Hi Anthrazit!
Herzlich willkommen! Schön, dass Du den Mut gefasst hast, Dir das Alles mal von der Seele zu schreiben.
Übrigens: Ich habe mir das all die Jahre immer selber schön geredet.
Ich denke, dass Du dies zu einem großen Teil noch immer machst. Aber ... auch dies ist ein Grund, wieso wir uns austauschen ... in Foren ... in SHGs oder in der sonstigen Suchthilfe! Es geht darum sich selbst besser verstehen zu lernen.
Jetzt fragst Du Dich sicher, inwiefern Du Dir noch etwas schön redest? Nun, fangen wir einmal an mit dem verspielten Geld. Da gibt es Aussagen von Dir in Richtung "Glück gehabt ... unterm Strich bei Null" , aber auch "4.000 € Verlust". Strehen hier Deine Wahrnehmung und die tatsächliche Gegenrechnung nicht in Konflikt?
Immer wieder kommt es vor, dass ich in Nostalgie verfalle. mir die "schönen Zeiten" zurück wünsche. Das sind nur ganz kurze Momentaufnahmen - genau wie meine Wahrnehmung der Vergangenheit dann nur aus sich auf ganz kurze Segmente der damaligen Realität bezieht.
Unser Oberstübchen sucht sich die Sahneschnittchen heraus und suggeriert dies als einstigen Dauerzustand. Doch dem ist nicht so. Ich habe gelitten, obwohl ich es damals gar nicht wusste. Für mich war es eine Ersatzhandlung - genau wie für Dich. Wofür? Nun, das heraus zu finden, das liegt an Dir.
Dann schreibst Du, dass Du keine Schulden hast. Und was ist mit denen auf der Kreditkarte? Selbst wenn Du diese mittlerweile wieder ausgeglichen haben solltest, so ändert das nichts an der Tatsache, dass Du hier mit fremden Geld gespielt - also sehr wohl Schulden hattest, wenn eben auch nur kurzzeitig.
Sind diese Beispiele jetzt unangenehm? Das braucht es nicht sein. Unsere Gedanken werden nun mal durch das Glückspiel infiltriert. Und wenn Du schon 10 Jahre spielst, egal ob mit Pausen oder nicht, dann ist da im Oberstübchen schon so einiges durcheinander gekommen.
![Zwinkernd ;)](http://www.forum-gluecksspielsucht.de/forum/Smileys/default/wink.gif)
Wenn Du Dir diese kleinen Punkte aber bewusst machst und Dir eingestehen kannst, Dann hast Du schon einen Lerneffekt erfahren, der sich auch in der Zukunft nutzen lässt.
Nun kommen wir mal zu "dumm", "naiv" und den sonstigen negativen Eigenschaften, die Du Dir hier zuschreibst.
Glückspieler sind zumeist das genaue Gegenteil! Es geht bei der Sucht nämlich nicht um Intelligenz - es geht um Emotionen.
Tja, und wenn die einmal aufwallen, dann hilft eben keine Logik.
Den Umgang mit der riesigen Palette an Emotionen hat man gelernt in seinem Leben - oder eben nicht. Was aber nicht heisst, dass das, was Hänschen nicht gelernt hat, der Hans nicht doch noch lernen kann.
und ich fühle mich schuldig und reudig....vor allem gegenüber meiner Frau, die von Nichts weiss.
Scham und Schuld! Das ewige leidige Thema. Weisst Du, was sie sind? Sie sind Blocker! Sie hindern Dich daran das Richtige zu tun. Damit unterstützen sie Dein Suchtverhalten und hemmen Veränderungen.
Hier unter uns sind Scham und Schuld daher nicht angebracht. Wenn ich Dir hier schreibe, dass der Griff in die gemeinsame Renovierungskasse ein Vertrauensbruch war, dann dient dies nur der Bewusstmachung einer Tatsache. Es dient dazu der suchtbedingten Verharmlosung ein Schnippchen zu schlagen. Wird es Dir bewusst, dann fällst Du sicher die Entscheidung es nicht wieder zu tun.
Es arbeitet in Dir, nicht wahr? Dass Deine Frau von Dir im Unklaren gelassen wird ... Auch hier nutze ich gerne klare Worte: Du belügst sie.
Zeigt Dein schlechtes Gewissen aber nicht auch, dass Dir nun bewusst ist, was Du da angestellt hast? Dass es nicht richtig war? Dass Du hier eine Grenze ... naja, eigentlich mehrere, überschritten hast?
Hilft Dir hier das Grübeln? Die Geißelung des eigenen Selbstbildes?
Du weisst doch was nun zu tun ist. Klar, es wird nicht einfach. Doch überlege Dir mal, was es für Auswirkungen haben könnte, wenn Du es ihr nicht sagst? Wird sie es vielleicht selbst herausfinden? Wäre es dann nicht besser gewesen, Du hättest es ihr gesagt?
Welche Konsequenzen ihrerseits befürchtest Du? Sind diese Gedanken realistisch? Oder übertreibt hier die Angst immens?
Mache Dir hierzu mal Gedanken und wäge das Für und das Wieder ab. Das bedeutet natürlich, dass Du gegen Deine inneren Wiederstände vorgehen musst.
warum ich spiele: Bei mir ist das aus Langeweile, Ablenkung und der Nervenkitzel.
Das sind Symptome, aber nicht die Ursachen.
"Langeweile" kann davon zeugen, dass Du Dich schwer selbst aushalten kannst.
"Ablenkung" kann dies unterstützen. Es kann aber auch sein, dass hier ein Leistungsgedanke in Dir steckt, der Stress verlangt.
"Nervenkitzel" wäre solch ein Stress. Der Körper braucht aber auch stressfreie Phasen. Werden diese nicht erzielt, dann ergeben sich Mangelerscheinungen, die noch mehr Stress auslösen, um dies kompensieren zu wollen.
Zum Schluss noch: Sage niemals nie! Du weisst nicht, wie es Dir Mogen, Übermorgen oder im nächsten Monat oder Jahr geht.
Nimm Dir lieber ein kleines Ziel für Deine Abstinenz: das Heute!