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Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?

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Offline makara

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Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« am: 17 Januar 2008, 13:39:35 »
Hallo!

Bitte helft mir! Mein Bruder ist schon seit Jahren spielsüchtig und wahrscheinlich auch alkoholsüchtig. Leider hat meine Familie das erst nach Jahren herausgefunden. Seit nicht ganz einem Jahr hat er jetzt das erste Mal in seinem Leben eine total liebe Freundin. Ich glaube, es ist ihr zu verdanken, dass er 3 Monate lang stationär in Therapie war und meistens nur am Wochenende Ausgang hatte. Dort, in diesem geschützten Umfeld fiel es ihm leicht, das Suchtverhalten zu kontrollieren. Ich habe geglaubt, er hat die Süchte bezwungen aber gestern hat mir seine Freundin erzählt, dass alles wieder von vorne losgeht.

Mein Bruder kommt aus diesem Teufelskreis nicht heraus. Er wohnt in einem miesen kleinen Zimmer (wenn er nicht bei seiner Freundin ist), hat kein Auto, keine Arbeit, kein Geld und Schulden (wenn auch nicht so viel, da meine Eltern die Schulden bis jetzt immer beglichen haben). Er ist meines Wissens nach dem Stationäraufenthalt nicht in die Nachberatung/-therapie gegangen und sieht scheinbar auch keinen Sinn darin. Ich glaube, er würde den Stationäraufenthalt nicht noch einmal machen, weil er glaubt, dass es ihm sowieso nichts gebracht hat. Er sagte zu meiner Freundin, er hätte sich mit diesem Leben schon abgefunden. Er kommt ja so auch immer durch. Er hat ein Dach über dem Kopf, bekommt kostenloses Essen ... er ist ja nicht blöd, er hat längst gecheckt, dass es "so" auch weitergeht. Auf der anderen Seite ist er total verzweifelt, wenn er doch zu viel getrunken und dann sein ganzes Geld verspielt hat, dann kapselt er sich total ab, ist mindestens 2 Tage lang nicht erreichbar. Ich glaube, seine Freundin und er lieben sich wirklich sehr, aber er hat vor kurzem zu ihr gesagt, er will Schluss machen, weil er ihr nichts bieten kann und sie einen Besseren verdient.

Nach dem mein Bruder von der Stationärbehandlung herauskam, wurde ihm bald ein Job vom AMS vermittelt. Dieser Job wurde vom AMS gefördert. Samt Sozialleistungen hatte er vorher ca. € 500,- im Monat. Da dieser Job vom AMS gefördert wurde, musste er nach 3 Monaten wieder gehen, weil die Firma vom AMS keine Förderung mehr bekam. Jetzt bekam er nur mehr € 200,- vom AMS und musste für das schäbige Zimmer davon € 100,- bezahlen. Das heisst, ihm blieben im Monat nur € 100,- und er war total verzweifelt. Letzte Woche ging er zum Sozialamt und bekam dort angeblich ca. € 450,-. Er wollte, sobald er das Geld hatte, das Geld bei seiner Freundin abliefern, damit er nicht in Versuchung kommt, aber seit diesem Morgen ist sein Handy abgeschaltet und er ist nicht erreichbar. Vermutlich hängt er mit seinen Nachbarn herum, die alle assozial und süchtig sind. Laut Auskunft seiner Freundin hat er diese Ausreißer ca. alle 2 Wochen und zieht sich dann für mindestens 2 Tage zurück. Er hat glaube ich auch keine Lust mehr zu arbeiten, weil er weiss, dass er das verdiente Geld gleich wieder verspielt.

Seine Freundin und ich möchten ihm so gerne helfen, aus diesem Teufelskreis herauszukommen aber wir haben keine Ahnung, was wir tun können.

Könnt ihr uns ein paar Tipps geben? BITTE!!!

Eine hilflose und überforderte Schwester

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Offline Ilona

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Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #1 am: 17 Januar 2008, 16:08:06 »
Hallo Makara,

es ist immer ein Schock, wenn man als Angehöriger von einem Rückfall eines nahestehenden Menschen hört. Es ist, als würde die Welt zusammenzubrechen. Dabei gehören Rückfälle bei vielen Menschen zum Suchtgeschehen. Es gibt wenig, die es schaffen gleich im ersten Anlauf abstinent zu werden. Wer sich das Rauchen abgewöhnt hat, kann auch ein Lied davon singen. Jetzt kommt es darauf an, dass dein Bruder diesen Rückfall stoppt. Er war ja während der Therapie spielfrei und kann jetzt wieder dahin kommen.

