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Was hält Euch Spielfreie vom Spielen/Rückfall heute ab?

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Offline Rubbel

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Was hält Euch Spielfreie vom Spielen/Rückfall heute ab?
« am: 14 November 2023, 15:54:12 »
Was hält Euch 'trockene Spieler*innen' vom Zocken ab?

Durch die heutige Antwort von Olli auf 'P-Toni' ist mir durch den Kopf gegangen, was mich abhält davon. Die Antwort von Olli, die diesen Thread 'hervorgebracht' hat, habe ich unten hinein kopiert.

Dass ich mich hier im Forum angemeldet habe, war
1.: meine ständige Vergegenwärtigung, dass ich mir selbst und durch teilweise Nicht-Erreichbarkeit auch meiner Tochter Schaden zugefügt habe. Meinen Schaden kann ich noch fühlen, den meiner Tochter nicht. Ich war interessiert, wie ein Onlineforum für Spielsüchtige mit der Sucht 'heutzutage' umgeht. Ich fand dieses Forum interessant.
2.: Als erster mich extrem im 'Impuls' erwischter Beitrag fiel mir ein Beitrag einer Angehörigen auf, die sehr litt, aber es nicht schaffte, sich von ihrem spielsüchtigen Partner zu trennen. Ich fühlte eine Verbundenheit als Frau, die kennt/kannte, zu hadern und zu zaudern, sich aus 'giftiger' Beziehung zu lösen und fühlte, dass ich 'sauer' wurde, sauer und ungeduldig.
3. Die Aufforderung, mich zunächst einmal vorzustellen (Ilona schrieb das), hielt ich für fair, habe dann meine Geschichte gerafft hier eingestellt und bin hier 'geblieben'. Die Motivation hierzu war die Konsequenz aus o.g. und die Möglichkeit, andere Menschen evtl. durch meine (krasse) Erfahrung unterstützen zu können.
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Immer wieder ist mir an mir selbst aufgefallen, dass ich mich der Thematik wieder angenähert habe, was eigentlich schon passé war - aber wer weiß, wozu es gut war, jedenfalls dazu, dass ich meine Gefühle ggb. dem Glücksspiel immer wieder erkenne -.
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Ich sitze manchmal im Bus (vor allem, wenn ich im BUS sitze und auf der Fahrt Spielha/ö/llen aus dem Fenster sehe,) und frage ich mich selbst: Würde ich dort hineingehen wollen, ganz tief im Inneren? Lockt es mich? (Das ist eine Frage, die ich mir auch gestellt habe, als ich noch 'aktive Spielerin' war, woraufhin ich dann auch gleich überlegt habe, woran ich dann sparen müsste/könnte.)
Der Gedanke 'würde ich?' kommt ungerufen also auch heute noch auf, vornehmlich im Bus.
Er bringt mir keinen Schrecken. Er bringt mir Angst und Ekel.
Angst, dass es mir psychisch je wieder so schlecht geht. *Nachtrag:* Das gröbste der Angst kann ich benennen: Die Tiefe von Verletzung und Verletzbarkeit ganz ohne Schutz so schmerzhaft zu spüren. Angeschlichen mit den Gedanken ans Zocken, sich  einschleichend und aufbauend beim Zocken und quasi (fast?) mit eigenem Willen bis in den tiefsten Schmerz zu lassen und sich da auszubreiten. Egal, ob Gewinn oder Verlust. Gewinn bedeutete noch mehr Ausbeutung meiner selbst und immer öfter diesen tiefen Schmerz.

