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Der erste Schritt zur Therapie

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Der erste Schritt zur Therapie
« am: 29 Januar 2011, 13:56:30 »
Hallo zusammen,

mein Freund hat sich jetzt endlich entschieden eine stationäre Therapie zu machen. Er hat morgen seinen zweiten Termin bei der Suchtberatung. Zusammen soll der Antrag auf medizinische Rehabilitation ausgefüllt werden. Nun muss er einen Suchtbericht schreiben. Wir haben zwar ein paar Stichpunkte bekommen, an die wir uns halten können. Soll er nun in diesem Bericht sein ganzen Leben erzählen, oder nur wann er das erstemal spielen war??? Ich denke allerdings es hat in seiner Kindheit schon den Auslöser gegeben, da er ein sehr verrüttetes Elternhaus hatte. Ich denke mir, das er sein ganze Leben unter Berücksichtigung der Sucht schreiben soll. Lieg ich da richtig? Hat schon jemand Erfahrungen damit gesammelt???

LG

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Offline Chris

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Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #1 am: 29 Januar 2011, 15:19:35 »
Hi Sabbi,

einen Suchtbericht schreiben ???...doofguck...äähhh...also ich mußte sowas nicht machen.
Schreibt nicht der Therapeut einen Bericht/Empfehlung oder sowas ?...Ilona ??  Ilonaaa ?

Ich denke, spätestens Montag wirst Du eine passende Antwort hier vorfinden, Sabbi.


Gruß

Chris
Ist wie immer, nur meine ganz private Meinung....

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Offline Ilona

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Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #2 am: 30 Januar 2011, 10:26:41 »
Hi Sabbi,
hi Chris,

zur Beantragung einer ambulanten oder stationären Rehabilitation bzw. Therapie muss eine Menge Papierkram erledigt werden. Der Kostenträger -in der Regel die Rentenversicherung (RV)- prüft den Antrag gründlich. Die Behandlung kostet schließlich richtig viel Geld. Und da es sich um unser aller Rentenbeiträge handelt, ist diese Prüfung ja auch richtig.
Die Beratungsstelle koordiniert die Beantragung, sammelt alles ein und reicht es bei der RV ein. Die Beratungsstelle selbst schreibt einen Sozialbericht. Dieser Sozialbericht ist sehr umfangreich und wird in der Regel mit dem Klientengemeinsam erstellt . Zur Vorbereitung bitten die Beratungsstellen den Klienten häufig eine Lebensgeschichte zu schreiben, in der die Suchtentwicklung eingebettet ist. Dazu gehört z.B. auch, dass man mal in der Familie erforscht, wer noch alles suchtkrank ist. Oder, dass man die ersten Kontakte mit dem "Suchtmittel" beschreibt und die Gefühle, die das ausgelöst hat. Dazu gehört auch eine Beschreibung der Familie aus der man kommt, welche Rolle man dort hatte etc.
Die "Anleitung" bzw. einige Stichworte, was der Bericht alles umfassen sollte, bekommt man in der Regel von dem Suchtberater, zu dem man geht. Wenn dein Freund also Fragen hierzu hat, sollte er dort kurz anrufen oder die offenen Fragen beim nächsten Gespräch klären. Er könnte auch jemanden aus seiner Selbsthilfegruppe fragen, die Frage in einem Forum wie diesem stellen, oder auch einfach schon mal anfangen zu schreiben. Viele kommen dann in einen Schreibfluss und es fällt ihnen ganz viel ein, was mit der Suchtentwicklung zu tun haben könnte.

Vielleicht merkst du es an dieser Stelle schon: Du übernimmst Dinge für deinen Freund, die er sehr gut allein erledigen könnte.  An solchen Kleinigkeiten wie diesen wird oft deutlich, wie sehr man als Angehöriger Verantwortung für das Leben seines Partners übernimmt. Es wäre konstruktiver, wenn ihr gemeinsam über diese Frage diskutieren würdet und er dann die erforderlichen Schritte unternimmt und nicht du. Das Ergebnis wäre auch, dass er an diesen Aufgaben wächst. Es ist natürlich herrlich bequem, wenn ich meine Umgebung dazu bewegen kann, meine Aufgaben für mich zu erledigen. Andererseits macht es mich auch klein und abhängig. Wenn ich dagegen selbst was erledigt habe, gibt mir das auch ein gutes Gefühl. Wenn die Aufgabe schwierig war, wachse ich auch daran.
Oder? Was sagen die erfahrenen Jungs dazu?


