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Jetzt ist es raus

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Jetzt ist es raus
« am: 23 April 2024, 06:41:15 »
Gestern ist die Bombe geplatzt, ich bin aufgeflogen. Meine Frau, die mir in Geldangelegenheiten immer zu 100% vertraut hat, konnte das Unverkennbare nicht mehr übersehen: alle Ersparnisse sind weg.
Ca. 200.000 Euro verzockt an der Börse von mir.

Von jemandem der natürlich immer wusste wie man Daytrading profitabel betreiben kann; es nur leider nie geschafft hat. Wieder und wieder nicht.
Eines konnte ich noch nie: langfristig die Kontrolle bei diesen Dingen behalten. Die Geschichten hier im Forum haben es mir eindeutig vor Augen geführt: Ich war schon immer ein Spieler. Ob es Poker online oder im Casino war oder Sportwetten. Beides jedoch im vergleichsweise kleinen Rahmen und nach Sperren happy damit gewesen; nix vermisst, alles soweit okay und verbucht als Lehrgeld.

Mit dann 40 Jahren, unfassbar glücklich verheiratet, 2 fantastische Kinder, einen guten Job, eigenes Haus, kurzum alles was ich mir nur wünschen kann! Da ging es los.
WAS hat mich dazu bewogen am Ende in gut 3 Jahren alles Ersparte zu verballern (korrekterweise nicht nur unseres, sondern ich bin auch an Teile des Geldes meiner Mutter gegangen, denn wenn man so erfolgreich ist, sollen doch andere Familienmitglieder gleich mit davon profitieren)? Getriggert hat mich vermutlich der Tod meines Vaters kurz zuvor. Nur eine These, die es aufzuarbeiten gilt.
 
Am Ende des heutigen Tages, nach vielen Gesprächen, teilte mir meine Frau mit, dass der Vertrauensverlust so schwer wiegt, dass sie sich trennen will. Nun kenne ich sie schon über 10 Jahre und weiß: das ist purer Ernst. Das Finanzielle ist das eine; das jahrelange Lügen das andere. Da bin ich glaube ich das erste Mal in meinem Leben richtig zusammengesackt. Unvorstellbares wird wahr. Weil ich … ja WAS eigentlich!? Nicht zu fassen.

So wie viele es sicherlich auch behaupten nach derlei einschlägigen Erlebnissen: aber ich bin durch mit all dem selbstzerstörerischen Tun. Um es nachträglich zu beweisen hier mal der Start im Tagebuch.

Zudem werde ich mal die SHG besuchen plus denke ich eine Therapie eingeschlagen; nicht zuletzt auch für meine Kinder. Hoffentlich bekomme ich meine Ehe auch noch gerettet. Was eine große Sch… Diese Woche steht noch der Gang zu meiner Mutter und den besten Freunden an.

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Offline Wolke 7

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Re: Jetzt ist es raus
« Antwort #1 am: 23 April 2024, 07:51:00 »
Hallo Chrissi,

willkommen hier im Forum.

Der große Knall ist da ....ein Schock ,aber eine unglaubliche Chance. Du hättest doch sonst weiter gemacht oder ? Wenn das ersparte Geld weg ist, leiht man sich hier und da was ,dann kommt der 1. ,2. und 3. Kredit.....Schulden scheinst du ,ausser private bei Freunden und Familie, keine gemacht zu haben oder?

Auch wenn der große Knall jetzt da ist und du das hier denkst:

Zitat
So wie viele es sicherlich auch behaupten nach derlei einschlägigen Erlebnissen: aber ich bin durch mit all dem selbstzerstörerischen Tun

Das ist im 1. Moment so und hält ,bis der Suchtdruck wieder anklopft. Kann nach 2 Tagen wieder anders aussehen, manchmal hält es 1-2 Monate.

Deine ersten Ansätze sind gut ,wenn du sie durchziehst......Beratungsstelle ,SHG ,eventuell Therapie.....Klinik oder z.b Verhaltenstherapie.....da kannst du die Spielsucht bearbeiten und auch über den Verlust ,die Trauer von deinen Vater reden. Das hängt möglicherweise zusammen .

