Hi!
Ich möchte euch nicht gleich mit einer dieser Standardphrasen langweilen, à la "Ich lese schon seit xyz Monaten mit, jetzt fasse ich mir ein Herz!"; "Ich halte es einfach nicht mehr aus...", das erspar' ich uns allen mal. Nicht, dass ich nicht hin und wieder mitlese, aber das tut im Prinzip ja nichts zur Sache.
Ich weiß ganz und gar nicht, was uns hier jetzt erwarten wird, und möchte gleich auch hier zu Beginn vorwarnen, dass hier ein riesiges Wirrwarr zustandekommen wird. Ich möchte es aber nicht missen, mich zu erklären und versuchen, meine Geschichte zu schildern - kann ja prinzipiell nicht schaden!
Bevor ich die einleitenden Worte abschließe, möchte ich nochmal anmerken, dass dieser erste Text vermutlich etwas länger ausfallen wird, da ich einfach versuchen werde, aufs Blatt zu bringen, was mir gerade so einfällt. Nehmt euch also, bei Interesse, Zeit, vielleicht vergesse ich nicht darauf, das Geschreibe ein wenig zu gliedern.
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VorstellungHey! Ich nenn' mich einfach mal MSStrolz - keine Ahnung, wie und warum ich auf den Namen kam. Ich bin gerade Anfang Zwanzig, Student und nebenberuflich tätig. Ich hatte und habe das Glück, ein extrem leichter Lerner zu sein, weshalb ich ohne wirklichen Aufwand meine Matura bestanden und dann mein Studium begonnen habe. Ich befinde mich also in der Lage, noch nie für etwas
wirklich hart gearbeitet haben zu müssen; einerseits, weil ich immer zu faul war, andererseits, weil ich es mir in meiner schulischen Karriere schlicht leisten konnte. Hier sei kurz angemerkt: Das soll hier keine miese Selbstbeweihräucherung werden, ich möchte damit nur den Grundtenor legen, dass ich ausgesprochen faul bin. Das mag jetzt zwar alles ganz toll klingen, ist es aber höchstens am Papier.
Warum nur am Papier? Nunja, ich bin spielsüchtig und die letzten Monate zunehmend lethargisch. Im Studium stecke ich fest, ich habe mich die letzten beiden Semester einfach während des Semesters von Seminaren abgemeldet oder diese einfach nicht mehr besucht, da ich es vorgezogen habe, zu Hause nichts zu tun - oder eben zu spielen. Ich finde nur selten - und wenn auch nur schwer - Motivation und ziehe viele Dinge kaum durch. Klar, ich habe immer wieder Phasen, bei denen ich unglaublich enthusiastisch bin und am liebsten die ganze Welt verändern würde. Das hält aber meistens nur bis zum nächsten Morgen an. Hier schließe ich oben an: Ich schaffe (oder möchte?) es schlicht und ergreifend nicht, Dinge, die mir nicht auf Anhieb leicht fallen, durchzuziehen. Ich gehe zwar hin und wieder spazieren, um einen klaren Kopf zu bekommen, Workouts ziehe ich meistens aber maximal zwei Wochen durch - ich wäre zu faul dafür und brauche das ohnehin nicht, rede ich mir gekonnt ein. Situationsbedingt passiert auch sonst nicht viel. Ich treffe mich zwar einmal wöchentlich mit Freunden (und das ist auch eine super Abwechslung!), aber wenn ich dann wieder alleine in meiner Wohnung sitze, habe ich schnell das Gefühl, mich ablenken zu müssen.
Ich war eigentlich immer ein ruhiger Typ, der die meisten Situationen gelassen so entgegengenommen hat, wie sie gekommen sind. Nur Weniges konnte mich aus der Ruhe bringen und ich wusste mir auch in den meisten Situationen zu helfen. Mir ist erst letztens aufgefallen, wie sehr ich mich verändert habe. Nicht, dass Veränderung etwas schlechtes sei, aber es fiel auf, dass ich mittlerweile alles andere als ruhig bin. Ich schaffe es fast nicht mehr, länger als eine Stunde ein Buch zu lesen, ohne ständig aufs Handy schauen zu wollen. Seien es irgendwelche sinnbefreiten Apps wie Instagram, Twitter und Co oder - wenn finanziell möglich - Online-Glücksspiel. Ich bin seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren, sozusagen dauererregt. Und damit fühle ich mich alles andere als wohl.
