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Galileos Tagebuch

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Galileos Tagebuch
« am: 24 September 2024, 15:09:48 »
Hallo,

ich habe mich jetzt doch dazu entschieden etwas über mich zu schreiben.

Als ich mich vor einigen Monaten hier im Forum anmeldete war das ausschließlich einiger Beiträge zur Rückforderung von Spielverlusten geschuldet.

Ich suche keine Hilfe um spielfrei zu werden und werde auch sicher niemandem helfen um spielfrei zu werden. Dafür bin ich einfach der falsche.


Ich habe länger darüber nachgedacht was ich schreiben soll.
Wie kam ich mit Glücksspiel in Kontakt?
Wann entglitt mir die Kontrolle über mein Verhalten?
Was waren die Folgen meiner Sucht?
Wie habe ich mich in den Griff bekommen?

Ich bin jetzt über 30 und habe in den letzten 10-20 Jahren die ganze Breite des Glücksspiels probiert.
Über Casinospiele, Sportwetten, Pferdewetten, Lotto, Lose und Trading.


Ich möchte nichts verharmlosen oder ins Lächerliche ziehen, aber mein erster Kontakt mit Glücksspiel waren Ü-Eier.
Als Kind bekam ich diese zu jedem Anlass. Sei es zum Geburtstag, Weihnachten, Ostern oder einfach beim wöchentlichen Einkauf zu dem ich meine Eltern begleitete.
Irgendwann ging es mir nicht mehr um die Schokolade sondern nur noch darum, alle Figuren einer Serie zu sammeln.
Ich erinnere mich daran, dass ich in der 1. oder 2. Klasse mit einem damaligen Schulfreund eine ganze Palette, also 24 Eier kaufte.
Die Ausbeute an Figuren war relativ gering, deshalb folgte auch kurz darauf die zweite Palette.

Etwa im selben Alter standen dann auch die ersten nennenswerten Besuche auf dem Jahrmarkt an.
Die Fahrgeschäfte waren damals weniger interessant.
Der Reiz lag eher am Pfeilewerfen, Dosenwerfen, Entenangeln, Losen oder an diesen Automaten an denen man Kuscheltiere „greifen“ kann.

Im Alter von 10 Jahren ging es zum ersten Mal mit der Familie auf die Galopprennbahn.
Mein Vater wettete, meine Mutter passte auf, dass mein Bruder und ich nicht verloren gingen.
Mit Pizza, Pommes, Hüpfburgen, Spielplätze und Pony-Reiten war für jeden was dabei.
Die Jahre vergingen, meine Mutter musste uns nicht mehr begleiten und mein Bruder verlor die Lust an der Rennbahn.
2-3 Mal pro Jahr begleitete ich meinen Vater alleine zur Rennbahn und gab zu dieser Zeit auch meine ersten Wetten ab.

Sowohl die Abgabe der Wetten als auch der Einsatz liefen allesamt über meinen Vater.
Ich realisierte recht schnell, dass es viel einfacher ist, fremdes Geld zu verspielen als das eigene.
Das hat sich im Laufe der Jahre gerächt.

Mit den damaligen Wetten konnte man nicht reich werden.
Ich hatte weder Taktik noch Hintergrundwissen.
Ich wettete einfach auf das Pferd mit dem klangvollsten Namen oder den Jockey mit dem schönsten Trikot.
Erfolg hatte ich seltenst, aber der Reiz weiter zu spielen wurde größer und ist bis heute vorhanden.

Fortsetzung folgt im laufe des Tages bzw. der Woche.

*

Offline Rubbel

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Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #1 am: 24 September 2024, 15:36:21 »
Hi Galileo, danke für diesen Teil 1 schon mal, ein Anfang, der unbedingt Lust aufs Weiterlesen macht!!
Darauf freu ich mich schon, echt.
Viele Grüße Rubbel
--Meist ist Geist geil--

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Online Ilona

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Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #2 am: 24 September 2024, 16:08:21 »
Toll, dass du dich aufgerafft hast Galileo. Eine Rückfrage habe ich zu Teil 1: Würdest du aus heutiger Perspektive sagen oder vermuten, dass dein Vater ein (kleines?) Glücksspielproblem hatte?
LG Ilona

Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #3 am: 24 September 2024, 16:43:41 »
Würdest du aus heutiger Perspektive sagen oder vermuten, dass dein Vater ein (kleines?) Glücksspielproblem hatte?
LG Ilona

Ja, hat er.
Er hat im Monat teilweise auch mehrere tausend Euro verspielt, konnte aber dennoch stets seine Rechnungen und seinen Hauskredit bezahlen.
Selbst Familienurlaube waren immer drin.

