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Meine Geschichte

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Meine Geschichte
« am: 18 November 2013, 16:48:35 »
Hallo zusammen,

ich bin die Brunhilde und 30 Jahre alt. Ich spiele mehr oder weniger seit etwa 8 Jahren.
Seit etwa 3 Jahren habe ich regelmäßig gespielt, seit ca.1 1/2 Jahren so gut wie täglich.
Wenn Geld vorhanden war hab ich es auch verspielt,nicht immer bis alles weg war, aber fast immer.
Hatte ich etwas gewonnen, habe ich es auch meist wieder komplett verzockt, manchmal nichtmal
mehr rausgelassen. Ich wurde zum absoluten Stammgast Nummer 1. Nicht nur die Besuche wurden
immer mehr auch die Einsätze höher- soviel wie eben geht. Ich saß dort bis die Spielhölle zugemacht hat und das jeden Tag, jede frei verfügbare Minute. Es weiss so gut wie niemand, mit einer einzigen Ausnahme jemand aus meiner Familie, das ich spielsüchtig bin. Ich bin zum Glück niemals kriminell dafür geworden und habe auch keine großen Schulden deshalb gemacht. Ich habe immer gut verdient und bis auf wenige Dinge auch meine Rechnungen bezahlt. Hatte eben immer nur das Problem, wie kaufe ich noch etwas ein? Also wieder Geld geliehen- mit fadenscheinigen Ausreden, warum ich jetzt schon wieder blank bin. Da ich dieses aber wieder zurückgab roch auch hier niemand so wirklich den Braten. Mit mir hat das Spielen vieles angestellt, ich bin sehr aggressiv und egoistisch geworden (war früher seeehr großzügig). Ich habe graue Haare bekommen (ich bin überzeugt, dass sie vom Spielen kommen), hatte viel Haarausfall, litt unter Schlafstörungen und laufend verabschiedete sich bei mir mal wieder ein stückchen Zahn. Ich habe mich mein Umfeld bewusst durch grobe Worte von mir ferngehalten um wieder in Ruhe spielen zu können.  :(  Ich habe letzte Woche ( Freitag) beschlossen, mir mein Leben nicht weiter von diesen Drecksbuden kaputt machen zu lassen!!! Sie gehören verboten! Seitdem war ich nicht mehr dort, ich spüre das Gefühl hingehen zu wollen...ich lenke mich ab. Ich frage mich, habe ich dies Gefühl, weil ich es nicht genug will? Ist es normal? Es ist wie beim Zigaretten rauchen, du willst aufhören, doch dann kommt dieses "ich muss jetzt rauchen"...man macht sich damit selbst so verrückt, das man es wieder tut. Ein anderer Spieler sagte mir letztens " jeder sagt, er will aufhören, aber jeder Spieler will auch einfach weiterspielen"...das kommt schon irgendwie hin. Man tut es, um nicht mehr mit dem schlechten Gefühl leben zu müssen, weil es einfach alles zerstört.. Zur Zeit bin ich ziemlich ratlos, ob ich auf einem guten Weg bin oder mir nur etwas vormache? Könnt ihr meine Situation ein bisschen einschätzen?

Viele liebe Grüße

*

Offline Olli

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Re: Meine Geschichte
« Antwort #1 am: 18 November 2013, 20:12:38 »
Hi Brunhilde!

Herzlich willkommen!

Einen schönen selbstkritischen Beitrag hast Du da geschrieben.
Dein Entschluss nicht mehr zu spielen kann m.E. nur funktionieren, wenn Du diese Einstellung beibehälst.

Wie du aber selber gemerkt hast, brauchst Du auch ein wenig Input von aussen - schließlich hast Du Dich ja hier angemeldet und gepostet.

Diesen Input bekommst Du in etwas komprimierter Form auch in einer SHG.

Ich lege Dir also nahe, Dir unbedingt eine zu suchen.

Garantien für ein spielfreies Leben gibt es nicht. Rein theoretisch kannst Du jederzeit mit der selben Entschlusskraft wie beim Wunsch auf Abstinenz Dir sagen - Heute gehe ich spielen.

Darf ich fragen, wer die Person aus Deiner Familie ist, die bescheid weiss, und warum die Anderen es nicht wissen?

Agressivität ist ein typischer Abwehrmechanismus - doch der wird hinfällig, wenn alle - oder diejenigen, die sich um die Wahrheit bemüht haben - genau die über Dich wissen.
Wenn es einmal raus ist, kannst Du wieder die liebenswürdige Seite von Dir herauslassen  ;D

Das Gefühl spielen zu müssen ist vollkommen normal.
Die Lösung hier ist ganz einfach neben den oben genannten Medikamenten:
Du darfst lernen, sie auszuhalten.
Doch sie werden weniger ...

