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Schulden durch Spielsucht

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Schulden durch Spielsucht
« am: 28 Oktober 2024, 20:12:11 »
Nagut, ich mach’s!
Seit ein paar Wochen überlege ich schon, mich anzumelden und mich hier mitzuteilen. Immer habe ich eine Ausrede gesucht und auch gefunden, es nicht zu tun.
Heute ist mein Tag 1. Warum genau heute? Keine Ahnung.

Hi, mein Name ist Patrick, ich bin 29 Jahre alt und mittlerweile seit circa 10 Jahren spielsüchtig.
Wobei mir das erst Zeit ungefähr 5 Jahren bewusst ist.

Angefangen hat alles mit Freunden in der Spielhalle. Mal ein paar Münzen oder einen Schein in den Automaten gesteckt, kostenlos Getränke und Snacks bekommen und somit auch bei einem Verlust mit Plus nach Hause.
Alles war ganz harmlos und im Rahmen. Bis ich vor 5 Jahren das online Casino entdeckt habe.

Ich habe mit 29 Jahren Schulden in Höhe von ungefähr 25.000 €.
Warum erwähne ich das als erstes? Weil das der einzige Grund ist, warum ich überhaupt noch spiele.

Angefangen hat alles, als meine Oma gestorben ist, meine Eltern neue Partner hatten und ich mich alleine gelassen gefühlt habe.
Meine Freundin hatte sich getrennt, ich ein Studium angefangen und war die meiste Zeit alleine.
Was hab ich also gemacht? Meine Zeit mit online Casino verbracht.
Ich habe endlich eigenes Geld verdient, konnte mir das also leisten, habe heute allerdings einen Schuldenberg, bei dem man einziges Ziel ist, ihn abzuzahlen.

Ich möchte gar nicht so viel schreiben. Jeder der spielt hat seine Gründe, ob es das Gefühl beim Spielen ist, persönliche Probleme oder einfach der pure Drang tragen.
All das habe ich nicht mehr.
Ich habe eine tolle Freundin, eine tolle Familie, einen guten Job und dennoch spiele ich einzig und allein, mit der Hoffnung auf einen großen Gewinn und meine Schulden ab zu bezahlen.
Meine Freundin und ich führen schon seit 3 Jahren eine Fernbeziehung. Ich habe also genug Zeit dafür.

Warum spiele ich also, wenn das doch alles gar nicht so schlecht ist?
Ich habe nach außen ein tolles Leben. Ich gehe auf den Urlaub, besuche meine Freundin. Wann immer ich möchte, wir gehen essen und nehmen sehr viel.
Dennoch plagt mich immer der Gedanke, wie viel mehr ich aus meinem Leben hätte machen können, wenn ich nie gespielt hätte und auch keine Schulden hätte.
Mein Gedanke ist jedes Mal ‚einmal richtig gewinnen und alles ist vorbei‘.
Dabei kann es doch so einfach sein. Ich verdiene 4000 € netto, habe bis auf die Kredite und ein Leasingfahrzeug sowie meine Miete keine weiteren Fixkosten und könnte locker nach einem Jahr Abstinenz meine Schulden abgezahlt haben.

Warum fällt es mir denn trotzdem so schwer, aufzuhören?
Ich verstehe es einfach nicht.
Eine Selbsthilfegruppe oder andere Behandlung kommt nicht infrage.
Es weiß auch nur meine Mutter davon, was auch definitiv so bleiben muss.
Ihr gebe ich ab dem 1. November meine Finanzen ab und hoffe, dass ich es so daraus schaffe.
Sämtliche Software, die online Casinos sperrt kann ich leicht umgehen, leider hilft mir von nichts.

Mir macht das Spielen auch keinen Spaß mehr. Bei einem Gewinn denke ich mir ,Ach cool super‘. Bei einem Verlust geht es mir tagelang Scheiße.
Warum ist das so? Ich verstehe es nicht.

