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Wie geht Ihr eigentlich mit dem "sterben" (dem Tod) um ?

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Offline Chris

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Ich frage so, weil ich mich da zusehends Hilflos bei vorkomme. Weniger was mein eigens Ableben betrifft, wenn es soweit ist, ist es eben so weit.

Ach, ich erzähle mal:
Ich bin Jahrgang 66, ich erinnere mich, 1976 ist ein Großonkel von mir gestorben, ich durfte nicht mit zur Beerdigung, ich fragte meine Mutter, "Aber wenn Du mal stirbst, dann darf ich doch mit ?"  "Ja, dann darfst Du mit...!" sagte meine Mutter....als Kind war mir also nicht bewußt was es heißt, wenn jemand stirbt.
1980 starb meine Oma, aber da ich damals in Italien war, habe ich das eher nicht mitbekommen und es ist irgendwie an mir vorübergegangen.
Dann passierte 21 Jahre nichts...niemand starb...verwöhnte Familie sollte man meinen.
Aber irgendwie habe ich dadurch auch nie gelernt, was es bedeutet, wie es ist wenn jemand stirbt.
Dann Anfang 2001, erst stirbt mein Lieblingsonkel (55 Jahre alt) überraschend (die letzte Woche war klar das er sterben wird), ausgerechtnet an dem Morgen wo ich zu ihm fahren wollte, ich saß zusammen mit seiner Tochter, bei meinen Eltern beim Frühstück, als der Anruf kam.... 
Am Tag der Beerdigung ging es meinem Vater nicht so gut, daher blieb er zu Hause. Meine Mutter bat mich, sie ans Grab zu begleiten. Klar.
Aer 5 Meter vorm Grab habe ich ihre Hand losgelassen, keine 10 Pferde hätten mich in dem Moment ans Grab bekommen, es ging einfach nicht....

Genau eine Woche später, ich war bei meinen Eltrn zum Frühstück, wir scherzen, wir lachen...10 Minuten später ist mein Vater (65 Jahre) tot ! Einfach umgekippt.

Ich habe so lange Mund-zu-Mund-Beatmung und Herzmassage gemacht bis der Notarzt da war, war aber alles vergebens.

2 Tage später, mein Vater war noch nicht beerdigt, steht meine Tante von Nebenan vor der Haustür, Tränenüberströmt...Mein Onkel (67 Jahre) tot, einfach so. Der Pastor wußte schon gar nicht mehr was er zu uns sagen sollte.
GottseoDank, mein Vater wurde eingeäschert, daher ging es von der Kapelle nicht zum Grab, ich glaube, ich wäre dann in der Kapelle sitzen geblieben.
Meine Mutter dagagen fand es schrecklich, das der Leichenwagen von der Kapelle langsam wegfuhr und es nicht zum Grab ging....

Letztes Jahr starb meine Mutter (71 Jahre), eigentlich Fit wie nen Turnschuh, Nichtraucherin, trank kaum mal was, fuhr Fahrrad (kein Führerschein), >>> schwerer Hinterwandherzinfarkt !
Ich habe immer gedacht, die überlebt mich (200 kg, Raucher), wie kann sie sowas machen ?

Als der erste Anruf kam, sie wäre auf dem Weg ins Krankenhaus, sind alle Kinder (ich habe noch 3 Geschwister) alle Richtung Krankenhaus losgefahren (ich hatte 60 km vor mir), als ich da ankam war sie beeits auf dem Weg nach Bad Oeynhausen zur Herzklinik, als ich da ankam, meine Geschwister waren wenige Minuten vor mir da, war sie gerade gestorben. Nur meine kleine Schwester hatte es geschafft sie noch Lebend, aber ohne Bewustsein, zu sehen.

Die Krankenschwestern auf der Intensivstation, richteten sie dann noch etwas her (Schläuche und so wegmachen) meine Geschwister gingen dann noch mal zu ihr...ich konnte das einfach nicht, ich habe draussen auf dem Gang gewartet.

