Der Fachbeirat Glücksspielsucht hat heute zeitgleich ebenfalls eine PM zum Vorschlag der Duldung illegaler Anbieter veröffentlicht.
Pressemitteilung des Fachbeirat Glücksspielsucht nach § 10 Abs. 1 Satz 2 GlüStV - eine unabhängige Einrichtung zur Beratung der Länder - Expertengruppe lehnt Duldung illegaler Online-Glücksspiele in Deutschland entschieden abWiesbaden, 19.06.2020: Der Fachbeirat Glücksspielsucht, ein siebenköpfiges Expertengremium, das die Bundesländer bei der Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrags berät, lehnt den Vorschlag der Länder Hessen und Sachsen, illegale Online-Casinos auf dem deutschen Markt nicht mehr länger zu verfolgen, entschieden ab. Wie am 16. Juni 2020 auf tagesschau.de (
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/gluecksspiele-bundeslaender-103.html) gemeldet, setzt sich das Hessische Innenministerium im Hinblick auf den neuen Glücksspielstaatsvertrag, der im Juli 2021 in Kraft treten soll, für eine Duldung dieser Angebote ein.
Nach aktueller, höchstrichterlich bestätigter Rechtslage sind Online-Glücksspiele wie Online-Casinos, Online-Poker oder Online-Automatenspiele in Deutschland verboten. Ausnahmen gibt es lediglich in Schleswig-Holstein. Trotz dieses Verbots agieren viele Glücksspielanbieter aus dem Ausland mit deutschsprachigen Webseiten relativ ungehindert auf dem deutschen Markt. Der Fachbeirat Glücksspielsucht hält es für vollkommen falsch, die illegal agierenden Glücksspielanbieter mittels einer Duldung zu tolerieren und quasi über Nacht sogar zu legalisieren. Viele Glücksspielanbieter, darunter übrigens namhafte Anbieter wie Tipico, bwin oder bet-at-home, bieten seit Jahren illegales Glücksspiel in Deutschland an. Diese Angebote quasi durch die Hintertür zu legalisieren, wäre auch eine Verhöhnung aller Glücksspielanbieter, die sich in den letzten Jahren an geltendes deutsches Recht gehalten haben. Strafbares Handeln schafft hier einen Wettbewerbsvorteil, das ist ein Umstand, der aus rechtlicher und gesundheitswissenschaftlicher Sicht nicht zu tolerieren ist. Nach dem Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags, der sich aktuell im Notifizierungsverfahren bei der EU befindet, soll der Markt für bestimmte Online-Glücksspiele ab Juli 2021 geöffnet werden. Bis dahin gilt allerdings noch bestehendes Recht und somit ein Verbot. „Das ist in etwa so, als würden Sie innerhalb einer geschlossenen Ortschaft mit 100 fahren und nicht dafür belangt werden, weil 500 Meter später ja sowieso 100 km/h gelten“, meint Konrad Landgraf.
Tobias Hayer sieht in einer Duldung der illegalen Angebote darüber hinaus eine große Gefahr für die Nutzer dieser Angebote, denn: „Diese Glücksspielangebote bieten keinen Spieler- und Jugendschutz. So kann man sich beispielsweise ohne einen sicheren Nachweis des Alters bei vielen der Glücksspielanbieter anmelden und um Geld spielen. Damit wäre es Minderjährigen ohne Probleme möglich, an Glücksspielen teilzunehmen.“ Unabhängig von den Lücken im Spieler- und Jugendschutz bergen die betreffenden Online-Glücksspiele durch ihre schnelle Spielge-schwindigkeit in Verbindung mit der hohen Verfügbarkeit ein sehr hohes Suchtpotenzial. Zusätzlich verstärkt wird die Problematik durch die exzessive Werbung für Online-Glücksspiele.Aus den genannten Gründen lehnt der Fachbeirat die Duldung illegaler Glücksspielanbieter kategorisch ab. Vielmehr fordert er, diejenigen Unternehmen, die aktuell illegales Glücksspiel in Deutschland anbieten, von der Lizenzvergabe 2021 auszuschließen. Die Möglichkeit, eine Lizenz erwerben zu können, sollten nur Glücksspielanbieter erhalten, die sich mindestens zwei Jahre an die in Deutschland geltende Rechtslage gehalten haben.
Für die Mitglieder des Fachbeirats Glücksspielsucht
PD Dr. Hans-Jürgen Rumpf, Vorsitzender des Fachbeirats Glücksspielsucht
Kontakte:
Konrad Landgraf, Geschäftsführer der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern, konrad.landgraf@lsgbayern.de
Dr. Tobias Hayer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bremen, tobha@uni-bremen.de
PD Dr. Hans-Jürgen Rumpf, Forschungsgruppenleiter Sucht an der Universität zu Lübeck, hans-juergen.rumpf@uksh.de
https://www.lsgbayern.de/fileadmin/user_upload/lsg/News/200619_Pressemitteilung_Fachbeirat_Gl%C3%BCcksspielsucht_Duldung.pdf?fbclid=IwAR3ORCViewhC1AV22kgT6rbbGWLI3BpEULTpMYL4YF6mPd8xrXs1ASCdcvs https://innen.hessen.de/buerger-staat/gemeinsame-geschaeftsstelle-gluecksspiel/fachbeirat