Ich war mal acht Monate spielfrei. Damals habe ich es geschafft, als ich mich meiner Mutter anvertraut habe und mir immer gesagt wurde, dass es ja nicht so schlimm sei und ich noch genug Zeit habe, alles gerade zu bügeln.
Dann kamen Rückfälle, und ich wollte diese Rückfälle immer wieder ausgleichen, habe mich aber immer mehr reingeritten.

Mir geht es nach dem Text tatsächlich etwas besser. Vielleicht bin ich ein bisschen anders als alle anderen, die den Drang zum Spielen haben. Ich habe nur den Drang, schuldenfrei zu werden.

Viele Grüße

*

Offline Olli

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  • 7.338
Re: Schulden durch Spielsucht
« Antwort #1 am: 28 Oktober 2024, 20:53:19 »
Hi Patrick!

Herzlich willkommen!

Natürlich bist Du etwas Besonderes! Doch das schließt süchtiges Verhalten, Denken und Fühlen, welches wir auch bei anderen finden, nun mal nicht aus.
Du möchtest nur schuldenfrei sein? Das nennt sich chasen! Es ist ein Symptom der Spielsucht.
Wie Du ja selbst erkannt hast, wärest Du locker nach knapp über einem Jahr spielfrei von allen Schulden erlöst.
Diese Logik lässt Dich aber trotzdem weiter spielen. Das, obwohl es ja noch nicht mal mehr Spaß macht.
Nun, es geht, sobald Du in einer Sucht steckst, längst nicht mehr um Spaß. Es geht nur darum Dich zu fühlen, dabei abzudriften von Deinem realen Leben. Wie Du Dich fühlst, das ist egal.

Zitat
Ich habe eine tolle Freundin, eine tolle Familie, einen guten Job und dennoch spiele ich ...
Oft ist es so, dass die Sucht scheinbar eine Lücke schließt, von der man selbser gar nicht weiss, dass sie existiert.
"Ich habe doch alles! Ich müsste doch glücklich sein!" - Die Sucht übt eine Funktion aus! Immer!
Also finde heraus, was es ist!

Zitat
Eine Selbsthilfegruppe oder andere Behandlung kommt nicht infrage.
Es weiß auch nur meine Mutter davon, was auch definitiv so bleiben muss.
Ach, wenn ich doch einen Cent bekommen würde, jedes Mal, wenn jemand so etwas schreibt ... ich wäre schon Millionär und könnte vorzeitig in Rente gehen ... :)
Im Ernst ... den ersten Cent hätte ich mir selbst geben müssen. Damals habe ich gesagt: Mir kann keiner helfen!
Was denkst Du ... habe ich mich geirrt? ... Natürlich!
Die Sprüche, die nun kommen, klingen bestimmt abgedroschen, doch sie bewahrheiten sich immer wieder:
Alles, was Du für Deine Genesung benötigst, das steckt bereits in Dir! Es braucht Dir keiner die Welt erklären, oder wie ich es damals formuliert hatte: Niemand muss mir sagen, wie Scheiße ich bin!
Denn so funktioniert die Selbsthilfe nicht und der Rest der Suchthile auch nicht.
Es werden Erfahrungen getauscht und jeder nimmt sich das, was er gebrauchen kann. Den Rest lässt man liegen, entweder für jemanden anderen oder für sich selbst zu einem späteren Zeitpunkt.
Du gehst dorthin nicht als Bittsteller! Schau, Du hast Dir doch schon Gedanken gemacht. Du warst sogar schon 8 Monate spielfrei. Was war der Grund für die Beendigung der Abstinenz? War es vielleicht auch nur eine Spielpause? Finde es heraus ...
An welchem Punkt wurdest Du rückfällig? Was war passiert? Hatte sich das Ganze angebahnt? Was hättest Du anders machen können?

