Hallo Born,
vielen Dank für Deine Berichterstattung über die Gerichtsverhandlung in Stuttgart und dafür, dass Du uns alle an deinem Fall teilhaben lässt. Das ist ja alles andere als selbstverständlich.
Du hälst uns stets auf dem Laufenden, gewohnt ehrlich, direkt und selbstkritisch über Dein Innenleben und den Folgen der Spielsucht & bist innerhalb und außerhalb der Community ja besonders bekannt für deinen unermüdlichen, kämpferischen Einsatz für mehr Gerechtigkeit im Sinne des Spielerschutzes und gegen Zahlungsdienstleister, die die Glückspielindustrie fördern.
Es blieb nicht nur bei lautstarken Äußerungen, sondern du bist tatsächlich als einer der wenigen bis hier her diesen langwierigen, steinigen Klage- und Vorreiterweg gegangen.
Umso mehr hätte ich es bedauert, wenn die bisherige Sichtweise des Gerichts hinsichtlich Zuständigkeit und Individualschutz dazu geführt hätte, dass selbst Du – noch vor Ausschöpfung des rechtlichen Rahmens und der Nutzung schriftlicher Einwände - in diesem emotionalen Moment einem Vergleich zugestimmt hättest. Da hab ich mich gefragt, was das wohl für ein Druck sein muss, wenn man so lange dieses Ziel verfolgt und dann aus der Verzweiflung heraus doch etwas akzeptiert hätte, das vorher nie in Frage gekommen wäre. Aufrichtigerweise meintest Du ja bzgl. Vergleichszahlung, dass jeder seinen Preis hätte, wenn die Zahl nur hoch genug ausfällt. Aber 4500 € wäre laut deinen Aussagen zuvor ja nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen. Ich glaube, man kann das nur nachempfinden, wenn man das alles selbst durchlebt – daher hast du trotz alledem mein volles Verständnis. Sofern es keine Aussicht auf einen Erfolgt gibt, macht das ja trotzdem Sinn - aber ist es wirklich schon soweit?
Vielleicht wollen die Zahlungsdienstleister durch das Ablehnen des Vergleichs uns ja aber genau das glauben lassen – denn unabhängig vom Ausgang des Verfahrens hätte man ein weiteres Jahr der möglichen Verjährung mit der Verkündung des Urteils im Januar 2021 durch den siegessicheren Abschreckungseffekt bewirkt. Die Annahme des Vergleichs wäre dagegen wohl eher wie ein Schuldeingeständnis interpretiert worden, was wiederum unliebsame Klagen nach sich gezogen hätte.
Daher liegen jetzt wieder alle Chancen bei Dir.
Diese Einschüchterungstaktik und Lobbyarbeit hat ja in der Vergangenheit bisher dazu geführt, dass politisch und juristisch unser liberal-wirtschaftliches System mit seiner Schwachstelle durch die scheinbar unklare Rechtssituation bewusst auf Kosten der Spielsüchtigen und zu Gunsten der Glückspiel-fördernden Zahlungsdienstleister und Wett-/Casinoanbietern ausgenutzt wurde.
Ich schreibe „scheinbar“, da das LG Ulm durch sein Urteil ja bewiesen hat, dass es bei näherer, detaillierter Betrachtungsweise auch zu einer - dem Sinn und Zweck des Glückspielstaatsvertrages entsprechenden Auslegung & Anwendung - einen Gesetzes-Verstoß und eine Mitverantwortung der Zahlungsdienstleister sieht.
Was hat PayPal dagegen im Revisionsschreiben vorgebracht? Um ehrlich zu sein, ganz schön viel. Es argumentiert mit einer Menge anderer Gerichtsurteile, befeuert das Zuständigkeits-Wirrwarr und listet so viel weitere Streitpunkte auf, dass all diese zu widerlegen, einem Ding der Unmöglichkeit gleicht.
