nur um ein paar Euro. Die Treffen verlagerten sich von der kleinen Spielhalle in eine große Spielbank, da war der Einsatz nicht mehr „nur“ bei 10 Cent, sondern hat bei 50 Cent begonnen. Klar, so 10€ sind sehr schnell verspielt, weshalb ich auch nicht mehr nur 10 oder 20€ von der Bank abgehoben habe, sondern gleich 50-100€, das war auch noch ok, denn bis dato hatte ich alles im Griff, denn bei jedem Gewinn habe ich aufgehört zu spielen, habe ihn rausgeholt und war ganz zufrieden damit, ich war also noch in der Lage zur richtigen Zeit das Spielen zu unterlassen und war noch Herrin über mich selbst. Die ganze Geschichte spitzte sich für mich persönlich zu, als ich erfahren hatte, dass Ex Schwiegermutter sämtliche Gelder verzockt, also nicht „nur“ ihr eigenes, sondern auch Geld, das ihr überhaupt nicht zusteht und für die Verpflegung und Pflege ihrer Angehörigen gedacht war.. dass sie versuchte, das Geld, das ihr gar nicht gehörte wieder reinzuholen ist ja irgendwie klar, aber für mich hat die Freundschaft spätestens dann aufgehört, als sie ihrem Mann erzählte, ich hätte Geldsorgen und bräuchte ganz dringend Geld.. ihr Mann war damit einverstanden „mir“ das Geld zu geben und das Geld hat sie natürlich, wie sollte es auch anders sein, verzockt.  ???
Das heißt also auf gut deutsch, dass ich offiziell diejenige bin, die sich das Geld geborgt hat, was überhaupt nicht der Wahrheit entspricht, und ich jetzt sozusagen Schulden bei ihm habe, auf das Geld wartet er seit zwei Monaten, mit irgendwelchen Taktiken versucht sie ihn immer hinzuhalten, bis sie ihm das Geld wiedergeben kann.. jetzt bin ich aber etwas vom Thema abgeschweift.

Meine eigenen Einsätze wurden größer, die Gewinne waren bei meinen ganzen Ausgaben  +- 0 wenn nicht sogar mit kleineren Verlusten.. aber mittlerweile befinde ich mich gefühlt in einer Spirale, aus der ich selbst nicht rauskommen kann momentan.. bei jeder noch so kleinen Gelegenheit gehe ich in die Spielbank und versuche Verluste wieder reinzuholen.. dämlich, ich weiß! Ich kann mich momentan zumindest sehr glücklich darüber schätzen, dass es bei mir „erst“ seit November 2019 aktuell ist, dass ich angefangen habe, Geld zu verzocken..

Und ich habe auch Gott sei dank keine Spielschulden, dennoch: wenn ich mir überlege, was ich mit dem Geld alles hätte anstellen können, werde ich sehr wehmütig, mal ganz abgesehen davon, dass es schon einige Male gegen Ende des Monats sehr knapp wurde mit dem Geld, also wirklich sehr, sehr knapp... die letzte Woche des Monats, bzw die letzten 1,5 bis 2 Wochen waren der blanke Horror, weil ich nicht wusste, wie ich diesen Verlust ausgleichen soll.

Ich bin so sauer auf mich selbst... ich denke, wenn ich den Kontakt nicht hergestellt hätte, dann wäre es auch nicht soweit gekommen, weil mich sowas nie interessiert hat.. nun ja, jetzt stehe ich da, habe noch gerade so 20€ bis Ende nächster Woche und könnte mich selbst dafür Knebeln.

Den Kontakt zu Ex Schwiegermutter habe ich enorm eingeschränkt, weil sie zum einen bei mir selbst noch Spielschulden hat und ich mit ihr nur Spielbanken verbinden kann, was für mich wiederum gefährlich ist.. zur „Selbsthilfe“ habe ich mich in diesem Forum angemeldet, habe bald ein Beratungsgespräch und werde mich bei der Spielbank selbst sperren lassen..

Glaubt ihr, ich kann die Kurve noch irgendwie bekommen? :( ich bin einfach nur entsetzt über mich selbst! :(

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Offline Olli

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Re: Hilfe. Ich bin ungewollt in die Spielsucht gerutscht
« Antwort #1 am: 20 Februar 2020, 12:00:27 »
Hi und herzlich willkommen!

Ich finde, Du solltest aufhören Dir selbst Vorwürfe zu machen.
Wenn jemand in geregelten Bahnen spielen kann, dann ist das auch OK.
Das Dumme ist nur, dass die Automaten so konzipiert sind, dass wir immer mehr Zeit davor verbringen und dabei auch den Einsatz erhöhen.