Das einzige worum er sich nie kümmerte, war die Altersvorsorge, weshalb er mit 70 Jahren weiterhin arbeitet.

*

Online Ilona

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Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #4 am: 24 September 2024, 16:54:01 »
Interessant. Du bist da nicht der Einzuge. Wir haben inzwischen vermehrt Klienten in den Beratungsstellen, deren Väter das Problem schon hatten. Könnt ihr eigentlich relativ offen miteinander über „euer“  Problem reden? Oder eher gar nicht?
LG Ilona

Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #5 am: 24 September 2024, 19:10:53 »
Könnt ihr eigentlich relativ offen miteinander über „euer“  Problem reden? Oder eher gar nicht?
LG Ilona

Nein überhaupt nicht.
Wir sind beide nicht sehr kommunikativ und reden dementsprechend sehr wenig miteinander.
Allerdings sagte er mir vor einigen Jahren mal, ich solle nicht die gleichen Fehler machen wie er und mein ganzes Geld verschwenden.

Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #6 am: 24 September 2024, 19:11:31 »
Im Alter von 4-5 trat ich dem hier ansässigen Fußballverein bei.
Ich war nicht sonderlich gut und spielte später altersbedingt nur alle 2 Jahre mit meinen Klassenkameraden zusammen.
Deshalb war auch nach der B-Jugend Schluss.

Es dürfte so im Alter von 14-15 Jahren gewesen sein, als ich zum ersten Mal mit Sportwetten in Berührung kam.
Man unterhielt sich im Verein oder mit Freunden über die 1. und 2. Bundesliga und erfuhr irgendwann, dass man auf diese Spiele wetten kann.
Naiv wie ich damals war, dachte ich natürlich, dass ich da niemals verlieren könnte.
Irgendwann gaben mein damals bester Freund und ich unsere ersten Sportwetten beim staatlichen Anbieter ab.
Ich wollte tatsächlich die gesamten 18 Spiele der 1. und 2. Bundesliga auf einem Schein wetten.
Zu dieser Zeit war das allerdings nicht möglich, da die maximale Anzahl an Spielen pro Schein bei 10-12 lag.
Durch und durch verzockte ich mit solchen schwachsinnigen Scheinen mein Geld.
Doch wo kam das Geld für den Einsatz eigentlich her?
Ich habe es mehr oder weniger meinen Bruder geklaut.
Wir trugen damals Zeitungen aus, mähten Rasen und führten Hunde aus.
Das Geld wurde auf mein Konto überwiesen, mit der Absicht die Hälfte an meinen Bruder zu geben.
Das Geld landete allerdings nicht bei ihm, sondern beim Wettanbieter.
Ich vertröstete meinen Bruder eine Zeit lang.
So lange bis meine Eltern das irgendwann erfuhren.
Das Geld welches wir verdienten ging dann nicht mehr auf mein sondern auf sein Konto.
Das war im Grunde das beste was passieren konnte.
Von all den Menschen, die ich im Laufe der Zeit enttäuschte und betrog, tut er mir am meisten Leid.
Er ist ein paar Jahre jünger und war in seiner Kindheit und Jugend ein unfassbar lebensfroher aber leider naiver Junge, der lediglich mit seinem älteren Bruder spielen und abhängen wollte.
Unglücklicherweise erlitt er aufgrund seiner Naivität und Unbeholfenheit mehrere Unfälle, sodass er sich nach und nach im Zimmer einschloss.
Er vernachlässigte seine Freunde und Hobbys und sitzt im Grunde seit über 15 Jahren 24 Stunden täglich vorm PC.

Da er einen sehr sparsamen Lebensstil, frei von Alkohol, Zigaretten und Glücksspiel führte, bat ich ihn über einen Zeitraum von 10 Jahren immer wieder um Geld.
Mehrmals versprach ich ihm, das Geld zurück zahlen zu wollen.
Immer und immer wieder blieb ich es ihm schuldig.



Mit der Volljährigkeit ging das Zocken dann so richtig los.
Direkt einen Account beim erstbesten Wettanbieter angelegt und gezockt.
Man könnte meinen ich hätte mittlerweile dazu gelernt.
Nichts da! Weiterhin 15-20 Spiele auf einen Wettschein gehauen und reihenweise Geld verloren.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemals so ein Schein bei mir durchging. Selbst wenn es Quoten von 1,20 und niedriger waren.