Ob du durch dein Handeln gegen die Sucht auch deine Ehe retten kannst ,wird die Zeit zeigen und wie ernst und dauerhaft du das durchziehst,ob du es für dich oder andere machst.....

LG Wolke


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Offline Olli

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Re: Jetzt ist es raus
« Antwort #2 am: 23 April 2024, 09:15:50 »
Hi Chrissi!

Am Wochenende habe ich online an der Suchtselbsthilfekonferenz der DHS teilgenommen. Du kannst Dir vorstellen, dass hier alle möglichen Süchte vorhanden waren.
Ich weiß jetzt nicht mehr wer es war ... doch eine Person berichtete, dass er nie etwas davon wissen wollte süchtig zu sein, bis es eben zum großen Knall kam.
Bei mir war das damals ähnlich, doch der Knall bei mir, der fand gefühlt in Zeitlupe statt und zog sich über Monate.

Ja ... nur zu gerne habe ich so manches verdrängt, auch mit der Suchtausübung. Trotzdem sind mir so etliche Gedanken durch den Kopf gegangen, die mir sehr wohl sagten ... "Olaf, was Du da tust, das ist nicht richtig!" Hat mich das aber abgehalten? Natürlich nicht! Das,was das Glücksspiel bei mir jahrelang positiv besetzt hatte, das wurde längst nicht mehr ausreichend bedient. Der Mensch ist aber ja ein Gewohnheitstier ... und ich somit auch ... ob ich das möchte oder nicht ...
Was ich Dir sagen möchte: Auch Du wusstest genau, was Du getan hattest ... und Du hast weiter gemacht.

Ich selbst habe einmal einen Betrug begangen und so oft ich mir auch einrede, dass dahinter keine Absicht stand ... am Ende des Tages war es ein Betrug. Dafür schäme ich mich auch heute noch und ich kann und möchte Dich nicht verurteilen. Doch Du hast die Chance, es wieder hinzubiegen.

Zitat
Zudem werde ich mal die SHG besuchen plus denke ich eine Therapie eingeschlagen

Stop! Ist das jetzt nur unglücklich ausgedrückt? Oder eierst Du hier tatsächlich schon rum? Gehe in eine SHG ... oder zwei oder drei ... gehe in eine Beratungsstelle und lasse Dich da auch wegen einer potentiellen Therapie beraten. Punkt! Ab jetzt gibt es kein "schauen wir mal ..." mehr. Wenn Du Deine Ehe retten möchtest, dann müssen Taten folgen. Versprechungen sind genauso schnell gebrochen, wie sie ausgesprochen sind. Doch an Deinen Taten, daran kann man Dich "messen" ...

Und auch neeeeee ,,, nit für die Kinder ... nit für die Frau ... nit für Nachbars Katze ... menno ... FÜR DICH! ;)
Wenn es Dir gut geht, dann färbt das doch automatisch ab an all die Anderen. Wenn Du es aber "für sie" machst, dann instrumentalisierst Du all die Personen. Wenn Du scheitern solltest, dann werden sie es gefühlt Schuld sein ... weil Deine Frau Dich doch verlassen hat ... weil die Kinder jetzt bei der Mama wohnen ... weil die Katze Schrödinger gehört und mal lebt und dann wieder tot ist!

Zum Schluss wünsche ich mir von Dir, dass Du mit Deiner Frau Geduld hast. Für sie ist das alles neu und sie kennt sich bestimmt nicht mit Süchten aus.
Du alleine ... sie alleine ... ihr beide zusammen seid herzlich willkommen im Webmeeting am Samstag um 19 Uhr ... bitte pünktlich sein! Der Link steht in meiner Signatur.

« Letzte Änderung: 23 April 2024, 10:50:53 von Olli »
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Jetzt ist es raus
« Antwort #3 am: 23 April 2024, 09:49:49 »
Hallo Olli,

Erst einmal vielen Dank für die schnelle Antwort und generell für eure Arbeit, die ihr hier mit dem Forum leistet. Ich habe in zwei Nächten gefühlt das ganze Forum durchforstet, was mir schon sehr viel geholfen hat für mich einzuordnen.

