Hallo ihr Lieben
ich lese schon eine Weile im Forum und ich entdecke mich in so vielen Geschichten wieder und fühle mit. Jetzt habe mich jetzt entschlossen auch ein Tagebuch hier anzulegen, in das ich regelmäßig schreiben möchte.
Bald 7 Jahre schlage ich mit der Spielsucht herum, obwohl ich erst 25 bin. Ziemlich pünktlich mit 18, Abschluss des Abiturs und Beginn des Studiums hat es angefangen. Über Freunde, Kollegen und aus eigenem allgemeinem Sportinteresse hat es mich zum Wetten gezogen. Allerdings ohne Umwege von Wettbüros direkt online mit der ersten eigenen Kreditkarte, als ich 18 war. Einen Bonus mitgenommen und daran eine Zeit lang als Hobby tatsächlich kontrolliert Spaß gehabt. Nach notwendigem Umsatz war ich noch minimal im Plus über der Einzahlung, da war es wirklich noch ein nettes Hobby und man kann von kontrolliertem Wetten aus Spaß reden. Wegen wenig Zeit habe ich dann tatsächlich ausgezahlt und ein paar Monate überhaupt nicht mehr ans Wetten gedacht und das ganze aus den Augen und aus dem Sinn verloren. Das war aber eigentlich auch die letzte richtig abstinente Phase. Und auch das letzte Mal der letzen 6 Jahre in denen ich mir eine Anschaffung geleistet habe, einen Laptop fürs Studium. Seitdem hat nur in wenigen Ausnahmefällen (abgegeben Finanzgewalt o.Ä.) Geld länger als die ersten Tage oder 1,2 Woche des Monats gehalten - manchmal war auch 1,2 Stunden nach Geldeingang im Onlinebanking schon alles weg.
Denn ich kam mit dem Studium nicht klar, fand keinen Anschluss. Ich bin ein extremer Fall von Gewohnheitstier und Veränderungen bereiten mir riesige Probleme. Es heißt jeder Mensch findet seine Sucht, in der Schulzeit hatte ich gerne mal mit dem Alkohol übertrieben, auch in stressigen Phasen mit Problemen, allerdings noch nicht richtig abhängig und regelmäßig zur Alltagsbewältigung, sondern nur mal am Wochenende und in Gesellschaft zum Kopf abschalten. Eigentlich erstaunlich, dass ich nicht darauf hängengeblieben bin. Im Studium kam ich bei den ersten Problemen und Enttäuschungen auf die Idee mich wieder dem Wetten zu widmen und damit abzulenken. Und so habe ich 7 Semester voller Frust, Scham und Trauer vor mich hin gelitten (großteils dann nicht mehr im Vorlesungsraum, sondern daheim vorm PC mit offenen Wettseiten statt Vorlesungsskripten), ehe ich ohne Abschluss abgebrochen habe. Der tatsächliche Auslöser war fehlendes Geld für die Semestergebühren, praktisch hatte ich aber eh so viele Klausuren geschoben und hing soweit hinten dran, dass es nicht mehr schaffbar war. Diverse Konten und Kreditkarten waren überzogen und weil ich mich eh wegen dem Studium der Familie erklären musste (mit der Suchtausübung hatte auch das bei Zockern übliche Aufbauen eines Lügengeflecht angefangen, teils wegen Leistungen und Scheinen, teils wegen fehlendem Geld), nutzte ich die Gelegenheit und offenbarte mich dem engsten Familien-Kreis als spielsüchtig.
Ich bekam finanzielle Hilfe und gab die Kontoführung ab, machte eine abumlante Therapie (insgesamt über 1 Jahr und mit SHG), fand einen Job als Ausliefer-Fahrer für die Zeit und stabilisierte mich etwas, kam finanziell auf 0. Dann das übliche, es kam eine Veränderung, ich wollte wieder studieren, weiter weg. Noch vor dem Umzug, mittlerweile hatte ich wieder Kontoführung übernommen, wurde ich hart rückfällig und ruinierte meine Finanzen wieder. Das war mein letzter vermeintlicher Tiefpunkt, ich musste das ganze Projekt abbrechen, war obdachlos und auf Hilfe angewiesen. Ein letztes Mal wollte mir meine Familie helfen, aber betonte, dass es das letzte Mal ist, auch um mir zu helfen, indem sie die gedankliche Absicherung beim Spielen nehmen, dass mir im Zweifelsfall schon geholfen wird. Ich suchte mir eine Wohnung in der alten Nähe und heuerte wieder bei meinem Übergangsjob an, war wieder eine Zeit lang Termine bei meiner alten Suchtberatungsstelle. So lief das ein paar Wochen. Richtig spielfrei war ich eigentlich nie, mindestens 10€ Paysafecards von Bargeld zum Leben habe ich mir immer wieder mal geholt, auch ich den Phase in denen ich keine Kontogewalt hatte. Seit bald 2 Jahren wohne ich nun dort, der Arbeitgeber hat zwischenzeitlich mit mir den Standort um ~25km gewechselt und seitdem bin ich nun auf ein Auto, was ich von einem Bekannten organisieren konnte, angewiesen. und auch darauf Richtung Ende des Monats noch Geld zum Tanken zu haben oder es unter Vorwänden zu leihen..
