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Sportwetten: Seit 7 Jahren süchtig

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Offline leo

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Re: Sportwetten: Seit 7 Jahren süchtig
« Antwort #15 am: 06 Februar 2012, 18:44:51 »
besonders viel kummer macht mir, dass ich es mir selbst nicht zutraue, voranzukommen und dass auch meine lieben (freundin, freunde, familie) nicht an mich glauben. meine freundin war, bevor wir uns kennengelernt haben, selbst abhängig (marihuana).
sie hat von heute auf morgen beschlossen, es sein zu lassen und hat erfolg damit.
das bewundere ich sehr.
ich schaffe es so einfach nicht, jedoch verlangen alle um mich herum, dass ich es doch einfach sein lassen soll...

und was noch schlimmer ist: ich bin nicht bereit aufzuhören, obwohl mir klar ist, dass ich alles zerstören werde.

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Offline Olli

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Re: Sportwetten: Seit 7 Jahren süchtig
« Antwort #16 am: 06 Februar 2012, 21:26:00 »
Hi Leo!

ich bin nicht bereit aufzuhören, obwohl mir klar ist, dass ich alles zerstören werde.

Das sind doch einmal ehrliche Worte ...
Was denkst Du, wie das bei mir war? Etwa anders?
Nööö ... habe erst mal über 20 Jährchen gespielt.
Das erste Mal aufgeflogen bin ich mit ca. 19.
Herrje ... Familienkrise ... alle wollten nur das Beste.
"Höre doch einfach auf" - "reine Kopfsache" - "reine Willensstärke" ...
Aber mal ehrlich ... diese eine Stunde Berieselung mit Fürsorge, Vorwürfen, Liebe und nicht entsprochenen Erwartungen meinerseits - dem miserablen Selbstwertgefühl, auf dem noch drauf getreten wurde ...
... all die Einschränkungen durch die Spielerei - den Bestrafungen, die folgten ...

... wog das alles die vielen vielen Stunden extremen Spielexzessen in denen ich mich sauwohl fühlte auf?
Was war mit all den Bekanntschaften? War die "gesellige" Zeit so verkehrt?
Waren diese Menschen denn auch so voller Fehler?

Wenn ich die schweren Zeiten überwand - konnten das meine Angehörigen nicht auch?

Nein - ich sage zwar immer, dass ich von heute auf morgen aufgehört habe - eigentlich ist es auch so - der Entschluss stand fest um ca. Mitternacht am 01.06.07.
Doch der Entschluss war kein Schnellschuss - er war gereift - über Jahre.

Ich habe 6 oder 7 Jahre vorher eine SHG aufgesucht.
Über Monate bin ich hingegangen - habe den Spielern zugehört und einmal im Monat den Angehörigen.
Ich formuliere immer: ich habe sie nicht verstanden.
Und es stimmt, denn ich wollte sie tief in mir drin nicht verstehen.
Im September war es wohl, da ging ich wieder in die Gruppe.
Und auf einmal verstand ich die Freunde, weil ich sie verstehen wollte.
Mein Gott war ich oft sprachlos, weil mir dinge berichtet wurden, die mich an mir selber schlagartig störten - weil ich erkannte, was an Schmerzen ich zugefügt hatte.
Das nicht nur bei den Angehörigen - auch an mir.

Doch damals habe ich den einfachen Weg gewählt ... ich habe "einfach" weiter gespielt.
Mir war bewusst, was ich tat - erkannte aber nicht das Ausmaß.

Würde ich mit meinem jetzigen Wissen in die Vergangenheit reisen können - ich würde mich nicht überzeugen können.
Ich war noch nicht bereit ...

Wenn ich damals die Worte gehört hätte: kapiere oder krepiere - ich glaube, ich hätte mit dem "Kapieren" nichts anfangen können ... und hätte das Andere gewählt.

