Hier noch die Pressemitteilung dazu
Rechtsanwältin Dr. Iris Ober
Rechtsanwälte Kraft, Geil & Kollegen
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Pressemitteilung vom 21.11.2021
Erste obergerichtliche Entscheidung zur Geltendmachung von Verlusten gegenüber Online-Casinos
Mit dem Oberlandesgericht Hamm hat sich erstmals bundesweit ein Oberlandesgericht zu den wesentlichen Rechtsfragen geäußert, die sich bei der Rückforderung von in Online-Casinos erlittenen Verlusten stellen.
Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Beschluss vom 12.11.2021 unserem Mandanten, der in einem Online-Casino über die Jahre hinweg knapp 300.000,- € verloren hatte, Prozesskostenhilfe zur klageweisen Geltendmachung seiner Ansprüche bewilligt. Das Oberlandesgericht Hamm hat sich dabei zu den wesentlichen, höchstrichterlich noch ungeklärten Rechtsfragen erfreulich klar und eindeutig zugunsten der geschädigten Spieler positioniert.
Was war geschehen?
Unser Mandant hatte innerhalb eines Zeitraums von knapp drei Jahren fast 300.000,- € in einem der größten in Malta ansässigen und in Deutschland als Anbieter auftretenden Online-Casinos verloren, ohne von der Illegalität des Online-Glücksspiels Kenntnis gehabt zu haben.
Die Spielteilnahmen unseres Mandanten erfolgten noch zu Zeiten der Geltung des Glücksspielstaatsvertrages 2012 (GlüStV 2012).
Wie sieht die Rechtslage aus?
Nach § 4 Abs. 4 des Glücksspielstaatsvertrages 2012 war es in Deutschland mit Ausnahme des Bundeslandes Schleswig-Holstein verboten, Online-Glücksspiel zu veranstalten und zu vermitteln. Der Schutzzweck des Glücksspielstaatsvertrages und mithin auch des Verbots von Online-Glücksspiel zielt in erster Linie darauf ab, das Entstehen von Glücksspielsucht zu verhindern, Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten und der Ausbreitung von unerlaubtem Glücksspiel entgegenzuwirken. Der Spieler soll vor der Entwicklung von dem Spiel inhärenten Suchtgefahren und der finanziellen Überschuldung geschützt werden.
Geschädigte können deshalb die in Online-Casinos erlittenen Verluste zurückverlangen. Denn da der zwischen dem Online-Casino und dem Spieler abgeschlossene Spielvertrag wegen des Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot von Online-Casinos nach § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 4 GlüStV nichtig ist, entfällt die Rechtsgrundlage des Vertrages, so dass das Online-Casino die Spieleinsätze zu herauszugeben hat. In Betracht kommt darüber hinaus ein Schadensersatzanspruchs des Spielers wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 284 StGB.
Warum muss bei einer so eindeutigen Rechtslage der Klageweg beschritten werden?
Die Online-Casinos erklären sich unserer Erfahrung nach in den meisten Fällen nicht dazu bereit, auf außergerichtliche Aufforderungen hin die in den Online-Casinos erlittenen Spielverluste zu begleichen.
Diese Verweigerungshaltung mag auch damit zusammenhängen, dass mittlerweile zwar zahlreiche Landgerichte durch Online-Casinos geschädigten Spielern Rückerstattungs-ansprüche gegen diese Casinos zugesprochen haben. Allerdings hatte bislang noch kein Oberlandesgericht über einen solchen Fall eine Entscheidung getroffen und auch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu diesen Fällen steht noch aus.
Da sich auch im vorliegenden Fall das Online-Casino außergerichtlich geweigert hatte, die Spielverluste unseres Mandanten zu erstatten, blieb nur noch der gerichtliche Weg und wir haben beim Landgericht für unseren Mandanten einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt.
