Hey Digger,
danke für Deinen Text
Ich weiß nicht genau, aus welcher "Ecke" Du kommst, aber ich vermute auch eher von der Seite der Spieler. Ich hatte jetzt noch keine Zeit mir mal Dein Profil genauer anzusehn, sorry.
Ich finde Deine Vergleiche sehr interessant. Sicherlich hast Du recht, dass viele Muster auch im normalen LiebesWAHNSINN vorkommen. Aber ich würde doch bestreiten, dass mir das, was mir hier begegnet ist und was ich erfahren habe auch mit einem Nichtsüchtigen passieren kann. Weil das was hier passiert ist lange nichts mehr mit "Macken" zu tun hat. Eine Macke haftet einer Person an. Die Spielsucht transformiert eine Person zeitweise zu einem ganz anderen Menschen. Schon allein das Ausmaß an pathologischem Lügen zeigt, dass die Normalpersönlichkeit teilweise von dem spielgetriebenen Teil der Persönlichkeit ganz dissoziiert (abgeschnitten, getrennt) ist. Mein Partner hat aufgrund seiner Sucht seine gesamten Werte regelmäßig ganz verleugnet und gebrochen, um spielen zu können. Er hat komplett die Kontrolle verloren und in Verhalten und Denken insgesamt alles verlassen, was ihn in einer klaren Stunde ausmacht.
Die Problematik hat sich bei uns auch nie auf der Ebene abgespielt, ob wir auf Augenhöhe sind. Die Problematik war allein, dass mein Partner ein Doppelleben geführt hat, und dieses zweite Leben diametral im Gegensatz stand zu allem was er mit seiner eigentlichen Persönlichkeit, vertreten hat. Aber er ist da eben als ganze Person immer wieder hineingerutscht. Von meinem geliebten Partner war nichts übrig. Und das hat meiner Meinung nach nichts mit Macken zu tun sondern mit kognitiven Verzerrungen und fast schon Aufspaltung der eigenen Person in mehrere Anteile die an der Grenze zur multiplen Persönlichkeit stehen. Ich weiß, dass dieses Doppelleben auch für meinen Partner eine unfassbare Qual war.
Deswegen verweigere ich mich eigentlich gegen die Bezeichnung, dass das was ich hier geschrieben habe in den Bereich "Liebe, Leben, Eierkuchen" fällt. Das ist für mich eigentlich eine ziemlich zynische Bezeichnung. Es geht hier eben gerade nicht um die ganz normalen Wechselfälle des Lebens. Ich würde das mehr als dem Bereich
"Lügen, Leiden, Selbstzerstörung" zuordnen. Was hier bei mir abgegangen ist konnte mir und meinem Partner das Leben kosten. Ich verstehe, dass Du Parallelen spürst zu allgemeinen Liebes- und Beziehungsthemen. Aber ich glaube ich habe Euch gar nichts erzählt zur Liebe zu meinem Partner. Eigentlich hat das keine Erwähnung gefunden. Weils darum auch gar nicht geht, was die Qualitäten unserer Liebe waren. Sondern ich wollte das Suchtsystem beschreiben. Und auch in der Suchtforschung gibts ja keine Einigkeit darüber, was Sucht eigentlich ist. Das ist immer noch die große Unbekannte.
Ich fand Ansätze sehr interessant, die auch thematisieren, dass sehr vieles im Leben auf süchtigen Prozessen beruht und der Mensch auch von guten Dingen abhängig ist und das ja auch ein Lebensmotor ist. Aber ich glaube hier gehts nicht darum, was gute Dinge sind, die uns bestärken sondern um Abhängigkeiten, die eben nie zu einer tatsächlichen Bedürfnisbefriedigung führen sondern immer in die Selbstzerstörung. Wenn Du dabei unmittelbar an allgemeine LIebesfragen denkst, dann ist entweder nicht ganz klar geworden von welcher Schublade ich hier spreche oder deine Liebesbeziehungen haben im Kern auch einen solchen zerstörerischen Charakter?!
Ich meine das hier nicht bös, ich hoffe das kommt nicht falsch an, aber ich will hier schon auch eine Grenze ziehen. Sicherlich gibt es bei dem was ich beschrieben habe auch Parallellen zu anderen Beziehungssystemen. Beispielsweise Beziehung zu einem Alkoholiker, Beziehung zu einem Borderliner viele andere kranke Beziehungsgeflechte. Und die haben meist gemeinsam, dass es eine Dreiecksbeziehung ist.. namentlich bei mir haben nicht nur ich und mein Partner eine Beziehung geführt sondern mein Partner, ich und das Onlinecasino.
