Hi MrCyras,
ich melde mich jetzt auch mal hier zu Wort. Wollte ich eigentlich schon länger... Ich finds beeindruckend, wie du deinen Weg und auch deinen Kampf hier teilst. Ich finde es vor allem gut, dass du hier konsequent berichtest, auch weil es für manche Sichtweise deinerseits auch schon Gegenwind gab. Da wäre mancher sicherlich beleidigt wieder in seinem Loch verschwunden, aber du scheinst es Ernst zu meinen, auch wenn du nicht den "herkömmlichen" Weg zur dauerhaften Abstinenz beschreitest. Ich konnte mich in einigem von dem, was du schreibst, sehr gut wiederfinden und wichtig ist es meiner Meinung nach, dass man sich wirklich konsequent mit dem Thema auseinandersetzt, bis man es wirklich verinnerlicht hat. Darum schreib gerne weiter hier, auch wenn es mal vermeintlich nichts "Neues" gibt. Aber wenn du nicht durch eine Therapie oder anderen regelmäßigen Austausch an das Thema gebunden bleibst, dann mach es einfach konsequent für dich selbst in diesem Thread!
Die Erfahrung die du am 2. Weihnachtstag hattest, hatte ich ähnlich vorgestern und jetzt kapere ich mal dein Tagebuch, um mein Erlebnis niederzuschreiben. Ich hoffe, das ist ok

. Mein "Dämon" hat mich zwar nicht herausgefordert, indem er mich damit gelockt hat, nen 20er als Belohnung für die erfolgreiche Zeit ohne Zockerei zu "investieren", aber er hat sich dennoch irgendwie gemeldet. Weihnachten besteht bei uns immer darin, dass es Stress mit verschiedenen Familienteilen gibt. Erst kommen die einen, dann die anderen an die Reihe. Es ist immer irgendwie nostalgisch/emotional schön, aber auch immer irgendwann anstrengend bis hin zu der Gefahr, dass die Stimmung ins Negative kippt. Nach dem 2. Weihnachtstag war der Part der einen Familiehälfte überstanden, es fiel ein Teil des Drucks ab und gleichzeitig drohte der Besuch der zweiten Hälfte in den folgenden Tagen. Es gab also eine Nacht des Durchatmens, in der ich vieles dafür gegeben hätte, den Kopf frei von diesem (und dem anderen, dauerhaften) Stress zu kriegen, indem ich ihn zum Beispiel mit anderem Nervenkitzel fülle. Dazu war auf dem Konto noch genug übrig und die nächste Gehaltszahlung steht unmittelbar bevor. Bis vor einigen Monaten der perfekte Nährboden für eine ausgedehnte Spielsession, die ganz automatisiert gestartet hätte. Allerdings stellt sich die Situation jetzt in einigen entscheidenden Punkten anders dar: Erstens: Ich reflektiere, warum ich das Verlangen nach dem Kopffrei-Kriegen habe und weiß, dass es bei der Zockerei in dem Fall nicht um die Chance geht, etwas zu gewinnen, sondern ich einfach nur für viel zu viel Geld ein paar Stunden abschalten will. Das kann ich aber auch anders, ohne den Selbstzerfleischungsteil der Suchtausübung. Zweitens: Ich weiß, dass die Zockerei heute Abend nur der Flummi sein würde, den jemand in eine Halle voller sauber aufgereihter Dominosteine werfen würde. Das Ergebnis wäre nicht absehbar, aber wahrscheinlich wäre es ein ganz schönes Desaster geworden. Es wäre sehr wahrscheinlich nicht bei ein paar Stunden geblieben und der Effekt "Kopf frei kriegen" wäre spätestens am nächsten Morgen mit Gewissensbissen und Verzweiflung überladen worden, der den Stress der Feiertage bei Weitem in den Schatten gestellt hätte. Und dank der zwangsläufigen Übermüdung wäre dieser sogar noch schlimmer ausgefallen. Und damit sind wir auch schon bei drittens: Ich bin seit 5,5 Monaten abstinent, und zwar vollständig und ohne Ausnahme. Darauf bin ich stolz und ich will den Zähler nicht wieder zurückstellen müssen. Ich will nicht mehr in Wochen oder Monaten rechnen, sondern in Jahren, die ich so genau gar nicht mehr zähle, weil ich nicht mehr weiß, ob ich der Sucht jetzt vor 8, 9 oder 10 Jahren erfolgreich den Kampf angesagt habe.
Und weil ich, genau wie du, sehr viel von dieser Einstellung aus diesem Forum und den Leuten hier habe und merke, dass mir die regelmäßige Auseinandersetzung mit mir, der Sucht und den Gedanken anderer Betroffener dabei eine enorme Unterstützung ist, freue ich mich zu sehen, dass du es am 2. Weihnachtstag geschafft hast, aus ähnlichen Gründen wie ich, NEIN zu sagen und dass du hier auch bei Gegenwind, woher er auch kommt, weiter deine Erfolgsmeldungen verbreitest.
Viele Grüße
Harry