Die Entscheidung durch das Oberlandesgericht Hamm
Da das zunächst angerufene Landgericht unserem Mandanten die Gewährung von Prozesskostenhilfe versagt hatte, haben wir gegen diese Entscheidung Beschwerde beim Oberlandes-gericht Hamm eingelegt.
Das Oberlandesgericht Hamm hat Prozesskostenhilfe bewilligt und sich dabei zu den wesentlichen Rechtsfragen, die bei der Rückforderung von Spielverlusten in Online-Casinos diskutiert werden, zugunsten von geschädigten Spielern positioniert.
Es hat zunächst bestätigt, dass das Verbot von Online-Glücksspiel nach § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 in Einklang mit dem Recht der Europäischen Union steht und dass der sog. Verbrauchergerichtsstand in Deutschland begründet und deutsches Recht anwendbar ist.
Das Oberlandesgericht Hamm äußert sich in seiner Entscheidung weiter zu der sehr umstrittenen Frage, ob einem geschädigten Spieler die Rückerstattung gemäß § 817 S. 2 BGB zu versagen ist, weil er sich selbst an dem illegalen Online-Glücksspiel beteiligt hat. Das Gericht weist dazu darauf hin, dass der Bundesgerichtshof schon zu früherer Zeit eine solche Sperre der Rückerstattung (sog. Kondiktionssperre) verneint habe, wenn dadurch die Veranstalter der Spiele die mit sittenwidrigen Methoden erlangten Gelder im Ergebnis behalten dürften.
Genauso haben auch wir im vorliegenden Fall argumentiert und geltend gemacht, dass es mit dem Schutzzweck des im GlüStV 2012 geregelten Verbots von Online-Glücksspiel nicht vereinbar ist, die unter Verletzung dieses Verbots zu Lasten des Spielers geschaffene Vermögensverschiebung beizubehalten und damit den Anbietern keinen Anlass zu geben, das Angebot solch verbotenen Online-Glücksspiels einzustellen, sondern sie vielmehr zu animieren, ihr Spiel weiter zu betreiben.
Das Oberlandesgericht Hamm geht weiter davon aus, dass dem Rückzahlungsanspruch unseres Mandanten auch nicht – wie noch vom Landgericht angenommenen – der Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit entgegen gehalten werden kann. Das Gericht weist dazu erfreulich eindeutig darauf hin, dass Anbieter von illegalem Online-Glücksspiel wegen des eigenen gesetzeswidrigen Handelns nicht darauf vertrauen können, die illegal erlangten Zahlungen behalten zu dürfen. Die Interessen des Anbieters von Online-Glücksspiel sieht das Oberlandesgericht Hamm insoweit nicht als vorrangig schutzwürdig an, so dass dieser dem Rückforderungsanspruch des geschädigten Spielers nicht den Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit entgegen halten kann.
Was heißt das für geschädigte Spieler?
Neben den mittlerweile zahlreichen landgerichtlichen Entscheidungen, mit denen Spielern die Erstattung von erlittenen Verlusten gegenüber Online-Casinos zugesprochen worden ist, ist die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm sicher ein weiterer und wichtiger Meilenstein in der Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber Online-Casinos.
Wir empfehlen Betroffenen, die Verluste in Online-Casinos erlitten haben, die ihnen zustehenden Erstattungsansprüche rechtlich überprüfen zu lassen.
Dazu weisen wir noch darauf hin, dass die Ansprüche auf Rückerstattung von in Online-Casinos erlittenen Verlusten der Verjährung unterliegen. Da die regelmäßige Verjährungsfrist grundsätzlich zum Ende eines Jahres einzutreten droht, empfehlen wir Ihnen auch hier, rechtzeitig eine Überprüfung der Ansprüche vorzunehmen.
Kooperation Fachverband Glücksspielsucht e.V.
Aufgrund unserer Kooperation mit dem bundesweit tätigen Fachverband Glücksspielsucht e.V. stehen wir Ihnen hier gerne für eine erste kostenlose Beratung zur Verfügung.