- 'Ich verliere alle Würde, wenn ich nicht sofort gehe', hab ich gedacht, Angst hatte ich, Scham bis ins Innerste vor mir selbst, meinen inneren Werten - mein Kopf wollte mir immer helfen: Ich hörte meine Gedanken, dass ich doch alles weiß, dass dieser Scheiß hier Betrug ist, dass die Gelder schmutzig sind, dort gewaschen werden, und wer weiß ... Drogenhandel, Menschenhandel, Morde, (Zwangs-!)Prostitution,  Korruption, die ganzen mafiösen Hintergründe ... und ich sitze HIER und unterfüttere das? Ich heiße das doch für so krass kriminell, für so ungerecht, für so furchtbar - alles, was betrieben wird, wodurch und womit anderen Menschen geschadet wird. - Und ich blieb sitzen. Ich konnte nicht aufstehen. Das war so mies, das will ich niemals wieder erleben. -

Ekel, mich selbst vor meinen Augen, also in der Phantasie, dort sitzen zu sehen, vor so einem Gerät, die Geräusche zu hören, alles drumherum.
Jetzt beim Schreiben kommt das Bild auch wieder. Am PC oder Smartphone zu hängen, wäre für mich dasselbe an Gefühlen, sogar noch ekliger irgendwie, weil ich darin für mich eine Suchtausübungs-Gier damit verbinde (Wortschöpfung ;D).
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Wie also ist das bei Euch?

Viele Grüße in die Runde
und alles Gute für Jede/n
Rubbel


Zitat
Tja, würde ich ins Forum schreiben bei einem Rückfall? Ich widme ihm so viel Zeit, motiviere und baue auf. Gebe Erfahrungen weiter. Zeige ich da nicht permanent Stärke und teile sie? Es würde schwer werden, doch ich denke, ich würde es tun. Weil ich eben auch meine sensiblen und verletzlichen Seiten an mir habe. Wie könnte ich da schweigen? Ich würde mich als Heuchler fühlen und das will ich nicht. Diese negativen Gedanken brauche ich nicht mehr. Bliebe also nur der Zeitpunkt, an dem ich mich hier offenbaren würde. Auch bei mir wäre der Rückfall geplant. Ich würde mir die Erlaubnis geben zu spielen und dabei alles ausblenden, was mich von der Erlaubnis wieder wegführen könnte. Die Erlaubnis enthielte also auch gleichzeitig ein Verbot: vorab nicht ins Forum zu gehen und darüber zu schreiben. Erst wenn alles passiert wäre und mir diese Erfahrung wieder vor Augen führt, dass die verheißungsvollen Gedanken vor dem Spiel wieder einmal nur Illusionen gewesen sind, auf die ich hereingefallen bin, würde ich hier schreiben und mich zerfleischen. Denn das wäre wohl emotional die Erwartungshaltung, die ich an die anderen habe. Vielleicht wird es ja weniger schmerzhaft, wenn ich den Anderen die Arbeit schon abnehme?
« Letzte Änderung: 14 November 2023, 17:23:38 von Rubbel »
--Meist ist Geist geil--

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Offline Olli

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Re: Was hält Euch Spielfreie vom Spielen/Rückfall heute ab?
« Antwort #1 am: 15 November 2023, 21:12:50 »
Tjaaaaa ... eigentlich wollte ich mich erst einmal zurückgehalten haben. Schließlich wurde ich bereits zitiert.
Allerdings ist das Zitat nur ein Stück des ganzen Bildes und ich habe diese Worte speziell auf P-Toni gemünzt gewählt.

Wenn ich also vom Zeitpunkt der Erlaubnis spreche, geht dem wahrscheinlich ja noch so einiges voraus. Ich fühle mich heute gefestigt und ich denke, dass ich so ziemlich genau weiß, wieso ich spielsüchtig geworden bin.
Auch das hilft mir, mich vom Glücksspiel zu distanzieren.

Damals haben mich meine Eltern gebremst. Sie haben dafür gesorgt, dass ich eben nicht hoch verschuldet war, als ich ausgestiegen bin. Nicht, dass sie meine Schulden getilgt hätten. Nein, dadurch, dass ich immer wieder aufgeflogen bin, wurde immer wieder eine Geldkontrolle eingeführt und dann wieder schleifen gelassen. Ich sage extra Geldkontrolle, denn ein Geldmanagement, wie ich es mir heute für mich gewünscht hätte, gab es nicht. Meine Sucht war ja schließlich ein "Mangel an Charakter". Darüber durfte auch nicht gesprochen werden. Weder dort draussen in der Welt, noch in den eigenen vier Wänden.