Bleibe am Ball ... wenn es geht, ein wenig regelmäßiger ;-) ... denn mit jedem Erfahrungs"tropfen" wird Dein Aufhör"fass" voller - und irgendann läuft es über.

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

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Offline leo

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Re: Sportwetten: Seit 7 Jahren süchtig
« Antwort #17 am: 07 Februar 2012, 15:32:16 »
hi olaf,

von auffliegen kann bei mir nicht die rede sein. mir ist klar, dass man sich als spieler seine "lügen" zurechtbastelt - trotzdem gehe ich in meinem umfeld sehr offen mit dem problem um (nur in solchen momenten nicht, in denen ich das gefühl habe, andere zu sehr zu belasten.), d.h. eigentlich wissen alle bescheid.
zu dem eigentlich: sucht und ihre mechanismen sind gerade für außenstehende kaum nachvollziehbar. auch ich kann nicht "verstehen", wie man online poker, roulette, oder automaten spielen kann - mein sportwettenkram halte ich - jetzt muss ich gerade selbst über mich lachen :D - für eine realistischere möglichkeit zu gewinnen.

zurück zum ausgangspunkt: "eigentlich wissen alle bescheid"

das eigentlich bezieht sich darauf, dass sie alle es eben doch nicht wissen, weil sie die suchtmechanismen nicht verstehen wollen oder können. sie sind sehr besorgt und verzweifelt, der grundtenor ist jedoch: hör einfach auf, dann klappt es.

es ist kein vorwurf, denn ich ticke genauso: entweder ich höre jetzt sofort auf, oder "nie".

kurz gesagt: ich nehme mich aus der verantwortung für mein leben und mein umfeld will mir helfen, nimmt sich jedoch auch aus der verantwortung, indem sie es (genau wie ich) wegschieben und das problem kleiner machen, als es ist - daran bin ich z.t. selbst schuld, denn ich erzähle von meinen gefühlen, nur spüren tun sie meine gegenüber nur selten. sprich: ich schaffe es nicht, meine gefühle, die ich habe, zu teilen. ich teile sie lediglich mit, um anschließend mein gegenüber zu beruhigen. zum einen, weil ich spüre: sie können mir sowieso nicht helfen, zum anderen, weil ich sie nicht noch mehr belasten will.
nochmal: ich bin dankbar für meine freundin, meine familie und meine freunde. ihre erwartungen/wünsche hemmen mich. ich will ihren wunsch (der ja auch meiner ist) erfüllen. allerdings in "spielermanier": jetzt, sofort!!

weder ich, noch sie sind bereit, der wahrheit und den konsequenzen wirklich ins auge zu sehen und sie auf sich zu nehmen.
wobei der unterschied ist, dass mir zumindest vage klar ist, was auf mich zukommt und ich deshalb nicht bereit bin etwas. bei meinen lieben heißt es eher: geh am besten zum psychologen und "lass mal wegmachen".

ich muss zugeben, dass mir dieser schritt einerseits wegen meines berufs (beamter auf probe) schwerfällt, da ich nicht gefahr laufen will, eventuell nicht verbeamtet zu werden.
zum andern fällt es mir schwer, weil ich genau daran nicht glaube: warum sollte ich da hingehen, wenn ich meinen aufrichtigen willen nicht gefunden habe.

lg, leo


Re: Sportwetten: Seit 7 Jahren süchtig
« Antwort #18 am: 07 Februar 2012, 21:53:54 »
hey Leo,