Liebe Grüße in die Runde

Ilona


P.S. Beinahe hätte ich es vergessen. Sabbi, ich würde dir empfehlen unbedingt mit zur Beratung zu gehen und nach Möglichkeit auch eine Selbsthilfegruppe für Angehörige aufzusuchen. Das tut gut und der Alltag ist voller solcher kleiner Fallstricke wie dieser. Und wie im richtigen Leben ist es auch hier so: Solche Beobachtungen macht man in der Regel nicht selbst. Dazu braucht man den "Spiegel" von anderen. Und die anderen brauchen deine Beobachtungen. Alles Gute!

Ilona

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Offline Claus

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Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #3 am: 30 Januar 2011, 19:56:22 »
Hallo Ilona, Hallo Sabbi,
es war die erste Hürde meiner Genesung einen Lebenslauf inklusive des Suchtverlaufs zu schreiben, ich habe dazu 4 Monate gebraucht.
Es hat mir im Nachhinenin bei meinen persönlichen Inventuren zwecks Selbstfindung einen unschätzbaren Dienst erwiesen, es war das erste Mal das ich wirklich über mich selbst Nachgedacht habe ganz ernsthaft.
gute 24 Stunden

"Wer kein Ziel hat,
dem stehen alle Wege offen!

Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #4 am: 31 Januar 2011, 08:54:17 »
Hallo zusammen,

oh man mein Freund saß gestern den ganzen Tag an dem Bericht. Ich selber hätte ja nicht gedacht, dass es so schwer ist, über sein Leben zuschreiben. Er hatte dann das, was er gestern aufgeschrieben hat heute zum Termin mitgenommen. Die Beraterin und er haben gemeinsam diesen Sozialbericht, oder wie es sich nennt, verfasst. Jetzt fehlt nur noch der ärztliche Bericht. Jetzt geht auffeinmal alles so schnell. Einerseits bin ich froh, dass er es endlich in angriff nimmt, weil unsere Beziehung sehr gelitten hat. Aber wenn ich dann lese, dass Claus vier Monate an dem Bericht saß, frag ich mich, ob mein Freund nicht einwenig lasch damit umgegangen ist?!?!

@ Ilona: Ja ich war mit bei der Beratung, und es tat gut, mal jemanden Fragen stellen zu können. Ich hab ihr auch gesagt, dass es mit wichtig ist, dass in der Klinik so Seminar für Angehörige angeboten werden.

Wie lange dauert es denn in der Regel, von Antragstellung bis zur Genehmigung durch die Rentenstelle???

LG

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Offline Ilona

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Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #5 am: 31 Januar 2011, 09:17:31 »
Hi Sabbi,

so zwischen drei und sechs Wochen. Dann dauert es aber noch mal bis ein Platz frei ist. Es gibt ein gutes Dutzend spezialisierter Kliniken, einigem haben Wartezeiten bis zu einem halben Jahr.
Die Zeit muss man dann zur Vorbereitung nutzen, d.h. Beratungsgespräche wahrnehmen, in die Selbsthilfegruppe gehen, schon mal neue Verhaltensweisen ausprobieren etc.

LG Ilona

Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #6 am: 31 Januar 2011, 09:41:24 »
Na gut mit das sind ja normale Wartezeiten. Die Suchtberaterin hat eine Klinik speziel für Spielsüchte rausgesucht. Die ist auch nicht ganz so weit weg von uns...
Ja das mit der Selbsthilfegruppe klinik gut, aber mein Freund ist als Kraftfahrer im Fernverkehr tätig.... Da ist es schon schwer überhaupt mal zum Arzt zukommen....

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Offline Ilona

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Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #7 am: 31 Januar 2011, 11:14:50 »
Es gibt bundesweit gaaaanz viele Selbsthilfegruppen. Adressen findet er unter www.gluecksspielsucht.de
Wie schützt er sich vor den Automaten in den Ratstätten und Autohöfen?
Ist er eigentlich selbst auch in einem Forum unterwegs?

LG Ilona

Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #8 am: 31 Januar 2011, 20:59:55 »
Danke für die Adresse, da werden wir mal gucken!!
Naja was heißt schützen... Er nimmt jede Woche einen gewissen Betrag an Bargeld mit, so dass es für Essen, Trinken und Zigaretten reicht und die EC-Karte ist in meiner Obhut...
Er selber ist in keinem Forum angemeldet.

