Hallo Tagebuch,
bin gestern ca 1,5 hr spazieren gegangen. Es war kalt aber klasse. Hab mir dabei die Fragen gestellt, Warum habe ich angefangen zu spielen und warum habe ich solange gespielt, obwohl es mir immer mehr Leid zugefügt hat? Leider keine befriedigende Antwort gefunden.
Zur ersten Frage kam mir in den Sinn:
Die Automaten waren verfügbar, keine Warnung von irgendjemanden. Die Gewinne von anderen haben mich gereizt. Aber so ist es nur zum Teil richtig. Klar hätte mich jemand gewarnt, dass diese Kisten einen komplett vereinnahmen, wer weiss. Allerdings habe ich auch mit dem Rauchen angefangen damals, trotz vorhandener Warnungen. Also muss es was anderes gewesen sein. Etwas tiefergründiges, Vielleicht bin ich selbst zu anfällig für das Spielen als solches. Als Kind habe ich sehr gern mit Videospielen gespielt, Atari, C64 etc. Die richtige Antwort auf diese Frage werde ich nicht finden, zumindest wird es noch lange daueren. Letztendlich ist es auch irrelevant finde ich, viel wichtiger ist die 2te Frage, warum ich weiter, immer weiter gespielt habe.
Hierzu habe ich gedacht, ich habe das Spielen in der ersten Phase als Spass angesehen, keine Gefahr der Abhängigkeit zumindest unterbewusst gedacht. In der nachfolgenden Phase habe ich das Spielen als Lösungsmöglichkeit für meine Probleme angenommen. Dadurch bin ich immer mehr und öfter in die Sielunke gegangen. Das hatte meine Gewohnheiten geändert, Spielen war sehr dominant im Tagesablauf verankert, wenn auch mit Kleinstbeträgen. Ich glaube diese zweite Phase war die schlimmste Phase, da sich mein Selbstbild hier schon angefangen hat sich zu ändern, bzw. schon geändert hatte. Ich habe es aber irgendwie geschafft eine kleine Pause vom Spielen einzulegen. Wie habe ich das geschafft? Meine Tochter wurde geboren, hatte 5 Monate später einen neuen Job, wo ich nur am WE zu Hause war (500 km entfernt) über 8 Monate!!!. Also habe ich am WE meine Zeit komplett mit meiner Familie verbracht, während der Woche war ich vom neuen Job total eingenommen. Selbst als ich mit meiner Familie im neuen Ort einzog, blieb das Verlangen nach Spielen weg. Keinerlei Gedanken ans Spielen. Die Pause ging 2,5 Jahre gut.
Die Sucht ist aber sehr tückisch. Die Kombination der genannten Gedanken machen es sehr schwierig. Und da ich 2,5 jahre pausierte habe ich mir eingeredet, ich könnte ja jederzeit aufhören. Leider nicht so einfach. Die dritte Phase hatte begonnen. Hier haben sich die Verhaltensmuster aus Phase 1 nochmal wiederholt, allerdings im Zeitraffer, max 1 Jahr. Dann kam Phase 2, Spielen als Lösung der realen Herausforderungen, als Flucht vor dem Leben. Ich konnte gar nicht mehr anders, falsch, wollte gar nicht mehr anders leben - nur spielen. Was mich wundert, ist dass ich doch regelmäßig zur Arbeit gegangen bin, mit einigen Ausnahmen, aber ich wurde nie abgemahnt oder sonstiges. Gut, ich habe bei der Arbeit immer Vollgas gegeben. War vielleicht ein gutes Kamel, das man gebraucht hat. Und die Familie? Meine Kinder waren noch nicht groß (U8) dachte ich mir, die brauchen jetzt Mama mehr als mich, so was blödes! Wenn sie mich später dann brauchen, bin ich da, höre auf mit dem Spielen, morgen kommt der Weihnachtsmann, aber so habe ich tatsächlich gedacht. Na ja die Wahrheit ist eine andere, eine finde ich sehr traurige. Die Kinder und auch meine Frau waren mir in der Zeit nicht so wichtig wie die Automaten, das muss man sich mal vor Augen führen - das ist krank! Aber gut, bzw. nicht gut so war das! Die Abwärtsspierale drehte sich immer schneller, je mehr Zeit ich mit diesen Kisten verbrachte. Mein Wesen hat sich kpl. verändert. Ich habe selbst das Lachen/Lächeln verlernt, damit meine ich nicht dieses reflexhafte Lachen auf einen Witz, sondern aus Fröhlichkeit aus dem Herzen heraus. Ich war ein offener, fröhlicher und optimistischer Mensch! Es gibt nicht sehr viele Bilder von mir in dieser Zeit, aber wenn ich die vorhandenen mit den Bildern aus meiner Pause vergleiche, dann sind das 2 unterschiedliche Menschen. Der eine voll im Leben, sehr positiv einfach nur gut. Den anderen, der ich jetzt noch bin, aber nicht mehr sein möchte, brauche ich nicht zu beschreiben.
Jetzt vor 7 Tagen hat Phase 4 des Spielens begonnen: Ich werde mir mein Leben zurückholen und noch wichtiger es auch behalten!
Heute spielfreier Tag7, ich schaff das!
Gruß
Realist