Ich schloss mit 19 die Schule ab, absolvierte die Grundausbildung bei der Bundeswehr und verlängerte anschließend auf insgesamt 4 Jahre.
Im Nachhinein betrachtet, war das die größte Zeitverschwendung überhaupt.
Ich wurde nach der Grundausbildung ins Büro eingeteilt und hatte nichts zu tun.
90% des Tages saßen ich und meine Kameraden rum und spielten sinnlose (kostenlose) Spiele auf dem Handy.

Selbst als wir für einige Monate ins Ausland mussten, hatten wir nie wirklich was zu tun.
Die Folge war übermäßiger Alkoholkonsum und Online-Poker.
Meine gesamten 3.100€ Netto, die ich während des Auslandseinsatzes pro Monat verdiente, verzockte ich, sobald sie auf dem Konto waren.

Wenige Wochen nach dem Einsatz, war meine Zeit auch zu Ende und ich schied aus dem Dienst aus.
Die knapp 4.000€ Übergangszahlungen die ich erhielt, wanderten zum Wettanbieter.

Nach der Zeit bei der Bundeswehr machte ich eine Ausbildung und bin bis heute in diesem Job verankert.
Während der Ausbildung verstand ich mich sofort gut mit einem weiteren Azubi.
Wir hatten ähnliche Interessen wie Fußball, Alkohol, feiern und eine Vergangenheit bei der Bundeswehr.
Mit Beginn der Ausbildung kam auch das neue FIFA raus.
Mein neuer „Freund“ war ein absoluter FIFA-Fanatiker und überredete mich, mir das Spiel ebenfalls zu holen.
Ich war nicht sonderlich gut und dachte, wenn ich bessere Spieler hätte, könnte ich auf seinem Niveau mithalten.
Ich kaufte mir 3-4 Jahre lang unzählige PlayStation Points und investierte mein Geld in Lootboxen und Controller die reihenweise gegen die Wand flogen.
Gebracht hat es wenig. Ich zog weder Ronaldo noch Messi 🥲
Nach der Ausbildung wurde der Kontakt weniger und mein interessiere an FIFA verflog.

Fortsetzung folgt…

*

Online Ilona

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Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #7 am: 25 September 2024, 12:49:16 »
Hi Galileo,
habe deinen Beitrag nochmal gelesen und frage mich, wie dein Verhältnis zu deinem Bruder heute ist? Möglicherweise kannst du mit ihm eher reden, als mit deinem Vater.
Hast du darüber schon mal nachgedacht? Evtl. auch über Wiedergutmachung?
Und welche Rolle spielt deine Mutter? Sie kommt bisher kaum vor.
LG Ilona
« Letzte Änderung: 25 September 2024, 16:32:45 von Ilona »

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Offline Rubbel

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Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #8 am: 25 September 2024, 19:31:56 »
Lieber Galileo,
ich würde zu gerne lesen, wie alles weiterging. Weil ich Deinen Werdegang voll spannend finde und Du so interessant schreibst. Und ehrlich!
Lässt Du uns weiter teilhaben, büdde?!
Viele Grüße und schönen Abend Dir, Rubbel
--Meist ist Geist geil--

Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #9 am: 25 September 2024, 23:39:34 »
… wie dein Verhältnis zu deinem Bruder heute ist?
Und welche Rolle spielt deine Mutter? Sie kommt bisher kaum vor.
LG Ilona

Wir habe untereinander alle ein gutes Verhältnis.
Es herrscht nirgendwo Eiszeit oder sonstiges.
Meine Eltern sehe ich aufgrund der Arbeit mehrmals pro Woche.
Mit meinem Bruder habe ich weniger Kontakt. Wir schreiben gelegentlich per WhatsApp und sehen uns 1-2 mal pro Monat.
Meine Mutter weiß zwar, dass ich zocke, kennt aber das gesamte Ausmaß nicht.


@Rubbel:
Ich schreibe morgen, wie es weiterging

Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #10 am: 27 September 2024, 11:00:20 »
Ich war in den letzten 15 Jahren bei mindestens 15 Wettanbietern, 5 Casinos, 4 Pferdewetten-Anbietern und 5 Brokern angemeldet.