Mir fällt auf, dass du über einige Dinge nicht genau Bescheid weißt:
- du weißt nicht genau, ob er zur Nachsorge war
- du weißt nicht genau, ob er keinen Sinn in der Nachsorge sieht oder ob es andere Gründe
  gibt, dass er nicht dort war (hat die Klinik, z.B. eine Nachsorge für ihn beantragt?)
- du vermutest, er würde nicht noch eine stationäre Therapie machen, weil er keinen Sinn
  drin sieht
- du vermutest, dass er mit seinen Nachbarn rumhängt
- du vermutest, dass er keine Lust mehr zum Arbeiten hat, weil er das Verdiente gleich
  verspielt.

Ich kenne eure familiären Verhältnisse nicht, daher muss ich jetzt mal selbst vermuten und ich hoffe, es ist ok für dich. Wie kommt es, dass du mit deinem Bruder über all diese Fragen nicht offen sprichst? Du sorgst dich ja um ihn und möchtest, dass es ihm besser geht. Weiß er das? Aus meiner Sicht wäre es ein erster Schritt über diese Themen ins Gespräch zu kommen. Sag ihm, dass du ihn magst, ihm beistehen und helfen möchtest. Sag ihm aber auch, dass du sein (Spiel+Sauf) Verhalten nicht unterstützen wirst. Das ist ein Anfang.

Berichte doch mal, ob du mit diesen Anregungen was anfangen kannst. Das Ganze geht nur Schritt für Schritt. Wir begleiten dich gern. Du kannst dich auch an eine Suchtberatungsstelle wenden, die sind auch für Angehörige zuständig.

Alles Gute und viele Grüße

Ilona

P.S. Wenn er Alkmäßig drin hängt, gilt es auch zu prüfen, ob er z.b. eine Entgiftung braucht. 




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Offline makara

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Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #2 am: 17 Januar 2008, 23:19:43 »
Liebe Ilona!

Vielen Dank für Deine schnelle Antwort und die hoffnungsvollen Worte.

Du hast Recht. Ich weiss über viele Dinge wirklich nicht genau Bescheid. Bevor mein Bruder die dreimonate Therapie gemacht hat, hat er meistens abgeblockt, wenn ich das Thema angesprochen habe. Er ist dann immer "davongelaufen".

Ich habe bis vor zwei Tagen nicht gewusst, dass mein Bruder wieder rückfällig geworden ist. Ich dachte, es würde ihm soweit gut gehen, weil er so verliebt war. Ich habe alles erst in den letzten Tagen von seiner Freundin erfahren und nicht selbst mit ihm gesprochen. Ich war wohl zu viel mit mir selbst beschäftigt und da er sich jetzt schon den dritten Tag verkriecht und sein Handy immer abgeschaltet hat, kann ich auch nicht mit ihm sprechen. Ich kenne diese Phasen schon und weiß, dass er dann unerreichbar ist und wirklich mit niemandem von seiner Familie Kontakt haben will. Ich kann also meiner Meinung nach nur abwarten, bis es ihm wieder besser geht und er wieder Kontakt haben will. Und dann will ich mehr für ihn da sein und das Richtige tun.

Ich werde auf alle Fälle versuchen, mit ihm über all diese Dinge zu sprechen und hoffe, dass er nicht wieder abblockt und mit mir darüber sprechen will. Seine Freundin hat ihm erst gestern eine total süsse MMS geschickt: "Du bist der wichtigste Mensch für mich." Ich habe ihm SMS geschickt, dass ich Jobs für ihn gefunden habe, die ihn interessieren könnten. Ich habe die Benachrichtigung erhalten, dass er die SMS erhalten hat. Das heisst, er hat das Handy kurz eingeschaltet um zu sehen, ob sich jemand gemeldet hat aber er hat es sofort wieder abgeschaltet und weder mir noch seiner Freundin geantwortet. Ich werde Deinen Rat befolgen und ihm jetzt gleich eine SMS schicken, dass ich mich um ihn sorge, für ihn da bin und dass ich gerne möchte, dass es ihm besser geht. Wenn er auch nicht antwortet, weiss er es dann wenigstens.

