Hi "Du"!
Ich finde es immer sehr interessant, wie sich Formulierungen je nach Gemütszustand ändern können. Das findet unterbewusst statt. Zumeist ist es ein Schutzmechanismus vor allem des Selbstbildes. Davon kann sich wohl keiner freisprechen. Doch ich denke, es bringt mich weiter, wenn ich ich mir dies bewusst mache. Viele nutzen gerne "man". Doch wir reden in diesen Threads ja nicht von irgendwem, sondern von Dir und mir! Auch "wir" wird gerne benutzt - vor allem von mir ...
Bei Dir ist mir aufgefallen, dass Du aus den alten unbeschwerten Zeiten berichtest und die Währungseinheit benutzt, um Beträge zu beziffern. Sobald aber die schweren Zeiten anfangen, schwenkst Du um auf die Einheit K. Die ist aber unbestimmt. Sie kann verschiedenste Bedeutungen haben. Natürlich wissen wir, welche Du wirklich meinst, doch es hat einen Anschein von "Sprich seinen Namen nicht aus! Du weisst schon wer ... "
Die Frage ist nun, ob Dir diese Abwehrhaltung wirklich nützlich ist. Du hast gezockt ... Du hast Geld verspielt ... eine Menge Geld!
Nun ... hat sich jetzt etwas geändert an den Beträgen? An der Vergangenheit ansich? Nöööö ...
Was verändert sich aber in der Gegenwart? Die eingesetzte Energie in die Abwehrhaltung wird stattdessen in die Abstinenzentscheidung gesteckt. "Ich will DAS nicht mehr - aber ich will nun ... " dies oder jenes. Du kannst Dir selbst neue Grenzen setzen, weil Dir die alten Grenzüberschreitungen nun wirklich gewusst werden!
Meiner Meinung nach hatte ich es sogar noch im Griff, als ich regelmäßig bei 2 Online Casinos jeweils das monatliche Einzahlungslimit von 1k ausgeschöpft hatte.
Laut Statista geben die deutschen Haushalte 245 € pro Monat (Stand 2022) für Freizeit, Sport und Kultur aus. Hier ist aber die Rede von Haushalten und nicht einzelnen Personen. Natürlich gibt der mehr Geld aus, der auch mehr hat ... im Normalfall ...
Also vergleichen wir doch mal innerhalb Deiner Familie. Wie viel habt ihr noch an solchen Ausgaben für Deine Frau und Euer Kind?
Falls Du die 1000 €-Grenze aus dem Glücksspielstaatsvertrag als Maßstab annimmst ... die ist durch Lobbyarbeit der Glücksspielindustrie so hoch angesetzt worden und sie arbeiten auch daran, dass diese Grenze erhöht wird.
Wie also kommst Du darauf, bei regelmäßiger Ausnutzung des Betrages zu sagen, dass Du da noch alles im Griff hattest? Woran machst Du das fest?
Dass Du dann später in illegalen Casinos gespielt hast und den Dispo mit einem Kredit abgelöst hast, ist der übliche Werdegang eines Glücksspielers ...
Cool ist, dass Du Dich Deiner Frau schon geöffnest hast und auch schon ein Beratungstermin bei der Caritas in die Wege geleitet hast. Dieser Olli, den Du da nennst, soll hier und da ein paar Macken haben, aber eigentlich ganz nett sein ...
Die anderen Schicksale hier zu lesen macht einen echt nachdenklich. Ich hätte nie gedacht was so eine Sucht aus gestandenen Menschen machen kann.
Das nächste Gesprächsthema / die nächste Gruppenarbeit wird sein: Wieso gehe ich in die SHG?
Du kannst Dir ja schon mal ein paar Gedanken dazu machen.
Einen Ausweg gibt es immer, mann muss es nur selber wollen und offen für Hilfe sein.
... und offen für Veränderungen!
Ich habe sonst alles was ich brauche im Leben.
"Ich müsste doch eigentlich glücklich sein, wenn da nicht das Glücksspiel wäre ...!"
Ich bin der Überzeugung, dass eine Sucht immer auf einem oder mehreren Defiziten beruht! Das muss aber nicht gleich eine ausgewaschene Störung sein. Oft sind es die kleinen Dinge, die wir einfach nicht gelernt haben. Wir soll z.B. ein Kind lernen über seine Gefühle zu reden, wenn es die Eltern schon nicht tun? Vielleicht habe ich aber auch in der Erziehung selbst etwas verpasst, obwohl es mir vorgelebt wurde?
Kennst Du z.B. all Deine Emotionen? Kannst Du sie als Gefühle benennen? Wenn Du Deine Emotionen nicht erkennen kannst, wie kanst Du sie dann gesund handhaben? Das ist intuitiv sehr wohl möglich und, wie ich vermute, auch der Normalfall. Aber was ist mit denen, die durch Dein Raster fallen? Der Mensch ist evolutionär so programmiert, dass er das mit Ersatzhandlungen kompensiert. Und wenn es sich dabei um Glücksspiel handelt und es sich gerade in der anfänglich oft langen Gewöhnungsphase richtig anfühlt ... wieso sollte ich es dann aufgeben? Es scheint doch zu funktionieren?