Am Grab meines Vaters war ich die ganzen Jahre vielleicht 3x, immer wenn meine Mutter mal nen Sack Blumenerde dahin haben wollte. Am Grab meiner Mutter war ich bis heute nicht.

Nächsten Dienstag muß ich wieder zur Beerdigung (Tante), meine Geschwister wollen sich etwas eher treffen und dann noch am Grab meiner Mutter gehen....ich weiß jetzt schon das ich da nicht mit hingehe und an der Kapelle warten werde....

Jetzt in diesem Moment fällt mir auf: Interessanterweise wollen meine Geschwister ans Grab "unserer Mutter" gehen (so sagen sie es auch) obwohl es ja das Grab unserer Eltern ist....mmmmhhh

Ich glaube ja, ich habe 2001 nen Knacks wegbekommen, seit dem heule ich schon hemmungslos, wenn BambisMutti vom Auto überfahren wird.....

So, jetzt habe ich selber so einen ellenlangen Text geschrieben den niemand liest...

fürtie
Chris


« Letzte Änderung: 06 Januar 2008, 17:38:31 von Chris »
Ist wie immer, nur meine ganz private Meinung....

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Marzipine

Re: Wie geht Ihr eigentlich mit dem "sterben" (dem Tod) um ?
« Antwort #1 am: 07 Januar 2008, 08:44:21 »
Hallo Chris,
oh doch ich habe Deinen Beitrag sehr intensiv gelesen!
Wenn Dein Ableben kommt, wirst Du erst empfinden wie es Dir dabei geht. Vorher eine Prognose zu stellen ergibt keinen Sinn, da Du nicht weißt, wie Du eines Tages stirbst. Der Tod hat mich psychisch runter gerissen und ich hatte eine Menge Arbeit den Tod zu verarbeiten. Mein Mann beging Selbstmord, meine Mutter starb monatelang ans Bett gefesselt an Krebs. Mein Vater starb mit 54 Jahren an Herzversagen. Meine Freundin starb vor 3 Monaten an Krebs (44 Jahre). Die anderen Todesfälle möchte ich jetzt hier nicht aufzählen. Aber diese Todesfälle, die ich genannt habe, gingen mir verdammt nah und es tat unwahrscheinlich weh.
Ich bin christlich erzogen worden, was mir bei der Verarbeitung geholfen hat. Für mich ist es so, dass die Toten bei mir sind, wenn ich an sie denke, überhaupt meine Mutter, manchmal spüre ich es richtig. Es ist nicht vorbei. Der Tod nimmt die Hülle aber nicht die Seele. Ich bin ganz fest davon überzeugt, dass nach dem Ableben nicht alles vorbei ist. Ich gehe sehr gerne in die Kirche, wenn sie leer ist, da stecke ich meine Kerzen an und bin meinen Lieben sehr nahe, es ist ein beruhigendes Gefühl.
In manchen Ländern wird der Tod sogar gefeiert (ich glaube z.B. Süd Amerika). Leider wird hier in Deutschland über den Tod nicht viel gesprochen, irgendwie wird geschwiegen, dabei gehört das sterben zu unserem Leben. Ich weiß nun nicht was besser ist, wenn man umfällt und tot ist, oder sich auf den Tod ganz bewusst vorbereiten kann. Meine Mutter hat sich darauf vorbereitet und alle Stufen von warum gerade ich, alles egal lieber heute als morgen, ja und dann kam die Verabschiedung, sie war ganz gefasst als ich mich von ihr am Sterbebett verabschiedet habe. Ich glaube ich habe mehr gelitten als sie, bin mir aber nicht sicher. Für mich ist es ganz wichtig gewesen loszulassen. Meine geliebten Menschen ziehen zu lassen ins ewige Licht.
Also eines weiß ich für mich mit Sicherheit, wenn ich hinübergehe (also sterbe) werde ich nicht alleine sein, da ich bestimmt abgeholt werde  ;), also meine Mutter kommt bestimmt.
Chris lebe ganz bewusst und glücklich und denke im positiven an die Menschen, die gegangen sind. Sie werden ihren Frieden gefunden haben.
Eines Tages sind dann wir an der Reihe aber bis dahin  ;)!
Weißt Du ich möchte Dir ein kurzes Beispiel nennen. Meine Mutter war noch nicht lange tot und ich rannte zur Spielbank und gewann sogar an diesem Tag. Genau 2 Tage später lief ich durch den Park, Richtung Spielbank mit dem gewonnenen Geld. Weißt Du was passierte; ich hörte meine Mutter bitterlich weinen, ja ich hatte sogar ihr Gesicht vor mir und sie weinte u. weinte u. sagte gehe nicht spielen. Ich ging und verlor mein ganzes gewonnenes Geld und mein verdientes Geld noch dazu. Alles war weg. Verstehst Du was ich damit sagen will. Sie sind da und möchten uns helfen, lassen wir es zu.
LG Martina