Ich habe heute auch versucht, den obersten Arzt vom Therapiezentrum zu erreichen, er war aber nicht da. Ich werde es morgen noch einmal probieren. Seine Freundin und ich möchten gerne einen Termin mit ihm ausmachen. Ich hoffe, er kann uns helfen. Er hat ja meinen Bruder drei Monate lang betreut. Ich hoffe nur, dass er Günther nicht kontaktiert, ansonsten ist das Vertrauen zu seiner Freundin und mir wahrscheinlich ganz weg und wir erreichen genau das Gegenteil.

Ich habe gelesen, dass Spielsüchtige sich für Casino's sperren lassen können. Kann das nur der Betroffene selbst oder auch Angehörige und geht das auch bei Wettbüro's?

Ilona, vielen Dank für Deine Tipps und Ratschläge und Hilfe!

Alles Liebe,
Makara

Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #3 am: 18 Januar 2008, 00:32:45 »
hallo ilona!
ich bin die besagte freundin von makaras bruder  ;D . danke, dass du dich gleich zu 'unserem' problem geäussert hast!
1. sind wir alle bereits erwachsen - so um die 30...das heisst, wir haben einen plan vom leben - zumindest makara und ich...
2. die familienverhältnisse sind / bzw. waren (für den bruder/freund) bestens, sehr familiär, gut situiert, wie auch immer. auf jedenfall kommt günthers sucht bestimmt nicht daher, dass in seiner kindheit oder pubertät irgendetwas falsch gelaufen wäre zu hause!
3. gehst du davon aus, dass makara nur vermutungen stellt über diverse aussagen. ich kann diese verneinen und daher bestätigen, dass es leider genauso ist, wie makara es bereits beschrieb.

- nein, er ging zu keiner einzigen nachsorge
- er sieht deshalb keinen sinn darin, da er viel mehr probleme hat als nur die spielsucht - d.h. alkohol, nikotin und die derzeitige wohnsituation
- ich glaube, dass es in österreich nicht unbedingt beantragungen der kliniken für nachsorgen gibt - auf jeden fall wurde wenigstens darauf hingewiesen, mindestens 1-2 jahre zu gruppen- bzw. einzelgesprächen zu gehen danach
- leider sieht er auch wirklich keinen sinn darin - warum auch immer - also ist es nicht nur eine vermutung - wir sprachen bereits mit ihm darüber. aber er ist zu wenig einsichtig und meint, dass die familie ihn dabei zu wenig unterstützen würde. was überhaupt nicht stimmt. nur leider ist es so schwierig eine relativ gute beziehung zu ihm aufzubauen, was dieses thema anbelangt.
- und ja, es stimmt. er hängt mit seinen nachbarn herum. hat aber schon öfter erwähnt, dass, wenn er mit diesen rumhängt, er nur zu schnell rückfällig wird. da er seine suchtprobleme leider schon jahre lang mit sich rumträgt ist es auch für ihn nicht einfach, irgendeinen 'guten' ausweg zu finden.
- und - zum letzten deiner punkte - glaubt er wirklich keinen sinn darin zu finden, wieder arbeiten zu gehen. es fehlt ihm der überblick - gerade hier hat er leider noch scheuklappen auf. er sieht kein links oder rechts. hat er 'viel' geld in der hand ist ihm alles andere egal.
ich glaube auch, dass eine weitere therapie wahrscheinlich das beste für ihn wäre...
wie auch immer, dies alles sind keine vermutungen sondern leider die pure wahrheit...
lg einstweilen,
dani


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Offline Chris

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Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #4 am: 18 Januar 2008, 01:28:03 »
Hallo Dani, Hallo Makara,

ich weiß nicht wie es in Österreich aussieht mit der Nachsorge, aber Selbsthilfegruppen und Therapeuten gibt es dort auch.
Er muß es jedoch selber wollen, ihn hinzuzerren bringt nichts (nicht das Ihr das geschrieben hättet).

Man sagt, ein Spieler muß erst ganz unten sein, bevor er bereit ist was zu tun...

D.h.: auf keinen Fall solltet Ihr oder seine Eltern ihm noch Geld geben. Wenn er stöhnt das der Kühlschrank leer ist, geht mit ihm zusammen einkaufen (aber kein Alk und keine Zigaretten)!

Es ist schön das Ihr und Eure Familie zu ihm steht, aber er darf Euch nicht mit runterziehen.