Vielleicht stimmt dein Eindruck und die Richter am OLG Stuttgart haben sich bis dato tatsächlich nicht so intensiv mit der Materie wie das LG Ulm auseinandergesetzt – aber sie konnten doch alles bestens aufbereitet nachlesen, wie das LG das vorherige Urteil begründet hat. Wie kommt also ein so verbraucherfreundliches OLG dazu, den Individualschutz nicht vorne anzustellen. Haben diese vielen „Nebenschauplätze“ und Einwände seitens PayPal dazu geführt, dass man resigniert und der neuerlich politisch beschlossenen Legalisierung nicht entgegenwirken will? Oder die Verantwortung für so eine kontroverse Entscheidung dem BGH oder EuGH überlassen will? Wir wissen es nicht.
Aber vorausgesetzt es wird doch eine Zuständigkeit des OLG Stuttgart o. BGH festgestellt, so gibt es nur 2 Möglichkeiten wie man das Gerichtsverfahren fortführt.
1. Variante: man spielt das Spiel von PayPal & versucht zwanghaft alle Streitpunkte und Argumente PayPals zu entkräften oder zu widerlegen
2. Variante: Eindeutiger Verstoß gegen den Glückspielstaatsvertrag betonen und belegen – wortgenaue Anwendung und Intension des a) bis dato gültigen Gesetzestextes, sowie der -b) jetzig beschlossenen Legitimation in den Vordergrund stellen -> im Zuge der Kausalität ergibt sich dadurch eine Nichtigkeit der von PayPal aufgeführten Punkte
ES KANN UND DARF DABEI KEINE ANDERE AUSLEGUNGSMÖGLICHKEIT MEHR GEBEN!
1. Unerlaubtes Glückspiel - Zahlungsdienstleister…ich wisst schon
2. Es gibt ein Glückspiel-VERBOT – wer KEINE im jeweiligen Bundesland erteilte und gültige LIZENZ vorweisen kann -> hat keine Legitimation + keine Erlaubnis + ist nicht dazu befugt, es anbieten zu dürfen
3. Was ist eine Duldung? Anhand von Beispielen die wahre Bedeutung veranschaulichen.
Wenn z.B. jemand in Deutschland wegen politischer Verfolgung geduldet wird, bedeutet das doch auch, dass man kein Asyl, keinen Pass und KEINE BERECHTIGUNG (zum längerfristigen Verbleiben) in D. erhalten hat – es besteht sogar eine Ausreisepflicht und/oder Abschiebung, wenn dieser nicht Folge geleistet wird - eine Duldung ist also ein temporär begrenzter Aufenthalt, weil eine direkte Abschiebung bspw. wegen Gefährdung von Freiheit, Leib und Seele zu dem jeweiligen Zeitpunkt nicht möglich ist.
Das bedeutet im übertragenen Sinn, es gibt bei einer Duldung ebenfalls KEINE LEGITIMATION, KEINE LIZENZ, KEINE BERECHTIGUNG das Glückspiel anbieten zu dürfen & erst recht KEINE ERLAUBNIS, PROFIT zu LASTEN und auf KOSTEN Spielsüchtiger, damit machen zu dürfen. Es ist ILLEGAL und VERBOTEN!
Wer ist denn hier der wirklich Schutzbedürftige? Der der aus der Sucht heraus, sein Hab & Gut verzockt, oder der, der unerlaubterweise millionenfach Profit daraus schlägt, indem er Gesetze bewusst ignoriert, anders auslegt oder umgeht (angestrebter Klageweg zum EuGH – Luxemburg – die werden bestimmt freiwillig gerne den juristisch belangen, der so viele Steuereinnahmen fürs eigene Land generiert)
Es ist eine Farce, dass ausgerechnet Zahlungsanbieter wie Paypal, sich darauf berufen, dass es nicht zumutbar wäre, alle Zahlungen im Zusammenhang mit Glückspiel zu kontrollieren. Wie bitte? Wollt ihr uns eigentlich alle vera****? Wenn nicht mal ein ZAHLUNGSDIENSTLEISTER, wenigstens DIE ZAHLUNGEN FÜRS GLÜCKSPIEL (wie jetzt – etwa doch soooooo viele) aus KLAR DEFINIERTEN AKZEPTANZVERTRÄGEN kontrollieren kann, wer denn dann? Wer von uns heißt denn hier „PAYpal“ = BEZAHLEN?! Allen anderen Zahlungsdienstleistern und Banken, deren Hauptaufgabe doch in der Gewährleistung, Absicherung und LEGITIMATION von Zahlungsvorgängen besteht, soll es nicht möglich sein, das zu überprüfen?
