Hi Jusy!
Herzlich willkommen!
Nun, es hat nichts mit Dir zu tun, dass er Dich angelogen hat - und das über wohl längere Zeit. Du hättest nichts machen können, was ihn "eher" dazu verleitet hätte, sich Dir zu öffnen.
Wir Spieler sind stinknormale Menschen. Als Solche wissen wir, was den Regeln und Normen entspricht. Eher intuitiv für die Meisten wissen wir auch sehr wohl, wenn wir gegen Werte einer sozialen Gruppe - hier in Eurer Beziehung - versoßen.
Damit das nicht zur Regel wird, hat die Natur die Scham erfunden. Sie ist eine mächtige Emotion und soll die Verstöße verhindern. Bei einer Sucht jedoch ist sie oft kontraproduktiv. Da wird sie genutzt, sich selbst zu schützen.
Dein Mann hat also sich und seine Sucht geschützt, indem er Dich belogen hat.
Das alles wird aber nicht mit einem Paukenschlag geschehen sein. Alles wird ganz harmlos angefangen haben. Glücksspiel ist ja nun mal so konzipiert, dass es Spaß machen und den Spieler dadurch binden soll. Es spricht die Emotionen an ... ausgesuchte Emotionen aus der Gefühlspalette, die aber verstärkt wahrgenommen werden. Zumal sind es Glück, Wut oder sogar Hass. Es ist einer Sucht egal, ob die Gefühle positiv oder negativ sind.
Nach einer Gewöhnungsphase kommt die Problemphase. Sie schleicht sich ein. Hier werden sowohl die aufgewendeten Zeiten erhöht, als auch der Einsatz. Die geschilderten Gefühle werden durch das körpereigene Belohnungssystem über situationsbedingt ausgestoßene Endorphine, u.a. Dopamin, erlebt. Der Körper gewöhnt sich aber an die höheren Dosen und so wird die Suchtausübung gesteigert.
Zeit und auch Geld sind aber endlich. Bei der Zeit hat Dein Mann es wohl so gehalten, dass er sie auf Zeiten außerhalb des Familienlebens verlagert und dort eingedämmt hat. Beim Geld hat er dies nicht mehr geschafft. Es wird mit einer Kontoüberziehung angefangen haben. Da dort die Zinsen viel zu hoch sind, wird er den ersten kleinen Kredit aufgenommen haben. Über die Zeit wurde der Überziehungsrahmen wieder ausgenutzt ... und am Ende des Tages sind 60.000 € an Krediten aufgelaufen.
Wenn Du nun denkst ... er hätte aber doch jederzeit mit Dir reden und dem Ganzen ein Ende setzen können, dann hast Du Recht. Aber ... wie hätte er Dir das alles erklären sollen? Er weiss doch selbst nicht, wieso er handelt wie er handelt.
Zu der Scham gesellte sich mit der Zeit auch Schuld. Denn Dein Mann ist nicht dumm ... er weiss selbst, dass die Tilgungsrate der Familienkasse fehlt.
Obwohl die Auswirkungen der Sucht sich sehr wohl nun auf die Familie auswirken, so haben aber die Ursachen nichts mit ihr zu tun. Die liegen einzig und alleine bei ihm.
Er möchte uns nicht verlieren und wäre zu einer Therapie bereit.
Das ist die richtige Motivation, aber mit dem falschen Motiv ...
Er sollte das Hilfesystem für sich selbst in Anspruch nehmen. Der Rest ergibt sich dann von selbst ... wenn es ihm wieder gut geht, wird es auch Euch gut gehen.
Nächste Woche Samstag ist wieder Webmeeting. Oben links steht ein Link zu einem Thread, in dem alles erklärt ist, was Du wissen solltest. Du bist herzlich eingeladen, daran teilzunehmen, gerne auch mit Ehemann.
Mein erster Gedanke war, er soll hier raus ich will ihn nicht mehr. Ich möchte erst mal eine räumliche Trennung aber wie soll ich das den Kindern erklären?
Dann wiederum weiß ich, dass er krank ist. Sollte ich nicht an seiner Seite stehen?
Natürlich kannst Du Dich trennen, wenn Du möchtest. Im Moment erscheint mir aber Deine Verletzung das Hauptmotiv zu sein und nicht fehlende Liebe. Mit meiner Schilderung da oben möchte ich Dir helfen, einmal einen Schritt zurück zu treten und Dir ein "besseres Bild" zu machen, wie man so schön sagt. Vielleicht aber auch um "das Große und Ganze" zu sehen?
Ich finde es übrigens super, dass Du Dich sofort an das Hilfesystem gewandt hast. Auch das ist nicht selbstverständlich!
Wie sollen wir die Schulden begleichen?
Nur um es mal zu betonen: Es sind SEINE Schulden! Du hast nichts unterschrieben und er haftet bei einer Trennung selbst dafür.
Dann muss geklärt werden, ob das nur die Spitze des Eisberges war. Du erinnerst Dich ... Scham und Schuld ... gibt es noch Kreditkarten, die er ausgereizt hat? Weitere versteckte Kredite? Er muss alles erst mal auf den Tisch legen.
Einigen Suchtberatungsstellen, z.B. der Caritas, sind Schuldnerberatungsstellen angeschlossen. Hier empfiehlt es sich, sich ausgiebig beraten zu lassen. Sollte eine Privatinsolvenz sinnvoll sein, dann ist er in 3 Jahren nach Start der PI wieder schuldenfrei.