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Spielotheken

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Offline Rubbel

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Spielotheken
« am: 31 Juli 2023, 18:44:40 »
Auf dem Weg zu meinen Ärzten - die meisten im Ärztehaus - komm ich immer an meiner letzten Stammspielothek vorbei. Letztens dachte ich erfreut: Och, sieh an, die haben ja dicht gemacht, wie schön! Was da jetzt wohl reinkommt? Friseur, Drogerie, Apotheke ...?
Leider hab ich heute die Leuchtschrift 'open' gesehen.
Allerdings waren vor ein paar Jahren hier fußläufig noch sicher 7 Stück, alles lavasprühende Monster.
Immerhin sind das jetzt keine 15 % mehr. Ich frag' mich bloß, wer da noch reingeht ... die vielen OCs, das wenige Geld, die Inflation - wie ist das bei Euch 'im Viertel'?
Sind auch viele weg, und andere halten sich wacker? Ich frag' mich, ob die Teile den Haltern zum Abschreiben anderer 'Einnahmen' dienen.
--Meist ist Geist geil--

Re: Spielotheken
« Antwort #1 am: 03 August 2023, 07:04:46 »
Bei mir in der Gegend sieht man in „bzw“ Ich sehe sie meistens vor - und beim rein und rausgehen- immer die selben Leute
Die selben Leute die seit zig Jahren dort spielen, Stammkunden halt.. meistens sind dort immer viele jugendliche, Schätze circa 18 Jahre und sonst würde ich überwiegend 40+ schätzen
Der Rest spielt wahrscheinlich (leider) OC…

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Offline Rubbel

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Re: Spielotheken
« Antwort #2 am: 06 August 2023, 21:58:59 »
Ja, ich habe sonst auch immer die alten Gesichter davor gesehen, und ich hab damals drin auch viele ganz junge Menschen gesehen. Hier bei mir stehen schon länger keine Menschen (rauchend) vor der Spielotheken-Tür.
Ich denke mir, OCs sind NOCH gefährlicher, weil, wie so viele schreiben, das Geld nur noch als Zahlen auf dem PC-Screen erscheint und das Gefühl für die Menge des verspielten Gelds damit zusätzlich verloren geht. Und bei z.B. meiner Abscheu vor den Klängen der Automaten (die ich schon zu vor Ende meiner Zocker*innen*zeit hatte - hab schon die Angestellten gefragt damals, wie sie die Geräuschkulisse überhaupt aushalten) kommt bei OCs dazu, dass es möglich ist, den Lautsprecher auszuschalten ... jedenfalls stelle ich mir das so vor.
Was aber bleibt: diese blöden Bilder, dieses Hoffen auf bekloppte 'Scatter', all so'n Mist ...oder auf gleiche Symbole oder das 'Einlaufen' einer gesetzten Zahl. Obwohl doch jede/r weiß, dass das alles 'in die Hose' geht, dass es Abzocke ist - alle wissen das eigentlich, ich wusste das mit dem Verstand auch, aber der hat sich nicht mehr so wichtig genommen. Er ist aber wichtig!!! Weil er schützt und Festgefahrenes aufbröseln und analysieren kann und Ordnung bringt, wenn frauman ihn zulässt.
:)
Schönen Abend Euch allen - und eine gute, angenehme kommende Woche!
Viele Grüße
R
« Letzte Änderung: 06 August 2023, 22:31:10 von Rubbel »
--Meist ist Geist geil--

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Offline andreasg

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Re: Spielotheken
« Antwort #3 am: 06 August 2023, 23:37:50 »
Hallo Rubbel,

ich hatte früher 6 - 7 Stammspielhallen. Eine davon ist wohl immer noch aktiv, befindet sich "hinter dem Bahnhof" - dahinter das Landeseigene Spielcasino, davor ist ein Schlafplatz für Polnische Obdacglose, die früher einmal mit hohen Erwartungen  in unsere Stadt gekommen sind. Leider führt der Weg vom ZOB zu den U - Bahn - Linien direkt dort vorbei. Wenn ich mich unsicher, sprich komisch fühle, richte ich meinen Blick direkt auf die dort ansässige Bahnhofsmission. Oft ärgere ich mich über den verantwortlichen Verkehrsdezernenten unserer Region, der für diesen Bereich einmal Kompetenz zeigen sollte!.
Die zweite ehemalige Stammspielhalle ist geschlossen, schon seit Jehren. Der Mietvertrag ist ausgelaufen, das Gebäude soll abgerissen werden, und ein modernes Hochhaus dorthin gestellt werden. Dieser Bereich ist quasi "der Eingang zum Rotlichtviertel". Die Nebenstraße ist bekannt durch einen Sportwettladen, der als Aufenthaltsort für Dealer für weiche Drogen gilt. Unser Rotlichtviertel ist ja ehemals in die Schlagzeilen geraten, weil es von Pockerclubs und dessen charismatischen Chef kontrolliert wurde. Das hatte noch irgendwo ein gangbares System. Heute meide ich das Viertel, als Erinnerung bleibt aber die geschlossene Spielhalle.

Wenn ich mit der Stadtbahn fahre, sehe ich neben Imbissstuben, Handyshops, Friseuen, Sisha - Bars auch Spielhallen. Manchmal stehen jinge Männer davor, rauched, mit dem Handy beschäftigt. Zwischen zwei Spielstätten ein geschlossenes Bordell, es wird als ein Wohnhaus umgebaut.

