Hi Anthra!
Ich war gestern mit Freunden eine Runde darten. Bei uns gibt es zwei Dönerläden, doch das ist für mich kein Platz, um zu darten, Alkohol zu konsummieren oder alte Freunde zu treffen. Dafür gehe ich ja in die Kneipe ..
Bei uns sind die Dönerbuden eher so etwas wie Schwitzkästen oder Parfümerien mit Eau de Knoblauch oder Parfüm de Fett ...
Dort in der Kneipe habe ich viele Jahre auch am Automaten gespielt. Bereits mit 16 Jahren war ich dort, um Sonntags morgens mit Freunden zu flippen. Damals gab es den Anbau noch nicht, in dem wir heute darten.
Du hast den Ort als "sichere Umgebung" angesehen. Da muss ich gestehen, dass ich die Kneipe nicht als sichere Umgebung ansehe. Im Sinne eines Zuflucht- oder Rückzugortes habe ich für mich mein Zuhause erkoren. Die Kneipe ist ein Ort der Begegnung, wo auch Glücksspiel betrieben werden kann. Im Gegenzug dazu ist eine Spielhalle einfach nur ein Ort, wo Glücksspiel betrieben wird. Dort habe ich nie echte Freunde getroffen. Das wäre für das Genre auch nicht wirklich förderlich ...
Was jetzt natürlich bei Dir im Dönerladen hinzu kommt ... Du hast dort sehr viel Zeit verbracht. Du hast dort in der Vergangenheit eine Menge Alkohol konsummiert und auch dem Glücksspiel gefrönt. All das "positive" an Gefühlen, Gedanken und Handlungen kannst Du mit Deinen Sinnen erfassen. Die gewohnten Räumlichkeiten ... die gewohnten Gerüche ... die akustischen Reize ... vielleicht auch schon so etwas Banales, wie die Dir bekannte Oberfläche der Tische zu berühren ... all das ist in Deinem Oberstübchen durch viele viele Wiederholungen eingebrannt.
Nun komme ich zu dem Punkt, wo ich mir denke, dass all das bisher Beschriebene eigentlich gar nicht ausschlaggebend war für den Eindruck einer "sicheren Umgebung". Das war in meinen Augen die Sicherheit, die Du durch Deine Abstinenz erhalten hast. Nur warst Du nicht nur unachtsam mit Dir, Du hast Dir an diesem Abend erlaubt zu spielen. Du hast mit Deinem Freund das Spielen thematisiert, doch nichts hat Dich von Deinem Vorhaben abhalten können. Es war bestimmt auch ein großes Stück Überheblichkeit in Dir, denn ... Du warst jetzt schon 2 Jahre abstinent und Du wirst das auch wieder schaffen ...
Mir kommt gerade wieder in den Sinn, wie ich mir vorgaukelte abstinent bleiben zu wollten und mir dann die Erlaubnis gab zu spielen. Es hatte etwas von "sich gönnen" und "sich belohnen". Eigentlich aber habe ich nur mit der Sucht diskutiert, bis ich dann nicht mehr anders konnte, als ihr nachzugeben.
Das Dumme bei diesen Erlaubnissen sind aber die Erinnerung an die Werte, die man bisher mit Füßen getreten hatte in der Sucht. Werte sind, einmal erworben, unabänderlich. Wir handeln nach ihnen, damit das soziale Miteinander funktioniert. Halten wir uns an die Werte, fühlen wir uns gut, verstoßen wir gegen sie, fühlen wir uns schlecht.
Gegen welche Deiner Werte hast Du verstoßen?
Rückfall, Vorfall, Mißgeschick, Ausrutscher oder was auch immer ... Du hast es wieder beendet und Du willst auch da weiter machen, wo Du Deine Abstinenz kurz unterbrochen hast. Dies und dass Du Dich mit der Situation befasst ist doch das Wichtigste ... oder nicht?
Ziehe Deine Lehren aus dem Geschehen und sei geduldig mit Dir selbst.