Derzeitige SituationKommen wir also zu dem Punkt, der vermutlich am spannendsten ist: meine leidige Spielerei. Meine sogenannte
Spielergeschichte möchte ich etwas weiter unten erläutern, da sie doch recht einzigartig (nicht unbedingt im positiven Sinne) begonnen hat. Der Status quo sieht wie folgt aus: Ich arbeite neben dem Studium geringfügig und bekomme dazu noch finanzielle Unterstützung vom Staat, insofern ich eine gewisse Studienleistung erbringe (was bis dato glücklicherweise immer der Fall war). Ich hatte in den letzten Monaten gehäuft Schwierigkeiten, Rechnungen zeitgerecht zu bezahlen, da ich es vorzog, ebendieses zu verspielen. Erfreulicherweise blieb es die meiste Zeit bei der ersten Mahnung. Da ich noch relativ jung bin, habe ich bis dato immer davon abgesehen, mich zu verschulden. Stand Heute, 20. März 2021, habe ich folglich keine Schulden und glückerlichweise keine Rechnungen offen. Aber auch kein Geld.
Seit letztem Sommer sieht jeder Monat gleich aus: Anfang des Monats bekomme ich mein Geld, ich zahle die nötigen Rechnungen, die Miete und überweise meinen Eltern €200, um diese wegzusparen (an dieser Stelle sei erwähnt, dass sie um meine Situation wissen). Dann nehme ich mir aufs Neue vor, nicht mehr zu spielen. Das geht auch oft ein bis zwei Tage gut. Dann kommt der erste wirkliche Suchtdruck und ohne zu zögern gebe ich nach:
25 Euro würden doch nicht schaden, immerhin hätte ich doch schon alles bezahlt und noch genüg Geld über!. Ich muss hier natürlich nicht erwähnen, dass es bei den 25€ bleibt. Ich sitze also alleine zu Hause vor meinem Laptop und schaufle nach und nach Geld in dubiose Online-Casinos. Zumeist so lange, bis ich (fast) nichts mehr am Konto habe. Dann spule ich monatlich dieselbe Leier ab, ich würde jetzt aufhören, jetzt reiche es. Bis halt das nächste Geld kommt.
Ich spiele seit ich 17 bin (ausschließlich) online und habe in den letzten fünf Jahren mein gesamtes Sparbuch, Geld, das ich geschenkt bekommen oder mir erarbeitet habe, und vor allem Unmengen an Zeit und Energie verspielt. Ich bin mir dessen durchaus bewusst, dass es
immer schlimmer kommen kann und ich mich glücklich schätzen sollte. Trotzdem reicht es mir jetzt. Ich bin es satt, keine Kontrolle über irgendetwas mehr zu haben. Ich erkenne mich teilweise selbst nicht mehr und stelle riesige Pläne auf, was ich nicht alles verändern werde, um dann am nächsten Tag wieder vor'm Laptop zu hängen. Ich nehme mir schwerbegeistert vor, alles umzukrempeln, endlich wirklich zu leben zu beginnen, nur, um dann am nächsten Tag bis 14 Uhr im Bett zu liegen. Ich kenne schlicht nichts anderes mehr, seitdem ich vor über zwei Jahren ausgezogen bin, lebe ich nur noch von Monat zu Monat. Ich kann mir nichts gönnen, kann nichts unternehmen und das einzig vermeintlich Highlight, das ein solches natürlich gar nicht ist, ist es, wenn ich spiele und mich
fühle - zumindest gaukle ich mir das selbst vor.
Seit ich
erwachsen bin, wenn ich das überhaupt bin, ist mein Leben fremdbestimmt. Ich wüsste es besser, schaffe es aber nicht, mich dermaßen aufzuraffen, um diejenigen Schritte zu setzen, die nötig sind.
Warum verfasse ich also gerade jetzt diesen Beitrag, warum entscheide ich mich, mich - natürlich dennoch anonym - preiszugeben? Nunja, zuerst muss ich sagen, dass das hier keinesfalls mein erstes
Outing ist. Vor zwei Jahren, 2019, hatte ich schon den Spaß, meine Familie einzuweihen. Kurz zusammengefasst: Schock, Enttäuschung, Enttäuschung, Enttäuschung, Akzeptanz. Ich schätze mich sehr dankbar, dass mir beiseite gestanden wird, so weit dies möglich ist. Ich war auch vor zwei Jahren bereits in Therapie, für fünf Sitzungen, wenn ich mich recht erinnere. Ich habe allerdings dann die Beziehung beendet, da ich meinen damaligen Therapeuten für etwas ungeschickt gehalten habe. Ich hatte das Gefühl, er wäre, wie ich selbst, schwerst überfordert mit mir und nach einigen Treffen haben wir beide keinen Mehrwert gesehen. Leider war zum damaligen Zeitpunkt die gesamte Beratungsstelle relativ überfüllt, weshalb mir auch kein anderer Therapeut zur Verfügung gestellt werden konnte. Ich war trotz der Kurzweiligkeit dann für einige Wochen spielfrei - leider aber nur für diese Wochen.
Warum also gerade jetzt? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich befinde mich gefühlt in einer monatlich wiederkehrenden Zeitschleife, die ich oben bereits beschrieben habe: Geld kommt - Rechnungen bezahlt - Rest verspielt. Ich hätte diesen Text genau so vor zwei oder vier Monaten schreiben können, es hat sich nicht wirklich Gravierendes geändert.
