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Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
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Vorstellung

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Vorstellung
« am: 30 Juli 2017, 23:46:48 »
Guten Abend,

Ich hatte bereits woanders einen Beitrag geschrieben, möchte mich aber gerne hier noch einmal vorstellen und meine Geschichte erzählen.

Ich bin 28 Jahre alt und ich bin spielsüchtig. Und allein das sich einzugestehen tut mir schon unendlich weh. Ich stehe mittlerweile kurz vor dem Ruin und nur noch meine Eltern können mir helfen. Ich bin Student und arbeite nebenher, verdiene aber natürlich nicht wirklich viel auf Grund dessen.

Ich habe immer mal irgendwie ein bisschen gezockt. Mit Freunden gepokert, hier und da mal im Online Casino aber auch im richtigen war ich schonmal. Aber es ist nie so ausgeartet wie jetzt.

Es fing alles irgendwann damit an, dass ich morgends auf der Arbeit dachte, nachdem ich mal 200€ beim Blackjack gewonnen hatte, dass ich durchs spielen vielleicht meine laufenden Kredite ablösen könnte. Eigentlich läuft es ja genau so, man müsste nur mal 50€ anstatt 5 setzen... Und ich glaube, dass dieser eine Schlüsselmoment der Anfang vom Ende war. Das ist ca 6 Monate her. Ich rechnete mir aus wie viel ich bräuchte und das ich eigentlich nur eine weitere Null an mein Startkapital hängen müsste.

Obwohl ich dann innerlich bedenken hatte, tat ich es doch irgendwann und musste beim ersten Versuch natürlich kläglich scheitern. Und so nahm die Sache ihren lauf. Das tückische ist natürlich wie viele wissen, dass man instinktiv dann versucht das Geld zurückzugewinnen. Und so ging es immer weiter. Ich verzockte bis heute über 10000€ innerhalb von 6 Monaten. Irgendwann entdeckte ich dann die Slots. Die haben so schön geblinkt und wenn man gewann leutete alles, vor allem bei den Großgewinnen. So spielte ich dann abwechselnd Black Jack und die Slots. Beim Blackjack konnte ich immer noch irgendwann irgendwie aufhören. Aber bei den Slots war es dann nicht mehr so einfach. Wie fremdgesteuert spiele man immer weiter in der Hoffnung, dass die große Erlösung dann doch noch kommt. Manchmal kam sie, meist jedoch nicht. Aber immer hatte ich die Hoffnung, dass ich alles was ich verspielte doch irgendwie zurückbekäme um dann endlich aufhören zu können. Endlich nicht mehr spielen zu müssen. Irgendwann spielte ich fast nur noch. Es tat mir nicht gut, ich ekelte mich vor mir selbst. Ich wollte nicht mehr, aber ich konnte auch nicht aufhören. Ich brauchte das Geld ja wieder. Und so sank ich immer und immer tiefer. Irgendwann konnte ich meine Rechnungen nicht mehr bezahlen und irgendwann kamen die ersten Rückbuchungen. Ich spielte mit Geld was ich nicht besaß. Verzockte Ersparnisse die nicht meine waren.

Ich wusste was ich tat. Es waren zwei Menschen in mir. Nein, es sind zwei Menschen in mir. Auch gerade wo ich schreibe, habe ich eine Stimme im Kopf die mir irgendwie auftragen will, dass ich irgendwo Geld herbekomme um alles wieder gut zu machen. Aber das kann ich nicht. Ich kann nichts mehr gut machen, ich kann nichts mehr zurückholen. Mir geht es schlecht.

Mein Leben erscheint mir Sinnlos geworden. Ich spiele eine Rolle. Denn ich habe noch ein Sozialleben, eine Freundin eine Stieftochter. Eine Beziehung die immer mehr bröckelt. Auch auf Grund meines Problems. Davon weiß keiner was ausser meinen Eltern. Die aber nicht noch nicht wissen, dass es eine Sucht ist. Ich bin schon oft abends nach Hause gefahren, und stellte mir vor mit welcher Geschwindigkeit ich irgendwo gegen fahren müsste, damit es zu Ende geht. Aber dafür bin ich zu Feiger auf der Einen, auf der Anderen weiß ich, dass ich meine Schuld begleichen muss. Dass ich andere nicht für das was ich angerichtet habe bluten lassen darf.

Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so Ende. Während ich spielte war Hoffnung da. Jetzt ist nichts mehr da. Und ich bin quasi pleite. Und weiß nicht wie die nächste Woche verläuft. Ich habe schulden, ich fühle nichts mehr. Paypal wird auch noch auf mich zukommen. Meinen Mitmenschen gegenüber spiele ich eine Rolle und ich weiß, dass ich die Tage mit meiner Mutter reden muss. Und ich habe wahnsinnige Angst davor, hatte ich ihr doch gesagt ich würde nicht mehr spielen und habe es dann doch gemacht.

