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Vorstellung und ZukunftInsolvenz

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Vorstellung und ZukunftInsolvenz
« am: 04 November 2022, 22:14:02 »
Hallo zusammen,

nach einiger Zeit des stillen Mitlesens möchte ich mich gerne vorstellen und hätte auch die eine oder andere Frage in Bezug auf mein seit letzter Woche begonnenes Insolvenzverfahren.

Die klassischen Anfänge möchte ich euch ersparen und starte 2016: Genau als wir im Zocker-Freundeskreis immer seltener in die Spielo gingen; eröffnete sich mir die Welt der Online Casinos. bis zu meinem ersten Job Mitte 2017; redete ich mir das Ganze schön, da ich nur rel wenig zockte, was hauptsächlich den Grund des fehlenden Einkommens hatte. Mit steigendem Einkommen jedoch erhöhten sich auch die Summen und ich war mittendrin im Teufelskreis.

Als die Rückzahlungen der Studienkredite begannen, war ich schon in dem Modus, dass ich mir einredete, ich könne nächsten Monat einfach 2 Raten zahlen und die Raten verzockte. Dieser "nächste Monat" kam nir relativ selten und so folgten Kredite bei "den üblichen verdächtigen"; um angehäufte Raten und natürlich auch die Sucht zu bezahlen. So hangelte ich mich irgendwie bis Ende 2019 durch.

Als ich mir insg. ca. 70.000€ Schulden angehäuft hatte (ca. 55K davon Studienkredite; hauptsächlich KfW und deutsche Bank); versuchte ich auch aus privaten Gründen in Form einer gegen die Wand gefahrenene Beziehung einen Schlussstrich in Form vom Sperren des Online Bankings und dem Sperren auch so vielen Seiten wie möglich zu ziehen. Schufa und Kreditwürdigkeit waren hier natuerlich schon kein Thema mehr.

Parallel dazu erstellte ich einen Rückzahlungsplan für die Gläubiger und lies mir diese Absegnen.

In den Monaten war das Spielen eher kein Thema und ich blickte hoffnungsvoll in eine finanziell und privat bessere Zukunft. Bis Corona und Kurzarbeit mich aus diesen Träumen rausholten. Durch fehlende 7-800€ monatlich konnte ich natürlich den Plan nicht einhalten. Zu einer Ratenreduzierung waren die meisten Gläubiger nicht mehr bereit. So folgte ziemlich bald auch die Gehaltspfändung --> noch weniger Gehalt.

Nichtsdestotrotz versuchte ich irgendwie alles ins Lot zu bringen; spielte nicht und erstellte relativ blauäugige und übertrieben optimistische Zahlungspläne, da ich auch die Hoffnung hatte, dass sich das mit der Kurzarbeit.

Als sich bis August 2021 nichts in die Richtung tat, wechselte ich den Job; verdiente auf einen Schlag 5-600€ netto mehr (trotz weiterhin laufender pfändung) und schaltete einen Anwalt bzgl. der Privatinsolvenz ein. Inzwischen hatten sich so voele Raten angehäuft; dass auch die 5-600€ keine Rettung waren.

Hier hätte alles endlich eine positive Wendung nehmen können/sollen; bis ich anfang 2022 durch einen anwaltlich geratenen Kontowechsel wieder über Online-Banking verfügte und mir dachte "ach komm einmal 20€ wird schon gehen. Dabei bleibts auch." Bliebs natürlich nicht. Trotz OASIS Sperre fanden sich immer irgendwie Seiten zum Spielen,

sodass ich bis vor zwei Wochen nach jedem Gehaltseingang (ca. 1800-2000€) erstmal 3-400€ verspielte und so in diesem halben Jahr auf 2-2,5K Minus komme.

Nachdem die außergerichtliche Einigung gescheitert ist; folgte nun vor zwei Wochen der Anstrah auf Verfahrenseröffnung und ich habe am Dienstag meinen ersten Termin beim Insolvenzverwalter.

Parallel dazu habe ich auch beschlossen hier aktiv zu werden und mir auch privat Hilfe zu holen, damit diese Spielfreien Zeiten keine Phasen bleiben. Denn unabhängig von der Höhe ist jeder einzelne Cent, der in irgendeinem Casino landet; einer zu viel.

So viel zu mir. Irgendwie tat es gut, dass alles zu schreiben. Ich hoffe, ich werde in Zukunft öfter positive Gründe haben, hier zu schreiben.

Nun würde mich noch eine Frage brennend interessieren: Wie oben erwähnt, lief das mit dem Spielen bis zum Antrag auf Insolvenz und RSB weiter. Der Verwalter will nun beim ersten Treffen die Kontoauszüge der letzten drei Monate sehen.
Diese sprechen eine ziemlich deutliche Sprache (eingezahlt; ca. 2000€; ausgezahlt 800€) und im
Internet liest man allerlei bzgl. 290InsO und der Versagung der RSB wegen Vermögensverschwendung.