Kann zwar nachvollziehen das du sorge hast deinen Job aufs spiel zu setzen,
aber was passiert wenn du nicht irgendwann für dich entscheidest mit dem
Spielen aufzuhören.Die ewigen Geldsorgen fressen einen sowieso irgenwann
mal auf.Die Sucht begleitet uns spieler ein Leben lang, aber mit jedem Tag wo man ihr strotzen kann gewinnt man ein bischen Stärke und selbstvertrauen wieder dazu
und das tut so richtig gut.Ich selbst muss mich jeden tag in meinen allerwertesten treten um mich nicht erneut zu verlieren das kostet sehr viel kraft aber jeder der wirklich will wird es schaffen.
Das viele mit der Spielsucht nichts anfangen können das kann ich auch bestätigen.
Ich selbst hätte vor einigen Jahren da auch nichts mit anfangen können.Mein
eigener Vater ist ebenfalls mindestens schon 25 Jahre Automatenspieler.Ich
habe ihm gegenüber kein Verständnis aufbringen können bis ich selbst süchtig wurde.
Nur der unterschied zwischen ihm und mir ist das er es nicht als Sucht sieht
er wird wohl immer weiterzocken.
Ich denke du weißt das du ein grosses Problem hast und du wirst es auch im Angriff nehmen wenn du so weit bist.Dafür wünsche ich dir ganz viel Mut.

LG Moni


Re: Sportwetten: Seit 7 Jahren süchtig
« Antwort #19 am: 21 Juni 2012, 12:11:12 »
Lieber Leo,liebe Forumgemeinde,


auch ich,29 Jahre alt, bin sportwettensüchtig. Und das seit ca. 10 Jahren. Deswegen suchte ich im letzten Jahr eine Suchtberatungsstelle auf, führte dort Gespräche, beantragte eine stationäre Reha über den Rententräger.
Im Januar diesen Jahres begann die Reha in der Klinik am Rosenberg in Daun (Rheinland-Pfalz,Vulkaneifel).Aus ursprünglich geplanten 8 Wochen wurden 13 Wochen.Anschließend beantragte ich eine Adaptionsphase (Unterbringung im Wohnheim,Therapeutengespräche,Praktikum),die insgesamt 12 Wochen dauert.Danach werde ich noch in ein Betreutes Wohnen gehen.

Zusätzlich zu meinem Spielsuchtproblem entwickelte sich ein starker Konsum von Cannabis,der zu einer leichten Sozialphobie führte.Dadurch habe ich meine beruflichen Ziele (zweimal ein Studium abgebrochen,arbeitslos,trotz zwei abgeschlossener Berufsausbildungen nur als Helfer gearbeitet) aus den Augen verloren.

Ich habe zum Schluss hauptsächlich bei betfair gespielt,ausschließlich Fussball,Einzelwetten Dreiweg,Langzeitwetten,Torschützen,Gelbe Karte.Die geistige Beschäftigung war die größte Belastung.Welcher Bookie hat die höchste Quote,wie verlaufen Quoten an der Wettbörse,das zwanghafte Auswendiglernen der Spielansetzungen aus der 1.,2. und 3.Liga in Deutschland,das Lesen des Kickers am Montag und Donnerstag und das Verfolgen der Spielergebnisse.Bei mir war es ähnlich - eine Zeit lang unter Kontrolle mit kleinen Gewinnen,dann wieder der Einbruch mit zwanghaftem GEWINNEN MÜSSEN,große Einsätze (bis 500 €)Verluste hinterher jagen usw....

Es ist verdammt SCHWER, GERADE JETZT BEI DER EM, sauber zu bleiben.Ich hatte auch wieder kleinere Rückfälle,bin aber im Netz und bei ODDSET jetzt gesperrt.Ich suche noch eine SELBSTHILFEGRUPPE INTERNETSPORTWETTEN, da ich mich nicht mit den Automatenspielern vergleichen kann.Wir springen auf andere REIZE an - Fussballaffinität,hier lauern die Gefahren.

Ich empfehle jeden den obigen Weg über eine Reha zu gehen.Man kehrt in sich,gewinnt Abstand von zu Hause (ich war 700km von zu Hause weg,musste meiner Mutter nach 7 Wochen alles beichten)und entwickelt endlich wieder ein Selbstwertgefühl.Wir sind krank bis zum Lebensende,aber ich habe für mich endlich was getan in den letzten Monaten.
« Letzte Änderung: 21 Juni 2012, 12:19:03 von Robin »

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Offline Olli

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Re: Sportwetten: Seit 7 Jahren süchtig
« Antwort #20 am: 21 Juni 2012, 14:54:14 »
Hallo und willkommen mein Freund!