Dani, gestatte mir den Hinweis, überlege Dir gut, ob Du so eine Beziehung willst, ob Du Dir so Deine Zukunft vorstellst ?! Makara schrieb, das er mit Dir Schluss machen wollte, vielleicht war das der einzige anständige Moment in seinem Leben !

Gut's Nächtle
Chris
Ist wie immer, nur meine ganz private Meinung....

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Offline makara

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Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #5 am: 18 Januar 2008, 10:35:58 »
Hallo Chris!

Ich weiss, dass er es selbst wollen muss. Meine Mutter hat sich schon viel mehr mit dem Thema beschäftigt und Kontakt mit den entsprechenden Leuten aufgenommen und ihr wurde immer wieder gesagt, dass sie nichts machen kann, dass er selbst es wollen muss und dass er erst ganz unten sein muss, bevor er bereit ist, etwas zu tun.

Als mein Bruder noch zu Hause wohnte, hat er den ganzen Tag geschlafen oder fern gesehen und am Abend ist er "auf Tour" gegangen. Wenn meine Mama ihm sagte, sie hätte gekocht, er solle essen kommen, oder wenn jemand von uns ihn zum Essen holen wollte, lag er im Bett und schlief oder tat so als ob und sagte, er wolle nichts. Wenn niemand zu Hause war, plünderte er dann den Kühlschrank, sonst hat er oft den ganzen Tag gar nichts gegessen. Er hatte die Wohnung meiner Oma im Erdgeschoss für sich allein und dort stank es und sah aus wie in einem Schweinestall. Er hat zu Hause keinen Finger gerührt. Wenn er sich vom Kühlschrank meiner Eltern bediente, räumte er oft danach nicht einmal sein schmutziges Geschirr weg. Er hatte auch keine Lust, zu arbeiten. Ich glaube, er hat sich gedacht, dass er doch ganz gut lebt, ohne arbeiten zu müssen. Er hat auch nie die Lehrabschlussprüfung fertig gemacht (ihm fehlt nur noch eine Prüfung), deshalb sind seine Aussichten auf einen "besseren" Job auch sehr gering und er hat keine Lust auf körperliche Arbeit.
Meine Mutter leidet leider selbst schon jahrelang an Depressionen und muss ständig Tabletten nehmen, damit es ihr gut geht. Sie wurde mit der Situation nicht mehr fertig. Deshalb haben meine Eltern beschlossen, ihm eine eigene Wohnung in der Nähe zu besorgen. Dort hätte er seine Ruhe, nicht dauernd Krach mit meiner Mutter, und könnte so leben wie er wolle. Er hat eine total schöne, sonnige Wohnung bekommen, die sehr günstig war. Leider kam es ab da immer öfter vor, dass er sich in der Wohnung einsperrte und das Handy abschaltete. Meine Eltern hatten zwar einen Zweitschlüssel aber da er den Schlüssel innen stecken lies, kamen sie nicht hinein. Als dies das erste Mal passierte, hatten meine Eltern solche Angst, dass er sich etwas angetan hätte und vielleicht nicht einmal mehr leben würde, dass sie die Polizei holten und die Wohnung aufgebrochen wurde. Schön langsam sahen wir, dass er sich in regelmässigen Abständen zurückzog, seine Ruhe und keinen Kontakt zu uns haben wollte und dass er dann von selbst wieder zu uns kam. Meine Mama hat ihm ständig Lebensmittel oder Medikamente (wenn er grippig war oder Zahnschmerzen hatte) gebracht. Er macht ihr nie die Tür auf. Sie war sehr gekränkt und sie stellte ihm die Sachen eben vor die Wohnungstür. Er holte sich immer alles, schickte aber nicht einmal eine Dankeschön-SMS. Mein Papa hat ihm öfters Handywertkarten in den Briefkasten geschmissen, weil er dachte, so hätte er wenigstens über das Handy Kontakt zur Außenwelt und würde sich nicht ganz allein fühlen.

Natürlich konnte mein Bruder die Miete nicht zahlen und meine Eltern zahlten ihm ständig die Schulden weg, in der Hoffnung, er würde sich ändern und hätte ohne Schulden neuen Mut, etwas zu ändern. Irgendwann haben sie beschlossen, ihm finanziell nicht mehr zu helfen und ihn wieder nach Hause zu holen.