Du hast Recht: WAS ich getan habe war mir bewusst und es hat mich nicht abgehalten.
WARUM allerdings weiß ich bis heute nicht. War es die Suche nach dem schnellen Geld für ein noch besseres Leben (schlecht ging es mir/uns nie; eher das Gegenteil)? Oder hat mich der bereits erwähnte Tod meines Vaters final getriggert? Ich habe in der Spitze so die Kontrolle verloren, dass ich an einem Tag 40k in den Sand gesetzt habe. Blöderweise hatte ich zuvor auch schon mehrfach fünfstellige Tagesgewinne, die schnell wieder vernichtet wurden. Da waren die 2x10k danach, als ich wieder einen Sparplan leer geräumt hatte auch „egal“. Im Poker nennt man es „Tilt“ und der hat mich immer wieder heimgesucht. Alleine das zu schreiben macht mich gerade einfach nur wütend.
Das muss ich therapieren lassen und Termin mit dem Hausarzt ist schon mal gemacht.

Ja, meiner Frau muss ich Zeit geben und kann einfach nur hoffen und mit Taten beweisen, dass ich es in den Griff bekomme. Sie unterstützt mich tatsächlich jetzt in der Kommunikation, Aufstellung der Finanzen und das Thema Trennung wird in ein paar Monaten nochmal „final“ geklärt werden. Puh, das war eine kleine Erleichterung für mich muss ich sagen, denn das würde mir die Füße erneut wegziehen. Aber nicht zu früh freuen; jetzt bin ich dran zu liefern.






Re: Jetzt ist es raus
« Antwort #4 am: 24 April 2024, 10:37:48 »
So, Tag 3 nach dem großen Knall. Was ist seit dem passiert und was habe ich gemacht. Es jetzt runter zu schreiben hilft vielleicht nochmal.

1. kein Trade mehr gemacht, was aber ehrlicher wegen mangelndem Cash und anstehender monatlicher Zahlungen eh nicht bzw. kaum ginge. Behaupte jetzt aber mal ich hätte es auch mit verfügbarem Cash nicht gemacht.


2. alle Apps Börsenportale und Trading gelöscht. Und auch keine Kurse mehr verfolgt, die mir sagen könnten, ach hätte ich doch mal; ich hab ja gewusst, dass es jetzt hoch oder runter geht.

3. Finanzplan aufgestellt mit Einnahmen und Ausgaben und mit meiner Frau besprochen. Wegen meines guten Jobs sieht der nach vorne hin natürlich gut aus. Was weg ist weg; das schmerzt natürlich immer noch. Ein paar unnötige Fixkosten gekündigt. Zudem, und das hilft natürlich, werden wir eine Eigentumswohnung verkaufen, die nach Abzug von Schulden und leider auch Steuern, wieder einen finanziellen Puffer geben wird. Dem Erlös wird meine Frau verwalten. Meine heissgeliebte Comicsammlung wird auch verkauft, hat meine Frau eh nie verstanden und ist ein gutes Zeichen.

4. meiner Frau und mir (!) versprochen, dass ich nie mehr Traden werde. Okay, das sagt natürlich jeder, aber das Ziel ist klar formuliert, was es bisher nicht war.

5. Termin mit Beratungsstelle für nächste Woche gemacht.

6. viel Zeit mit meinen Kindern verbracht und jeden Tag einen langen Spaziergang gemacht.

Wie geht es weiter:
Heute spreche ich mit meiner Mutter und offenbare ihr, dass ich ihr halbes Erspartes verballert habe. Keine Ahnung wie das laufen wird. Zittern mir gerade die Knie, aber da muss ich jetzt durch.
Mein bester Freund wird morgen eingeweiht (hier habe ich mir aber nichts geliehen).

Die Zeit, die ich habe will ich mit sinnvollen Dingen wie Zeit für die Kinder und Entlastung meiner Frau nutzen (ich habe aktuell Urlaub).

SHG am Samstag, da ringe ich mit mir, aber warum eigentlich? Jetzt habe ich doch schon einiges Gutes, so meine ich, in die Wege geleitet.

Zuletzt stelle ich fest, dass dieser Befreiungsschlag vielleicht auch etwas Gutes hat, denn es wäre weitergegangen, mit Sicherheit.