Wir springen auf andere REIZE an ...

Magst Du mir das bitte erklären?
Dein Cannabis-Konsum spricht dem doch entgegen?

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Sportwetten: Seit 7 Jahren süchtig
« Antwort #21 am: 23 Juni 2012, 09:01:49 »
Reize? Dass mich eine Spielo oder ein Casino nicht reizt.Schaue ich aber ein EM-Spiel sind meine Gedanken gleich bei den Quoten.Gestern:Ah,der Philipp Lahm zieht in die Mitte und knallt das Ding aus der Entfernung rein.Fuck sein Turniertor alle zwei Jahre-ich habs doch gewusst,so´n Mist,Quote liegen gelassen.Oder Spieler XY bekommt Gelb.Na klar,hat ja auf links das Duell mit Spieler AB.Verdammt,wieder nicht dabei.So läuft es in meinem Kopf.Der Spieldruck geht aber schnell wieder weg nach Abpfiff.Dann kommt die Erleicherung:Wieder sauber geblieben,hättest am Ende nicht viel rausbekommen,weil ich ja immer gestreut habe(mehrere Wetten).Als Sportwetter liegt man dem Irrtum des Kompetenzspiels auf.Automat-das ist doch ein reines Glücksspiel!Automatisierte Verarsche könnte man meinen.Roulette-ehrlich,aber auch nicht beeinflussbar.

PS:Mein Cannabiskonsum lasse ich außen vor,will nicht alles in einem Topf werfen.Die Denkweisen des Spielers,die den meisten hier bekannt sein müssten,will ich verdeutlichen.

Aber wenn ich beim Fussball Statistiken wälze,Meinungen lesen,Quotenverläufe beobachte,usw. uws.kann ich doch meine Gewinnchancen erhöhen.Außerdem habe ich über die lange Zeit ein sooo gutes Bauchgefühl entwickelt.Ich KANN ES EINFACH.Jetzt nach Mathematik beimischen.Und kontrolliert spielen,....

Doch hier ist der Punkt.Die Gier siegt immer wieder,geht es ein Jahr lang gut,ok,irgendwann geht es dir aber schlecht und du willst die DOSIS GLÜCK mit Gewalt haben.Und dein Erspartes schmilzt wie ein Eisberg in der Sonne dahin.Dann fängt wieder die Knauserei an.Sparen,Sparen,Sparen.Das ist auch immer noch ein Problem von mir.ICH HABE STARKE ÄNGSTE GELD AUSZUGEBEN, ES LOSZULASSEN, MIR WAS ZU KÖNNEN.Im Hinterkopf spuckt es immer noch:ICH HAB ES VERDIENT, DEN GROSSEN GEWINN!
« Letzte Änderung: 23 Juni 2012, 09:09:53 von Robin »

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Offline Olli

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Re: Sportwetten: Seit 7 Jahren süchtig
« Antwort #22 am: 23 Juni 2012, 15:43:14 »
Hi Robin!

Du bist auf dem Holzweg - und ich möchte es Dir gerne veranschaulichen.
Ich darf dazu Deine Worte zitieren und meine "Automatenspielergedanken und -erfahrungen" dazu anfügen.
Am Ende wirst Du sehen, dass es nicht auf Äußerlichkeiten ankommt, sondern auf das, was in uns Menschen vorgeht.

Dass mich eine Spielo oder ein Casino nicht reizt

Nun, mir erging es ähnlich. Ich war/bin abstinenter reiner Automatenspieler.
Es hat mich nie gereizt, ein Wettbüro aufzusuchen. Es hat mich nie gereizt, ein staatliches Casino aufzusuchen.
Als ich vor vielen Jahren mit einem Verein das Spielcasino in Monaco besucht habe, interessierte mich weder Roulette noch irgendwelche Kartentische - ja sogar die Automaten, die den heutigen ja sehr ähnelten, gefielen mir nicht.