Miete und die üblichen Rechnungen habe ich die meiste Zeit immer direkt Anfang des Monats vom Gehalt überwiesen, genauso wie Volltanken. Essen tue ich seit Ewigkeiten eigentlich nur Reis und Nudeln und habe allgemein eine sehr asketische Lebensweise.. Die letzten Monate ist aber eigentlich immer ales vom Gehalt draufgegangen, Mietrückstand, Minikredite, richtige Kredite, Inkassoraten, Rechnungen etc. wird mich jetzt wohl endlich einholen. Aktuell habe ich wahrscheinlich >20 ungeöffnete Briefe, vielleicht schaffe ich es mich heute oder morgen ranzumachen. Ich hatte das schon öfter, aber irgendwie habe ich es immer wieder noch mit einem Kredit o.Ä. lösen können, diesmal sieht es ganz schlecht aus.
Ich brauche eigentlich ja nicht viel zu Leben,hatte ich die letzten 6 Jahre eh nicht und brauche ich auch nicht. Nur traurig Freunden und Kollegen oft absagen zu müssen, weil kein Geld für irgendwas da ist. Selbst den engsten 4,5 mache ich ja seit Jahren was vor, ein paar mal war ich kurz davor mich Ihnen zu outen. Vielleicht ahnen es auch welche, ich hatte schon ausversehen ein Buch über Glücksspielsucht bei mir offen rumliegen als Besuch kam, das Thema kam ganz kurz auf, aber ich habe es irgendwie begründen und das Gespräch auf etwas neues lenken können.
Wie geht es weiter? Familie wird mir nicht mehr helfen.. Freunde würden es womöglich, vielleicht mache ich das, aber ich will immer noch nicht.. Vielleicht kriege ich noch einen schufafreien 7000€ kredit genehmigt, mit dem könnte ich vielleicht nochmal regeln. Ich denke mir immer, wenn ich nur einmal für alles eines saubere Abzahlungsmöglichkeit hätte, bräuchte ich ja nicht mehr Wetten. Nur wenn ich nur einen Teil der Verpflichtungen zahlen kann, bringt es nichts und ich muss es setzen und vermehren bis es reicht. Zumindest ist es das, was ich mir immer einrede. Praktisch war ich auch schon mal bei 20000 im Plus auf dem Wettkonto und hatte mehrmals in meiner Spielerkarriere die Möglichkeit alle meine Schulden zahlen und was sogar gut was über zu haben, doch am Ende landet es eh wieder bei den Wettanbietern. Der einzige realistische Plan und meine Wunschlösung für mich ist, irgendwie nochmal von Banken oder Freunden genug Geld zu bekommen und die Kontogewalt vorerst dauerhaft abzugeben. In 2 oder maximal 3 Jahren könnte ich so alles abgezahlt haben..
Wenn ich aber kein Geld organisiert kriege, läuft es wohl auf Gehaltspfändung und/oder Privatinsolvenz hinaus. Das dann nicht viel Geld für mich bleibt ist gar nicht mal das Problem daran, sondern die Angst wie der Arbeitgeber reagiert. Insgesamt bin ich bei dem vermeintlichen Übergangsjob insgesamt bald 3 Jahre und bin dort glücklich und zufrieden und nebenbei gut aufgestiegen, auch wenn ich "nur" mein Abitur als Abschluss vorzuweisen habe. Auf der Arbeit habe ich interessanterweise ein völlig anderes Verhalten als privat, bin total zuverlässig, kein einziger Fehltag und dort auch so moralisch gefestigt, dass ich nie irgendwas krummes gedreht habe, auch wenn es locker möglich wäre. Hatte regelmäßig unbeaufsichtigt auf Waren und Bargeldkassen alleinverantwortlich Zugriff und hätte über das System alles cleanen können. Jetzt bin ich täglich für Bestellungen und Geldströme im 5stelligen Bereich verantwortlich. Und ob mir weitervertraut wird, wenn mir das Gehalt gepfändet wird? Auch wenn ich 3 Jahre eine tadellose Arbeit gemacht habe, aus AG Sicht wäre ich da selbst kritisch.
Wenn ich meine "bewährte" Taktik weiterfahre, alles ignorieren und aufschieben und so weitermachen, wird es nicht mehr lange gut gehen. Gut möglich, dass es in ein paar Wochen oder auch Tagen eine 2. und 3. Mahnungen habe ich schon, die ersten Zwangsvollstreckungen o.Ä. gibt, Vermieter hatte wegen fehlender Miete für diesen Monat letzt laut eigener Aussage schon Anwalt eingeschaltet.Zwar gibt es bei mir eh nix zu Holen, aber dann wird wohl das Konto gepfändet, ich verliere den Job, die Wohnung, werde obdachlos. Vielleicht braucht es das, bis ich wirklich endlich realisiere und verstehe. Dann würde ich versuchen eine stationäre Therapie machen zu können, es würde eigentlich zwangsläufig alles bei allen rauskommen und ich müsste nichts mehr verschleiern und ich würde irgendwie neu anfangen und versuchen von Anfang an 100% ehrlich sein. Wohl oder Übel neuen Job suchen, ohne Abschluss ein entsprechend "niedriger" mit entsprechendem Gehalt, aber ich brauche eh kein Luxus und führe gerne ein einfaches Leben.
Das war meine "kurze" Zusammenfassung, wie ich zu meiner jetzigen Situation gekommen bin. Bestimmt etwas durcheinander und ich habe sicherlich etwas vergessen, vielleicht klingt das ein oder andere dadurch auch sich widersprechend. Ich habe versucht so vollständig, offen und ehrlich, wie ich es rückblickend rekapitulieren konnte zu beschreiben.
Solange ich noch eine Wohnung mit Internetzugang am PC oder noch mein Handy und Datenvolumen habe, werde ich versuchen hier regelmäßig zu schreiben, wie es bei mir weitergeht..
Liebe Grüße