Warum ich nicht dagegen ankämpfe? Auch hier kann ich nur mutmaßen. Meine oben angeführte Faulheit finde ich eine etwas einfache Ausrede, das kann vielleicht mitunter ein Grund sein, keinesfalls aber der Hauptgrund. Ich denke, ich habe mich in den letzten Monaten in meiner Komfortzone eingelebt. Klar, keine angenehme, aber sie funktioniert. Mir kommt es vor, als sei noch nicht genug passiert, um endlich etwas zu verändern (ich weiß übrigens, wie absurd diese Aussage ist). Mein damaliger Therapeut meinte schon vor zwei Jahren, er wünsche sich, ich würde in fünf Jahren nochmal kommen, wenn ich hochverschuldet wäre, damit ich endlich einen Grund fürs aufhören habe (hier sei angemerkt, dass er das natürlich nicht ernst meinte - hoffe ich zumindest). Doch sollten nicht eigentlich über €15.000 Grund genug sein? Das ständige Gefühl, das einhält, wenn wieder das gesamte Konto leergeräumt wurde? Die Enttäuschung, der Selbsthass? Scheinbar hat mir das bis dato nicht gereicht.
Das WarumWarum spiele ich also? Es muss doch immerhin einen hervorragenden Grund geben, wenn ich all die negativen Auswirkungen - ich denke, die muss ich hier nicht extra aufzählen, wir kennen sie alle - in Kauf nehme, um irgendwelchen Symbolen beim Herunterfallen zuzuschauen (ich spiele mittlerweile hauptsächlich Slots), nur um die scheinbare Chance auf den
big win zu haben.
Nun, ich bin Verfechter der Ansicht, dass Spielen zuallererst ein Symptom sei. Anfangs war ich immer der Meinung, ich hätte nichts, dass es aufzuarbeiten gilt oder vor dem ich weglaufe. Heute weiß ich, wovor ich weggelaufen bin und immer noch weglaufe. Ich wüsste auch, an welchen Schrauben ich drehen müsste, damit die Maschine (eventuell eher eine unpassende Wortwahl) wieder ins Laufen kommt. Aber hier kommen wir zu dem Grund, der alle anderen vermeintlich in den Schatten stellt: Ablenkung.
Wenn ich mal wieder zu wenig Geld habe - volle Transparenz: wie jetzt gerade - und mir Spielen schlechthin nicht leisten kann, werde ich mit Dingen konfrontiert, die unbedingt angegangen werden möchten. Ich hopse dann von Tag zu Tag, weiche meinen eigenen Gedanken aus und lenke mich andersweitig ab. Situationsbedingt hänge ich ohnehin schon großteils ständig vor Laptop und Handy, glücklicherweise halten diese beiden gut als Ablenkung her.
Man könnte annehmen, man würde spielen, weil es Spaß macht. Dass man damit Geld verdient, kann wohl niemand erst meinen. Aber macht es uns wirklich Spaß? Ich kenne persönlich niemanden, der betroffen ist. Bei mir selbst aber erkenne ich, dass das nicht Spaß oder Freude sein kann, dass ich während des Spielens verspüre. Ich hocke da, höre Musik und starre leer auf den Bildschirm. Hin und wieder pocht mein Herz recht kräftig, hin und wieder lache ich, der Lächerlichkeit der Situation wegen, in mich hinein und hin und wieder zittert mein Fuß. Ich freue mich nicht, wenn ich etwas gewinne.
Das würde ohnehin nicht ausreichen, es wäre nicht genug. Genug für was eigentlich? Ich weiß selbst nicht, mit welchen Erwartungen ich hinein gehe.
Der Riesengewinn kommt ohnehin nicht, selbst wenn, würde ich ihn binnen weniger Wochen ohnehin wieder verlieren. Freude an der Sache ist es also schonmal nicht. Ich fühle mich eher leer, so wie eigentlich vorher und nachher auch.
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Ich muss leider an dieser Stelle erstmal Schluss machen, da ich weg muss. Ich werde aber in den nächsten Tagen immer wieder reinschauen und auf jeden Fall weiterschreiben. Ich möchte vor allem meine
Spielerkarriere aufs Blatt bringen, da sie - wie ich anfangs schon angekündigt hatte - doch etwas anders ist, wie ich meine. Außerdem will ich für mich selbst einen kleinen Plan aufstellen, wie ich die Situation angehen werde. Mich selbst abschreiben möchte ich keinesfalls - ich denke (und hoffe) auch nicht, dass das so rübergekommen sein könnte. Ich brauche, wie es mein ehemaliger Fahrlehrer schön formuliert hat, nur einen festen Tritt in den Arsch.
Ich freue mich auf mögliche Rückmeldungen, erwarte mir aber keinesfalls irgendetwas, da mein Text, vermute ich, wenig Spielraum für Antworten gibt.
Schönes Wochenende und alles Gute