Schaue ich aber ein EM-Spiel sind meine Gedanken gleich bei den Quoten. ...
Es gab Natürlich immer wieder Zeiten, wo ich nicht spielte aus diversen Gründen.
In der Kneipe beobachtete ich einen Bekannten, der am Automaten spielte.
Ich wusste, dass Stunden vor ihm jemand gespielt hatte, der ebenso nichts gewonnen hatte.
Nach dem Gesetz der wahrscheinlichkeit "musste" dieser Automat ja irgenwann schmeissen.
Und so warf der Bekannte Münze um Münze in den automaten.
In mir steigerte sich der Wunsch mitzuspielen - schmließlich stiegen die Chancen von Drehung zu Drehung.
Die Risikoleiter spulte ihr Programm ab. Macimal bis 2 oder 3 Spiele ließ er sich drücken - mehr Risiko führte zu "kein Gewinn".
Doch da - auf einmal - 2 - 5 - 10 - 20 - 50 - nur ein letzter Schritt noch - verloren.
Ein paar Minuten später die andere Seite ... wieder fehlte nur ein Schritt...
Ich überwand mich und fragte: Darf ich mitspielen? - Nein, habe schon zu viel investiert ...
Also fieberte ich weiter mit - und da - wie bedauerlich für mich - eine Stunde später kamen die Sonderspiele ... Hätte er mich doch mitmachen lassen ...

Fuck sein Turniertor alle zwei Jahre
Eine ähnliche Situation in einer Spielhalle. Es gab immer Automaten, die ich mochte und welche, die nicht.
Der Hauptgrund - an solchen Automaten hatte ich nie gewonnen - oder sie warfen im Vergleich zu anderen Automaten in den Sonderspielen schlecht.
Zwei Automaten waren frei - einer der "Guten" und einer der "Bösen".
Also warf ich Geld in den Ersten - haderte mit mir, ob ich den Zweiten auch bestücken sollte - ach was - hat ja gar keinen ...
Jemand kam meinem Entschluss zuvor und schnappte ihn mir weg.
Und Du glaubst es kaum - nicht lange danach schmiss das Ding, wie ich es nie zuvor gesehen hatte - Fuck - sowas passiert nur alle zwei Jahre ...

Der Spieldruck geht aber schnell wieder weg nach Abpfiff.
Anderer Tag - Freitag Mittag.
Bereits mehrere Wochen zuvor hatte ich mit einem Kollegen "nebenbei" gearbeitet.
Heute gab es Geld - irgendwann im Laufe des Vormittages wollte der Kollege vorbeischauen.
Bereits seit dem Wachwerden verspürte ich den Wunsch, dass ich magische kräfte hätte, um die Zeit vorstellen zu können.
Hier auf der Arbeit kroch jede Sekunde nur so vor sich hin.
Ich war angespannt - nervös - wurde von Minute zu Minute innerlich agressiver, weil mich der Kollege so lange warten ließ.
Freitags haben wir Mittags frei - és wurde 9 Uhr - 10 - halb elf - viertel vor elf - soll ich ihn anrufen? - ein anderer Kollege rauschte geräschgewaltig durch die Zwischentür - ich schnauzte ihn an ...
Dann - halb 12 - kam der ersehnte Kollege. Mein Ärger war schlagartig weg.
Doch bevor er mir das Geld gab, wollte er unbedingt noch Smaltalk machen - ich hörte gar nicht richtig zu - hatte nur einen Gedanken - her mit dem Geld.
10 Minuten später hatte ich das Geld ... 1.000 DM ... bar auf die Hand - keiner aus meiner Familie ausser mir wusste davon.
20 vor 12 also - oh weia ... noch 20 Minuten, bis ich das Büro verlassen durfte.
Enthusiasmus überkam mich - Euphorie - wie lange hast Du nun schon nicht mehr spielen können - gleich ist es soweit ... gleich ... nur noch 19 Minuten ...
Ich war unkonzentriert - voller Verzückung - und irgendwie schaffte ich es Punkt 12 an der Stempeluhr zu stehen.
Ich rannte fast zm Auto - raste los. Keine Zwei Kilometer weg - die nächste Halle.
Auf einer langen Geraden kamen mir Autos entgegen.
Schaffe ich es bis zu dem Geschäft, bevor der PKW mich passiert?
Ich fuhr aber weder schneller, moch langsamer - ich spielte bereits - mit mir.
Nur nicht dran denken, was passiert, wenn ich erwischt würde ... also her mit der nächsten Zeit- und Raumüberbrückung - her mit dem nächsten entgegenkommenden PKW.
Endlich angekommen spielte ich so lange, bis ich wieder pleite war.
Als ich die Situation/Spielhalle verließ, da war der Spieldruck wie weggeblasen ...