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Meine Geschichte
« Antwort #2 am: 21 November 2013, 12:45:01 »
Hallo Olaf,


danke, für deine Antwort.
Niemand ausser meinem Mann weiss darüber bescheid, da dieser selbst spielsüchtig war oder sagt man ist? Das ist man ja ein Leben lang oder!? Ansonsten weiss es keiner, ich könnte die enttäuschten Gesichter nicht ertragen. Es kam in unserer Familie schon einmal vor, dass einer gezockt hat und alle mussten darunter leiden, wenn sie jetzt darum wüssten käme alles wieder hoch. Mag sein, das ich vlt. auch einfach nur zu feige bin, es ihnen zu sagen und mich hinter dieser o.g. Ausrede verstecke. Im Moment weiss ich gar nicht, was ich überhaupt noch weiss oder nur zu wissen glaube. Bis jetzt habe ich durchgehalten und der Drang ist zumindest heute nicht da. Ich weiss nicht, wie es wird wenn wieder Geld auf mein Konto kommt, das sind ja immer die Zeiten, in denen man am intensivsten spielt. "Heute kommt Kohle, alles abheben und ab geht´s"...so war das jedenfalls bei mir immer. Ich werde schauen, dass ich gar nicht zur Bank gehe und beim Einkaufen, Tanken ect. mit der EC- Karte bezahle. So hab ich kein Bargeld dabei und kann mich nicht wieder selbst nötigen es auszugeben. Ich habe jetzt angefangen Dinge mit meiner Familie zu planen und unternehme wieder viel mehr mit meinen Hunden. Vorher ging man schnell die Runden ab- "super jetzt bin ich ne Stunde gelaufen und kann zum Automat"... Es geht mir auch schon besser, ich bin wieder etwas in der Lage die Dinge zu sehen, die wichtig sind. Nicht wie sonst immer durch den Wald laufend und dabei 3 Bücher summend. :o  Die Sache mit der Selbsthilfegruppe finde ich (zumindest momentan) nicht so berauschend. Ich möchte mich nur ungerne dorthin begeben, warum das so ist- keine Ahnung. Ich sträube mich schon immer gegen Hilfe, möchte alles selbst machen... Reden ist auch so eine Sache bei mir, die ich ungern mache. Schreiben fällt mir viel,viel leichter. Ich denke, ich werde damit warten, wenn ich merke, das ich es nicht schaffe, werde ich aber hingehen. Danke nochmal für deine Antwort.
Grüße :)

*

Offline Olli

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Re: Meine Geschichte
« Antwort #3 am: 21 November 2013, 14:20:08 »
Hi Brunhilde!

Ich drücke mich auch lieber schriftlich aus.
Da kann ich schreiben - nachlesen - korrigieren - einen verlorenen Faden wieder aufnehmen ...

Dennoch - ich glaube nicht, dass ich in meiner Anfangszeit der Abstinenz ohne SHG ausgehalten hätte.

Na sicher ist eine SHG etwas vollkommen Neues.
Du erwartest, dass Du dort über Dich berichten musst - persönliche/intime Dinge zunächst einmal in Worte packen und sie dort vor versammelter Mannschaft vortragen musst.

Nun, die Welt der SHGs, wie ich sie kenne, sieht etwas anders aus.

Dort sitzen Menschen, die allesamt süchtig sind. Hier und da kommen auch Angehörige hinzu.
Sie verbindet der Wunsch, ein zufriedenes Leben ohne Suchtausübung zu genießen.
Jeder trägt seine eigenen Scheuklappen, die ihm in seinem Leben gewachsen sind.
Jeder versucht sie sich zu lockern und schaut dabei zu, wie die Anderen daran arbeiten.
Es werden also Erfahrungen ausgetauscht. Der Eine hat da eher gar kein Problem damit, sich der Gruppe gegenüber zu offenbaren - der Andere aber schon - er ist jedoch nicht gezwungen etwas zu sagen - es reicht da vollkommen einfach nur zuzuhören.

Jedes gesprochene Wort verlässt nicht den Raum.

Bei den GA wird auch nicht gewertet oder kommentiert.
Jeder berichtet nur von sich und nimmt von den anderen mit, was er gebrauchen kann.

Deine Ängste sind also vollkommen normal - aber unbegründet.
Überlege es Dir also noch mal bitte ...
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

 

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