Seit November nun sagst Du, dass Du regelmäßig spielst.
Da wirst Du sicherlich gemerkt haben, dass sich langsam Rituale einschleichen, die Dich zum spielen verleiten.
Ich würde jedoch einmal behaupten, dass das Durchbrechen dieser Rituale durchaus noch recht einfach zu schaffen ist.
Du hast ja schließlich noch keine Schulden gemacht oder gar Schlimmeres, wie es Dir nun vorgeworfen wird.
Was Du momentan verspürst, sind die ersten finanziellen Probleme, die mit dem Glückspiel auf Dauer einher gehen.
Umso beachtlicher ist es, dass Du Dich jetzt schon um Hilfe bemühst.
Deine Achtsamkeit hat sich gerührt und Du sorgst Dich um Dich und Deine Zukunft.
Auch schreibst Du, dass Du Dich bereits um einen Termin bei der Suchtberatung gekümmert hast.

Tja, die Jagt nach den Verlusten ...
Wie sagt Born doch gleich immer: Es ist nur Geld!
Hake das verlorene Geld innerlich ab. Es hat jetzt ein Anderer und dort wird ihm sicherlich gut gehen. :)

Du kannst es nicht zurück gewinnen. So funktioniert Glückspiel einfach nicht.
Ich selbst sage mir immer, dass ich mir mit dem Glückspiel eine emotionale Dienstleistung erkauft habe.
Zum damaligen Zeitpunkt habe ich sie benötigt und habe mir tatsächlich keine Gedanken um das Geld gemacht.
Wieso sollte ich also nach meiner Abstinenzentscheidung mir Vorwürfe machen?
Viel gewichtiger wiegt die verlorene Lebenszeit vor den Automaten.
Doch auch da bringt es nichts zu trauern. Die Zeit ist verstrichen und ich kann sie nicht wiederholen.
Da konzentriere ich mich lieber darauf ich um das Heute zu kümmern - im Jetzt zu leben.
Dieses Jetzt kann ich beeinflussen, mit dem was ich tue.
Also entscheide ich mich schon seit etlichen Jährchen jeden Tag aufs Neue abstinent zu leben.
Mit meinem Gehalt komme ich aus - habe mir sogar ein eigenes kleines Häuschen gegönnt, aus dem ich Dir gerade schreibe.

Trauere also nicht, dies führt nur zu negativen Gefühlen. Diese können nur zu einfach im Glückspiel verdrängt werden.
Damit bist Du dann in der typischen Spirale gefangen, aus der es mit der Zeit immer schwerer wird auszusteigen.
Verzeihe Dir selbst und bleibe aktiv - gehe auch zur Beratung. Mache Folgetermine aus und spreche über das, was Dich bewegt.
Verändere Dein Leben wieder so, dass Du zufrieden mit Dir bist.
Dann wird die Zeit des Glückspiels eine abgeschlossene Epoche in Deinem Leben sein, aus der Du sicherlich einiges für Dein weiteres Leben mitnimmst, von dem Du profitieren kannst.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Hilfe. Ich bin ungewollt in die Spielsucht gerutscht
« Antwort #2 am: 20 Februar 2020, 12:05:56 »
Hallo,

wie es Olli selber schreibt, Vorwürfe zu machen, bringt nicht viel. Und ich nehme mal stark an, das alle hier, die dagegen ankämpfen, ungewollt in die Sucht rein gerutscht und es nie wollten.

Sogar meine Frau sagt inzwischen (wo wir erst hoch gestanden haben gegenseitig, siehe meinen Beitrag), es ist nur Geld. Hauptsache dir geht es gut.

Re: Hilfe. Ich bin ungewollt in die Spielsucht gerutscht
« Antwort #3 am: 20 Februar 2020, 12:17:24 »
Danke ihr Lieben für eure Antworten!  :)

Ja, ich bin eigentlich guter Dinge, dass ich es eben aufgrund des „kurzen“ Zeitraumes schaffen kann, da wieder rauszukommen, aber ich denke mir eben auch, dass es einfach nicht hätte sein müssen.

Leider war der Betreff nicht wirklich gut formuliert von mir... natürlich rutschen alle, die von Glücksspielsucht betroffen sind, ungewollt da rein, aber ich hänge mich eben sehr daran auf, dass es wegen diesen vielen Treffen dazu geführt hat.  :-X Das regt mich am aller meisten daran auf tatsächlich. Ich danke euch für eure Tipps und hoffe, dass es bald einfach nur ein Ende nimmt und ich einen Punkt hinter dieses Kapitel setzen kann!  :)

Und wie bereits erwähnt: ich habe gsd keine Spielschulden oder Kredite wegen einer so großen finanziellen Notlage. Ich habe mir ein paar Schicksalsschläge hier durchgelesen und fand es wirklich furchtbar, wie sehr so dämliche Automaten die Kontrolle über einen Menschen übernehmen können, das schlimme ist, dass es eher schleichend passiert! :/

 

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