Hi!
OK ... gerne ...
Ich habe schon als Kind mitbekommen, wie mein Vater, als ich schon im Bett lag, freudestrahlend aus der Kneipe kam mit bei jedem Schritt klimpernden Münzen in den Hosentaschen.
"Ich hatte eine Serie ..." erzählte er dann euphorisch meiner Mutter.
Als Jugendlicher waren gerade die Telespiele in. Daran konnte ich mich stundenlang beschäftigen.
Eine der Orte, an denen ich in den Genuß dieser Spiele kam, war eine Frittenbude.
Und dort - wie konnte es anders sein - hing ein Automat.
Mein Freundeskreis empfand das Gleiche zu den Telespielen und so trafen wir uns nicht nur im Freibad, einem Schallplattenladen, wo auch so ein Teil stand, sondern auch eben in dieser Frittenbude.
Einer meiner Freunde war etwas älter als ich und durfte dadurch auch eher an das Gerät.
Für Kinder war es verboten und für uns heranwachsende Erwachsene hatte es den Reiz des Neuen.
Also schaute ich zu und kaum 18 Jahre alt, landeten die ersten DM in dem Automaten.
In einer Kneipe, die neu eröffnete, trafen wir Freunde uns dann nicht nur zum Darten - wir haben an den dort aufgehängten Automaten gespielt.
Ja - es hatte Spaß gemacht. Damals hing ich zwar schon viel vor den Kisten, doch es war noch nichts wirklich problematisches daran.
Ich ging arbeiten, hatte mehrere eher sporadische Nebenjobs und lebte bei meinen Eltern, bei denen ich mich an den Kosten beteiligte.
Es war zwar schon viel dort zu bezahlen, doch es blieb auch weit mehr übrig, als wie wenn ich eine eigene Bude gehabt hätte.
Dann lernte ich einen Tankwart in der Kneipe kennen - ihr könnt Euch denken, bei welcher "Freizeitbeschäftigung".
Wir trafen uns fast täglich. Und so kam es, dass ich die Welt der Spielhallen durch ihn erkundete.
Ich hatte einen kleinen Fiesta und so waren wir mobil.
Auch Spielhallen hatten derzeit ihren Reiz.
Das abgedunkelte Ambiente, glitzerndes Inventar - blitzblanke Automaten, derren Lichtspiel sich auf alles warf, was irgendwie reflektierte.
Damals wurden noch Getränke "kostenlos" verteilt, sowie z.B. Baguettbrötschen.
Ich gehörte so schnell der elitären Rige der "Zocker" an.
Dort fühlte ich mich wohl, dort fühlte ich mich aufgehoben.
Wie es wohl jeder kennt, wurden die Verluste verdrängt und Gewinnphasen überdeckten alle weiteren Erinnerungen.
In diesen erfuhr ich Anerkennung bei den anderen Spielern und den Aufsichten.
Ich fühlte Bestätigung in dem, was ich da tat.
Für mich wurde das Spielen zum Symbol für Freiheit.
Niemand konnte es mir nehmen und niemand konnte es mir schlechtreden.
Selbst als ich das erste Mal meine Miete nicht zahlen konnte mit Mitte 20, weil das Geld am Tag des Gehalteingangen komplett in den Automaten versunken war, ließ ich mich nicht davon abbringen.
Auch wenn meine Eltern das Thema Sucht nicht akzeptieren konnten, so haben sie doch alles getan um mich zu schützen.
Und so bin ich nie in einen Schuldenstrudel geraten.
Ja, auch ich habe einmal einen Kredit aufgenommen, habe einen Betrug begangen, habe mir mein Bausparguthaben auszahlen lassen.
Doch zumeist habe ich "nur" mein Konto maßlos überzogen.
Durch ein ansatzweises Geldmanagement gab es daher auch viele Phasen, in denen ich wenigstens so tat, als würde ich nicht spielen.
Einen Teil meiner Nebentätigkeiten übte ich nämlich heimlich aus,
Ach was war ich damals nass ...
Schon während ich in den letzten Zügen des zeichnens eines Lageplanes lag, durchströmte mich die Vorfreude auf das Spielen.
Ich konnte es kaum erwarten, den Plan abzugeben und das Geld hierfür in Empfang zu nehmen.
Oft saß ich dann auf der Arbeit wie auf glühenden Kohlen und sehnte mir die Mittagspause herbei.
Ich flog regelrecht zu meinem Auto und schwebte in Windeseile damit hinter die nächste Spielhalle, um dort mein Auto zu verstecken.
Im Grunde erlebte ich die selben Gefühle, als wie wenn ich permanent alle möglichen Automaten hochgedrückt hätte.
Das wurde dann aber auch zum Problem - ich ging nur noch spielen, um mich zu fühlen.
Lange habe ich das durch den Freiheitsirrglauben verdrängt.
Doch irgendwann nach fast 20 Jahren befriedigte mich das Spielen nicht mehr.
Stattdessen drängten sich mir Fragen auf.
Wieso machst Du das eigentlich?
Soll so Dein restliches Leben aussehen?
Was hast Du bisher erreicht?
...
Und auf die Frage, ob mich das Spielen noch glücklich machte, wusste ich nur ein "Nein" zu antworten.
Trotzdem spielte ich noch weiter ...
Doch um spielen zu können, musste ich auch lügen. "Wo kommst Du her?"
Wie aus der Pistole geschossen brabbelte ich irgendeine Lüge auf.
Ein Automatismus, den ich durch Üben erst wieder ablegen lernen musste.
Ich wollte das nicht mehr - konnte mir im wahrsten Sinne des Wortes im Spiegel nicht mehr in die Augen sehen.
Am 30.06.06 war ich das letzte Mal spielen. Eine Minute nach Mitternacht, also am 01.07.06, stand ich vollkommen blank vor der Halle.
Aus Spaß war Ekel geworden - Ekel vor mir selbst.
Und so wiederholte ich das Versprechen, welches ich schon so oft gebrochen hatte.
Doch es gab einen gravierenden Unterschied - mein Abstinenzwunsch kam aus tiefstem Herzen ...
Daran hat sich auch dank SHG und den Foren nichts geändert.
Im Gegenteil - er wurde verstärkt.
Nun, Fred, bist Du dran ...