Das Zocken lief mehr oder weniger parallel ab. Das Folgende ist nicht chronologisch gehalten. Ich berichte zunächst von meinen Erfahrungen mit Wettanbietern, dann reinen Online-Casinos, Pferdewetten und zum Schluss Trading.

Ich meldete mich mit der Volljährigkeit beim ersten Anbieter an, fokussierte mich zunächst ausschließlich auf Fußball der europäischen Top-Ligen, Champions League, Welt- und Europameisterschaften.
Das ganze dümpelte vor sich, mal gewann ich, mal verlor ich. Es hielt sich anfangs alles die Waage.
Dann verfiel ich dem ständig wachsenden Angebot und wettete auf Amateur-Fußball in der 3. argentinischen Liga, auf Eishockey, Basketball, Tennis und Darts.
Ich hatte von diesen Sportarten überhaupt keine Ahnung und kannte teilweise nicht mal deren Regeln. Ich wollte einfach zocken.

Hinzu kam das Problem mit dem Alkohol.
Am Wochenende mit Freunden in umliegenden Bars und Clubs gefeiert und anschließend nachts um 3-4 Uhr beim Wettanbieter angemeldet und im Casino gezockt.
Das ging anfangs tatsächlich gut.
Ich zahlte 200€ ein, spielte eine Stunde Slots mit Einsätzen um die 2,50€ pro Spin und gelangte irgendwann auf 500€.
Da ich gerade einen Lauf hatte, erhöhte ich den Einsatz auf 12,50€ pro Spin.
Innerhalb von wenigen Minuten verlor ich meinen Gewinn und hatte nur noch die 200€ die ich einzahlte.
Ich war so wütend darüber, eine Stunde lang umsonst gespielt zu haben.
Anstatt aufzuhören, erhöhte ich den Einsatz auf 62,50€ pro Spin. Ich konnte also dreimal „klicken“.
Der erste Versuch scheiterte, der zweite Versuch ebenso.
Beim dritten Versuch gewann ich tatsächlich 1.300€.
Ich wusste zunächst nicht, was ich jetzt machen sollte. Weiterspielen? Das Spiel wechseln? Auszahlen lassen?
Ich entschied mich Blackjack zu spielen. Kein Live-Casino sondern ein virtueller Tisch.
Ich nahm mir vor eine einzige Runde spielen.
Ich setzte direkt 500€ und bekam einen Blackjack. Das war so surreal.
Ich beließ es bei diesem einen Spiel und wechselte zum Roulette Tisch. Wieder virtuell, kein Live-Casino.
Ich spiele einige Runden, die Einsätze wurden größer und plötzlich landetet die Kugel auf der 0.
Auf meiner 0.
Das war eine der Zahlen auf die ich am höchsten setzte. Nämlich 40€.
Das war ein Gewinn von 1440€.
Ich spielte nicht mehr weiter. Ich ließ mir 3.000€ auszahlen.
Das war das einzige Mal, dass ich im Vollrausch gewann.

Kurz danach fand ich einen besseren Anbieter. Höhere Quoten, interessantere Slots, größeres Angebot.
An einem Abend zockte ich über einen längeren Zeitraum Slots. Ich tätigte geringe Einsätze in Höhe von 2,50€ pro Spin und gewann über 10.000€.
Ich beendete sofort mein Spiel, ließ 8000€ auszahlen und der Rest verblieb auf dem Konto.

Tage später stand das Wochenende an, wir waren wieder feiern und als ich zurückkam versuchte ich mein Glück im Casino.
Die 2.000€ die ich auf dem Konto ließ, waren ruckzuck weg.
Ich zahlte 2.000€ ein und verspielte diese ebenfalls.
Ich wollte es nicht wahrhaben, dass ich so viel Pech haben kann und versuchte erneut 2.000€ einzuzahlen.
Das klappte allerdings nicht. Das tägliche Zahlungslimit meiner Karte war erreicht. Glücklicherweise.
Dennoch verlor ich an diesem Tag 4.000€.
Ich beschwerte mich beim Support, dass es unseriös sei, betrunkenen Spielern das Zocken zu ermöglichen.
Klar war es naiv zu denken, meinen Verlust durch solche Aussagen wieder zu bekommen, aber ich hatte wenigstens Hoffnung aus Kulanz einen größeren Einzahlungsbonus zu erhalten.