Als er wieder zu Hause war, passierte natürlich wieder das gleiche wie vorher. Er hat nach Mitternacht dann sehr oft telefoniert und da sein Schlafzimmer genau unter dem Schlafzimmer der Eltern lag und die Wände sehr dünn sind, hörte meine Mama ihn telefonieren und konnte nicht schlafen. Sie war stinksauer, weil sie nicht schlafen konnte, am nächsten Tag früh aufstehen und arbeiten gehen musste und er keinen Finger rührte. Meine Mama fühlte sich voll ausgenutzt. Sie hat sich ein paar Mal beschwert und ihm gesagt, dass er nicht in der Nacht telefonieren solle, weil sie nicht schlafen könnte aber er hat es wieder gemacht. Dann platze ihr der Kragen und sie ist um 3 Uhr früh zu ihm hinunter und hat gesagt, er soll verschwinden. Er ist dann gegangen ohne etwas mitzunehmen und war wieder tagelang nicht erreichbar. Meine Mama machte sich große Vorwürfe, weil er ja keine Wohnung mehr hatte und nichts mitgenommen hatte. Er hatte also kein Geld und nur die Kleidung, die er am Leib trug. Sie sah aber auch ein, dass das wahrscheinlich notwendig war, damit er etwas an seinem Leben änderte und aus dem Teufelskreis herauskommen könnte. Ein paar Tage später hatte ich Glück und er hob ab, als ich ihn anrief. Er hatte innerhalb eines Tages ein Zimmer vom Sozialamt bekommen und er hatte einen Platz gefunden, wo er kostenlos essen konnte. Das war meiner Meinung nach der tiefste Punkt in seinem Leben. Also, wie tief muss man noch fallen? Reicht das noch nicht?

Er hat kein Geld, keinen Job, kein Auto, ein winziges Zimmer, das total versifft ist...

Ich weiss jetzt noch immer nicht, was ich tun kann. Ich habe ihm gestern nacht eine SMS geschickt:

"Lieber ...! Ich mache mir sorgen um dich! Ich will dir so gern helfen. Ich bin da für dich, rund um die uhr. Ich liebe dich. Du bist doch mein einziger bruder! du bist so ein lieber, einzigartiger mensch, so wertvoll, du hast so viel drauf und noch dein ganzes leben vor dir. Gemeinsam schaffen wir es. Hab mut! Ich liebe dich, bitte komm zurück ins leben! Alles liebe, deine schwester ..."

Er hat sie heute um halb 9 gelesen aber nicht reagiert. Dani hat ihn vorhin angerufen aber das handy war wieder abgeschalten ...

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Offline Chris

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Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #6 am: 18 Januar 2008, 11:09:11 »
Hallo Makara,

es ist wirklich traurig, was Du schreibst. Ich bin kein Püschologe, aber denke, Dein Bruder "leidet" unter einer dissozialen Persönlichkeitsstörung !

Manche Menschen sind einfach hoffnungslose Fälle, da muß man sich dann mit abfinden.

Sorry, das ich Dir nichts besseres schreiben kann

Chris
Ist wie immer, nur meine ganz private Meinung....

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Offline makara

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Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #7 am: 18 Januar 2008, 11:57:42 »

hallo chris!

ich glaube, es gibt immer hoffnung. ich werde mich nicht damit abfinden und mein bruder ist bestimmt kein hoffnungsloser fall. ich muss nur den richtigen weg finden.

mein bruder hat ja schon eine therapie gemacht, er hat nach der therapie auch einen job angenommen, obwohl der total mies war. er zeigt also doch immer wieder willen, etwas zu ändern.

ich bin enttäuscht, dass du mir schreibst, dass ich mich damit abfinden soll, dass er ein hoffnungsloser fall ist.

makara

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Offline Ilona

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Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #8 am: 18 Januar 2008, 12:20:09 »
Hallo Makara, hallo Dani,

die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Es gibt keinen Grund aufzugeben. Ich kann die Auffassung von Chris nicht teilen. Was allerdings zutrifft ist, dass ihr ihn nicht ändern könnt. Er allein muss und kann das tun. Dass man dazu allerdings ganz tief unten sein muss, ist ein Gerücht, das auch nicht besser wird, wenn man es immer wieder wiederholt.
 
Eure Schilderung erinnert mich an einen Klienten unserer Beratungsstelle. Es gibt ganz viele Parallelen. Ihm hat schließlich nach vielen anderen Versuchen ein Aufenthalt bei SYNANON in Berlin geholfen. Geholfen hat ihm auch, dass seine Eltern aufgehört haben, die Konsequenzen seiner Zockerei auszubügeln.