Als Sportwetter liegt man dem Irrtum des Kompetenzspiels auf.Automat-das ist doch ein reines Glücksspiel!
Nun Robin, so ein Automat spult schlichtweg ein Programm ab - das ist Fakt.
Innerhalb einer Zeitspanne muss er gesetzlich vorgegeben eine Quote an Gewinnen erfüllen.
Der Automatenspieler glaubt aber nun, dass er die Perioden unterscheiden kann.
Er glaubt an die Kompetenz, dass Spiel darüber beeinflussen zu können.
Ein Rest "Glückspiel" gesteht er sich und dem Automaten aber auch ein.
Hätte der Passgebende gestern in den Boden getreten, anstelle des Balles - dann wäre das Tor auch nicht gefallen. Auch ein Sportwetter hat hier keinerlei Einfluss auf dei Ereignisse - auch er ist abhängig von äußeren Einflüssen.

PS:Mein Cannabiskonsum lasse ich außen vor,will nicht alles in einem Topf werfen.Die Denkweisen des Spielers,die den meisten hier bekannt sein müssten,will ich verdeutlichen.
Du machst Dir was vor ... ganz banal:
Wieso konsummierst Du Cannabis? - Weil Du Dich glücklich fühlen willst? weil Du dem Alltag entfliehen willst?
Wieso wettest Du - wieso richtest Du Dein Denken mehr und mehr nach den Sportwetten aus?
Weil Du Dich "fühlen" willst - Ärger? Freude? Bestätigung? ... Weill Du Dich nicht mit dem Alltag auseinandersetzen willst?

Aber wenn ich beim Fussball Statistiken wälze,Meinungen lesen,Quotenverläufe beobachte,usw. uws.kann ich doch meine Gewinnchancen erhöhen.Außerdem habe ich über die lange Zeit ein sooo gutes Bauchgefühl entwickelt.Ich KANN ES EINFACH.Jetzt nach Mathematik beimischen.Und kontrolliert spielen,....
Wieso bist Du doch gleich hier? #grins# Ansonsten - wie oben beschrieben - die gleiche Denkweise, wie bei uns Automatenspielern.

Doch hier ist der Punkt.Die Gier siegt immer wieder,geht es ein Jahr lang gut,ok,irgendwann geht es dir aber schlecht und du willst die DOSIS GLÜCK mit Gewalt haben.Und dein Erspartes schmilzt wie ein Eisberg in der Sonne dahin.

Von der Denkweise her unterscheiden wir uns auch hier keinen Deut.
Doch das alles ist ein Selbstbetrug - jedes Argument ist eine Lüge.
Wir wollen spielen und wir wollen wetten um der dabei entstehenden Ablenkung und unserer Gefühle wegen.

