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Online-Selbsthilfegruppen Glücksspielsucht
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Verlorene Gelder von Online-Casinos zurückfordern - sinnvoll aus Therapie-Sicht?

  • 12 Antworten
  • 2527 Aufrufe
Ich beschäftige mich schon seit einiger Zeit mit diesem Thema und möchte gerne dahingehend eine Diskussion anstoßen.

Es dürfte ja allgemein bekannt sein, dass das Thema mit der Rückforderung von verspielten Gelder nicht ganz unumstritten ist. Gerade aus therapeutischer Sicht hört man oft das Argument, man fördere damit den ungesunden Spiel-Impuls der Menschen im Sinne von "Ja, dann kann ich ja immer wieder ohne jegliche Konsequenzen meinem ungesunden Spieltrieb nachgehen und wenn ich verliere, hole ich mir mein Geld einfach wieder zurück." Mit solchen Argumenten lehnt man daher zum Teil ganz kategorisch/strikt solche "Rückholaktionen" ab.

Bis zu einem gewissen Grad ist dieser Ansatz zwar nachvollziehbar. Im Ergebnis teile ich diese Ansicht allerdings nicht, denn die Chancen überwiegen den Risiken meiner Ansicht nach hier ganz eindeutig:

Chancen:
- Möglichkeit, seine finanziellen Verhältnisse wieder zu sortieren und in geordnete Bahnen zu lenken, d.h. Schulden abzubauen, die sehr oft vorhanden sind. Damit verbunden können vorhandene Existenzängste reduziert werden
- Aufklärung, dass Online-Glücksspiel illegal ist. Im Zusammenspiel mit den Verlusten verdeutlicht das vielen Menschen noch einmal, welches Gefahrenpotenzial dahintersteckt. Man beschäftigt sich nämlich mit der Frage, wieso so etwas eigentlich gesetzlich verboten ist und kann für sich selbst eigene Erkenntnisse gewinnen, die die Abstinenz vom Glücksspiel dann noch einmal weiter unterstützen können.
- Die Bestätigung für sich selbst, zu erfahren, trotz oder gerade durch diese "2. Chance" nicht  wieder rückfällig zu werden. So entsteht m.E. ein gewisser Grundantrieb, aktiv an sich zu arbeiten.
- Eindämmung des illegalen Glücksspielangebots durch vermehrte Klagen hin zu einem geordneten, >>>streng<<< regulierten Markt. Denn ansonsten gilt: Wo kein Kläger, da kein Richter. Und das darf einfach nicht sein.
- Zusätzliche Motivation, spielfrei zu werden (wenn man es noch nicht ist), denn natürlich sollte man vor der Rückforderung eine gewisse stabile/spielfreie Zeit aufweisen können. Ansonsten liegt es ja auf der Hand, wohin die Gelder wieder fließen.

Auf all diese Chancen und Möglichkeiten soll man also verzichten, nur um die Gefahr des Rückfalls durch Förderung des ungesunden Spiel-Implus zu vermeiden?

Dabei ist doch auch zu bedenken, dass diese Gefahren auch Abseits der Rückforderungsthematik überall im alltäglichen Leben lauern und der Betroffene ohnehin nicht drum herumkommt, sich aktiv mit diesen Gefahren auseinanderzusetzen. Im Übrigen auch oft verkannt: Man hat nur einmal die Möglichkeit, seine Verluste zurückzufordern. Mein persönlicher Eindruck ist, dass viele diese einmalige Chance auch als Chance nutzen wollen.

Wie seht Ihr das?

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Offline Olli

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  • 7.340
Hi Kläger!

Das ist ein ganz brisantes Thema - und ebenso wichtig!

Ich selbst teile Deine Ansicht! Jedoch habe ich mich auch schon mit jemandem unterhalten, der in einer Klinik arbeitet. Diese Person weigert sich strikt, ihren Klienten das CB näher zu bringen.
Die Behandlung der psychischen Probleme steht bei ihr im Vordergrund und eine Thematisierung würde lediglich davon ablenken (ein ganz grober Abriss ist dies nur!).

Mir selbst wurde hier im Forum schon vorgeworfen, ich würde über Leichen gehen, auf Grund der hohen Suizidgefahr, wenn ich meinen Standpunkt darlege und sogar geringfügig unterstütze.
Im Gegenzug dazu finde ich es unverantwortlich, die Person nicht zumindest aufzuklären. Dann kann immer noch abgewägt werden, ob ein CB der Genesung förderlich oder doch eher kontraproduktiv ist.
Die Entscheidung muss in meinen Augen aber immer beim potentiellen CB-er liegen.