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Offline Olli

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Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #9 am: 01 Februar 2011, 08:55:02 »
Hi!

Wieso nicht? Hast Du ihn mal gefragt?
Die Registrierung in dem Forum, in dem ich mich damals zuerst angemeldet habe, habe ich nicht einmal bereut.
Das Forum hat mir geholfen, meine Gedanken zu sortieren und zu fokussieren.
Die Gedanken in Worte zu fassen war ein langer Lernprozess ...

Den Beginn hat Dein Freund mit dem Bericht gemacht.
Auch wenn er "nur" einen kompletten Tag daran gesessen hat, so war es nicht nur eine halbe Stunde, ne Stunde oder zwei - es war ein kompletter Tag - er hat sich intensiv mit sich befasst.
Vielleicht - ohne die Beweggründe von Claus zu kennen - hat er dabei ein typisches Spielverhalte an den Tag gelegt - den übermäßigen Hang zum Perfektionismus !?!?

Dein Freund hat sich mit sich beschäftigt - das war ein hervorragender Anfang.
Es geht nicht darum, WIE er es macht, sondern DASS er es macht - und das nicht als lästige Pflicht, sondern freiwillig.

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #10 am: 01 Februar 2011, 17:00:58 »
Sei zufrieden das es jetzt so weit istund er nun einen Schritt wagt. Es ist ei langer Prozess noch. Ich rede aus Erfahrung, bei uns sind es jetzt 1 Jahr und zwei Monate her. Denke nicht das alles so glatt geht, dort ist er erstmal Eingeschlossen und kann nicht raus, wenn nur in Begleitung. Geld brauchen sie auch nicht viel, Zigaretten habe ich ihn mitgegeben er hat ja den ein Patientenkonto und da kann man ja immer Geld einzahlen. Du wirst erstmal sehen wie schön es ist, wenn man sich eine weile nicht sieht.Für dich wird es auch eine Erholung sein und nutze diese gut aus. Weil du dannn auch merkst was alles dir entgangen ist in deinen Leben. Es spielte sich nur viel um Seine Spielsucht ab. Das war doch fast nur noch, kein Geld und all diese Probleme. Macht diesen Schritt wenn er es selbst möchte, holt euch auch bei der Suchtberatung die haben uns sehr gut geholfen.     

Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #11 am: 01 Februar 2011, 17:56:24 »
Ich habe ihm auch gesagt, mach diese Therapie nur, wenn du sie selber willst. Es bringt ja nichts, wenn er es für mich macht. Ich bin froh, dass er die Therapie macht, aber ich denke auch, dass es noch ein langer und schwerer Weg wird. Aber ich hoffe wir schaffen das.

Ich das mit diesem Patientenkonto generell so??? Hab auch schon überlegt, wie wir das machen... Weil eigentlich braucht man da ja nicht so viel Geld, halt für Zigaretten und so...

Ist das dann eigentlich auch so mit dieser Kontaktsperre die erste Zeit??? Und wenn ja, wie lange???

LG

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Offline Ilona

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Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #12 am: 01 Februar 2011, 18:54:57 »
Hi Sabbi,

viele Kliniken machen es so, dass die Patienten in den ersten Wochen nicht allein rausgehen dürfen. Eine generelle Kontaktsperre gibt bzw. gab es eher selten.

LG Ilona

Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #13 am: 01 Februar 2011, 19:02:09 »
Also ich kenne es von einer Suchtklink allerding bei Alkoholsüchtigen.

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Offline andreasg

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Re: Der erste Schritt zur Therapie
« Antwort #14 am: 05 Februar 2011, 00:37:25 »
Eine Kontaktsperre erfüllt den Sinn, daß der Patient sich in den ca. ersten beiden Wochen der Therapie sich von seinen sorgenden Patienten befreit und damit auch von seinem sicheren Umfeld. "..wenn mir mein Suchtmittel genommen ist, was bleibt mir dann?" Also nicht mal Gedanken um die ollen Zigaretten machen, nur dahin wollen!
Was ich nicht verstehe: Wiese mit REHA - Antrag des Rententrägers. Ist Spielsucht keine Erkrankung die eine Akut-Einweisung eines behandendes Psychiaters (mit rosa Überweisungsschein) in eine Psychosomatische Klinik rechtfertigt. Mit meinem Burn-Out habe ich im Dez. 2008 eine solche Überwweisung erhalten.
Schöne 24 Stunden
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

 

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