Ich rate davon ab, etwas hinter seinem Rücken zu unternehmen. Geht lieber offen mit den Informationen um. Ansonsten besteht die gefahr, dass ihr Vertrauen verspielt. Er kann doch ruhig wissen, dass ihr euch nach Hilfeangeboten umseht. Versucht ihn einzubeziehen: Ist es dir recht, wenn wir dort einen gemeinsamen Termin vereinbaren? Oder möchtest du lieber allein hingehen? Falls er nicht möchte, könnt ihr auch eine Angehörigenberatung in Anspruch nehmen.

Soviel auf die Schnelle

Ilona

P.S. Dani, meine Fragen in Bezug auf die "Vermutungen" zielten darauf ab, dass man erstmal das Gespräch suchen sollte! War wohl um die Ecke formuliert.

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Offline Claus

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Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #9 am: 18 Januar 2008, 12:31:57 »
Hallo Makara,
auch ich bin der Meinung das deine Bruder an einer schweren Depression leidet, an der sich solange nichts Ändern kann solange ihr ihn dabei unterstützt.
Er gewinnt dieses Spiel ja immer wieder.....

Während meiner Nassen Zeit: "Spielen, Alkohol, Medikamentenmißbrauch"!, habe ich mich so wie dein Bruder verhalten. Allerdings habe ich Frau und Kind dgradiert zu meinen "Helfern"!

Durch die Spieler SHG und einen Therapeuten bin ich auf diese Gruppe aufmerksam  geworden

Emotions Anonymous (EA)   http://www.emotionsanonymous.de/


hier fand ich Verständniss für meine emotionalen Probleme und bin durch Ermutigung durch die Mitglieder der Gruppe auch in eine Psychosomatische Klinik  gegangen um ohne Medikamente und Depressionen zu Leben in Abstinenz meiner Suchtmittel. Bis Heute nach 20 J
Jahren ohne Rückfall.
gute 24 Stunden

"Wer kein Ziel hat,
dem stehen alle Wege offen!

Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #10 am: 18 Januar 2008, 12:53:17 »
grüss euch,
besten dank für die vielen antworten und auch einige ratschläge.
hinter seinem rücken will und werde ich bestimmt nichts tun. leider ist es eben so, dass er unerreichbar ist. somit ist es für uns schwierig mit ihm zusammen darüber zu sprechen. ausserdem sagt er so oft, dass reden nichts bringt und er nicht mehr reden möchte.
das mit der depression stimmt auf jeden fall. zum glück versucht/e er wenigstens immer, wenn er wieder depressiv ist, sich die positiven dinge, die gerade um ihn sind, in den kopf zu rufen. nur eben seine gesamte derzeitige situation - die arbeitslosigkeit, der geldmangel und dieser ewige teufelskreis - ist einfach schon zu sehr eingefahren, als dass er da einen lichtblick sehen könnte.

ohne ihn wird bestimmt nichts auf die beine gestellt. wie denn auch? aber dieses forum hier allein ist ja schon mal ein anfang für seine familie und mich, sich mehr mit seinem problem auseinander zu setzen und verstehen zu lernen. das ist das einzige, was wir, oder ich halt, gerade versuchen. und ich sehe doch, dass es ein wenig hilft.
klar, ER sollte sich damit beschäftigen, aber solange er nicht erreichbar ist, können wir da eh nichts daran ändern.

vielen dank mal für eure gedanken...
dani

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Offline makara

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Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #11 am: 18 Januar 2008, 13:15:47 »

Liebe Ilona,
lieber Claus!

Vielen Dank für Eure aufmunternden Worte und Tipps. Das macht mir wieder viel Mut. Der obersten Arzt vom Krankenhaus, wo mein Bruder 3 Monate in Therapie war, ist leider erst am Montag erreichbar.

Berlin ist zu weit weg. Es sollte schon ein stationärer Aufenthalt bei uns in Österreich, am besten in Kärnten, sein.

Ich glaube, es ist am besten, wenn wir meinen Bruder in Ruhe lassen, bis er von selbst wieder kommt. Dann ist er hoffentlich soweit wieder stabil, dass er mit sich reden lässt.

Ich melde mich wieder, wenn es etwas Neues gibt.