Aber jetzt ist es aus und vorbei. Ich habe mich sperren lassen wo ich nur kann. Ich will einfach mein Leben zurück, ich will eine Chance es wieder gut zu machen. Ich kann nicht weglaufen so gern ich würde. Ich kann nirgendwohin weglaufen. Nichtmal der Sprit in meinem Auto würde mich weit bringen.

Mir graut es davor morgen wieder aufstehen zu müssen und meine Rolle einzunehmen.

Und wieder sitze ich hier und weiß nicht wie es soweit kommen konnte. Wie ich meinen Kopf jemals so ausschalten konnte, wohlwissend die Stimme im Kopf war da. Doch die Gier war größer. Ich will nie wieder spielen, nie nie nie nie nie wieder spielen. Ich will wieder etwas freude haben denn die hatte ich schon lange nicht mehr. Ich weiß grad nichtmal wie ich die nächste Woche finanziell überstehen soll. Ich weiß nur dass ich nicht mehr spielen werde. Denn sonst bleibt von mir und dem was ich mal war nichts mehr übrig.... Denn es hat mir fast alles genommen.


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Offline Olli

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Re: Vorstellung
« Antwort #1 am: 31 Juli 2017, 07:58:37 »
Hi Dwall !

Dein Beitrag brührt mich sehr. Du kannst sehr gut schreiben.

Ich möchte Dir dringend ans Herz legen, Dir sofort eine SHG zu suchen.
Du fühlst Dich nämlich alleine - doch das bist Du nicht.
Es erleichtert ungemein sein Leid mit Anderen teilen zu dürfen.
Es nimmt den Druck erklären zu müssen - denn jeder dort kennt Deine Geschichte, die irgendwie auch seine ist.

Wenn Dir eine SHG nicht liegt, dass suche eine Beratungsstelle auf.
Es ist keine Schande spielsüchtig zu sein.
Wäre es da nicht eine Schande, sich nicht helfen zu lassen?

Nutze bitte den Weg der Suchthilfe. Für Dich ... damit es Dir wieder besser geht und Du aus dem derzeitigen Loch wieder emporklettern kannst.

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Offline andreasg

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Re: Vorstellung
« Antwort #2 am: 31 Juli 2017, 08:40:35 »
Haĺo Dwall,

Herzlich Willkommen hier im Forum. Auch ich habe Deine Geschichte aufmerksam gelesen. Du beschreibst wunderbar das Krankheitsbild Spielsucht, so wie ich es verstehe.
Ich selber konnte nicht Knall auf Fall mit dem Spielen aufhören,  nur mit Hilfe meiner Selbsthilfegruppe.

Hast Du ein Konzept, wie Du weiter vorgeben willst?
Ich meine in der Partnerschaft  und in der SchuldnerBeratung?

Schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Vorstellung
« Antwort #3 am: 31 Juli 2017, 23:10:53 »
Erstmal vielen Dank für die die netten Antworten.

Ja es fühlt sich einfach wie eine Hölle an in die ich von jetzt auf gleich quasi gesprungen bin. Ich hatte letztes Jahr mit dem Rauchen aufgehört, mittlerweile rauche ich mehr als je zuvor.

Es ist unwirklich, fast nicht real. Und ich erkenn mich nicht mehr wieder.

Ich werde morgen meiner Mutter die Fakten nennen, das ist der erste Schritt und dieser ist fast der, der mir am meisten Angst macht. Denn meine Eltern sind die einzige Möglichkeit meine finanzielle Schieflage wieder in Ordnung zu bringen.

Ich habe bereits nach einer Selbsthilfegruppe geschaut und werde das Angebot wohl auch wahrnehmen. Im Allgemeinen habe ich es gerade nicht wirklich leicht im Leben, was natürlich auch in gewisser Art und Weise das Spielproblem befeuert hat. Es wird wohl kurz oder langfristig auch eine Psychotherapie werden.

Ich verspüre nicht den Drang zu spielen, komischerweise war es in dieser Phase immer nur ein Mittel zum Zweck gefühl. Es hat mich nie wirklich erregt. Und diese Spirale hat sich immer schneller und weiter nach unten gedreht. Ich wollte Geld machen, die Mittel waren weg, also wurden neue Mittel genommen, um die Verlorenen wieder zurückzubekommen usw. Aber das soll das ganze nicht relativieren. Ich weiß um die Gefahr. Auf der anderen Seite verspüre ich nur Hass und Wut wenn ich Werbungen von Online Casinos sehe, schaue extra weg wenn ich an Spielotheken vorbeifahre. Obwohl ich nie dort hingegangen bin. Alles was ich will ist mein Leben zurück. Aber ich weiß, dass ich mir nie sicher sein kann, vor Allem nicht wenn mein Umfeld nicht stabil ist und meine Lebenssituation.

