Ein Rückblick... mhhh...
Eigentlich ist nicht viel passiert in 2018. Das ist an sich eine gute Sache.
Das Leben lief seinen gewohnten Gang. Im Januar kündigte ich meinen letzten Nebenjob, es war eh nur noch mehr aus Gewohnheit denn aus einer Notwendigkeit heraus, und meinem Partner gingen die Wochenend- und Feiertagsschichten immer schon auf die Nerven.
Nun gab es eine Personalkürzung und ich ging freiwillig zugunsten derer, die darauf angewiesen waren.
Was blieb war ein klassischer Vollzeit-Bürojob. Montag bis Freitag, freie Wochenenden. Zeit für ein Sozialleben.
Nur hatte ich das in dem Umfang nie. Ich war's nicht gewohnt, auch jetzt noch nicht. Meine immer sehr willkommene Ausrede, doch arbeiten zu müssen, fiel weg. Im März war ich soweit, daß mir sprichwörtlich die Decke auf den Kopf fiel. Zuhause sitzen in trauter Zweisamkeit und nur einen Film gucken... ich wollte immer raus, weg, abschalten, allein sein. Das führte zu Spannungen, um es milde auszudrücken. Hatten wir das nicht alles schonmal?
Nein. Du irrst dich. Das war was anderes, glaub mir.
Ja, sicher. Wer ist es diesmal?
Nein. Nicht schon wieder. Auch wenn das immer mit einem humoristischen Unterton gesagt würde, scherzhaft, war es doch nicht schön.
Noch nahm er es locker, noch glaubte er mir, wenn ich sagte, ich gehe nur einkaufen oder ein Paet abholen. So war es ja auch.
Im März landete ich dann durch das Klicken eines Links in einem Selbsthilfeforum für Spielsüchtige. Das Tagebuch eines Spielers, geführt über zehn Jahre, schwarz auf weiß... und he... mir ging es grad genauso wie ihm am Anfang der Aufzeichnungen. Gab es da einen Zusammenhang?
- Aber nein... das ist was anderes. So schlecht wie ihm ging es mir nie. Er hat ein Problem, ja, aber ich? Und selbst wenn... Ist doch lang vorbei.
- Ist es das wirklich? Geht's ihm anders? Da war er auch schon... drei Jahre spielfrei, und dann von vorne, schlimmer als vorher. Und es war dir klar, daß es so kommt, noch bevor du bis dahin gelesen hattest. Wem willst du erzählen, daß das jemals enden wird?
- Im Ernst? Das ist was anderes. Er ist offensichtlich krank und braucht Hilfe. Und das weiß er doch auch, er tut's nur nicht.
- Tatsächlich? Du bist anders? Wo ist der Unterschied? Ist das ein Scherz? Würdest du es drauf ankommen lassen?
Meine Gedanken überschlugen sich. Ich wollt's nicht wahrhaben. Immernoch nicht. Es tat weh, das zu lesen. Ich wußte, wie das ist. Wie hilflos er sich fühlt. Warum wußte ich das? Warum ging mir das nahe?
Natürlich. Weil ich es selbst erlebt habe.
Wir sind beide krank.
Und das war das erste Mal, daß ich sah, daß ich damit nicht allein bin.
Als mich dann das erste Mal jemand nach meiner Vergangenheit fragte, ob ich Spieler sei oder Angehöriger, war das komisch. Unangenehm. Beschämend. Sie war die Verlobte eines Spielers und ich hätte die Antwort fast wieder gelöscht. Ich war überrascht von der Reaktion. Absolut nicht negativ. Es war raus. Irgendwie befreiend. Von da an ging es etwas leichter.
Wir haben immernoch Emailkontakt, da aufgrund eines technischen Problems des Forums die Hälfte der Beiträge eines Tages weg waren. Solche Probleme haben die dort leider öfter.
An dieser Stelle mein Dank an Brenda für die Geduld, den Frohsinn und den Glauben an das Positive in den Menschen... und an eine mir unbekannte Person namens Jim. Du hast mir mit dieser Offenheit mehr geholfen, als je jemand zuvor. Ich wünsche dir von Herzen, daß du deinen Weg findest. Du hättest es verdient, mehr als alles andere. Du wirst das sicher niemals lesen, und wenn, verstehst du es nicht, aber du bist soviel mehr wert, ich wünschte, du kannst das eines Tages auch so sehen.
Und natürlich auch danke an all die anderen, die da sind, um zu helfen, die zeigen, daß es machbar ist. Virtuell und im richtigen Leben. Das ist so unglaublich wertvoll.
Kurz gesagt... 2018 habe ich so unglaublich viel gelernt. Über mich und meine Krankheit. Daß es überhaupt eine ist, bzw ich davon betroffen bin.
"Ja. Ich bin pathologischer Spieler."
Besser spät als nie. Es gibt noch eine Menge zu tun für mich.
Zu glauben, eines Tages wäre das vorbei, ist Selbstbetrug, und davon hatte ich wahrlich genug in meinem Leben.
Ich wünsche ebenfalls einen guten Rutsch und ein spielfreies 2019.