Meine Geschichte
Ich bin 1962 in Bremen geboren. Mein ersten Kontakt zu Geldspiele hatte ich zwischen 10-14 Jahren, genau weiß ich das gar nicht mehr. Ich spielte mit meinem Bruder und meinem Vater Skat um Pfennige. Meisten war ich derjenige, der gewann. Von dem gewonnen Geld, kaufte ich mir meist Süßigkeiten. Von meinen Eltern bekam ich sehr selten Süßigkeiten, die wurden im Wohnzimmerschrank eingeschlossen.
Mein Vater war ein sehr unangenehmer Mensch. Die komplette Verwandtschaft hat er mit seiner Art verscheut. Er trank täglich Bier und war ziemlich Gewalttätig. Ständig gab es zwischen meinen Eltern Streitereien, entweder wegen zu wenig Geld oder wegen Eifersucht von meiner Mutter. Komischerweise war mein Gefühl zu meinem Vater anders wenn wir spielten.
Am liebsten wäre ich von zuhause abgehauen oder ins Heim gegangen. Es ging nicht, ich hatte Angst um meine Mutter. Mein größter Wunsch war, dass meine Mutter sich von diesem Mann getrennt hätte. Aber auch Sie hatte Angst, Angst davor dass sie keinen neuen Mann mehr findet.
Mit etwa 14 lernte ich eine Familie kennen, wo ich von geträumt hatte. Dort gab es Liebe, und keine Gewalt oder Verbote. Leider wurde auch dort viel gespielt. Dort haben wir nächtelang gekniffelt um Geld. Ich war dort bis zu meinen ca. 17 Lebensjahren fast täglich. Dort durfte jeder Zeit wenn man Hunger hatte gegessen werden. So etwas kannte ich von zuhause nicht.
Dann musste ich zur Bundeswehr. Dort wurde viel getrunken und Karten um Geld gespielt. Auf die Sauferei hatte ich kein Bock, aber ich habe mitgemacht um nicht als Schwächling dazustehen. Durch das Karten spielen gewann ich oft Geld, so das ich mit dem Wehrsold und das gewonnene Geld gut klar kam.
Zum Ende der Bundeswehr schrieb ich eine Bewerbung an Daimler Benz. Ich rechnete nie mit einer zusage. Gleich nach der Bundeswehr bekam ich eine Einladung, ein Vorstellungsgespräch. Das war für mich wie ein Traum, bei der Bundeswehr bekam ich 230,- DM im Monat, und bei Daimler das zehnfache. Mit dem Vertrag in der Tasche suchte ich mir sofort ein Zimmer. Auch das klappte innerhalb kürzester Zeit. Soviel Glück konnte ich gar nicht fassen.
Mit dem ersten Gehalt kam mein erster gang in die Spielhalle. Auch dort nur am an fang gewonnen. Ich fing an von einem Häuschen zu träumen, ich schaute mir sogar welche an. Ich machte Termine bei Banken, alles sah perfekt aus.
Dann fing die Zeit an, wo ich immer öfters verlor. Ich fing an mein Konto zu überziehen. Als das nicht mehr ging, nahm ich den ersten Kredit auf. Es folgte nach kurzer Zeit ein zweiter. Ich kaufte mir so gut wie nichts davon, das ganze Geld landete im Automaten.
Ich stürzte immer weiter Bergab, ich verlor die Arbeit, da ich zu oft Krankgeschrieben war.
Freunde wendeten sich immer mehr ab, weil ich total unzuverlässig war. Ich belog sie und leide mir Geld, das ich aber meist nicht zurückzahlen konnte.
Anfang der 90ger lernte ich dann eine 10 Jahre ältere Frau kennen. Ich verheimlichte ihr solange ich konnte meine Spielerei. Ich belog sie wo ich nur konnte, entweder bekam ich kein Geld vom Arbeitgeber oder später auch keins vom Amt. In der ersten Zeit hat sie mir alles abgenommen. Irgendwann brach mein Lügengerüst zusammen, ich erzählte ihr alles. Sie wollte mir helfen. Ich nutzte diese Hilfe schamlos aus. Ich fing an auch ihr Geld zu verspielen. Die Person hat mich nicht interessiert, ich hatte nur ein Auge für das Spielen. Ich war besessen von der Spielerei, Gefühle für andere Menschen, waren nicht da.
1996 versprach ich ihr eine Therapie zu machen. Drei Monate dauerte diese Therapie, aber ich habe dort so viel verheimlicht und gelogen. Kurze Zeit nach der Therapie ging ich ein paar mal in die SHG und das war es dann auch. Ich war noch nicht bereit mit dem spielen aufzuhören. Meine Freundin glaube lange Zeit ich wäre Spielfrei. Bis sie an einem Tag hinter mir in einer Spielhalle stand. Als ich sie sah, verschlug es mir die Sprache. Ich hatte mich so erschrocken, ich war innerhalb von Sekunden Klitsche Nass. Ich sagte sie solle gehen, ich komme später nach. Sie verließ mit Tränen in den Augen die Halle, das ließ mich kalt. Ich blieb bis das Geld alle war.
Zuhause fing ich dann an zu jammern. Ich versprach ihr zum was weiß ich wievielten male das ich aufhören werde. Ich schaffte es nicht, somit ging ich zum zweiten Mal in eine Klinik. Die zweite Therapie ging 6 Monate, danach ging ich etwa 3 Monate in die Gruppe und war Spielfrei. Dann fing die Lügerei wieder an, ich erzählte ihr ich war in der Gruppe, obwohl ich nicht war. Später sagte ich dann ich brauche keine Gruppe mehr, das sind eh alles verrückte…..usw. Ich wollte nur eines, weiterspielen. 8 Jahre hat diese Frau das Theater mit mir mitgemacht. 1999 hat sie mich endgültig verlassen. Ich wollte es am an fang nicht glauben, ich war mir Sicher ich bekomme sie wieder rum. Gott sei dank hat es nicht geklappt!
Ich hatte niemand mehr, außer die Spielerei. Ich ging weiter spielen, ich verspielte Miete, Strom, Telefon….etc. Im Januar 2000 ging ich als Frack in die Klinik, ich war auf etwa 45 Kilo runter gehungert.
In 6 Monaten wurde ich dort wieder aufgebaut und betreut. Mir war klar, die 6 Monate reichen bei mir nicht. Ich ging im Anschluss 4 Jahre in ambulanter Therapie.
Ich habe zwar seit 2000, 3 oder 4 Rückfälle gehabt, aber die haben mich nicht dran gehindert an mir weiter zuarbeiten.
Jetzt an dieser Stelle kommt mir gerade ein Gedanke: „ Ich hätte schon Tod sein können“! Deswegen möchte ich mich hier bei allen Therapeuten die mir geholfen haben bedanken!!!!
Alles Liebe
Jürgen