Ja, die Zeiten änderns sich. Ich denke öfters einmal an Mitspieler. Mit einem sprach ich noch öfters, wenn wir uns mal auf der Straße begegneten. Am Anfang erzählte er noch vom Spielen, später von seinen Eingriffen am Herzen. Ich habe auch von diesem Menschen verabschiedet., aber irgendwo schwingt Trauer mit.

Liebe Grüße
Andreas
Demut ist die anhaltende Ruhe im Herzen

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Offline Olli

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Re: Spielotheken
« Antwort #4 am: 07 August 2023, 09:50:02 »
Meine Stammspielhalle Nr. 1 war gleichzeitig die erste im Ort, die aufgemacht hatte. Vorher war dort ein Schallplattenladen drin. Sie stellten damals in die hinterste Ecke ein Telespiel auf. RM-Shop hieß der Laden. RM waren die Initialen des Eigentümers. Damals wechselte ich vom Telespiel dort zum Telespiel in der 50 m weiter stehenden Frittenbude hin und her. Im Freibad stand auch so ein Teil ... Space Invadors war eines der ersten Telespiele dort.
Als der Schallplattenladen zu machte, da eröffnete die Frau eines örtlichen Druckereibesitzers die Spielhalle. Wir trafen und viel dort - die alte Clique. Wir waren jung und wollten Spaß. Die Jugend verschwand und der Spaß auch ...
In diesem Laden wurden damals illegale "Token"-Geräte aufgestellt - angeblich ohne Auszahlung - unter der Hand aber denn doch.
Viele aus der Clique verabschiedeten sich aus diesem Milieux - die Schule war vorbei, die Ausbildungen liefen. Wie es nun mal so ist, verschoben sich die Prioritäten.
Doch einige Gesichter blieben und mit ein paar Anderen waren es immer die gleichen Gesichter, die ich dort sah.
Da ich natürlich irgendwann aufgeflogen war und verspochen hatte, NIEEEEEEE mehr dort rein zu gehen, suchte ich die nächste Halle auf. Damals meine Nr 2. Sie war rund 8 Kilometer entfernt und ein befreundeter Tankwart und ich fuhren mit meinem Fiesta bald jeden Tag dorthin.
Da tauchte dann irgendwann auch mein Vater auf und holte mich dort raus.
In der Kommune, für die ich arbeitete, gab es keine 5 Minuten von meinem Arbeitsort entfernt eine Spielhalle in der Fußgängerzone. Dort spielte ich auch immer wieder. Es "lohnte" sich auch dort hin zu gehen, um kostenlos auf seine Kosten zu kommen - durch Zuschauen. Einer der Stammgäste dort, ein ortsbekannter Kaberretist, hatte oft die ganze Halle in Beschlag und ich durfte sogar hochdrücken. Aber wehe, wenn ich damals nicht bis 100 gedrückt hatte ...
In diese Halle bin ich jahrelang gegangen. Doch Kollegen sahen mich und so blieb ich dort fern und fuhr stattdessen mit dem Auto 5 Minuten und schon war ich in der nächsten Halle. In jeder sah ich immer die gleichen Gesichter ...

Du meine Güte ... ich weiss gar nicht, in wie viele Hallen ich insgesamt gestürmt bin ... doch überall sah ich immer die gleichen Gesichter. Wenn mir eine Glücksspielindustrie verklickern will, dass die Einnahmen nur oder überwiegend von Gelegenheitsspielern kommen, dann kann ich ihnen nur ins Gesicht lachen. Leider bin ich aber nie der Letzte gewesen, der lacht.

All die Kneipenspieler, die ich kennengelernt habe, sind entweder verstorben oder spielen immer noch. Die Meisten erklären stolz, dass sie nie eine Spielhalle aufgesucht haben. Aber sie zerstören sich trotzdem weiter. An ihnen sehe ich das Verhalten, welches ich auch einst hatte. Rein in den Laden. Automaten "besetzen" und sich dann mal langsam umschauen, an wem ich denn da gerade vorbeigestürmt bin ...

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Spielotheken
« Antwort #5 am: 07 August 2023, 17:18:54 »
Irgendwie muss ich mir das grade im Kopf wie ein Kurzfilm vorstellen wenn ich die Beiträge von Andreas und vom Olli lese, mit einem schwarz weiß Filter, Regenschauer …
Nur so, meine Gedanken halt
Es ist wirklich düster wenn man sich das alles mal durch den Kopf gehen lässt, wenn ich zurück denke an einem regnerischen Tag, mit der alten klapperkiste in die spielhölle, man stinkt aufs übelste nach Zigaretten, ein Kaffee , dann rein in die Bude, Geld verlieren und schließlich die Laune die einem ins Gesicht geschrieben steht… es lässt mir ein kalten Schauer über den Rücken laufen wenn ich daran denke.. damals zitierte ich in meiner höchst aktiven Zeit meine Sucht mit einem Zitat: ich bin ein Mann des Glücks und ich muss mein Glück suchen ..“
Von henry Avery einem Piraten der vor 100en von Jahren starb. Man wie dumm ich mir jetzt doch vorkomme :D
Dabei ist das wahre Glück frei zu sein von der Abhängigkeit, aber wie sagt man so schön: lieber zu spät lernen als nie!

 

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