Ich hab mich die letzten Tage oft gefragt warum es dazu kommen konnte. Und wieso. Ein wesentlicher Faktor, der mir aufgefallen ist, ist der, dass ich vor gut einem Jahr mein leidenschaftlich betriebenes Hobby aufgegeben habe, da ich mich um mein Studium und um meine Zukunft mehr kümmern wollte. Ich hab mich mein halbes Leben lang mit Flugsimulation beschäftigt. Mag für viele langweilig klingen, aber für mich war es mein ein und alles. Ich hatte meinen Computer extra verkauft. Und hab nur meinen uralten Laptop behalten. Der außer Internet nicht viel kann. Und als ich wenn ich nichts zu tun hatte nicht mehr fliegen konnte, habe ich dann irgendwann auf öfter mal angefangen zu zocken. Und nun wird es ziemlich lange dauern, bis ich mir je wieder sowas leisten kann.

Es klingt einfach zu sagen, ich spiele nicht mehr. Viele werden rückfällig. Ich habe es mir geschworen. Ich will mich daran halten. Aber ich weiss es wird nicht einfach und alleine nicht gehen

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Offline Olli

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Re: Vorstellung
« Antwort #4 am: 01 August 2017, 06:38:07 »
Guten Morgen!

Zitat
Ich werde morgen meiner Mutter die Fakten nennen, das ist der erste Schritt und dieser ist fast der, der mir am meisten Angst macht. Denn meine Eltern sind die einzige Möglichkeit meine finanzielle Schieflage wieder in Ordnung zu bringen.

Nun, generell ist das erst mal nicht korrekt.
Wenn es darum geht, eine kurzzeitige Überbrückung zu bekommen ... ein zögerliches OK von mir.
Wenn es aber darum geht Deine Verbindlichkeiten komplett zu übernehmen, dann kann es nur ein "Nein" von mir geben.

Du bist die Person, die sich in diese "Schieflage" gebracht hat.
Also ist es auch Deine Verantwortung, dies wieder in Ordnung zu bringen.
Je nach Situation ist es eher angeraten eine Schuldnerberatung aufzusuchen.
So viel und so überzeugt Du momentan auch bist, "nie" mehr spielen zu wollen - wir reden hier über eine Krankheit, die uns unkontrollierbar macht in unseren Entscheidungen.
Wo Du Deinen Willen einsetzt um spielfrei zu bleiben, kann es durchaus sein, dass Du in Bälde den gleichen Willen einsetzt um zu spielen.
Du wärest erst einmal schön den Druck der finanziellen Belastungen los, weil Deine Eltern dir diese abnehmen.
Du wärest also fein raus und Deine Eltern hätten die Arschkarte gezogen, weil sie auf Deinen Schulden sitzen bleiben werden.

Geht es wie gesagt nur um eine kurzzeitige Überbrückung, dann geht dies auch nur über ein über einen längeren Zeitraum befristetes Geldmanagement.

Magst Du da nicht mal genauer drauf eingehen?
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
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Offline andreasg

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Re: Vorstellung
« Antwort #5 am: 01 August 2017, 08:19:32 »
Guten Morgen Dwail,

der Wunsch nach Spielabstinenz ist gegeben,  das "nie wieder" wird sich auf einen Tag konzentrieren lassen, für Heute.
Nichts anderes wirst  Du in Foren und Selbsthilfegruppen erfahren.

Wie kommst Du mit Deinem Studium vorran? Gibt's  eine Verbindung hier mit Deinem Hobby, oder sind das unterschiedliche Betätigungsfelder?

Bitte sei Dir bewusst, dsss Du nicht alle Probleme auf einmsl lösen kannst. Kann ich auch nicht, übe mich aber in meiner Selbsthilfegruppe darin.

schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

Re: Vorstellung
« Antwort #6 am: 01 August 2017, 09:03:12 »
Guten Morgen,

nein, nein, es geht nicht darum, dass sie meine Verbindlichkeiten übernehmen. Ich bin allerdings nicht mehr so Kreditwürdig. Also muss ich sie ins Boot holen irgendwie. Und überhaupt ich würde nie andere für meine Fehler bluten lassen. Wahrscheinlich muss ich sogar noch einen zweiten Job annehmen um die Raten  alle zahlen zu können. Klar kurzfristig brauch ich auch Geld.

Was mein Studium angeht ist auch so eine Sache. Meine Freundin ist ziemlich krank. Ihre Tochter hat ADHS, sie kommt kaum alleine zurecht. Was in der Vergangenheit oft dazu geführt hat, dass ich es ziemlich vernachlässigt habe. Ich wollte mal Pilot werden, was nicht geklappt hat. Ich studiere Wirtschaftswissenschaft, und wollte eigentlich mal Steuerberater werden. Was allerdings in anbetracht meiner momentanen Situation nicht wirklich mehr passt...

 

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