Guten Morgen Ela!
Nein, aus meiner Sicht bist Du absolut keine Ausnahme.
Ich denke, wir sollten uns das ganze einmal auf der Zeitschiene einer Spielerkarriere anschauen.
Das Spielen um einen Einsatz mit einer (auch nur Fast-)Gewinnerwartung schüttet in uns Endorphine aus.
Das Ganze "kann" durchaus auch bei irgendwelchen anderen einsatzlosen (Online-)Spielen in uns passieren, wenn z.B. Zeitbeschränkungen eingehalten werden müssen oder eine Jagt nach Punkterekorden, Abzeichen und dergleichen, stattfindet.
Welche Spielart dies bei einem auslöst ist absolut individuell.
Der eine mag Rollenspiele, der nächste mag Patiencen ... usw.
Selbst wenn Du bisher dazu keinen Bezug hattest, so könnte dies in Zukunft durchaus noch eintreffen.
Gerade die "Langeweile", wie Du sie schilderst, lässt uns gerne nach etwas suchen, bei dem wir entspannen aber auch angespannt gefordert werden wollen.
Zurück zur beginnenden Spielsucht ...
Am Anfang haben wir alle noch unsere Einsätze im Blick.
Überschaubar tätigen wir sie und machen nun eine wichtige Erfahrung bei einem Gewinn.
Wir fühlen uns toll! Wir sind die Helden! Wir sind etwas ganz Besonderes und eigentlich ja Seltenes: Glückspilze!
Weil wir uns im Gegensatz zu den negativen Erfahrungen die Positiven viel lieber und leichter merken können, verwahren wir uns diese Erinnerungen auf einem kleinen Podest in unserem Gehirn. (Stichwort hier: Hedonismus: Vermeidung von Schmerz und Maximierung der Lust)
Dort können wir sie jederzeit hell erleuchtet betrachten und den Staub darauf vollkommen unbemerkt abwischen.
Diese Erinnerungen sehen jederzeit wie Neu aus.
Sie stehen im "Licht" - während die Negativen im Schatten stehen.
Nun wollen wir diese Glücksmomente gerne wiederholen.
Nirgendwo sonst, so erscheint es, können wir sie sonst ausleben.
Also ändern wir unser alltägliches Verhalten.
Wir wenden uns mehr und mehr dem Spielen zu.
Wir spielen öfters ... wir spielen mit etwas höheren Einsätzen.
In Beidem steigern wir uns stetig ...
Denn ... wir gewöhnen uns langsam an die Dopaminausschüttung.
Obwohl die Menge sich steigert, empfinden wir die Auswirkung lediglich wie beim ersten Gewinn.
Ich bin überzeugt davon, dass jeder auf seine Art mitbekommt, wie er langsam den Rahmen des "Normalen" verlässt.
Sei es das Absagen von Verabredungen um stattdessen lieber zu spielen, sei es der Gedankenblitz an das Konto, welches nun auf einmal erstmalig in die Miesen wandert.
Tausende Möglichkeiten gibt es hier sicherlich ...
Doch sie lassen sich alle um einen Begriff platzieren - dem beginnenden Kontrollverlust.
Auch dieser ist eine Erfahrung.
Und da wir unsere inneren Grenzen immer nur ganz langsam verschieben - uns dabei selbst beginnen zu belügen und zu manipulieren - bleibt diese Erfahrung vom Grundsatz her eine Positive.
Denn ... "Et hät noch immer jood jejange ..." ... wie der Kölner gerne sagt ...
Wir beginnen uns hier ein wenig einzuschränken ... dann dort ... dann wird der Kauf neuer Klamotten vor sich her geschoben ... anstelle eines Rinderbratens gibt es eben nur ne Bockwurst ... usw.
All diese kleinen Konsequenzen tun nicht wirklich weh ... der Partner hilft mal aus oder die Familie.
Alleine nur in der Entwicklung bis hierher bleibt Eines bisher immer gleich:
Das Spielen mit Einsatz und Gewinnerwartung.
Einige weiten die Art des Glücksspiels aus - sie probieren es aus ... Pokern, Wetten ...
Auch Du hast sicherlich das Spielen ohne realen Einsatz schon ausprobiert, sonst könntest Du ja nicht behaupten, Du hättest ja keine Interesse daran.
Wir gewöhnen uns an die Situation ... wir gewöhnen uns unser Verhalten an.
Sicherlich bemerkst Du hier schon, wie ich immer wieder ausschweife und dabei gleichzeitig Vieles generalisiere.
Die Thematik als solche ist ungemein komplex durch die verschiedensten Lebenssituationen und den darin enthaltenen Individuen.
Erneut zurück zum Thema.
Ab einem gewissen Punkt wird das gesetzliche Zahlungsmittel zum Suchtmittel.
Der Stellenwert des Geldes ändert sich also radikal - der Bezug geht verloren.
Die ursprünglichen Erfahrungen eines Gewinnes durch das Spiel werden nun verstärkt durch den Wunsch die finanziellen Belastungen durch das Spielen, am Besten auf einen Schlag, durch einen großen Gewinn zu kompensieren.
Gedanklich findet hier also als Rechtfertigung für sich selbst, das Chasen an.
Real allerdings wird selbst beim Auftreten einer solchen Situation weiter gespielt.
Vielleicht nicht sofort - aber auf lange Sicht wird der Gewinn wieder eingesetzt bis alles nur noch schlimmer ist als jemals zuvor.
Somit verlängerte der Gewinn lediglich die Zeit zum Spielen.
Mir selbst war dies damals recht schnell bewusst. Es war mir aber auch egal.
Ich brauchte keine Rechtfertigung für mein Spielen - ich wollte einfach spielen.
Im Spiel nämlich konnte ich allen Druck von mir fallen lassen.
Der Automat stellte keine Erwartungen an mich - er war einfach da ... fast schon ein Freund ...
Er lenkte mich ab von meinem fehlenden Selbstwert - vor der Konfrontation mit mir selbst.
Er vertrieb mir die Zeit.
Ansonsten gehts mir "langweilig". Ich bin sicher, ohne K9 hätt ich keine 3 Tage ausgehalten. Und die Hemmschwelle ... mir einen neuen Laptop/Tablet zuzulegen ist zu groß. Das kommt nicht in Frage. Daher denke ich, es wird so weiter gehen. Ich werde nicht spielen. Wenn ich mir aber vorstelle, ich bekäme plötzlich einen Laptop geschenkt ... weiß ich genau, es würde keine halbe Stunde dauern. Was für ein Scheiss ....
Ich glaube, Du unterschätzt Dich da gewaltig ...

Du hast eine riesige innere Hürde aufgebaut, um Dich zu schützen: keinen Laptop kaufen.
Wenn Du jetzt einen Laptop geschenkt bekämest, dann würdest Du eine ähnliche Entscheidung treffen: Du würdest die Annahme dankend ablehnen!
Ich glaube nämlich, dass es Dir trotz "Langeweile" langsam aber sicher besser ohne Spielen geht, als mit.
Diese Erfahrung wolltest Du sicherlich nicht zunichte machen ...
So ... ich hoffe, ich konnte Dir Deine Fragen aus meiner persönlichen Sicht ein wenig beantworten.