Von jedem ordentlichen Kaufmann wird vom Finanzamt erwartet, dass er jeden seiner Ein- und Ausgänge nachweisen und belegen kann. Hier werden Millionen Umsätze durch die Zahlungsdienstleister transferiert – und keiner will was von einer Buchhaltungspflicht gehört haben oder eine Rechenschaft dafür ablegen?
Viele der Gerichte haben PayPal unfassbarerweise von derlei Verantwortung freigesprochen - wie ernst sollten dann wohl diese Gerichtsurteile vom OLG Stuttgart zu bewerten sein, auf die sich PayPal in der neuerlichen Revision stützt.
Da ich oben bereits erläutert habe, dass der Zahlungsdienstleister in der Verantwortung steht, unerlaubtes Glückspiel zu unterbinden, illegale Zahlungsströme jedweder Form (bspw. Steuerhinterziehung) sowieso grundsätzlich verboten sind, es dazu nachweislich keine gültigen Lizenzen (außer SH) der Glückspielanbieter, weder für Casinos, noch für geduldete - jedoch trotzdem nicht erlaubte/genehmigte - (Sport-)Wettanbieter gab, und man bewusst vorsätzlich aus Profitgier auf Kosten von Spielsüchtigen Millionen Umsätze generiert hat, wäre defintiv dann die Mit-Verantwortung von PayPal nicht mehr von der Hand zu weisen, wenn die Richter darauf hingewiesen werden, dass zudem ebenfalls im Glückspielstaatsvertrag selbst bei Sportwetten ein klares Limit von 1000 € festgelegt ist, das bei Born bei einem Großteil seiner Einsätze um ein Vielfaches überschritten wurde – also spätestens dann hätte PayPal - selbst bei der Unterstellung, dass Born Sportwetten getätigt haben könnte, anhand der Transaktionen feststellen müssen, dass der Spielerschutz in keiner Weise gewahrt wurde.
Man kann also davon ausgehen, dass dieser Umstand wie so vieles einfach bewusst von PayPal ignoriert wurde.
Und wenn das OLG Stuttgart im Sinne der kürzlich politisch beschlossenen KONTROLLIERBAREN Legalisierung von Glückspielen richtungsweisend entscheiden möchte, dann verdient oben genannter Punkt einen noch bedeutenderen Stellenwert, da im Sinne der Spielsuchtprävention und des SPIELERSCHUTZES (wer soll geschützt werden…siehe oben) nun endlich NOCHMALS jenes genannte, monatliche Einzahlungslimit von 1000 € direkt verankert & verpflichtend für die Anbieter ist.
Kurze Erinnerung: Hat da nicht irgendwer behauptet, man könne dies nicht kontrollieren? Ich sag nur: ERTAPPT!
Zu guter Letzt, sollten all diese Argumente noch etwas präziser ausgeführt und anhand von Gesetzestexten belegt werden & die Richter in diesem Zusammenhang nochmals daran erinnert werden, dass ihr Eid, den sie geschworen haben, keine andere Auslegung des Glückspielstaatsvertrages zulässt, als den Individualschutz ganz vorne anzustellen und nicht indirekt durch ein anders lautendes Urteil diejenigen Zahlungsdienstleister rechtlich zu bestärken, die jahrelang soviel Gewinn erwirtschaftet haben, indem sie profitgesteuert alle vorherigen Auflagen und Gesetze missachtet haben.
Born gib nicht auf – du schafft das! Du weißt ja: „Wer kämpft, kann verlieren - wer nicht kämpft, hat schon verloren“ - deswegen bist du auch schon so weit gekommen! Aber selbst wenn du dich am Ende doch anderweitig entscheiden solltest, kannst du stolz auf das bisher Erreichte sein. Wir stehen in jedem Fall hinter dir.
In diesem Sinne, ich wünsche euch allen eine tolle Woche 😊