Ich weiß nicht wie Liebe entsteht...ich finde sehr interessant, was Du dazu schreibst. Aber wie gesagt mein Text hatte nichts mit Fragen der Liebe zu tun. Und das ist glaube ich auch ein Aspekt der sehr viel Verwirrung stiftet, das vorliegende Thema mit dem Thema Liebe verknüpfen zu wollen. Denn ich habe meinen Partner nicht wegen Liebesfragen verlassen sondern wegen Suchtproblemen, obwohl ich Ihn liebe und obwohl er mich liebt. Und er auch selbst an der Situation verzweifelt. Es geht also darum, dass wenn man einen der selbst verstrickt ist in die Sucht und auch immer weiter in dieser Verstrickung lebt, wenn man so einen Menschen weiter liebt und eine Nähebeziehung haben will, dass man dann selbst auch wie ich finde fast zwangsläufig in ein Suchtsystem gerät und die eigene Beziehung zum Menschen einen süchtigen Charakter erhält, man muss ja fast die selben Ausblendungen vornehmen, wie der kranke Spieler, um das aushalten zu können und im Kopf eine "Beziehungskontinuität" zu konstruieren, die es in der Realität nicht gibt. Weil durch das pathologische Spiel, immer wieder die Welt und auch die Beziehung verlassen und abgebrochen wird. Der Spieler lebt in mehreren Welten und ist nur teilweise in der sog. Realität verfügbar.
Zu Deinen zwei Fragen:1. Ich würde nicht sagen, dass Männer die mich mies behandeln für mich besonders interessant sind. Ich kenne das Thema, dass Du ansprichst. "warum stehn Frauen immer auf Arschlöcher". Ich muss sagen, dass ich mir von Anfang an gewünscht hätte, dass die Suchtanteile und Lügenanteile meines Partners nicht da sind. Aber ja, die Frage ist berechtigt, warum lande ich bei so einem. So würde ich es eher bezeichnen. Weil ich habe die Scheiße, die mein Partner am Stecken hatte nie interessant gefunden. Es ist vielleicht mehr so, dass ich in meinem Leben immer meine Rolle und meinen Platz und mein Geliebtwerden dadurch gefunden habe, dass ich mehr für andere da war als für mich. Mein Selbstverständnis hat sich also so entwickelt, dass ich meine Schmerzgrenzen sehr weit nach unten verlagert habe. Sonst wäre ich schon nach kurzer Zeit wahrscheinlich gar nicht mehr in dieser Beziehung gewesen. ...Ich fühle mich schlecht, wenn es mir besser geht als einem anderen. Und weil meine ganze Kindheit ein hoffnungsloser Kampf darum war, meine Mutter glücklich und gesund zu machen gibt es bei mir kaum Grenzen. Ich habe gelernt auch in hoffnungslosen Fällen erst recht zu hoffen. Das ist wohl mein Fix geworden. Mehr eine Traumwelt zu sehen die nicht ist, als die Realität zu akzeptieren.
2. aus 1. erklärt sich auch, warum "wir denen so hinterherlaufen". Wobei ich denke, dass das Problem nicht im "Hinterherlaufen" liegt. Meine Männer sind nie von meiner Seite gewichen, die wollten immer selber da bleiben. Das Problem ist also nicht das hinterherlaufen, sondern das keine Grenze ziehen, wenn man selbst anfängt in ein eigenes inneres Suchtsystem zu rutschen, das einem die ganze Lebensenergie und Freude raubt und einen wie jedes Suchtsystem starr und tot werden lässt, statt:
Wegzugehen und sich zu trennen. Jeder kann beim Daten auf einen Süchtigen treffen.... aber ein Gesunder geht dann schnell wieder, wohingegen die Coabhängigen da gerade erst auf den Geschmack kommen, denn unterm Strich haben sie für sich gelernt, dass es für sie beispielsweise sicherer ist viel in Kauf zu nehmen selbst unglücklich zu sein und aber dafür nicht vom anderen verstoßen zu werden... das sind oft Menschen, die nicht verstoßen werden wollen und daher auch gerne eine sehr belastende Verstrickung in Kauf nehmen und Kontrolle übernehmen, denn sie machen dann den Süchtigen auch von sich selbst abhängig. Und das fühlt sich für diese geschlagenen Kinder immer noch besser an, als mit jemand Gesundem zu leben, der nicht von ihnen abhängig ist. Der da ist und gut zu ihnen ist (das können die meisten Co-abhängigen nicht ertragen, weil sie sich schlecht fühlen, wenn es ihnen gut geht. Sie können sich nur darüber gut fühlen, dass sie einen anderen versuchen glücklich zu machen) Wenn man mit jemand Gesundem zusammen ist, dann herrscht größere Freiheit. Keine so enge Verstrickung... und das macht vielen Co-abhängigen Angst. Angst verlassen zu werden. Also wir laufen ihnen nicht hinterher.. wir binden sie an uns und machen sie von uns abhängig, damit sie uns brauchen wie Mami. Dass das dann weitläufig als "Liebe" bezeichnet wird liegt wohl daran, dass man wenn man so vorgeschädigt ist gar nicht weiß, was es ist, dass einen so sehr zum anderen hinzieht es fühlt sich vielleicht an wie die guten Gefühle die man hatte, wenn man in seiner Scheiß Kindheit fühlen konnte nicht allein zu sein, dass da jemand ist, vielleicht auch nur die Hoffnung... und dieses Gefühl, das kann sehr schnell dann auch als Liebe bezeichnet werden. Aber was einen dort hält ist eigentlich die Angst, die eigenen Illusionen aufgeben zu müssen.
Ich hoffe ich bin dir nicht zu viel auf die Füsse getreten, aber ich sehe manches anders und daher kann ich manche Fragestellungen und Etikettierungen auch nicht so unterschreiben.
Liebe Grüße
Mausilausi