Heute sind sie nicht mehr unter uns. Keiner würde mich aufhalten, wenn ich wieder mit dem Spiel anfangen würde. Und wenn ich mich halbwegs zurückhalten würde, könnte ich auch etliche Jahre daddeln bis der Arzt kommt.
Doch da ist dennoch eine Person, die das nicht möchte. Die Person bin ich selbst. Ich weiß, dass das Glücksspiel nur ein Trugbild ist. Wer in Star Treck das Holodeck betritt und dort projizierte Nahrung zu sich nimmt, der isst schlich Licht. Licht sind aber nur ein paar Photonen oder Wellen, je nachdem, wie man es betrachtet. Es hat keinen Geschmack und satt macht es auch nicht.

AndreasG habe ich mal bei mir auf der Terrasse einen Scherz unterbreitet, der aber nicht so gut angekommen ist ... :)
Ich erzählte ihm, dass ich gerne wieder reisen möchte. Irgendwann streute ich unter die Ortsangaben dann auch ein "Las Vegas" ein. Da sind ein paar Augenbrauen ganz schön die Stirn hinauf gewandert ... :)
Nein, im Ernst, es gibt auch in den USA wirklich lohnenswertere Orte als diese Wüstenstadt. Die wird wohl niemals auf meiner Reiseroute liegen.

Der Teil des Bildes, der noch vor der Spielentscheidung steht, bilden all die Jahre in der Suchthilfe und die Workschops, sowie Vorträge und Weiterbildungsmaßnahmen. Auch die Gruppenleiterschulung ist dabei. Hier habe ich gelernt, zumindest was das Glücksspiel betrifft, auf mich zu achten.
Es gab in all den spielfreien Jahren doch so einige Situationen, in denen ich damals spielen gegangen wäre. Doch selbst Schicksalsschläge reichten nicht aus, dass ich auch nur einen Gedanken ans Spielen verplempert hätte.
Das wiederum gibt mir für die Zukunft Zuversicht.

Beim Thema Rauchen hatte ich kürzlich für einen Moment eine wahnsinnige Schmacht. Hätte mir in dem Moment einer eine Zigarette an den Mund gehalten, ich hätte die Lippen gespitzt und einen tiefen Zug genommen. Stattdessen atmete ich einen tiefen Zug reinster Luft ein, trat innerlich einen Schritt zurück und wartete, bis die Schmacht an mir vorüber gegangen war. Das alles dauerte ein paar Sekunden ... mehr nicht.

Machmal wundere ich mich selbst, wie einfach das alles in meinen Worten klingt. Ich weiß, dass es im Moment des Verlangens und der Entscheidungsfindung tatsächlich nicht immer so einfach ist. Doch wenn dieser Moment vorbei ist, dann bewahrheitet sich das Einfache wieder.
Wenn ich aber weiß, dass ich die Situationen überstehen kann, wieso sollte ich dann noch einmal mit meiner Sucht das Diskutieren anfangen? Immer schön lächeln und winken ... und dann verpiss Dich wieder, mein Freund.

Was mich auch heute vom Spielen abhält, sind innere Schranken, die ich mir ganz bewusst gesetzt habe. Als Beispiel soll hier "never touch a Spielhallenboden" sein. Was soll ich da, außer bei Durchfall auf Toilette gehen? #hust#
Der Kaffee ist nicht umsonst, es fällt kein Tageslicht hinein und darin auf den Bus warten, macht auch keinen Sinn.
Im Dönerladen gibt es Döner, in der Spielhalle wird dem Glücksspiel gefrönt. Was soll mich dort hinführen, wo ich doch nicht mehr spielen möchte?