Sparen,Sparen,Sparen.Das ist auch immer noch ein Problem von mir.ICH HABE STARKE ÄNGSTE GELD AUSZUGEBEN, ES LOSZULASSEN, MIR WAS ZU KÖNNEN.Im Hinterkopf spuckt es immer noch:ICH HAB ES VERDIENT, DEN GROSSEN GEWINN!

Robin - wir zwei haben verlernt, dass Geld ein gesetzliches Zahlungsmittel ist.
Für Dich ist es und für mich war es reines Spielgeld - es ist unser Suchtmittel.
Natürlich gönnst Du Dir nichts - sparst jeden Cent - doch wofür nutzt Du es? Zum Wetten.
Was wirst Du denn mit dem großen Gewinn machen?
Ich sage es Dir - der Gewinn wird nicht groß genug sein - es hat einmal funktioniert - wieso nicht zweimal ...
Dies Lügen werden dich weitermachen lassen - weil der große Gewinn selber eine Lüge ist.
Er kann eintreffen - aber er muss nicht - ein Glückspiel - ein weiteres ...
Und der Gewinn wird dahinschmelzen und du wirst wieder genau dort stehen, wo Du jetzt stehst ...

Du hast jetzt so viele Wochen Reha hinter Dir, dass ich mich anhand deines ersten Postings frage, ob die Therapeuten dort so richtig schlecht sind - oder on Du dich mit allen Händen und Füßen gegen die Akzeptanz deiner Sucht sträubst.
Verstehe mich bitte nicht falsch - ich will dich hier nicht niedermachen.
Ich wünsche mir lediglich, dass Du Deinen Standpunkt gründlichst überdenkst.
Diskutiere mit Dir selbst bis der Arzt kommt ;-) ...
Und räume Dir ruhig dabei ein, dass alles, von dem Du bisher überzeugt warst - aus einem anderen Blickwinkel ganz anders aussehen kann.

Alles, was Du bisher beschrieben hast, bezog sich auf die Suchtausübung selbst.
Doch wieso übst Du diese Sucht aus?
Wäre dies Sucht dann nicht auch austauschbar? - Oder gleichzeitig ausübbar? (Cannabis)
Wenn ich eine Sucht zum Stillstand bringe, jedoch den Auslöser nicht kenne - bin ich dann nicht potentiell gefährdet - bei dem immensen Angebot an Suchtausübungen - abzurutschen?
Z.B. indem ich Gefallen am Online-Pokern bekomme?
Wo ich die Logik und die Mathematik dazu benutzen kann meine Sucht zu rechtfertigen?

#Mannomann - was für´n Roman# ;-)
Gute 24 h
Olaf


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Re: Sportwetten: Seit 7 Jahren süchtig
« Antwort #23 am: 25 Juni 2012, 13:13:42 »
Danke für die ehrlichen Worte.

Ich werds mir bei Gelegenheit nochmal in Ruhe durchlesen.Man kommt eben nicht geheilt aus der Therapie.Ich habe in den letzten Monaten soviele Rückfälle in meinem Umfeld beobachten können,dass ich weiß wie schwer es ist diese Sucht zu überwinden.Es war davon die Rede,dass 20 % der Patienten es in der ersten Therapie schaffen.Und diese Zahl scheint mir noch zu hoch gegriffen zu sein.

Sicherlich muss ich noch viel lernen,aber ich habe den Kampf gegen die Sucht bewusst aufgenommen.

Mal was anderes aus "deiner Praxis": Was kann man mit seiner Hausbank vereinbaren,um sich zu schützen???Mir schwebt vor beim Erreichen einer festgelegten Summe auf dem Girokonto das Geld an eine Vertrauensperson zu überweisen.Allgemein wie hast du dich geschützt finanziell.(Abtretung der Verfügungsgewalt über Konten,Sprarbücher,Fonds etc..)
Ich werde das bestimmt brauchen die ersten Jahre,vielleicht auch länger.In der Therapie lief da leider nicht viel.Es geht aber dort erstmal hauptsächlich um die Abstinenz.