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Offline Olli

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Re: Jetzt ist es raus
« Antwort #5 am: 24 April 2024, 13:31:59 »
Hi Chrissi!

Zitat
SHG am Samstag, da ringe ich mit mir, aber warum eigentlich? Jetzt habe ich doch schon einiges Gutes, so meine ich, in die Wege geleitet.

Du bist in einer Gruppe kein Bittsteller. Du bist, wie jeder andere auch, jemand, der seine Erfahrungen zur Verfügung stellt und ebenso darfst Du Dich, wie jeder andere auch, an den Erfahrungen der Anderen bedienen.
Du brauchst auch nix vorweisen. Na klar wissen wir alle, dass wir ins Handeln kommen müssen. Da warst Du also schon aktiv. Doch Du wärest auch willkommen, wenn das alles noch vor Dir liegen würde.

Weisst Du ... Du selbst bist derjenige, der an sich arbeitet. Das nimmt Dir keiner ab. Willst Du also Schiss vor Dir selbst haben? Dann fange schon mal an alle Spiegel im Haus und Auto zuzuhängen ... :)

Wenn Du Samstag ins Meeting kommst, unterhalten wir uns mal über das "nie mehr" ... es ist nur eine kleine Veränderung des Blickwinkels nötig ... ich möchte aber nicht vorgreifen ... :)

Ich drücke Dir die Daumen für das Gespräch mit Deiner Mutter!



Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Jetzt ist es raus
« Antwort #6 am: 30 April 2024, 17:11:00 »
Hallo zusammen, hier mal ein kleines Update von meiner Seite (hilft mir auch wenn ich es mal niederschreibe habe ich gemerkt).

Heute hatte ich meinen ersten Termin bei einer Beratungsstelle (Diakonie). War schon ein großer Schritt, denn ich bin ein Typ, der seine Probleme immer nur mit sich selbst ausgemacht hat. Aber ich habe mich im Gespräch gut gefühlt und und schon ein paar gute Ansatzpunkte mitgegeben bekommen. Schlussendlich braucht es aber die Therapie. Das loten wir jetzt noch aus, ob stationär oder ambulant.

Der heftigste Moment für mich letzte Woche war die Offenlegung der Kontobewegungen und Abgabe der Zugangsdaten an meine Frau (bei mir ging alles über ein Konto/Depot und nicht verteilt über mehrere). Gefühlt wurde somit das ganze „Elend“ der letzten Jahre sichtbar. Aber: das hatte auch etwas Befreiendes: keine Geheimnisse mehr; es liegt alles auf dem Tisch.

Achso, spielfrei bin ich seit dem weiterhin, und aktuell juckt auch nix. Gestern kam Gehalt und ne Steuerrückerstattung und die bleiben auch dort wo sie sind. Bin voller Tatendrang, wird aber sicherlich auch wieder schwierigere Momente geben. Die Stimmung zuhause ist natürlich weiterhin auf dem Tiefpunkt.

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Offline Wolke 7

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Re: Jetzt ist es raus
« Antwort #7 am: 30 April 2024, 18:18:05 »
Hey Chrissi,

gut ,dass du dich allen geöffnet hast und das erste Beratungsgespräch hattest .

Deine Frau ,deine Familie braucht Zeit, um selbst das alles zu verarbeiten. Du fühlst dich befreit/entlastet ,sie fühlen sich belastet. Es gibt auch Beratungen für Angehörige....falls sie jemanden zum Reden brauchen.

Zitat
wird aber sicherlich auch wieder schwierigere Momente geben.

Und auf die solltest du dich mit der Beratungsstelle oder vielleicht mit Hilfe einer SHG vorbereiten.....rede aber auch sofort mir deiner Frau, wenn du Suchtdruck spürst. Rede über deine Gefühle, zeig ihr ,dass du ihr vertraust.

LG Wolke


Re: Jetzt ist es raus
« Antwort #8 am: 08 August 2024, 09:51:29 »
Hallo Chris,

ich habe deinen Beitrag mit Interesse gelesen und verfolgt. Hast du vielleicht Lust, zu erzählen, wie es weiterging? Wie geht es dir, was hat die Zeit mit dir gemacht in den Monaten nach dem großen Knall?

Viele Grüße
Harry

 

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