Vielen Dank, liebe Grüsse und ein schönes Wochenende!

Makara

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Offline Chris

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Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #12 am: 18 Januar 2008, 13:18:45 »
Zur Klarstellung:
Mit Hoffnungslos meinte ich, das man ihn nicht zu seinem Glück zwingen kann. Man kann ihn nicht anbinden oder mal ne richtige Tracht Prügel verabreichen.

Vielleicht ist er in die Klinik gegangen, weil andere es wollten, hat sich anschließend nen Job gesucht, weil andere es wollten. Das klappt dann natürlich alles nicht.

Interessant wäre da die Zukunftsprognose seines behandelnden Püschologen in der Klinik. Er wird sich da wohl kaum 3 Monate (oder so) verstellt haben können....

Gruß

Chris
Ist wie immer, nur meine ganz private Meinung....

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Offline Ilona

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Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #13 am: 18 Januar 2008, 13:29:20 »
  Hier noch eine Adresse. Oder kennt ihr die schon?
  viele Grüße, Ilona


  Spielsuchtberatung
  Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt
  Georg-Lora-Str. 26
  A9020 Klagenfurt
  Tel: +43 463 537-5782

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Offline andreasg

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Re: Wie helfe ich meinem spielsüchtigen Bruder?
« Antwort #14 am: 18 Januar 2008, 18:48:54 »
Hallo ihr Lieben,
habe die Geschichte aufmerksam gelesen und es ist für mich eine Familiengeschichte in der ich mich gut wieder einfinden kann.  - In dem Part des Bruders.
Auch ich habe mich, als ich noch spielte und soff und im Sexkino saß der Liebe meiner Schwestern und später der meiner eigenen Frau verschlossen.
Das Thema Hoffnung überschreibt den Glauben an die Liebe in diesm Tread.
Ich lese es so.
Spät, aber nicht zu spät habe ich eine stationäre Therapie gemacht aus dem Grund : Angst vor sozialem Abstieg und Weg in die Obdachlosigkeit. Das im Bezug auf die Verluste meiner Arbeit und meiner Ehefrau. Das war im Sommer 2003 und ich war und bin schon länger spielfrei. Ich wurde von meinen sozialen Krücken (Arbeitsplatz und Ersatzmutti = Ehefrau) gestürzt. Die stationäre Therapie hat 11 Wochen gedauert und ich habe 7 Wochen gebraucht um dort anzukommen. Dann konnte ich die Arbeit an mir selber beginnen. Ich mußte erst einmal mein Deckmäntelchen des Stolzes loswerden. In der Klinik sprachen wir vom stacheligen Igelpelz! Also verstecktes aggressives Verhalten anderen , oft sehr nahen Menschen gegenüber und armseliges Verstecken des eigenen Ich's.
Ich brauchte bisher nur eine Therapie, ich habe sehr lange Gruppenerfahrungen. Freunde von mir waren in mehreren Therapien. Das Ja zu sich selber lässt sich so wenig erzwingen wie der Hauptgewinn in der Spielstätte. Ich mußte meinen Zwängen den Abschied geben
Was ich gewann in meiner Therapie: Eine unglaublich schöne Liebe zur freien Natur.
Meine beiden Schwesrn haben fast wilde Gärten bei ihren Häusern. Und dem Glauben an Hoffnung komme ich näher, wenn ich Lust auf Gartenarbeit bekomme. Einfach einmal ein wenig Laub harken, wie jetzt bei meinem Besuch der in England lebenden Schwester. Da brauche ich keine Angst vor Nähe, keine Hinterfragungen nach meiner Familienstellung, keine krankhafte Mutterbeziehung mehr. Es löst sich einfach auf. Der wichtigste Satz in meiner Klinik , den ich hörte war: "Andreas, geh' in den Wald!". Das im anschluß an meine härteste Therapiestunde. Ein wilder Garten ist auch ein wenig Wald und ein wilder Wald ist in meiner Seele. Die Hoffnung ist, ihm Frieden zu geben.

Bedaure, ich galaube ich habe mich ein wenig festgeschrieben oder meinen Wunsch nach Wald - Spaziergang zum Wochenende artikuliert. Vorher habe ich noch einen kleinen Einkauf für meine erkrankte Ex-Frau zu besorgen. Mit Freude.
Schöne 24 Stunden
Andreas
« Letzte Änderung: 18 Januar 2008, 18:52:53 von andreasg »
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

 

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