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Offline Chris

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Re: Wie geht Ihr eigentlich mit dem "sterben" (dem Tod) um ?
« Antwort #2 am: 07 Januar 2008, 17:13:49 »
Hallo Martina,
danke für Deine Antwort.

Wie ich schon schrieb, mein eigenes Ableben beunruhigt mich eigentlich weniger. Das einzige was mich stören würde, ist das "die Leute" (Verwandte und wer auch immer) in der Leichenhalle nochmal am offenen Sarg abschied nehmen wollen. Ich persönlich würde das nicht wollen und auch nicht bei mir haben wollen. Ich empfinde das als eine Art eindringen in meine privat-/intimssphäre, ich meine, ich will ja auch nicht, wenn ich im Schlafzimmer schlafe, das dann dort "Führungen" gemacht werden.
Aber wie gesagt, mein eigenes Ableben war nicht der Sinn meines Beitrages.

Ich glaube auch nicht explitziet an ein Leben nach dem Tode, so wie Du. Es ist für Dich schön wenn Du daran glaubst und es Dir hilft. Aber ich bin da eher Agnostiker !
Für mich bedeutet der Tod: Ende aus die Maus ! Und (bevor Du jetzt aufdrehst ;)) das empfinde ich nicht als schlimm !

Manchmal hilft es ja schon, wenn man etwas (so wie ich gestern hier) aufschreibt, oder sich von der Seele schreibt.  Nach dem Schreiben wurde mir auch das eine oder andere klar.
Punkt eins: ich sehe Dinge oft anders als andere (ich meine ich nehme Dinge anders wahr !**) Die Leute in meinem Umfeld verstehen das nicht, aber akzeptieren (aus Gewohnheit ?!) es oder sie sind nicht lange in meinem Umfeld. Fremde sind schnell irritiert von mir.   Das jetzt im einzeln auszuführen würde vermutlich den Rahmen sprengen, vielleicht sollte ich mal bei Ilona 'ne Stunde buchen ?!

Punkt zwei: Eine Tote habe ich gestern unterschlagen, weil ich es total verdrängt habe,....aber da will ich auch jetzt nicht drüber schreiben.

**) um das mal kurz zu verdeutlichen, vielleicht auch der Grund wieso ich nicht an die  Grabstelle will ?!?! :  Wenn ich an die Toten denke, z.B. an meine Eltern, sehe ich automatisch (und ich kann diesen Gedanken nicht verdrängen) wie sie jetzt sind, zum Glück sind meine Eltern eingeäschert worden,...also sehe ich nen häufchen Asche vor mir...ja im Ernst. Mein Onkel liegt gleich daneben, Erdbestattung, ich sehe eine wächserne Leiche im Sarg liegen, so wie man halt (vermutlich) nach 6 Jahren im Sarg aussieht.
Es ist nicht so, das ich mich davor grusel, also ich könnte auch um Mitternacht über den Friedhof gehen, kein Problem.
Aber ich will Menschen die ich lieb hatte, nicht so sehen !  sorry, habe ich das laut gesagt ?

