Hallo Morty,
***Normalerweise bin ich ein sehr reflektierter Mensch, nun habe ich gedacht ich bekomme die Sucht selbst in den Griff, aber ich brauche doch jemanden, der mir hier und da eine Wachmachschelle verpasst.***
Eine 'Wachmachschelle' von jemand anderem? Wie soll jemand anderes erkennen, wann er Dich warnen soll? (scheinbar weißt Du es selbst doch nicht?)
***Einige Freunde wissen inzwischen auch Bescheid, die mir auch zugesichert haben, wenn Ihnen was auffällt mich darauf anzusprechen, weil ich Stand jetzt nicht weiß, ob ich zugeben würde, wenn ich wieder zocken würde. ***
Hier ähnlich: Wenn Du im Zweifel nicht zugeben würdest, dass Du wieder Geld verzockst - ob Dein eigenes oder das von anderen Menschen - wie sollen Freunde Dich darauf ansprechen? Verlangst Du da nicht etwas zu viel von Deinem Umfeld? Ihr seid ja nicht 24/7 zusammen, und bis Du anfängst zu zocken am Abend oder so, hast Du es vllt. gut vermeiden können, entsprechende 'Hinweise zu geben'.
***Mich hält es momentan vom Zocken ab, meine Familie und Freunde zu enttäuschen, obwohl Sie mir sagen Sie sind nicht enttäuscht, nur geschockt und besorgt.***
Hier bin ich rigoros: Du hast Deine Familie schon enttäuscht. Hilft Dir denn, dass sie 'geschockt' und 'besorgt' sind?
Hier behaupte ich mal: Nein! Das ist nicht böse Dir ggb. gemeint, sondern DU SELBST solltest besser schauen, was Dich Dir selbst ggb. enttäuscht, schockiert und besorgt. Denn es geht ja um Dich. Löst Du Dich von der Sucht, hat niemand um Dich herum weiterhin Veranlassung, sich z.B. zu sorgen.
***Ich will auch auf keinen Fall jemanden in die Co-Abhängigkeit reiten, das ist mir wichtig ...*** - das halte ich auch für selbstverständlich!
*** und natürlich will ich es schaffen meine Machtlosigkeit ggü. Glücksspiel zu akzeptieren und meine Persönlichkeit zu stärken und gefestigt im Leben zu stehen. Ich will auch auf jeden Fall wieder schuldenfrei leben können. ***
Generell steht Dir dafür nichts im Weg. Das sind allerdings große Ziele, und nicht alles wird sich gleichermaßen, schon gar nicht parallel und auf Dauer erreichen lassen. Und das müsste vorab sogar erst mal definiert werden - was Du damit meinst, z. B. *gefestigt im Leben zu stehen* - das ist etwas, was nicht statisch ist, eigentlich ist nichts davon statisch. Das Leben an sich ja auch nicht.
*** Leider liegt der letzte Rückfall (3.300€) auch gerade mal das Wochenende zurück, danach habe ich alles Erwähnte in die Wege geleitet, aber es fällt mir momentan noch schwer einzuschätzen, ob es mich nochmal packt und ich einen Rückfall verursache.***
Das ist schon klar, weil Du noch 'nass' bist, da gibt es 'Forschungsbedarf', wie es überhaupt ist, nicht zu spielen, länger nicht zu spielen als ein paar Wochen.
***Daher die letzte und wichtigste Frage: was ist eurer Meinung nach jetzt wichtig, um meine Ziele zu erreichen, gefestigt und selbstsicher zu sein und vor allem nie wieder mich von den Slots berieseln zu lassen? ***
Das sind wieder gleich 3 Dinge, die Du wissen möchtest, um Lebensfragen/-aufgaben ein für allemal schon beantwortet zu haben. Das ist aber nicht für jeden Menschen gleich. Und es ist für jeden Menschen immer ein Auf und Ab.
Ganz ehrlich? - mir kommt der Gedanke: Setz' Dich doch mal hin, ruf Dir die letzten Zock-Erlebnisse noch mal ins Gedächtnis zurück und damit auch die unmittelbare Zeit davor und auch danach. Du könntest dann schauen, ob Du Dich an Deine Gefühlslagen erinnern kannst. Ruf Dir die Menschen in den Kopf, die Dir am nächsten sind und schau mal, welche Verbindung Du zu ihnen hast. Ist es Angst, erzeugen sie Druck in Dir wie vielleicht Schuldgefühle? Hast Du mit jemandem Dir nahestehenden Menschen Mitleid, verurteilst Du Situationen oder Menschen?
Ich will damit sagen: Du kannst von anderen Menschen nicht erwarten, dass sie Dich besser kennen als Du selbst, und Du solltest evtl. auf die Suche danach gehen, was Dich in 'Zwickmühlen' bringt. Zwickmühlen verlangen nach Entscheidung - und wenn die sehr schwerfällt, ist Aufschieben und Nicht-dran-Denken mit Suchtausübung gut zu unterstützen. Guck doch vielleicht mal, ob Du 'Gutes' an der Sucht findest, das ist sicher so.
Und guck auch, welches für Dich Deine 'guten Seiten' sind - und auch Seiten an Dir, die Du vielleicht unterdrückst?
... aber nimm Dir Zeit, denn das dauert sicher sehr lange.
Dabei hilft Dir viel: eine Selbsthilfegruppe, eine Therapie beim Psychologen, Zeiten, die Du nur mit Dir selbst verbringst, Auszeit vom Zocken natürlich, jedes wirklich offene Gespräch mit Dir Vertrauten ... und vergiss bitte bei allem Forschen nicht, Dir auch Zeiten zu nehmen, in denen Du ganz viel Spaß hast, rumalbern kannst oder Dinge tust, die nicht unbedingt 'vernünftig' sind (außer s.o. 'Zocken', aber das ist ja klar:) ).
Mehr fällt mir gerade nicht ein.
Es sind nur meine ganz persönlichen Gedanken. Sie sollten für Dich das Ziel beinhalten können, ein Gefühl der 'Freiheit' für Dich zu erarbeiten. Verlerne das Lachen deshalb auch nicht!
Alles Gute!
R