Doch weit gefehlt. Das Konto wurde direkt und für immer gesperrt. Ich bekam außerdem ein Verbot, lokale Wettannahmestellen des Anbieter zu betreten. Andernfalls gäbe es eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch.
Das Angebot des Anbieter mich der damaligen Aufsichtsbehörde zu melden und deutschlandweit sperren zu lassen, schlug ich in Beleidigungen umhüllt, aus.

In diesem Moment ärgerte ich mich mehr darüber gesperrt worden zu sein, als die 4.000€ verloren zu haben.
Wie sollte ich mir die 4.000€ denn jetzt zurückholen können?

Trotz mehrfachen bitten, betteln und beleidigen wurden meine Wünsche, dass Konto wieder zu öffnen, nicht erfüllt.
Unterm Strich verlor ich bei diesem Anbieter laut DSGVO-Auskunft 9.000€.

Mir blieb nichts anderes übrig, als mir einen anderen Anbieter zu suchen.
Der Verlauf war im Grunde derselbe.
Ich gewann bei Sportwetten und verzockte mein Geld betrunken im Casino.
Ich setzte in einem einzigen Spiel über 1.000€ ein.
500€ darauf, dass Mannschaft A mit 2 Toren unterschied gewinnt und weitere 500€, dass die Mannschaft mit 3 Toren Unterschied gewinnt.
Das Spiel endete 5:1, beide Wetten waren gewonnen.
Die Freude darüber hielt allerdings nur bis zum nächsten Casino-Besuch.
Nach 3 Monaten war dort ebenfalls Schluss.
Das Konto wurde wegen exzessiven Spielverhaltens gesperrt.
Verlust in diesen 3 Monaten waren knapp 5.000€.

Ich wettete zu diesem Zeitpunkt gerne deutschen Amateur-Fußball. Allen voran die deutschen Oberligen.
Diese Möglichkeit wurde mir mit den Konto-Sperren genommen.
Die beiden Anbieter die mich sperrten, waren die einzigen die solche Spiele anboten.

Monat für Monat entdeckte ich neue Anbieter die mit Boni lockten. Ich meldete mich reihenweise bei Anbietern an, griff den Neukunden-Bonus ab und verschwand wieder.
Gewinne standen am Ende nicht zu Buche.
Grob zusammengerechnet erzielte ich insgesamt einen Verlust von 2.000€ bei allen Anbietern.


Ich schloss alle Konten bis auf eines.
Dort spielte ich mehrere Jahre ohne gesperrt zu werden.
Es standen immer mal wieder Gewinne von über 1.000€ im Raum, aber auf lange Sicht überwog der Verlust.
Wie groß der Verlust war, merkte ich erst mit Anforderung der DSGVO-Auskunft.
Bei diesem Anbieter gab es jeden Freitag einen 100% Bonus bis zu 300€.
Ich zahlte über ein Jahr jeden Freitag 300€ ein um den Bonus zu kassieren.
Später gab es diesen Bonus sogar zweimal pro Woche.
Über einen längeren Zeitraum zahlte ich 600€ pro Woche ein um ja jeden Bonus mitzunehmen.
Bei diesem Anbieter spielte ich bestimmt 6 Jahre lang und erzielte einen Verlust von 45.000€.


Es muss 2019 gewesen sein, da fand ich meinen Weg zu einem Anbieter aus Österreich.
Hohe Quoten und endlich wieder die Möglichkeit auf Oberliga-Spiele zu wetten.
Die Sportwetten-Gewinne wanderten über das hauseigene Casino wieder zurück zum Anbieter.
Mit Einführung des GlüStV 2021 wurden Wetten auf Amateur-Ligen verboten und für mich war das Sportwetten-Kapitel weitestgehend beendet.
Ich schloss das Konto mit einem Verlust von 12.000€.



Mit Mitte 20, um das Jahr 2015 wurde mein E-Mail Postfach nach und nach von reinen Casino Anbietern geflutet.
Als ich merkte, dass die Boni viel höher sind, als bei normalen Anbietern, meldete ich mich dort direkt an.
Pro Casino gab es 100% Neukundenboni von bis zu 1.500€.
Mit der Zeit war ich bei 5 Casinos angemeldet, von denen mehrere zum selben Mutterkonzern gehörten.

Es gab eine Zeit, da wartete ich nur darauf, endlich einen Bonus zu erhalten um zocken zu können. Die gab es entweder zu Anfang des Monats oder nachdem man tagelang nicht spielte. 200% oder 250% Bonus waren keine Seltenheit.