Hat jemand Erfahrung in dem Zusammenhang? Ich habe immer vom
unpfändbaren Teil (Gehalt wurde bis September geofändet) gespielt und per se kein "Vermögen verschwendet". Sehen das die Verwalter anders?

Und wie wahrscheinlich ist es, dass ein Gläubiger (speziell das Bundesverwaltungsamt/KfW) da einen Antrag auf Versagung stellen?

Auch wenn mir zu 100% bewusst ist; dass ich mit meinem Verhalten eine Versagung verdient hätte, habe ich doch ordentlich Angst vor einer Versagung.

Vielen Dank für eure Geduld und Aufmerksamkeit und bis bald :)

*

Offline Olli

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Re: Vorstellung und ZukunftInsolvenz
« Antwort #1 am: 05 November 2022, 08:39:59 »
Guten Morgen und herzlich willkommen!

Zitat
Genau als wir im Zocker-Freundeskreis immer seltener in die Spielo gingen

Dieser Satz erinnert mich irgendwie an mich selbst. Damals, in jungen Jahren - im letzten Jahrtausend :) - da begab ich mich anfangs auch mit meinem Freundeskreis in die Spielhalle - liebevoll Spielo getauft. Ja, wie waren ein elitärer Kreis von Zockern. Wir gehörten zu dieser Gruppe - und was das Schöne war, wir hatten noch alles im Griff. Doch einer nach dem Anderen sprang von dieser Schiele ab - nur der Olaf nicht.
Stattdessen fand ich andere, mittlerweile mit dem gleichen Problem wie ich. Mit ihnen tingelte ich dann durch die Spielhallen.
Spielo ... wie kann man nur auf eine solche Verniedlichung kommen? Nun, wir taten es und wie ich sehe, geschieht dies heute auch immer noch.
Der Mensch hat wohl das Bedürfnis auch Orte, zu denen er sich hingezogen fühlt, mit einem Kosenamen zu belegen.
Käme ich aber auf die Idee einem Eikaufstempel, in dem es das edelste Fleisch, die süßesten Leckereien - das weicheste Toilettenpapier etc. einen Kosenamen zu verpassen? Aldo ... Edeko ... REWi ... oder Stussi? Niemals, denn an diesen Orten werden Waren - an anderen Dienstleistungen - schlicht gegen Geld getauscht. Was macht die Spielhalle zu etwas Besonderem?
Ist es, weil es anfangs noch ein Ort der Begegnung war? Oder weil kanllhart einfach das Glücksspiel die Emotionen bedient?
Wie kommst Du also auf den Begriff "Spielo" ?

Zitat
Hier hätte alles endlich eine positive Wendung nehmen können/sollen; bis ich anfang 2022 durch einen anwaltlich geratenen Kontowechsel wieder über Online-Banking verfügte und mir dachte "ach komm einmal 20€ wird schon gehen. Dabei bleibts auch." Bliebs natürlich nicht. Trotz OASIS Sperre fanden sich immer irgendwie Seiten zum Spielen,

Hätte, hätte Fahrradkette ... nein, ich glaube nicht, dass eine positive Wendung hätte geschehen können. Du hast Dich zwar mit vielen Dingen beschäftigt - aber eben nicht mit Dir und Deinem Problem. Da war dann nicht der Kontowechsel schuld, sondern der Kontowechsel war die tief verwurzelte Chance für den in diesem Moment erlaubten Rückfall.

Zitat
Parallel dazu habe ich auch beschlossen hier aktiv zu werden und mir auch privat Hilfe zu holen, damit diese Spielfreien Zeiten keine Phasen bleiben. Denn unabhängig von der Höhe ist jeder einzelne Cent, der in irgendeinem Casino landet; einer zu viel.

Du lernst also dazu ... :) Spaß beiseite ... das hier hat Priorität 1. Schulden sind geduldig. Deine Gesundheit ist es nicht! Jedoch, und das sage ich hier im Forum immer wieder ... wieso suchst Du Dir ein "niedrigschwelliges Angebot"? Bist Du Dir selbst so wenig wert?
Da draußen gibt es Beratungsstellen und auch Selbsthilfegruppen, zu denen Du gehen kannst. Dort begegnest Du Menschen, die es sich entweder zur Berufunf gemacht haben anderen Menschen zu helfen und/oder Du triffst Menschen, die wie Du das Ziel haben abstinent und zufrieden ihr Leben zu gestalten. Da kann ich mich nach Herzenslust aus dem Pool aus Wissen und Erfahrung bedienen, wie ich es möchte.

