Moin!
Meine Gedanken zum Begriff "Spielen".
Bei uns im Deutschen ist er ein Oberbegriff, bzw. wird zweckentfremdet.
Um dies zu verdeutlichen, ziehen wir einmal die Englische Sprache zu Rate.
Hier wird unterschieden zwischen „to play“ und „to gamble“.
Das Erste ist das klassische Spielen, das Zweite ist das „Glückspielen“.
Ein Zwischending ist das „Gaming“, welches sich leider auch immer mehr verbreitet.
Gemeint sind damit kostenlose Spiele (z.B. Monster Busters oder Candy Crush auf bekannten Plattformen), für die man zusätzliche Leben, Werkzeuge, Eigenschaften usw. käuflich erwerben kann - aber nicht muss.
Außerdem enthalten sie soziale Komponenten – so kann man z.B. Freunde auf den Plattformen um „Leben“ oder dergleichen bitten.
Doch was ist überhaupt ein Spiel?
Dazu gibt es im Netz die unterschiedlichsten Definitionen zu finden.
Herr Poehl hat sich dieser Frage gestellt und sich auf seiner Homepage mit der Thematik befasst.
Er ist zu folgendem Resumé gekommen:
Ein Spiel ist eine interaktive freiwillige Tätigkeit, die im „Hier und Jetzt“ stattfindet, deren Ausführung oder Ausgang aber keine reale Bedeutung/Konsequenz für das „Hier und Jetzt“ hat.
Die Bedeutungslosigkeit des Ausgangs für das „Hier und Jetzt“ schließt nicht aus, dass die durch das Spiel gewonnenen Erfahrungen reale Bedeutungen und Konsequenzen in der Zukunft haben können.
Die Interaktion kann dabei mit einem realen oder einem nicht realen Mitspieler, der nur in den Vorstellungen oder virtuell im Computer existent ist, stattfinden.
Dipl.- Biologe Henning Poehl
http://www.spieleautorentagung.de/definitionen/eine-kritische-auseinandersetzung-mit-dem-begriff-spielHerr Dr. Tobias Heyer von der Universität Bremen umschreibt das Spielen für mich treffender jedoch so:
Spielen:
Es dient dem Aufbau emotionaler, kommunikativer, sozialer, kognitiver und motorischer Kernkompetenzen.
Es fördert die Persönlichkeitsentwicklung und leistet einen wesentlichen Beitrag für das kindliche Lernen.
Es ist zudem zweckfrei.
Zitate entnommen seiner Präsentation für das Seminar der LK GlückTreffen denn diese Eigenschaften auch auf das Glückspielen zu?
Dazu müssen wir uns erst einmal mit dem Begriff des Glückspiels auseinander setzen.
In Deutschland führt § 3 Abs. 1 (GlüStV) aus:
Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses sind Glücksspiele.
Wir haben also drei entscheidende Kriterien:
Die Gewinnerwartung
Ein Einsatz / Endgeld
Der Ausgang ist ganz oder überwiegend vom Zufall abhängig.
Hier lese ich nichts von Kernkompetenzen.
Im Gegenteil – wer sich mit der Glückspielsucht befasst, der erkennt schnell, dass die Mängel in den Kernkompetenzen gefördert werden.
Nun mag der liebe Pokerspieler wieder laut aufschreien und auf Psychologie und Mathematik und dergleichen verweisen.
Da gab es aber am 12.02.2015 dieses Urteil des VG Karlsruhe, dass dieses Spiel sehr wohl als Glückspiel einzuordnen ist, wenn die bereits zitierten Kriterien aus dem GlüStV erfüllt sind.
Es gab noch viele weitere Ausführungen im Urteil, wer mag, der kann es sich ja mal anschauen.
„Bei den Varianten "Texas Hold'em" und "Omaha Holdem" handelt es sich um Glücksspiel i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Die Gewinnentscheidung hängt auch dann, wenn es nicht zu einem "Showdown" und damit nicht zu einer Gewinn-entscheidung anhand der zufällig erhaltenen Karten kommt, von dem ungewissen Verhalten der Mitspieler und damit ebenfalls vom Zufall ab. …“
https://openjur.de/u/764212.htmlDas Glückspiel verfolgt nur einen Spielanreiz: Geldgewinne erzielen.
Zudem ist es ein demeritorisches Gut. Es schädigt nicht nut den Einzelnen, sondern auch die Gesellschaft, in der es existiert.
Die private Nachfrage übersteigt das gesellschaftlich gewünschte Maß, wobei das Angebot die Nachfrage bestimmt und nicht wie sonst umgekehrt.
Es ist also deutlich zu unterscheiden, was ein Spiel und was ein Glückspiel ist. Eine Gleichstellung ist sowohl per Definitionen als auch über die Eigenschaften ausgeschlossen.
Im alten GlüStV hätte man solche Definitionen beachten müssen, wenn vom natürlichen Spieltrieb des Menschen geredet wird.
Auch der Zufall in der Definition des Glückspiels ist in meinen Augen unpassend:
Zufall Definition
Unter Zufall wird im allgemeinen Sprachgebrauch ein seltenes oder nur schwer vorhersagbares Ereignis verstanden.
In der Wissenschaft wird Zufall als ein Ereignis definiert, bei dem die Einflussfaktoren entweder nicht bekannt sind oder nicht gemessen werden. Das klassische Beispiel für ein zufälliges Ereignis ist die gewürfelte Augenzahl beim Spiel. Mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung wird die Häufigkeit vergleichbarer Zufallsereignisse gemessen.
Im Recht bedeutet Zufall ein Ereignis, das nicht auf ein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten zurückzuführen ist. Für den Zufall stellt das deutsche Rechtssystem gewisse Haftungsregeln auf.
https://definition-online.de/zufall/Bereits im ersten Satz frage ich mich nämlich: Für wen ist das Ereignis selten und nur schwer vorhersehbar?
Die heutigen Onlineglückspiele sind allesamt programmiert - sie folgen einem Schema, welches über Programmiertechniken radomisiert ist.
Für den Entwickler lässt sich also der "Zufall" beeinflussen und dies, wie wir alle wissen, einseitig. Damit ist das Ereignis kein Zufall mehr, ohne dass wir uns überhaupt erst den Begriff aus der Sicht des Gebrauchers anschauen. Ein wahrer Zufall ereignet sich unabhängig vom Betrachter - er ist nicht relativistisch.