Die Umsatzbedingungen waren natürlich enorm hoch.
- Der Bonus musste 35 x umgesetzt werden um das Geld auszahlen lassen zu können. 500€ einzahlen, 500€ Bonus erhalten und dementsprechend 17.500€ umsetzen.
- Der Höchsteinsatz war begrenzt. 5 x mal beim Black Jack oder Roulette all in  gehen und Geld auszahlen ging nicht. Zumal das ja auch keinen Spaß gemacht hätte, wenn das Geld direkt weg gewesen wäre.
- Die Spiele hatten alle unterschiedliche Wertigkeiten in Bezug auf den Umsatz. Setzte man 100€ auf Slots so zählten diese zu 100% zu den Umsatzbedingungen. Setzte man dagegen 100€ auf Roulette, so zählten nur 20%, also 20€ zu den Umsatzbedingungen. Bei anderen Spielen waren es wiederum 50% oder sogar nur 1%. Wollte man also ausschließlich Roulette spielen, so musste man keine 17.500€ sondern das Fünffache, also 87.500€ umsetzen.

Mit einem Guthaben von 1000€, 87.500€ beim Roulette umzusetzen ohne „Pleite“ zu gehen ist unfassbar unwahrscheinlich.
Dennoch wurde es von unzähligen Spielern versucht. Mir eingeschlossen.

Sobald man sein Konto also mal auf 2.000€, 3.000€ oder mehr brachte konnte man das nicht einfach auszahlen lassen, so lange die Umsatzbedingungen nicht erfüllt waren.

Es passierte mir mehrmals, dass ich mein Konto mittels Roulette oder Black Jack auf einige tausend Euro hochspielte. Ich wechselte dann auf Slots um die Umsatzbedingungen schneller erfüllen zu können. Geklappt hat es seltenst. Sowohl mein vermeintlicher Gewinn als auch meine Einzahlung waren weg.

Ich erzielte in diesen Casinos nur ein einziges Mal einen höheren Gewinn.
Ich kassierte meinen Bonus, zockte kreuz und quer über Kartenspiele, Black Jack und Slots. Der Kontostand wuchs auf mehrere Tausend Euro. Die Umsatzbedingungen waren aber noch nicht ansatzweise erfüllt.
Die Online-Casinos sind nicht mit normalen Spielhallen zu vergleichen. Man kann online viel höhere Einsätze tätigen. Ich war in meinem Leben genau einmal in einer lokalen Spielhalle. Ich konnte gar nicht glauben, dass der durchschnittliche Einsatz bei 20-50 Cent und der Höchsteinsatz bei lediglich 2€ pro Spin lagen.

Um meine Umsatzbedingungen zu erfüllen, spielte ich an 4 Slots gleichzeitig. Zunächst auf 2,25€ dann auf 6,50€ und irgendwann auf 22,50€ pro Spin. Das ganze dann natürlich noch mal vier genommen.
Mein Konto wuchs und wuchs und wuchs.
Der Balken für die Umsatzbedingungen füllte sich und die Einsätze wurden noch höher. Ich konnte mir ausrechnen wieviel ich noch einsetzen müsste, um mir meinen Gewinn auszahlen lassen zu können.
Ich drehte völlig durch und erhöhte meinen Einsatz auf 62,50€ x 4 pro Spin und anschließend sogar auf 90,00€ x 4 pro Spin.
Ich löste auf solch hohem Einsatz Freispiele aus und gewann über 25.000€.
Die Bedingungen waren erfüllt, ich zahlte 20.000€ aus, den Rest verzockte ich.
Da meine Auszahlung mehrere Tage nicht bearbeitet wurde, fragte ich beim Support nach was los sei. Ich wurde immer wieder vertröstet und musste ständig neue Dokumente einreichen.
Ich habe nicht mehr damit gerechnet mein Geld zu erhalten. Zumal ich mit meinem hohen Einsatz auch gegen die Bedingungen verstieß.
Nichtsdestotrotz war das Geld nach 2 Wochen auf meinem Bankkonto.

Mit diesem Gewinn hätte ich meine damaligen Schulden komplett tilgen können.
Das wollte ich aber nicht. Ich wollte noch mehr gewinnen. Ich nahm das Geld, verzockte es hier und dort und am Ende war alles wieder weg.
Mein Verlust bei allen 5 Online-Casinos waren trotz dieses Gewinns ungefähr 25.000€.

