Hallo zusammen,
und hier noch eine Info über ein neues Projekt, diesmal betrifft es die Westspiel Casinos. Eher zufällig haben wir erfahren, dass diese Gruppe zusammen mit einigen Beratungsstellen ein neues Beratungsangebot auflegt. Ausgewählte Beratungsstellen bekommen Geld dafür, dass sie süchtige Casinospieler der Westspiel Gruppe beraten. Nach uns vorliegenden Informationen werden die Spieler von Croupiers gezielt angesprochen, an ein Beratungstelefon verwiesen und von dort an die beteiligten Beratungsstellen vermittelt.
Auch hierzu die Frage: Wie findet ihr das?
Hilft das weiter? Und falls, ja: wem hilft das?
Ist das die angemessenen Reaktion auf das BGH Urteil?
Was ist eigentlich mit den geforderten Ausweiskontrollen? Soll davon etwa abgelenkt werden?
Wie transparent wird das wohl gehandhabt? Erfährt jeder Klient und jede Klientin, ob die Beratungsstelle, die er/sie gerade aufsucht in geschäftlichen Beziehungen zu Glücksspielanbietern steht? Erfährt man evtl. sogar wieviele Gelder fließen? Ist das evtl. wichtig für das Vertrauensverhältnis zu meinem Berater / zu meiner Beraterin?
Ihr merkt, ich beurteile die Sache äußerst skeptisch. Das hängt vielleicht damit zusammen, dass ich mich in der Vergangenheit ganz intensiv mit Lobbying beschäftigt habe. Wenn man z.B. weiß, was die Tabakindustrie alles anstellt, bzw. angestellt hat, um ein bisschen vom guten Ruf seriöser Forscher oder Institutionen abzubekommen, dann weiß man wovon ich rede. Das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg empfiehlt z.B. ausdrücklich allen Forschern keine Gelder anzunehmen. Näher Infos z.B. hier:
http://www.n-tv.de/609921.htmlTja und diese Form der Scheckbuchprävention geht halt haarscharf an der Lösung des Problems vorbei. Mit Ausweiskontrollen würde man gesperrte Spieler (relativ) effektiv vom Spiel ausschließen. Blöderweise hätte man dann allerdings seine besten Kunden verloren, dann doch lieber was Kosmetisches? Nicht, dass ihr mich falsch versteht, ich finde es absolut richtig, wenn die Glücksspielbetreiber an den Folgekosten beteiligt werden. Dies sollte allerdings im Sinne einer Verpflichtung auf gesetzlicher Basis passieren und die Gelder sollten selbstverständlich über das Gesundheitsministerium verteilt werden. Die Devise lauter also: Implementierung gesetzlicher Spielerschutzmaßnahmen statt durchsichtige Scheckbuchprävention!
Übrigens befinde ich mich mit dieser Forderung in recht guter Gesellschaft. Der Vorstand der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hat sich sehr eindeutig zur Frage der Verwendung von Geldern der Suchtmittelindustrie geäußert. Hier der Link dazu:
http://www.dhs.de/1alkoholindustrie.htmlDiesem Papier zufolge sollten die beteiligten Einrichtungen zumindest exakt offenlegen, wieviel Gelder sie beziehen, damit jeder Klient und jede Klientin für sich entscheiden kann, ob er/sie ein derartiges Angebot wahrnehmen möchte. Zusätzlich sollte den Anbietern untersag werden, mit dem Angebot zu werben. Das wäre aus meiner Sicht ein Minimalkonsens! Besser wäre natürlich: Finger wech von solchen Kooperationen.
Das schadet unserem Ruf! Psychosoziale Beratung sollte immer parteiisch sein. Und zwar für den Ratsuchenden!
Ich bin sehr gespannt auf eure Meinungen.
Viele Grüße und ein schönes Wochenende
Ilona