Damals war ich der große Schweiger ... heute leite ich die Samstagsgruppe, zu der ich Dich herzlich einlade. Du weisst sicherlich schon, dass Deine Kamera beim Eintritt ins Meeting aus ist und Du alleine entscheidest, ob Du sie einschaltest. Samstag ... 19 Uhr ... Deine Entscheidung ...
« Letzte Änderung: 28 Oktober 2024, 20:55:28 von Olli »
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Schulden durch Spielsucht
« Antwort #2 am: 28 Oktober 2024, 21:29:36 »
Bei mir ist es ähnlich wie bei dir.
Ich bin ein paar Jahre älter, verdiene etwas weniger, habe dafür aber keine Kosten für Miete und Fahrzeug.
Allerdings liegen meine Schulden knapp dreimal so hoch wie bei dir.

Jeden Monat als das Gehalt auf dem Konto war, dachte ich mir, ich riskiere einige hundert Euro beim Trading oder bei Sportwetten um die Schulden schneller tilgen zu können.
Das ging in 11 von 12 Fällen schief.
Monat für Monat dasselbe.
Am 5. des Monats war das gesamte Gehalt verbraucht.
Nicht für Urlaube, die Wohnung, essen gehen oder sonstiges.
Sondern stets fürs Zocken.
Ja, das Geld war weg und die Laune bis zum nächsten Monat dahin.
Der „Blitzableiter“ für mein aggressives Verhalten waren Familienangehörige oder sogar Kunden und Geschäftspartner.

Irgendwann hat’s „Klick“ gemacht.
Ich kündigte alle Lastschriftmandate und überweise seitdem die Kreditraten direkt am Tag wenn mein Gehalt auf dem Konto eingeht.
So bestand nicht Gefahr, dass ich die Lastschriften zurück buche und ich das Geld wieder verzocke.
Ich hatte teilweise mehrere Raten zurück gebucht und kann froh sein, noch keinen negativen Schufa Eintrag zu haben.

Es gab eine Zeit da hatte ich über 10 verschiedene Kredite, Kreditkarte und sonstige Ratenkäufe.
Ich musste erstmal „aufräumen“ und den ganzen Scheiß sortieren.
Ich habe die ganzen kleineren Beträge Monat für Monat durch Sonderzahlungen getilgt.

Es war im ersten Moment nicht schön zu sehen, dass von 3.500€ nur noch 1.500€ übrig waren.
Doch es war auf jeden Fall ein besseres Gefühl, das Geld zur Tilgung genutzt zu haben als im Casino zu verzocken.
Jedes Mal als ich das Geld im Casino verspielte, ärgerte ich mich darüber, es nicht für die Tilgung genutzt zu haben.

Du kannst dein Geld für die Tilgung nutzen oder im Casino nutzen.
In beiden Fällen ist das Geld erstmal weg.
Nur macht das eine eben mehr Sinn als das andere.


Dennoch plagt mich immer der Gedanke, wie viel mehr ich aus meinem Leben hätte machen können, wenn ich nie gespielt hätte und auch keine Schulden hätte.
Mein Gedanke ist jedes Mal ‚einmal richtig gewinnen und alles ist vorbei‘.

Genau diese Gedanken waren auch mein größtes Hindernis.
Wenn ich zurück rechne, was ich die letzten Jahre verdiente und was davon noch übrig ist, wird mir schlecht.
Wieso also nicht ins Kasino und hoffen, all das Geld welches man verdiente und verzockte wieder zurück holen?
Tja, das wird halt nicht klappen…

Ich brauchte Jahre um mich damit abzufinden, dass das Geld weg ist.
Es bringt nichts zurück zu blicken und zu jammern.
Je früher du nach vorne schaust, desto besser.

Ich spare jetzt seit 4 Jahren jeden Monat 250€ in eine private Altersvorsorge.
Das wäre früher für mich nie in Frage gekommen.
Sobald ein größere Betrag anwuchs, ließ ich ihn auszahlen und verzockte diesen.

Das wäre zwar mit dem jetzigen Vertrag auch möglich, allerdings ist meine Schwiegermutter meine „Beraterin“. Sie wüsste sofort, wenn ich diesen Vertrag kündige bzw. das Konto plündere.
Dadurch würde es meine Freundin erfahren und das möchte ich unter allen Umständen vermeiden.
 

 

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