Vielleicht bin ich ja der einzige Realist auf der Welt und alle anderen sind Träumer, die sich das alles (den Tod) schön reden, weil sie es sonnst nicht erträgen könnten. Und ich bin nur zu blöd, um mir das selber schönzulügen ?!?!

Upss, schon so spät ?...ich muß zu meiner Waschmaschine....Tschöööö

Chris
 
« Letzte Änderung: 07 Januar 2008, 17:16:38 von Chris »
Ist wie immer, nur meine ganz private Meinung....

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Marzipine

Re: Wie geht Ihr eigentlich mit dem "sterben" (dem Tod) um ?
« Antwort #3 am: 08 Januar 2008, 13:05:56 »
Lieber Chris,
erstelle eine Verfügung wie mit Deinem Leichnahm umgegangen werden soll und so wird es auch geschehen.
Ich respektiere jede Meinung eines Menschen, wie er mit dem Glauben und Tod umgeht. Ich bin sehr froh darüber, dass ich mich damit schon auseinandergesetzt habe und der Tod mir nicht fremd ist. Ich begegne ihm mit Achtung und Würde. Niemals kam/komme ich auf den Gedanken meine Gegangenen als Asche oder Leiche im Sarg zu sehen, wieso tust Du Dir das an?
Ich weiß den Seelen geht es sehr gut und sie wollen auch nicht, dass wir sie so sehen, wie Du sie siehst, sie haben auch ihre Sphäre. Aber das verstehen Menschen die einen Glauben haben. Ich unterhalte mich oft mit meiner Mutter, ich spüre auch, dass sie dann bei mir ist, ich stelle mir ihre Gesichtszüge vor, aber da ist kein Bild von ihr wie sie leidend aussah, sondern schön und gesund. Ihre Augen strahlen und sehen gütig aus. Ich habe diese Augen auch schon weinen sehen, als ich zocken ging, davon habe ich ja berichtet. Schade ich würde Dir gerne diese Gefühle beschreiben, aber Du sagst ja "Ende aus die Maus". Mal ganz ehrlich hast Du Angst vor dem Tod so ganz in Dir drin? Wie sehen Deine Träume aus? Schade Du wirst es auch nie zulassen, dass sich Deine Menschen, die gestorben sind, von Dir verabschieden, Dir vielleicht sagen, sei nicht traurig mir geht es gut! Du willst es nicht und so wie Dir geht es vielen Menschen, sie lassen es einfach nicht zu. Das ist nun wirklich keine Kritik an Dich nur meine Recherchen und Erlebnisse mit dem TOD.
Alles braucht seine Zeit.
Du warst heute auf einer Beerdigung, wie Du mir geschrieben hast, meine herzliche Anteilnahme hast Du!
LG Martina

 :) So nun mache ich das Engelchen (mein Bild) aber weg, sonst wachsen mir noch Flügel - Weihnachten ist ja vorbei. Mal sehen was ich reinstelle  8)
« Letzte Änderung: 08 Januar 2008, 13:37:25 von Marzipine »

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Offline Chris

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Re: Wie geht Ihr eigentlich mit dem "sterben" (dem Tod) um ?
« Antwort #4 am: 08 Januar 2008, 18:14:52 »
Hi,

meine Träume sind eigentlich ganz okay...also Alpträume kenne ich nicht. Ich träume immer ganz bewegt und erinnere mich in der Regel morgens auch an meine Träume.

So, Beerdigung habe ich hinter mir; Predigt in der Kirche war etwas zu lang für meinen Geschmack...ans Grab habe ich es aber wieder nicht geschafft.
Wegen der Verfügung, (was Du angesprochen hast) ja, ich wollte in Kürze sowieso meine Papiere mal ordnen und ne Art Testament verzapfen, wo ich das dann ja auch noch gleich mit reinschreiben kann.
Immerhin habe ich schon ne Grabstätte...ich komme mit in die Familiengruft, eine schöne Tradition  ;D

So, das war es erstmal

Chris
Ist wie immer, nur meine ganz private Meinung....

 

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