Wir dürfen nicht vergessen, dass ein CB immer Stress bedeutet. Er wird begleitet von Unsicherheit, Zweifel und vielen Ängsten. Auch besteht ja immer noch ein Kostenrisiko, welches bedacht werden muss. Nicht jeder ist dem gewachsen und so mancher, der dies doch von sich dachte, wurde schon eines Besseren belehrt.
Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
Hier geht es zum Samstagsmeeting_ https://us02web.zoom.us/j/87305340826?pwd=UnFyMlB6bkwyTHU3NGVISWFGNSs2

Aus therapeutischer Sichtweise sicher nicht! Aus Prinzip aber sowas von!
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Bastian0307

Ich sehe es auch so wie Born.

Man muss die Themen Therapie und CB jedoch klar trennen meiner Meinung nach. Der Therapeutische Part ist dazu da um sich zu rehabilitieren und das Problem in den Griff zu bekommen. Der finanzielle Aspekt spielt finde ich jedoch eine wichtige Rolle gerade bei der Reha um wieder Fuß zu faßen und neu beginnen zu können.

Klar ist das Risiko das Geld wieder zu verzocken da, aber das wäre es auch ohne den CB.

Ich finde eine Therapie bringt halt keinen Erfolg wenn man sowieso schon begraben unter Schulden liegt da man sich ständig den Kopf zerbricht, jedoch nicht gegen das Problem primär ankämpft.

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Wolke

Zitat
Ich finde eine Therapie bringt halt keinen Erfolg wenn man sowieso schon begraben unter Schulden liegt da man sich ständig den Kopf zerbricht, jedoch nicht gegen das Problem primär ankämpft.

Therapie/ bzw Spielfrei werden,schließen den  gleichzeitigen  Schuldenabbau nicht aus. Ist man allerdings nicht Spielfrei,wächst der Schuldenberg weiter.

Man kann auch ohne CB Schulden abbauen. Ich habe einen 6-stelligen Schuldenberg,den ich monatlich brav abbezahle,ohne Insolvenz anzumelden.  Das geht alles.

Ich musste meine Spielsucht von 3 Seiten gleichzeitig angehen,nacheinander hätte nicht funktioniert.

Ist mühsam,aber durchhalten lohnt sich.

Jeder muss für sich selbst entscheiden,was für ihn machbar ist. Aber man muss an seine Grenzen gehen und immer mal wieder 1-2 Schritte darüber hinaus. Von der Couch aus wird man nicht spielfrei.

LG Wolke

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Offline Olli

  • *****
  • 7.340
Guten Morgen!

Zitat
Ich finde eine Therapie bringt halt keinen Erfolg wenn man sowieso schon begraben unter Schulden liegt da man sich ständig den Kopf zerbricht, jedoch nicht gegen das Problem primär ankämpft.

Ich muss das Zitat auch noch mal bemühen ... ;)

Ehrlich gesagt ist mir das zu pauschal formuliert. Mir fehlt dabei die individuelle Person, seine Lebensumstände, Personen, die von ihm abhängig sind und mehr.
Primär wird immer die Sucht und Komorbiditäten behandelt - dann erst irgendwann kommen die Finanzen dran.

Der Gedanke in Deinem Zitat umschreibt im Grunde das Chasen als Bestandteil der Sucht. Ist es aber nicht mehr präsent, dann findet auch das Kopfzerbrechen nicht mehr statt.

Da Wolke es schon anspricht ... wer grundsätzlich gegen das CB oder andere Varianten des "Geldzurückholens" verneint, muss dann ja auch gegen Privatinsolvenzen sein. Die zeitliche Abfolge des "Geldeinganges" und die Dauer des Prozesses differieren zwar, doch das sind für mich Nebensächlichkeiten.

Die Privatinsolvenz und eigentlich auch der Verbraucherschutz aus mehreren Gesetzen sind aber ja gerade dazu gedacht, Menschen mit hohen Schulden eine Zukunftsperspektive zu liefern und aus der Hoffnungslosigkeit heraus zu führen.

Gute 24 h
Olaf


(Da ich kein Jurist bin, darf ich auch keine Rechtsberatung machen oder Handlungsanweisungen geben.
Ich gebe hier lediglich unverbindlich meine Meinung und Erfahrungen wieder.)
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Zitat
Die Privatinsolvenz und eigentlich auch der Verbraucherschutz aus mehreren Gesetzen sind aber ja gerade dazu gedacht, Menschen mit hohen Schulden eine Zukunftsperspektive zu liefern und aus der Hoffnungslosigkeit heraus zu führen.