Gruß
« Letzte Änderung: 25 Juni 2012, 13:20:45 von Robin »

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Offline Olli

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Re: Sportwetten: Seit 7 Jahren süchtig
« Antwort #24 am: 25 Juni 2012, 19:01:47 »
Hi Robin!

Es macht mir Spaß, die Motivation in Deinen Worten zu lesen.
Mach weiter so - denn es wird einfacher ... wenn auch weniger gefährlich.

Zunächst einmal zu den Rückfällen in Deinem Umfeld.
Du hast in der Vergangenheit sicherlich mehr wie einmal egoistisch gehandelt, um Deiner Sucht nachzugehen.
Dieser Egoismus war sicherlich zerstörerisch - er war schlichtweg negativ.
Jetzt aber darfst Du einen gesunden Egoismus an den Tag legen.
Du kennst die Personen - Du weisst um ihre Fehler - DU kannst aus ihnen so viel lernen.
Zurückgeben kannst Du sowohl Deine Erfolge, als auch die Erfahrungen aus Deinen Rückfällen.

Wir sind süchtig - ein Rückfall ist keine Schande - kein Weltuntergang.
Es kommt nur darauf an, was Du daraus machst ...

Gerne wird die Genesung mir einem Weg verglichen, auf dem Du zwei Schritte vorwärts gehst - und auch mal ein, zwei oder sogar drei Schritte zurück.
Unterm Strich aber bewegst Du Dich vorwärts - Du entwickelst Dich.

Nun, wenn die Quoten MIT Therapie so gering sind - wieso bin ich OHNE Therapie dann immer noch spielfrei?
Es kommt nur auf Deine innere Einstellung an - Quoten sind irrelevant.

Mir hat geholfen, dass ich bei meiner GA-SHG gelernt habe, dass ich meine Sucht niemals "überwinden" werde.
Ich habe auch gar nicht erst begonnen, meine Sucht von mir mit Gewalt (Kämpfen) trennen zu wollen.
Ich habe sie akzeptiert - als ein Teil von mir angenommen.
Die Sucht selber ist gar nicht negativ - es ist das, was ich daraus mache - mehr oder weniger absolut bewusst.

Diese kleinen Entscheidungen - tausende an der Zahl, die dazu führen, dass ich vor einem Automaten sitze, die kann ich locker zu meinen Gunsten treffen.
Sie erfordern keinen großen Aufwand - wenn ich auf meine Gedanken und Gefühle achte.

Sicherlich muss ich noch viel lernen

Wir lernen nie aus ... ich lerne gerade von Dir ... ;-)

Habt ihr in der Therapie nicht das Thema Geldmanagement gehabt?

Ich habe damals meine Mutter mit auf mein Konto eintragen lassen.
Somit konnte ich kein Geld am Automaten abheben und benötigte die Unterschrift meiner Mutter auf einem Scheck.
Diese Unterschrift wurde akribisch mit einer realen Unterschrift verglichen.
Mein Sparbuch wurde mit einem mir unbekannten Passwort versehen und am Ende des Monats das Guthaben auf meinem Konto auomatisch dorthin überwiesen.

Am Besten sprichst Du mit deiner Bank. Scheue Dich nicht wegen schiefer Blicke - die kennen das ...
Hast Du noch Familie, aus der Du Dir eine Vertrauensperson aussuchen kannst?

Natürlich ist es durchaus positiv, wenn Du Dich finanziell schützt.
ABER - es ist nicht genug. Du musst den Umgang mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel auch wieder erlernen.
Das geht aber nur, wenn Du Dir Deine Einnahmen und Deine Ausgaben bewusst machst - zusammen mit der Vertrauensperson.
Du wirst lernen Deine Schulden abzubauen - genauso, wie Du lernen wirst, Dich selber zu belohnen - ein Urlaub - ein neues Sportrad - was auch immer ...

Gute 24 h
Olaf


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