In meiner Dartkneipe sind ein paar Leute, die immer die Geldspielgeräte belegen. Der Fokus liegt immer auf den Geräten, nie den Menschen, die sonst noch anwesend sind. Manchmal kommt Helmut an den Durchgang zu unserem Dartraum und begrüßt mich. Das ist dann rund eine Stunde, nachdem ich hereingekommen bin und "N´abend Helmut!" gesagt habe.
So war ich auch mal und das macht mich heute traurig ...



 
« Letzte Änderung: 15 November 2023, 21:17:34 von Olli »
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Was hält Euch Spielfreie vom Spielen/Rückfall heute ab?
« Antwort #2 am: 16 November 2023, 13:01:24 »
Kurzfassung.

In schon sehr jungen Jahren war ich in der Spielsucht gefangen und kannte kein anderes Leben, als ein Leben mit meiner Sucht.
Grundsätzlich was das in jeder Hinsicht ein Leben am Limit, zudem auch ein täglicher Kampf ums überleben.
Am 2ten Nov. 2012 beschloss ich dem ein ende zu setzten.
Und die Frage die mich eigentlich auch immer interessierte, wie oder was ist dein Leben ohne deine Spielsucht?
Defakto musste ich also alles daran setzten um nicht zu spielen, halt um zu erfahren wie ein Leben ohne „Zocken“ aussieht.

Gesagt getan...

Nebenbei angemerkt,
wäre ich unter einigermaßen normalen Umständen groß geworden, hätte keine total verkorkste Kindheit gehabt, meine Stärken hätten vollkommen ausgereicht, damit ich niemals in irgendeiner Sucht hineinrutsche.

Dem war aber nicht so,
anstatt dessen habe ich meine Stärken Jahrzehnte lang benutzt, um meine Sucht aufrechtzuerhalten.

Traurig aber war, ich war gefühlte 15 oder vielleicht 16.... 17 Jahre alt als ich aufhörte zu spielen und erst nach dem „Spiel“ konnte ich mich (weiter)entwickeln.

Stand bzw. Selbsteinschätzung nach über ein Jahrzehnt ohne Suchtausübung...
Ich habe mich weiterentwickelt und kann mir beim besten Wille nicht vorstellen auch jemals nur noch einen Euro in einem Automaten zu stecken.
Ich habe keinerlei Ekel gegenüber Automaten/Spielotheken oder desgleichen, eher Mitleid mit den Gefangenen  – aber der "Schrott" an sich lässt mich heutzutage vollkommen kalt.
Mal ein Euro oder zwei probieren?
Wieso, wofür, wozu? - noch nicht mal diese Frage kann ich mir heute selbst beantworten!     
Heute Abend geht's nach Madonna  und das wieso, wofür, wozu - dass könnte ich sehr wohl beantworten :D

Eine Antwort aus meiner Sicht liebe Rubel ;)
« Letzte Änderung: 16 November 2023, 13:03:05 von Freitagessen »

Re: Was hält Euch Spielfreie vom Spielen/Rückfall heute ab?
« Antwort #3 am: 15 Dezember 2023, 23:38:09 »
Hey, hier kommt mein Senf. Verzeiht mir meine kurzen Antworten aber Schreiben vom Handy macht nicht so viel Spaß.

Bei mir sind es die negativen Erinnerungen, Gefühle und vor allem die Konsequenzen, die mich zurückhalten.

Ich habe mir 15 Jahre nie wirklich Gedanken um mein Spielverhalten gemacht und jetzt, je weiter ich davon weg bin, gibt es viele Gründe nicht mehr dahin zurück zu gehen.

Und da ich von Natur aus ein suchtaffiner Mensch bin, halte ich mich an meine Regeln.

Aber wie gesagt: Der Hauptgrund, der mich von all dem abhält sind die Erinnerungen an die Konsequenzen, den Kreislauf und das Unglück.

 

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