Hier im Forum wartest Du auf Antworten. Du siehst die Menschen nicht, die Dir antworten. Durch die fehlende Körpersprache kann es zu Fehldeutungen kommen. Du selbst wirst aber auch nicht gesehen. Wenn eine Antwort kommt, die Dir nicht passt, dann überspringst Du sie - beschäftigst Dich nicht näher damit - und vielleicht war der Inhalt genau das, was Du benötigst?
In Präsenz gibt es zur Aktion sofort eine Reaktion - es herrscht echte Kommunikation.
Sei es Dir also bitte wert Dir auch vor Ort Hilfe zu suchen. Es gibt dabei keinen Grund für Scham. Im Gegenteil, wer sich aktiv aus diesem Sumpf befreien möchte, dem gebührt Anerkennung!

Zum Schluss möchte ich Dir noch ein anderes Forum ans Herz legen ... hier kannst Du Fachleuten Fragen zur Insolvenz stellen:
https://schuldner-community.de/forum/

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Re: Vorstellung und ZukunftInsolvenz
« Antwort #2 am: 05 November 2022, 12:58:18 »
Hallo Olli,

auch dir einen guten Morgen und vielen Dank für die Antwort und den Tipp mit dem
Forum :)

Zitat
Ist es, weil es anfangs noch ein Ort der Begegnung war? Oder weil kanllhart einfach das Glücksspiel die Emotionen bedient?
Wie kommst Du also auf den Begriff "Spielo"?

Ich denke es ist eine Mischung aus beidem. Zunächst ein Ort der Begegnung als Equivalent/Alternative zu anderen Freizeitbeschäftigungen. Ich habe uns oft sagen hören "ja ob wir hier in 1-2 Stunden 20€ verzocken; oder in der selben Zeit 20€ im Kino lassen spielt ja auch keine Rolle. Spass haben wir in beiden Fällen" Dass der Ursprung dieses "Spaßes" und dessen langfristiger psychologischer Effekt ein komplett anderer ist (und das führt zum
zweiten Teil deiner Aussage) wurde einfach ausgeblendet. Ehrlich gemeinte Aussagen/Gründe wie das mit dem Kino wirden immer mehr zum
Alibi; um sich das Ganze schönzureden.

Zitat
nein, ich glaube nicht, dass eine positive Wendung hätte geschehen können. Du hast Dich zwar mit vielen Dingen beschäftigt - aber eben nicht mit Dir und Deinem Problem.

Das bestreite ich natürlich in keinster Weise.
Ob der Kontowechsel jetzt 2022; 2023 oder auch 2025 passiert wäre. Es wäre genauso gekommen. Teil der Einsicht war nämlich, zu merken, dass Hindernisse und Blockaden zum
Spielen vielleicht kurzfristig was bringen; aber langfristig gesehen der falsche Weg sind.

Zitat
wieso suchst Du Dir ein "niedrigschwelliges Angebot"? Bist Du Dir selbst so wenig wert?

Daher auch der Schritt hier UND auch im
privaten/offlinebereich, um der Sache Herr zu werden. Es bleibt also nicht nur bei Online, aus genau den Gründen, die du aufgezählt hast :)

Re: Vorstellung und ZukunftInsolvenz
« Antwort #3 am: 08 November 2022, 17:01:25 »
Hallo Stevie,

wir beiden scheinen im gewissen Sinn in einem ähnlichen Boot zu sitzen, was die Verschuldung und die Spielsucht betrifft.
Genau dieser Einblick vom Insolvenzverwalter und deine eigene psychische Gesundheit sollten dir signifikante Bedingungen und Hürden bilden spielfrei zu bleiben.

Bei mir ist es eine sehr negative emotionale Talfahrt gewesen, dass mir monatlich mein ganzes Gehalt vom Konto durch die Raten der Gläubiger abgezogen wurde.
Durch die Einrichtung eines P-Kontos und der Unterstützung einer Schuldnerberatung sind meine Emotionen wieder soweit i.O.

Bedeutsam ist es bei mir gewesen, dass ich eine zusätzliche Spielsuchtberatung und eine SHG besucht habe.
Bzw. es ist mir weiterhin noch bedeutsam!
Es tut gut Erfahrungswerte auszutauschen, Tipps zu bekommen und dadurch Entlastung zu erfahren.
Bei mir ist es oftmals in den stressigen Zeiten zu einer Zockerei gekommen, weil ich der Belastung entfliehen wollte.
Dementsprechend empfehle ich dir an solchen Stellen Beratung zu holen, andere Freizeitaktivitäten zu suchen oder wieder zu entdecken; und "triggernde" Momente nicht bewusst aufzusuchen.

Herzliche Grüße

 

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