Hey
Nachdem ich lange Zeit hier nur stiller Mitleser war, möchte ich mich nun auch mal vorstellen und euch an meiner Geschichte teilhaben lassen...
Angefangen hat alles 2018, mehr oder weniger aus Langeweile. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eigentlich alles, was ich wollte und mein Leben verlief in geregelten Bahnen. Studium mit sehr guten Noten, ein Ziel vor Augen, eine tolle Freundin an meiner Seite, gute Freunde und mit Geld hatte ich auch nie Probleme. Im Gegenteil ich bin eigentlich immer sehr sparsam und sorgsam damit umgegangen, so dass ich mir sogar, trotz Studium, einen kleinen 6stelligen Betrag ansparen konnte...
Eines Abends bin ich beim Surfen am PC dann über eine der klassischen Werbungen gestolpert ("Bonus ohne Einzahlung etc.) und habe mich dann aus Langeweile
bei dem Casino registriert. Vorher habe ich noch nie eine Spielothek oder ähnliches besucht und das Thema Glücksspiel und Spielsucht war mir komplett fremd. Aus dem Bonus habe ich dann letztendlich 60€ gemacht, diese ausbezahlt. Habe mich gefreut und erst mal nicht weiter an das Thema gedacht.
Nur habe ich in der darauffolgenden Zeit immer wieder Werbung für Online-Casinos gesehen (egal ob TV oder Internet) und irgendwann nochmal aus Langeweile 20€ eingezahlt. Diese dann verloren und mich tierisch drüber geärgert...
Tja, damit fings dann mehr oder weniger so richtig an. Weil ich mich so geärgert habe, hab ich nochmal eingezahlt und wieder verloren und mich wieder geärgert und nochmal eingezahlt (irgendwann musste es ja klappen). Um so mehr ich verloren habe, um so mehr habe ich mich geärgert und versucht den Verlust auszugleichen. Das gelang einem dann irgendwann Ansatzweise und ich war froh mit blauem Auge davon gekommen zu sein. Solange, bis ich ein paar Tage später dann naiver Weise denkt: "Hat ja einmal geklappt, warum nicht nochmal? Nur diesmal direkt?" Also wieder eingezahlt...und verloren... und eingezahlt...und verloren...und geärgert...und eingezahlt...und so weiter.
Irgendwann dann aus Langweile immer mal wieder nebenher gezockt und so hat sich irgendwann in meinem Verhalten etabliert einfach bei Langweile ein bisschen zu zocken. Meist nur mit mäßigem Erfolg und dem verzweifelten Versuch verlorenes Geld zurück zu gewinnen. Ich habe mich in den darauffolgenden Monaten/Jahren (2-3 Jahre) dann immer mehr abgekapselt, immer öfter gezockt, immer mehr Freunde, Freundin, Familie und Studium vernachlässigt und immer mehr Geld verloren. Bis schließlich alles ersparte aufgebraucht war und ich kaum noch Geld hatte. Das hat mich dann erst mal in eine tiefe Depression gestürzt und dazu geführt, dass ich mein Umfeld noch mehr vernachlässigt habe und sich auch mein Verhalten immer mehr geändert hat. Ich wurde immer ernster, pessimistischer, unmotiviert und mit mir selbst beschäftigt. Das ich mich verändert habe, fiel vor allem meiner Freundin auf, die darauf hin vermutete, ich würde ihr Fremd gehen. Dadurch krieselte es immer mehr bei uns und wir entfernten uns immer weiter voneinander. Da wurde mir klar, dass ich ein Problem habe . Das ich spielsüchtig bin (zu dem Zeitpunkt hatte ich ca. 45.000€ verzockt)!
In der darauffolgenden Zeit setzte ich alles daran, meine Spielsucht zu verstehen, Wege daraus zu finden, Wege aus der Depression zu finden und wieder zu mir selbst zu finden. Das war ein langer, beschwerlicher Weg, der nicht von heute auf morgen geht und der mir sehr viel abverlangte. Langsam aber sicher merkte ich aber Fortschritte und fing wieder an zu mir selbst zu finden. Jedoch war bis dahin schon zu viel in meiner Beziehung kaputt geworden und meiner Freundin ging es nicht schnell genug, dass ich aus der Depression herauskomme (sie hat zwar versucht mich zu verstehen, aber es letztendlich doch nicht können. Oder eben nicht die nötige Geduld mit mir gehabt). Deswegen hat sie dann irgendwann überraschend Schluss gemacht und ich war am Boden zerstört und wieder zurück in dem Loch aus dem ich mich gerade am rauskämpfen war...
Dadurch kam dann natürlich der Rückfall und ich verzockte in den darauffolgenden Monaten wieder mehrere tausend Euro.
Irgendwann war ich dann ganz unten und es fingen die ersten Selbstmordgedanken an...
Trotzdem dauerte es dann nochmal eine lange Zeit bis bei mir die Erkenntnis und der absolute Wille kam mich aus der Sch**e zu lösen.
Mittlerweile habe ich eine neue Partnerin, der ich meine Sucht auch direkt gestanden habe und die von Anfang an trotzdem zu mir gehalten hat und mir geholfen hat.
Mittlerweile bin ich seit über einem Monat komplett spielfrei und optimistisch, dass das auch so bleibt.
Warum bin ich so optimistisch? Man kennt doch das Rückfallrisiko?
Ja...ich bin mir dessen bewusst. Aber ich habe mittlerweile ein komplett anderes Denken zu meiner Sucht, den biochemischen Abläufen des Ganzen und ich habe vielzählige Vorkehrungen getroffen, die mich vor einem (hoffentlich nie eintreffenden) Rückfall bewahren. Darunter: Sperre durch OASIS, Freundin/Freunde/Familie eingeweiht, Sperre in sämtlichen OC's, Sperre von Kreditkarten und anderen Online-Bezahldiensten, regelmäßiges Vor-Augen-führen der negativen Konsequenzen von Glücksspiel (bspw. hier im Forum), Offenlegung meiner Finanzen und Ausgaben bei meiner Freundin (die mich dabei unterstützt), Führen eines Haushaltsbuches, Gamble-Block-Apps auf PC und Handy und vorallem noch Pläne in der Hinterhand um gegebenenfalls noch weiter alles zu verschärfen (Abgabe meiner kompletten Finanzen an Freundin/Familie, Sperre Online-Banking, Adressen und Termine von verschiedenen Selbsthilfegruppen usw.).
Suchtdruck habe ich aber zum Glück mittlerweile keinen mehr und damalige Trigger wirken auch nicht mehr auf mich. Dies vorallem weil sich meine komplette Einstellung zu Glücksspiel nachhaltig geändert hat. Mittlerweile weiß ich, dass man da nur verlieren kann und wie verbrecherisch organisiert das Ganze ist.
Ich zahle jetzt langsam meine Schulden (die sich, Gott sei Dank, in sehr überschaubarem Rahmen halten) ab und arbeite weiter daran mich von allem zu lösen und davon fernzubleiben. Zudem gehts mir mittlerweile von Tag zu Tag besser und meine Depression habe ich auch überwunden. Jetzt kann ich langsam wieder optimistisch in die Zukunft schauen.
Wünscht mir weiter viel Erfolg 😊