Mit meiner Schuldenlast von knapp 400.000 EUR habe ich keine andere Möglichkeit als diesen Schritt zu gehen und davor habe ich auch keine Angst, Scham oder sonst was.

Weiterhin bin ich wegen den illegalen Aktivitäten der OC und Zahlungsdienstleister da reingerutscht und ich sehe ums verrecken nicht ein, die, wo mich auch noch um mein Geld gebracht habem, damit durchkommen und die Kohle behalten können.

Auf Grund dessen werde ich alles in meiner Macht stehende tun um mir mein Geld, entweder von den Zahlungsdienstleistern oder direkt von den OC wieder zu beschaffen denn dieses perfide Geschäftsgebaren kann und werde ich weder akzeptieren noch tolerieren.
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Sehr interessante Ansichten!

Oli, Du schreibst:

Jedoch habe ich mich auch schon mit jemandem unterhalten, der in einer Klinik arbeitet. Diese Person weigert sich strikt, ihren Klienten das CB näher zu bringen.
Die Behandlung der psychischen Probleme steht bei ihr im Vordergrund und eine Thematisierung würde lediglich davon ablenken (ein ganz grober Abriss ist dies nur!).

Ich glaube, ein ganz wesentlicher Aspekt ist der Zeitpunkt für einen CB. Menschen, die sich in Kliniken befinden, sollte man natürlich nicht noch zusätzlich mit diesem Thema belasten.
Und ohne externe Unterstützung wird das auch schwierig. Man sollte sicherlich erst mal aus der "heißen Phase" rauskommen- sonst wird das nix.

Erst sollte man sich mal um sich selber kümmern; man hat ja 3 Jahre dafür Zeit.
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Lakota

denn dieses perfide Geschäftsgebaren kann und werde ich weder akzeptieren noch tolerieren.

Hallo , aber tut man nicht genau das im Moment der Inanspruchnahme ?

Gruss


Edit Olli: Zitatfunktion korrigiert
« Letzte Änderung: 19 Oktober 2020, 14:00:37 von Olli »

Re: Verlorene Gelder von Online-Casinos zurückfordern - sinnvoll aus
« Antwort #10 am: 19 Oktober 2020, 14:15:09 »
Viele wissen nicht mal was Sache ist denn eigentlich war es  bis zum 15.10 verboten - mal abgesehen davon das sich auch nach dem 15.10 die OC nicht an die Bestimmungen halten - es werden teilweise noch immer LIVE-Casinospiele, mehr als 1000 EUR Einzahlungen sowie Autospins mit 100 EUR ermöglicht!

Kommt dann noch eine Suchtproblematik dazu dann ist das Unheil vorprogrammiert.
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Lakota

Es gibt mit Sicherheit so Einiges was man den Spielbanken , Spielhallen , Wettbüros , Online Casinos , Finanzdienstleister usw. anlasten könnte , ob das aber eine Klage hinreichend begründet , welche uns Recht zu spricht , da bin ich nicht sicher .
Freuen aber würde mich das , denke ich zumindest , auch wenn ich mich Heute nur noch in Fetzen darin erinnere , wie sich Freude zu empfinden in Wahrheit anfühlt .
Was ich tatsächlich als zwei sich widersprechende Prinzipien verstehe , ist auf der einen Seite die vermeintliche Suchtprävention und auf der anderen Seite die Vielzahl an Speilangebote , welch auf uns täglich eintrommeln , ohne wirklich auf die Gefahren unmittelbar und im Einzelnen einzugehen und wie zerstörerisch das Alles sein kann , das ist heuchlerisch irgendwie .

Was mich angeht , ob mich eine Aufklärung , welche annährend verdeutlicht , was Spielsucht , in welchem Ausmaß auch immer , anrichten kann , davor bewahrt hätte Alles Andere in mir abzutöten , da bin ich nicht sicher , das möchte ich der Fairness wegen gesagt haben , denn mir wurde sehr schnell klar , inwieweit das Spielen zu meinem Nachteil mein Leben bestimmt , - ... abgehalten hat mich das nicht ,
« Letzte Änderung: 19 Oktober 2020, 15:22:05 von Lakota »

Hätten sich die ganzen OC und Zahlungsdienstleister an das Verbot gehalten dann wären vielen das Leid und der Tot erspart geblieben aber nein, man ignoriert bewusst ein Schutzgesetz, und das aus reiner Profitgier!
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