Die Einsätze wurden mit der Zeit immer höher, die Abstände zwischen dem Zocken immer kürzer.
Jegliche Gewinne wurden innerhalb kürzester Zeit bei anderen Anbietern wieder verspielt.
Sobald ich mein Gehalt auf dem Konto hatte, zockte ich im Casino.
Ich hatte den Bezug zu Geld komplett verloren. An manchen Monaten war mein gesamtes Gehalt bereits am ersten des Monats weg.
Ich hatte keine hohen Fixkosten. Musste keine Miete bezahlen da ich bei meinen Eltern wohnte, hatte kein Auto und war in keinem Verein. Meine Hobbys war zocken und saufen.


Es reichte mir nicht nur mein eigenes Geld zu verspielen. Ich bestahl meine Familie, nahm reihenweise Kredite auf und legte mir Kreditkarten zu.
Dazu und zum Trading schreibe ich am Wochenende mehr.

Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #11 am: 27 September 2024, 15:17:08 »
Hallo Galileo

Ich finde deine Beiträge ziemlich interessant.
In vielem kann ich mich wieder erkennen, auch was das Stehlen angeht..

Das dir alles zu Schaffen macht, verstehe ich vollkommen und weiss wie solche Situationen einem den Schlaf rauben können.
Wie wäre es denn, dich einfach mal bei deiner Familie zu entschuldigen und um ihre Verzeihung zu beten? Würde dir da nicht ein Stein vom Herzen fallen?
Mal abgesehen davon wie sie reagieren, bist du deinem Mann gestanden, hast deine Fehler zugegeben und um Entschuldigung gebeten.
Ich denke so würde dir vieles leichter fallen, auch was die Zukunft betrifft. Es gibt kein Problem, das man nicht lösen kann, man muss es nur richtig angehen!

Ich freue mich mehr von deiner Geschichte zu hören :)

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Offline Rubbel

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Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #12 am: 27 September 2024, 16:00:57 »
Hallo lieber Galileo🙋

Nach wie vor lese ich Deine Beiträge voll gerne, und das liegt daran, dass Du durchgehend authentisch schreibst und Dich nicht in Schuldzuschreibungen, Selbstmitleid, Opferhaltungen und irgendwelcher Heucheleien ergehst 😊und glauben lassen willst, dass Du nun in ein Moralinfass gefallen seist. Wenn diese Zockerzeit lange andauert, weiß jede/r um seine Ambivalenzen und erfährt sich auf mehrfach "teure' Art. Es zeugt von Intelligenz und auch Ernüchterung, sich ungeschönt, aber auch ohne Zusatzanklage dem zu stellen, was man schädlicherweise betreibt, und was sich schon eingefräst hat. Allerdings hat das auch was zu tun mit Bequemlichkeit, von Gewohnheiten zu lassen, sogar überhaupt großartig drüber nachzudenken. Es anzunehmen scheint einfacher ... weiß ich von mir selbst noch. Aber ich war auch auf der Kippe zur Verzweiflung über das Gefühl, kaum noch wählen zu können, sondern diese eingetretenen Wege zu gehen, immer wieder. Ab da hatte ich Angst, im wahrsten Sinne den Verstand zu verlieren  Und ich vermute, auch Du kennst das Gefühl. Du könntest Dir als Experiment etwas anderes Reizvolles aussuchen oder erarbeiten, vllt erst mal für 2-3 Monate, mit Dir selbst und Deinem Verstand zu 'spielen', denn davon hast Du jede Menge!, das lese ich aus jedem Satz von Dir. Mit dem Potenzial bist Du so gut versorgt, dass Dir absolut viele Wege offen stehen.
Ja, soooo, musste mich gerade echt anstrengen, ohne Brille  auf diesem kleinen Smartphonescreen zu schreiben, aber DAS war es mir wert. Ich freu mich schon auf weitere Einträge von Dir ... LG Rubbel

« Letzte Änderung: 27 September 2024, 16:05:39 von Rubbel »
--Meist ist Geist geil--

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Online Ilona

  • *****
  • 3.889
    • Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #13 am: 04 Oktober 2024, 09:00:52 »
Hallo Gslileo,
wir vermissen dich. Alles ok bei dir?
LG Ilona

Re: Galileos Tagebuch
« Antwort #14 am: 09 Oktober 2024, 19:00:55 »
Hallo
Mir geht’s gut 😃
Ich schreibe eventuell am Wochenende weiter.

 

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